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Verfahren zum Färben von Acetylcellulose, Acetylcelluloseseide, Acetylceylxlölefilmen.
Bisher herrschte allgemein die Ansicht, daB Kunstseide, Filme und andere Waren aus
Celluloseacetaten weder direkt noch nach den üblichen Verfahren der Textilindustrie
gefärbt werden können infolge der Wasserwiderstandsfähigkeit dieser Produkte.
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Es war deshalb vorgeschlagen worden, die zu färbenden Waren aus Celluloseacetaten,
wie z. B. Celluloseacetatseiden, Celluloseacetatfilme, einer vorherigen Behandlung
mit verschiedenen organischen oder anorganischen Verbindungen zu unterwerfen, um
ein Aufquellen des Celluloseacetats zu bewirken und so seine Aufnahmefähigkeit für
den Farbstoff beim nachträglichen Färben zu steigern. Es wurde ferner auch vorgeschlagen,
die Waren aus Acetylcellulose einer Behandlung mit Alkalien oder einer teilweisen
Verseifung zu unterwerfen, um dadurch deren Färbung zu erleichtern. Außerdem soll
es gemäß Angaben der Patentliteratur gelungen sein, Acetylcellulose mit einzelnen
fertigen Farbstoffen der Anthracenreihe, wie Alizarin und Anthracenblau W. G., und
der Schw efelfarbstoffgruppe,wie Primulin, zu färben oder die Färbung der Acetylcelluk.sefaser
dadurch hervorzubringen, daß sie mit Aminen oder Phenolen imprägniert wurzle und
mit diesen Körpern auf der Faser Entwicklerfarben erzeugt wurden.
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Nach umfangreichen Versuchen wurde nunmehr gefunden, daß das Färben
der Celluloseacetate nicht, wie bisher allgemein angenomtuen wurde, nur einen einfachen
physikalischen Adsorptionsvorgang darstellt, und daß nicht nur Einzelfarbstoffe
der Anthracenreihe und der Schwefelfarbstoffgruppe als fertige Farbstoffe zum Färben
von Acetylcellulose in wässeriger Lösung geeignet sind, sondern daß auch gewisse
billige und leicht zugängliche, lösliche oder unlösliche, direkt ziehende, saure
und basische Farbstoffe der Benzol- und der Naphthalinreihe die Eigenschaft besitzen,
in chemische Reaktion bzw. in Verbindung mit den Celluloseacetaten zu treten, d.
h. die Acetylcellulose direkt aus wässeriger Lösung oder Suspension ohne irgendwelche
Vorbehandlung zu färben, wenn diese Farbstoffe gewisse, nachstehend als wirksam
bezeichnete, chemische Gruppen, wie Hy droxyl-, Amino-, Imino-, Imido-, Nitro-,
Nitroso- (-N=O), Isonitroso- (=N-OH), Acidylamino- (1\T - H - CO, - Alkyl bzw. Aryl),
Azo- (-N = N-) Gruppen in solchem Verhältnis bzw. in solchem Umfange enthalten,
daß im Farbstoffmolekül eine oder mehrere wirksame Gruppen und keine Sulfogruppen
vorhanden sind oder das Farbstoffmolekül -nur eine Sulfogruppe nebst zwei oder mehr
solcher wirksamer Gruppen aufweist, so daß die wirksamen Gruppen gegenüber der Sulfogruppe
zahlenmäßig vorwiegen, da nämlich gefunden würde, daß das Vorhandensein von mehr
als einer Sulfogruppe im Farbstoffmolekül das Bindevermögen dieser wirksamen Gruppen
mit Celluloseacetat und infolgedessen
die Färbekraft des Farbstoffs
abschwächt, ja sogar ganz aufzuheben vermag. Carboxylgruppen im Farbstoffmolekül
scheinen in bezug auf die Wirkung der wirksamen Gruppen indifferent zu sein.
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Das Färben kann in irgendwelcher geeigneten Weise vollzogen werden.
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Die dem Vorhandensein von einer oder mehreren aktiven Gruppen bei
Abwesenheit von Sulfogruppen oder der zahlenmäßig vorwiegenden Gegenwart von aktiven
Gruppen gegenüber einer einzigen Sulfogruppe zuzuschiebende Färbekraft wird beispielsweise
im nachfolgenden erläutert.
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Monoazofarbstoffe. Der orange lösliche Farbstoff aus Diazobenzol und
ß-Naphthol färbt Celluloseacetat sehr gut. Das Alizaringelb B (aus Paranitrodiazobenzol
und Salicylsäure) färbt Celluloseacetat sehr gut. Seidenponceau G (aus diazotierten
(3-naphthylaminmonosulfosäure und P-naphthol) färbt Cellu-.loseacetat noch gut,
da die aktiven Gruppen (Azo und Hydroxyl) gegenüber der Sulfogruppe numerisch vorwiegen.
Brillantorange G (aus Diazobenzol und (3-naphtholmonosulfosäure S) färbt Celluloseacetat
auch gut, weil die aktiven Gruppen (Azo und Hydroxyl) zahlenmäßig vorwiegen gegenüber
der Sulfogruppe.
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Disazofarbstoff. Pyramidolbraun BG (aus tetrazotiertem Benzidin und
2 Mol. Resorcin) färbt gut.
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Triphenylmethanfarbstoffe. Fuchsin DH (H. Schultz, Farbstofftabellen,
6. Aufl. Nr.5i2) färbt sehr gut, weil keine Sulfogruppe vorhanden ist. Chromviolett
(G. S c h u 1 t z, Farbstofftabellen, 6. Aufl. Nr. 557) färbt gut, trotz der vorhandenen
Carboxylgruppen.
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Phthaleinfarbstoffe. Rhodamin G (G. Schultz, Farbstofftabellen, 6.
Aufl. Nr. 572) färbt gut.
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Azinfarbstoff, Anilinschwarz (G. Schultz, Farbstofftabellen, 6. Aufl.
Nr.922) färbt sehr gut.
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Oxazin- und Thiazinfarbstoffe. Gallocyanin DH (G. S c h u 1 t z ,
Farbstofftabellen, 6. Aufl. Nr. 626) färbt vortrefflich (die keine oder nur eine
Sulfogruppe-enthaltenden Gallocyanine färben gut infolge ihrer zahlreichen und wirksamen
Gruppen und ihrer schwachen Sulfonierung). Methylenblau B (G. Schultz, Farbstofftabellen,
6. Aufl. Nr. 659) färbt sehr gut. Brillantalizarinblau G (G. S c h u 1 t z , Farbstofftabellen,
6. Aufl. Nr. 667) färbt mäßig gut, da es eine Sulfogruppe aufweist.
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Indulinfarbstoff. Wasserunlösliches Indulin (G. S c h u 1 t z, Farbstofftabellen,
6. Aufl. Nr. 696) färbt sehr gut in Suspension. Durch Sulfonierung löslich gemacht,
zieht es schlecht. ' Im allgemeinen kann, wie hier vorerwähnt, gesagt werden, claß
das Vorhandensein oder die Wirkung der wirksamen Gruppen, nämlich der Hydroxyl-,
Amino-, Imino-, Imido-, Nitro-, Nitroso-, Isonitroso-, Acidylamino-und Azogruppen,
in den Farbstoffen letzteren die Fähigkeit verleihen, chemisch auf Acetylcellulose
zu wirken und sie direkt anzufärben, vorausgesetzt, daß keine Sulfogruppen oder
nur eine Sulfogruppe bei gleichzeitigem Vorhandensein von zahlenmäßig überwiegenden
wirksamen Gruppen im Farbstoffmolekül vorhanden ist. Ferner ist zu betonen, daß
die Affinität und die Färbekraft mit der Zahl der wirksamen Gruppen steigt und mit
dem Vorhandensein einer oder mehrerer Sulfogruppen abnimmt.
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In bezug auf die basischen Farbstoffe ist es von Interesse zu erwähnen,
daß, obschon diese Farbstoffe gewöhnlich zu ihrer Anwendung zum Färben der anderen
Textilfasern in Sulfoverbindungen übergeführt werden, eine solche Einführung von
Sulfogruppen in die Farbstoffe das Färben von Acetylcellulose unmöglich und unausführbar
machen würde. Es wurde gefunden, daß in demselben Maße, wie die -Zahl der Sulfogruppen
im Farbstoffmolekül ansteigt, die Färbekraft des Farbstoffs abnimmt, so daß, wenn
z. B. ein Farbstoff färbt, wenn er nur eine Sulfogruppe neben mehreren wirksamen
Gruppen enthält, derselbe nicht mehr färben kann öder schlecht färbt, wenn er mehrere
Sulfogruppen enthält.
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Bezüglich des Färbens mit basischen keine Sulfogruppen oder nur eine
Sulfogruppe neben zahlenmäßig vorwiegenden wirksamen Gruppen enthaltenden Farbstoffen
sei erwähnt, daß sie erfindungsgemäß vorzugsweise mit Salzen, wie Magnesiumchlorid
Zinnchlorür, Zinkchlorid oder anderen ähnlichen Salzen, die mit dem Farbstoff Doppelsalze
bilden können, verwendet werden. Dies hat den überraschenden, wichtigen Vorteil,
daß gleichmäßige und satte licht- und waschechte Färbung erzielt werden können,
was um so bemerkenswerter ist, als man allgemein der Ansicht war, daß die basischen
Farbstoffe auf den Textilfasern unbeständig sind. Die Wirkung dieser Doppelsalze
bildenden Salze ist komplexe Verbindungen mit dem Farbstoff und dem Celluloseacetat
zu liefern. Z. B. mit Malachitgrün, das ein Zink- bzw. Magnesiumdoppelchloridvon
der Forinel Cs9H79N602C17Zn bzw. C69H79N6O2C17Mg2 liefern kann, scheinen sich Verbindungen
mit dem Acetylcellulosemolekül zu bilden, wovon z. B. eine durch die Formel Cs9H79NeO2C17Mg-Acetylcellulose
dargestellt ist.
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Salze, die Doppelsalze mit den basischen Farbstoffen zu bilden vermögen,
können auch erfindungsgemäß mit Farbstoffen anderer
Klassen als
jene der basischen Farbstoffe zum Färben von Acetvlcellulose verwendet werden.
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Zur Veranschaulichung der Ausführung der Erfindung mögen folgende
Beispiele dienen. Beispiel i. 5 kg Celluloseacetatseide werden in ein wässeriges
Gallocyaninbad eingebracht und darin während ungefähr io Minuten umgezogen, während
die Temperatur auf 5o bis 6o° gebracht wird. Die Kunstseide wird während 1/2 Stunde
bei dieser Temperatur belassen und nachher bei gewöhnlicher Temperatur in ein Essigsäure
und eine aus Olivenöl und Olivenölseife gebildete Emulsion entlialtendes weiteres
Bad gebracht.
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Beispiel z.
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5 kg C elluloseacetatseide werden in ein wässeriges, nach dem Patent
a959-1-4 leergestelltes Schaumbad, das unlösliches Indulin in Suspension enthält,
gebracht. Die Temperatur wird auf ungefähr 6o° gesteigert, während man die Kunstseide
im Schaumbad hält, dessen mechanische Wirkung den darin suspendierten Farbstoff
in innige Berührung mit der Kunstseide bringt. Der in Suspension befindliche Farbstoff
wird von der Kunstseide absorbiert, die nachher in ein weiteres Ameisensäure und
eine aus Olivenöl und Olivenölseife gebildete Emulsion enthaltendes Bad bei 35°
C gebracht wird.