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Verfahren zur Herstellung von vulkanisierten Kautschukmassen. Zur
Herstellung von vulkanisiertem Kautschuk aus Milchsaft (1,atex) bedurfte es nach
den bisher vorgeschlagenen Verfahren einer Reihe von Arbeitsmaßnahmen. Bei dem
üb-
lichen Verfahren wird der Kautschtik nach der Koagulation und in trockener
Form vulkanisiert. Der Milchsaft muß zuerst zum Koagulieren gebracht, das Gerinnsel
(Koagulum) von dem Saft abgeschieden, dann gewaschen, getrocknet und geknetet werden,
Außer diesem Verfahren gibt es noch ein anderes, bei dem der vorher koagulierte,
getrocknete und geknetete Kautschuk in einem geeigneten Mittel, wie z. B. Naphtha,
Benzin o. dgl., gelöst und dann durch Erhitzen der Lösung in Gegenwart von Schwefel
vulkanisiert wird. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, daß es eine vulkanisierte
Kautschuklösung liefert, die sonst nicht aus vulkanisiertem Kautschuk erhalten werden
konnte, weil letzterer bekanntlich in den gewöhnlichen Lösungsmitteln nahezu unlöslich
ist. Andererseits sind mit diesem Verfahren zahlreiche Nachteile verknüpft. Es bedarf
erst einer Reihe von Arbeitsmaßnahmen, bevor der Kautschuk in Lösung gebracht ist,
und abgesehen von der Schwierigkeit und den Kosten für die Auflösung des Rohkautschuks,
sind auch verhältnismäßig kostspielige Lösungsmittel erforderlich. Außerdem sind
die überhaupt erhältlichen Lösungen verhältnismäßig verdünnt, obschon sie zähflüssig
sind. Bei dem vorliegenden Verfahren sind diese verschiedenen Stufen der Behandlung
nicht erforderlich, und man erhält eine neue Masse, die sich leicht und vorteilhaft
für die mannigfaltigsten technischen Zwecke verwenden läßt.
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Das Verfähren besteht darin, daß der Kautschukmilchsaft unter solchen
Verhältnissen vulkanisiert wird, daß einer Koagulation des Kautschuks in nennenswertem
Maße während des Vulkanisierens vorgebeugt wird, zu dem Zwecke, eine Lösung oder
koRoide Suspension von vulkanisiertem Kautschuk in Wasser zu erhalten.
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Um die Koagulation des Kautschuks während der Vulkanisation des Milchsaftes
zu verhindern, kann man einen koagulationsheminenden Stoff (z. B. Natriumsulfit)
oder einen alkalischen oder basisch reagierenden Körper dem Milchsaft oder der Latexmischung
vor ihrer Behandlung zusetzen. Die Menge eines solchen Körpers kann ganz gering
sein; sie kann z. B. bei frischem Milchsaft kleiner sein, als jenem Grad natürlicher
Azidität des Latex entspricht, welcher von selbst- (spontan) zu einer Koagulation
oder einem Gerinnen führen würde, wie in den Beispielen i und 2 erläutert ist.
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Der Milchsaft wird vor der Behandlung vorzugsweise basisch gemacht,
beispielsweise durch Zusatz eines Alkali (wie Ammoniak o. dgl.) oder einer Base,
wie Piperidin, und gegebenenfalls kann das Alkali auch in Verbindung
mit
dem Vulkanisiermittel, z. B. in Form eines Alkalipolysulfids, zugegeben werden.
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Der Milchsaft kann vor dem Vulkanisieren mit Wasser verdünnt werden,
bis auf einen Kautschukgehalt von z. B. etwa 15 Prozent bei frischem Milchsaft,
auf 3o bis 40 Prozent bei altem (konserviertem) Latex. Während manche Milchsäfte
in voller Konzentration, etwa 40 Prozent Kautschuk, verarbeitet worden können, empfiehlt
sich bisweilen bei anderen eine mehr oder weniger weitgehende Verdünnung. Überhaupt
kann das Verdünnen zur Koagulationshemmung während des Vulkanisierens benutzt werden.
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Eine gewisse'Menge eines Kolloids, wie z. B. Kasein, etwa
5 bis io Prozent, kann dem Reaktionsgemisch einverleibt werden; dieser Zusatz
ist anscheinend geeignet, den Kautschul, in nicht koaguliertem Zustand zu halten,
wie auch von Vorteil, wenn das vulkanisierte Produkt zu dünnen Schichten oder Überzügen
verwendet werden soll, die weniger leicht klebrig werden, als wenn sie auf dieselbe
Weise ohne diesen Zusatz zu der Mischmasse hergestellt sind. Füllmittel, Farbstoffe
o. dgl. können in jeder beliebigen, passenden Stufe des Verfahrens hinzugesetzt
werden.
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Das Vulkanisieren kann in jeder gewünschten Weise ausgeführt werden.
Beispielsweise kann der Milchsaft mit dem Vulkanisiermittel (mit oder ohne Zusatz
eines Beschleunigers) vermischt und das Gemisch dann einem für das Vulkanisieren
passenden Wärmegrad und Druck unterworfen werden während einer gewissen Zeit, die
von der Menge und Art des Vulkanisiermittels und der angewendeten besonderen Ternperatur
abhängt.
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Das Verdünnen des Milchsaftes, die Menge des Vulkanisiermittels, die
Benutzung von Beschleunigern, die Zuführung von Wärme und ihre Dauer, alles dies
hängt natürlich notwendigerweise von den vorliegenden Verhältnissen ab, so beispielsweise
von d,-r Beschaffenheit des Milchsaftes, von der Anwesenheit etwaiger Schutzstoffe
in dem Latex oder von dem Alter des konservierten Produktes. jedoch wird in jedem
Falle ein einfacher Vorversuch genügen, um die Arbeitsverhältnisse zu bestimmen.
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Beim Vulkanisieren des Milchsaftes tritt keine oder nur geringe Koagulation
ein, indem die Hauptmasse des Kautschuks in Lösung oder kolloider Suspension in
vulkanisierter Form verbleibt, was durch chemische und physikalische Prüfungen festgestellt
werden kann. Dieser flüssige vull#anisierte Stoff kann von allem Ungelösten getrennt
werden und ist dann gebrauchsfähig. Solch ein flüssiger vulkanisierter Milchsaft
hält sich ziemlich lange Zeit (die jedoch anscheinend je nach dem Zustand oder Alter
des ursprünglichen Milchsaftes verschieden ist).
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Der Kautschuk kann aus dem vulkanisierten Milchsaft abgeschieden werden
durch Eindampfen der Flüssigkeit oder durch Zusatz eines Koagulierungsmittels, z.
B. einer Säure, wie Essig- oder Schwefelsäure; die Menge richtet sich nach der Beschaffenheit
und der Behandlung des Rohmilchsaftes und nach der Menge und Art des Vulkanisiermittels.
Das so erhaltene Koagulurn besteht aus vulkanisiertem Kautschuk, es kann gewaschen,
gewalzt, zu Schichten (Fellen) ausgezogen oder sonstwie behandelt werden, um den
Kautschuk verhältnismäßig rein und in zweckmäßiger Form zu erhalten, in genau derselben
Weise, wie irgendein gewöhnlicher, durch Koagulation gewonnener Kautschuk gewaschen,
gewalzt usw. wird. Das vulkanisierte Fell kann getrocknet werden nach irgendeinem
der Verfahren, wie sie bei gewöhnlichen unvulkanisiertenRohlautschukfellen oder
sonstigem Koagulationsrohka-atschuk verwendet werden.
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Der vulkanisierte Kautschuk kann aber auch, wie schon erwähnt, durch
Eindampfen der Flüssigkeit gewonnen werden, und es ist möglich, den vulkanisierten-
Milchsaft- auf zahlreiche Arten von Stoffen, selbst auf die dünnsten Gewebe, aufzubringen.
So läßt sich beispielsweise dünner Nessel leicht mit dieser flüssigen Masse bestreichen
oder in sie eintauchen und trocknen, entweder bei gewöhnlicher Temperatur oder unter
Erwärmung. Beispiele: 1. 13,6 1 Milchsaft, enthaltend 15 Prozent trockenen
Kautschnk und Natriumsulfit, ini Verhältnis von i :8oo g trockenen Kantschuk,
wurden vermischt mit .3o g Schwefel, 15 9
Zinkoxyd, 18 cem Piperidin
und 2oo cern einer Kaseinlösung (enthaltend etwa 35 9 Kasein und
5 g kristallisierten Borax). Die Mischung wurde vulkanisiert durch Erhitzen
in einem Vulkanisierapparat 3o Minuten lang bis auf 3,:1 Atin. Druck und dann noch
2o Minuten lang bei 3,1 Atm. Die Gesamtalkalinität der dieser Mischung zugesetzten
alkalisch reagierenden Stoffe entsprach nur OJ5 Prozent, als Essigsäure berechnet,
was niedriger ist als die i Azidität vieler unverdünnter natürlicher Milchsäfte
2 bis 3 Stunden nach dein Abzapfen vom Baum. Trotzdem bestand das vulkanisierte
Produkt praktisch ganz aus einer wässerigen Lösung oder Suspension von vulkanisiertem
i
Kautschuk; es hatte keine oder nur geringe Koagulation während des Vulkanisierens
stattgefunden.
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2. 400 ccm Milchsaft, enthaltend 15 Prozent trockenen Kautschlik und
dieselbe Verhältnis- 1
menge Natriumsulfit wie bei i, wurden Vera mischt mit
2 cem Piperidin, 4 9 Schwefel und
i g Zinkoxyd; die
Mischung wurde io Minuten lang bis auf 2,8 Atm. Druck erhitzt und weiter
io Minuten lang bei diesem Druck. In diesem Falle entsprachen die dem Latex zugesetzten
basischen Stoffe annähernd 0,3 Prozent, berechnet auf Essigsäure. Das Produkt
war gut vulkanisiert und gab im wesentlichen kein Kautschukkoagulum.
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3. Zu ioo ccm Milchsaft (enthaltend etwa 3o Prozent Kautschuk)
wurden zugesetzt 1,6 ccm Ammoniak (offlo spez. Gewicht), und dann wurde ein dünner
Rahm, bestehend aus 3 9
Schwefel, i g Zinkoxyd und :i ccm Piperidin
in 35 ccm Wasser (welch letzteres durch 2 bis 3 Tropfen Ammoniak gerade
alkalisch gemacht war), in den Milchsaft eingerührt. Das Ganze wurde vulkanisiert,
:'/,Stunde lang unter Steigerung des Druckes bis auf 2,8 Atm. und weiter
1/2 Stunde bei 2,8 Atin. Nach dem Vulkanisieren wurde die Flüssigkeit perkoliert.
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4. Es wurde genau wie nach Beispiel 3 gearbeitet, nur wurde
i g Aldehydammoniak statt des Piperidins verwendet.
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5. Zu ioo ccm Milchsaft (mit etwa 30 Prozent Kautschuk)
wurden zugesetzt -. a) 8 ccm einer Lösung von Natriumpolysulfid (enthaltend
25 Prozent fällbaren Schwefel) und b) 50 ccm Wasser, das durch wenige
Tropfen Ammoniak schwach alkalisch gemacht war. Die Mischung wurde im Vulkanisierapparat
3o Minuten lang ansteigend bis auf 140' C und weiter 2o Minuten bei 140'
C erhitzt. Nach dem Vulkanisieren wurde die Flüssigkeit durchgeseiht.
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6. Zu ioo ccm Milchsaft, der etwa 40 Prozent Kautschuk enthielt
und mit einer klem'en Menge Ammoniak (etwa i Prozent) konserviert war, wurden i--o
ccm Wasser, die einige Tropfen Ammoniak und 2,5 Prozent suspendierten oder
kolloidalen Schwefel enthielten, zugesetzt; die Mischung wurde vulkanisiert durch
Erhitzen während 2o Minuten bis zu ?"8 Atin. Druck und weitere 30 Minuten
bei 2,8 A.Ltm. Nach dem Vulkanisieren 'wurde perkoliert.
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7. Zu ioo cem Milchsaft, der auf etwa 15 Prozent Kautschukgehalt
verdünnt war mit einer kleinen Menge Natriumsulfit (Fieldsulfit) enthaltendem Wasser,
wurden 4 cem einer Lösung von Natriumpolysulfid (mit etwa 25 Prozent fällbarem
Schwefel) zugefügt. Die Mischung wurde io Minuten lang bis zu 3,1 Atm. Druck und
dann 15 Minuten bei 3,1 Atm. im Vulkanisator erhitzt, Die Koagulation des
vulkanisierten Produktes kann bewirkt werden durch Zusatz einer Säure, z. B. Essig-
oder Schwefelsäure. So werden z. B. zu der nach dem obigen Beispiel 5 erhaltenen
Flüssigkeit 5o bis -7o ccm einer 5prozentigen Lösung von Essigsäure zugesetzt, die
Mischung wird einige Stunden stehen gelassen, bis die Koagulation im wesentlichen
vollständig eingetreten ist; das Koagulum wird dann in üblicher Weise abgeschieden,
gewaschen und getrocknet. Oder es können auch an Stelle der Essigsäure 3o bis
50 cem einer 5 prozentigen Schwefelsäurelösung zugefügt werden; nach
Beendigung der Koagulation wird in beliebiger Weise weitergearbeitet.
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Bei der Herstellung von Kautschnkmassen nach der vorliegenden Neuerung
sind die mit den üblichen Kautschuklösungsmitteln verknüpften Feuer- und Vergiftungsgefahren
vermieden, und zwar gilt dieser Vorteil nicht nur für die Herstellung der Masse,
sondern auch für die Verwendung des vulkanisierten Latex. So kann z. B. beim Imprägnieren
oder Überziehen von Stoffen das Trocknen auch gegebenenfalls am offenen Feuer erfolgen.
Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß der Geruch des Verdampfungsrückstandes des
vulkanisierteh Latex vollkommen einwandfrei ist, während beim Verdampfen von Kautschuklösungen
in den handelsüblichen Lösungsmitteln stets ein unangenehmer Geruch verbleibt.
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Diese neuen vülkanisierten Latexpräparate sind erheblich weniger viskos
und enthalten daher eine größere Menge Kautschuk bei demselben Viskositätsgrad als
die bislang hergestellten vulkanisierten oder nicht vulkanisierten Kautschuklösungen.
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