-
Verfahren zum Gerben von Häuten und Fellen. Gegenstand der Erfindung
ist ein Verfahren zum Gerben von Häuten und Fellen, welches darin besteht, daß der
Hautsubstanz kohlensaure Verbindungen des Magnesiums in zur Erzielung der Gerbwirkung
erforderlichen Mengen einverleibt werden.
-
In Ausübung der Erfindung verfährt man z. B. derart, daß man lösliche
Magnesiumsalze, z. B. Magnesiumsulfat oder Chlormagnesium und lösliche kohlensaure
Salze, z. B. Natriumkarbonat oder Natriumbikarbonat, in Gegenwart von Wasser auf
die Haut einwirken läßt.
-
Behandelt man z. B. ioo kg Hautblöße mit einer konzentrierten Lösung,
welche 21 kg Magnesiumsulfat und 7 kg Natriumbikarbonat enthält, etwa q. bis 6 Stunden
lang im Walktaß, so erzielt man ausgezeichnete Gerbwirkungen. Läßt man ein trockenes
Gemisch der gleichen Salzmengen auf gewässerte Hautblöße oder bei Zusatz ganz geringer
Wassermenge auf entsprechende Mengen von Blöße im Walkfaß einwirken, so vollzieht
sich die Gerbung sogar so schnell, daß sie in der kegel bereits in 3o bis 6o Minuten,
mitunter sogar in noch kürzerer Zeit vollendet ist. Wendet man dagegen auf ioo kg
Blöße z. B. nur io kg Magnesiumsulfat und die zur Umsetzung erforderliche Menge
von Karbonat an, so werden gleichmäßig sichere Gerbwirkungen nicht mehr erzielt,
während bei Anwendung noch geringerer Salzmengen, z. B. \-on 5 kg '@lagnesiumsulfat,
eine Umwandlung der Haut in Leder nicht mehr stattfindet. Die Erzielung der erstrebten
Gerbwirkung ist mithin, wie gefunden wurde, davon abhängig, daß auf bestimmte Hautmengen
gewisse Mindestmengen von löslichen Magnesiumsalzen und löslichen kohlensauren Salzen,
und zwar zweckmäßig in konzentrierter Form angewendet werden. Bei starker Verdünnung
an sich ausreichender Salzmengen, z. B: 21 kg Magnesiumsulfat und 9 kg Soda auf
ioo kg Hautblöße wurden zuverlässige Ergebnisse nicht mehr erzielt. Die jeweils
anzuwendenden Mengen und Konzentrationen, welche von der Art und Beschaffenheit
der Häute und Felle, sowie von den Arbeitsbedingungen, wie Temperaturen usw. abhängig
sind, können von Fall zu Fall durch einfaches Ausprobieren ermittelt werden.
-
Bei der praktischen Durchführung des Verfahrens verfährt man vorteilhaft
derart, daß man das Magnesiumsalz und das Karbonat gleichzeitig, also in Form einer
einzigen Lösung, welche vor Einverleibung der Häute und Felle hergestellt oder durch
Einbringung der gewässerten Häute und Felle in das trockene Gemisch der beiden Salze
im Walkfaß sich bilden kann, zur Anwendung bringt. Anstatt die zur Lederbildung
erforderlichen Salzmengen von vornherein anzttwenden, kann man natürlich auch derart
verfahren, daß man zunächst unzureichende Mengen zur Anwendung bringt und die Lösungen
alsdann nach und nach durch "Zugabe von frischem Salz anreichert. Als weniger vorteilhaft
hat sich die aufeinanderfolgende
Behandlung der Häute und Felle
mit einer Magnesiumsalzlösung einerseits und einer Karbonatlösung andererseits erwiesen.
Im letzteren Falle war es mitunter notwendig, eine mehrfach aufeinanderfolgende
abwechselnde Behandlung mit beiden Salzlösungen #, orzunehnien, insbesondere dann,
wenn weniger konzentrierte Lösungen zur Verwendung kamen.
-
Das Verfahren kann angewendet werden auf behaarte und enthaarte Häute,
insbesondere auch auf vor oder nach deniEntliaarungsprozeß gekälkte Häute. Das durch
Magnesiumkarbonatgerbung erzeugte Leder hat sich u. a. für Binderiemen, Schlagriemen,
sowie für alle Zwecke, welche große Zähigkeit erfordern, als gut geeignet erwiesen.
Besonf-lers wertvolle Ergebnisse können erzielt werden, wenn man die Magnesiumkarbonatgerbung
vereinigt mit der Anwendung anderer im Gerbereibetrieb gebräuchlicher Mittel, z.
B. derart, daß man vor, während oder nach der Behandlung mit llagnesiunikarhonat
Formaldehyd, Zelluloseextrakt, vegetabilische Gerbstoffe, Metallsalze und andere
Salze für sich allein oder in Mischung miteinander oder nacheinander auf die Häute
und Felle, oder auch erst bei oder nach der Zurichtung auf (las Leder einwirken
läßt.
-
Die Erfindung bietet den Vorteil, daß mit Hilfe außerordentlich billiger
Materialien, wie llagiiesiumsulfat und Soda Leder der verschiedenartigsten Beschaffenheit
für die verschiedensten Verwendungszwecke erzeugt werden können, ohne, daß zur Zerstörung
der Faser Veranlassung gebende schädliche Säuren in die Haut eingeführt werden.
Die Vielseitigkeit der Erfindung ist aus folgenden Beispielen ersichtlich. Beispiele:
i. ioo kg Hautblöße werden d. bis 6 Stunden oder länger mit einer Mischung möglichst
konzentrierter Lösungen von 21 bis 22 kg Magnesiumsulfat und 7 kg Natritunbikarbonat
oder 9 kg Natriumkarbonat ini Faß gewalkt. Die Mischung der Lösungen kann vor Einbringung
der Blöße erfolgen; inan kann z. B. aber auch derart verfahren, daß inan die Blöße
zuerst in die llagiiesitnnstilfat-1(«3suiig einbringt und dann die Karbonatlösung
zersetzt, oder daß inan in unigekehrter Reihenfolge verfährt.
-
Die aus dein Bad kommenden Häute werden ungewässert oder nur äußerlich
abgespült, längere Zeit, z. B. io Stunden und mehr durch Aufhängen o. dgl. der Einwirkung
der Luft ausgesetzt und dann in bekannter Weise gefettet. Das erhaltene Leder stellt
ein weiches, großflächiges, sehr zähes Produkt dar, welches sich tt. a. für Binderieinen,
Schlagriemen, sowie für alle Zwecke, welche große Zähigkeit erfordern, als gut geeignet
erwiesen hat.
-
2. Durch Formalinbehandlung, z. B. durch Zusatz von etwa 1 1 d.oprozentigeni
Formaldehyd zu der Gerblösung nach Beispiel r, wird das der Hautsubstanz einverleibte
unlösliche Magnesiumsalz besonders gut auf der Faser fixiert, so daß in diesem Falle
das aus dem Walkfaß kommende Produkt eine sofortige Behandlung mit Wasser verträgt.
Das erhaltene Leder ist von besonderer Widerstandsfähigkeit gegen Hitze und Alkalien.
Bei Einwirkung von Wärmegraden, welche L ohleder zerstören, bleibt das vorliegende
Leder nach dem Erkalten flach. geschmeidig, zäh und narbenstark. Sogar ohne Fett
aufgetrocknetes Leder bricht selbst bei starker Biegung nicht. Das gefettete Leder
ist außerordentlich zäh und narbenstark, es läßt sich leicht in jeden Narben zurichten,
so daß sich die sonst üblichen Arbeiten zum Weichwerden erübrigen. Die Zurichtung
kann z. B. mit oder ohne Zelluloseextrakt geschehen.
-
3. Durch Eintauchen von nach Beispiel r erhaltenen Leder in verdünnte
Fornialdeliv(ll5sung oder Bestreichen des Leders mit solcher oder mit Fett o. dgl.,
dein Formaldehyd zugesetzt ist, erhält das Leder u. a. die für die Herstellung von
imitiertem ?N arbenleder wertvolle Eigenschaft, daß die z. B. durch Einpressen erzeugte
Narbenunebenheit nach erfolgter Trocknung so fest haftet, (laß sie selbst durch
Walzen oder Pressen des Leders mit heißen Platten nicht mehr dauernd entfernt werden
kann.
-
:1. Nach Beispiel i behandelte Blöße wird abgepreßt oder abgelüftet,
dann wird Zelltiloseextrakt (gereinigte Stilfitzelltiloseal)latige ) aufgetragen
oder eingebürstet und hierauf gewalkt und gefettet. Das erhaltene Leder besitzt
größere Füllung, behält die Form, die man ihm beim Stoßen oder "Zurichten gilt und
zieht sich nicht mehr zusammen. Entsprechende Vorteile können erreicht werden, wenn
man eine passende Menge von 7_elltiloseextrakt der Gerbmischung zusetzt.
-
Versetzt inan die Gerbmischung nach Beispiel i mit einer wäßrigen
Lösung von 5 kg Chromalaun, oder behandelt man da nach Beispiel i erhaltene Leder
mit einer Chromsalzlösung nach, so erhält man Leder, welche neben den ihnen durch
die Magnesiunierl>ung verliehenen guten Eigenschaften den Charakter der Chromgerbung
besitzen. Anstatt mit Chromsalz, kann man das halt> ()der ganz zugerichtete Leder
auch mit anderen Salzlösungen, z. B. solchen von Eisen-, Kupfer-, Zink- und Bariumsalzen
behandeln.
-
6. Durch geeignete Mixverwendung verhältnismäßig
geringer
Mengen von vegetabilisehen Gerbstoffen können den mit Magnesiumkarbonat gegerbten
Ledern die Eigenschaften vegetabilisch gegerbten Leders verliehen werden. Durch
Zusatz von z. B. i 1 Eichenextrakt von 2o bis 25° Be zu der Gerblösung nach Beispiel
i oder 3 erhält man Leder, welche äußerlich und innerlich das Aussehen vegetabilisch
gegerbten Leders zeigt. Durch Nachgerbung kann man je nach Art der Anwendung festere
oder weichere sehr volle Leder von heller Farbe herstellen.
-
7. Durch abwechselndes Behandeln der Blöße in verschiedenen Bädern
können besondere Ergebnisse erzielt werden. Man erhält z. B. ein volles, festes,
nicht narbenbrüchiges Leder auch ohne Fettung, wenn man nach Beispiel 3 gegerbte
Blößen, nachdem sie einige Stunden in Kalkmilch gelegen haben, nach Beispiel i weiter
behandelt.
-
F. Leder, welches nach einem der vorstehenden Beispiele gewonnen worden
ist, unter Ausschluß der Behandlung mit Formaldehyd und Chromsalz, wird im fertigen
Zustand mit Formaldehyd z. B. durch Auftragen einer Formaldehydlösung behandelt.
Hierdurch wird vorher künstlich erzeugte Unebenheit des Leders unentfernbar.
-
g. Da die Fleischseite der Häute bei den Gerbungen nach der Erfindung
feinfaserig und glatt ausfällt, so eignet sich das Verfahren insbesondere auch für
die Gerbung von Fleischspalten. Diese fallen schöner aus, wie bei anderen Gerbungen.
Künstlicher Narben kann nach erfolgter Festgerbung nicht mehr entfernt werden.
-
io. Bei Gerbungen von Häuten mitHaareri bietet die Erfindung den Vorteil,
daß diese bei Anwendung von Formaldehyd usw. schnell von der Mischung durchdrungen
werden. Fette dringen ebenfalls schnell ein und erhalten das Leder weich. Derartig
hergestellte Leder sind bei großer Geschmeidigkeit wasserundurchlässig; sie können
in Wasser nicht hart oder entgerbt werden und werden vom Mottenfraß nicht befallen;
die mitgegerbten Haare besitzen eine solche Widerstandsfähigkeit, daß sie selbst
nach i5stiindiger Aufbewahrung in starker Schwefelnatriumlösung noch bemerkenswerte
Zähigkeit besitzen.