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Verfahren, um bei der Destillation von Teer einen Rückstand ohne krebserregende
Eigenschaften zu erhalten, Neuere Versuche haben sich damit beschäftigt, die Ursachen
des Krebses bei den Arbeitern in den Pech erzeugenden und verarbeitenden Gewerben
festzustellen, besonders bei der Herstellung von Briketts, bei denen Pech als Bindemittel
für den' Kohlenstaub benutzt wird. Eine jüngst erschienene Veröffentlichung über
diesen Gegenstand »The Problem of the Gas Works Pitch Industries and Cancera gibt
die Einzelheiten von Untersuchungen, aus denen hervorgeht, welche Ergebnisse bei.Versuchen
mit Proben von Pech und Ölen aus Steinkohlenteer erhalten worden sind. Diese Ver=
suche zeigten, daß Krebs nur hervorgerufen wird, wenn zwei verschiedene - Klassen
von Stoffen zugegen sind, die unter dem Namen der Auxetica und Kinetica bekannt
sind. Einer von diesen Stoffen allein wird keinen Krebs hervorrufen, aber wenn beide
zugegen sind, so kann bei den Arbeitern, die dauernd in einem diese Stoffe enthaltenden
Staube arbeiten, Krebs hervorgerufen werden.
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Es sind verschiedene Wege vorgeschlagen worden, das Pech oder den.
Teer zu behandeln; um entweder die Auxetica oder die Kinetica daraus zu entfernen
und sie so unschädlich in bezug auf das Hervorrufen des Pechkrebses zu machen. Z.
B. ist angegeben worden, daß der gewünschte Erfolg erreicht werden könne durch Mischen
des Teers mit einer beträchtliehen Menge Wasser. Das Wasser sollte gewisse Bestandteile
des Teers auflösen; die wäßrige Lösung sollte von dem Teer durch Zentrifugieren
oder sonst-wie getrennt werden. Versuche mit dem so erhaltenen Pech und Öl zeigten,
daß die Kinetica auf diese Weise entfernt werden können und gewöhnlich auch die
Auxetica.
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Nun ist dies Verfahren aber, jedenfalls zur Zeit, vom Standpunkt des
Teerdestillateurs nicht brauchbar. Die Kosten sind zu groß, und es werden wertvolle
Bestandteile des Teers vom Wasser herausgelöst. Der Erfinder hat sich nun die Aufgabe
gestellt, das erwähnte Ziel auf einem einfacheren, weniger kostspieligen Wege zu
erreichen.
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Soweit die Versuche bisher ausgeführt worden sind, hat sich ergeben;
daß ein Zusatz selbst kleiner Mengen Formaldehyd zum Teer in einer -passenden Stufe
des Destillationsprozesses befriedigende Erfolge gibt, da das Pech dann frei von
Auxeticis ist oder nur noch so geringe Spuren davon - enthält, daß es, soweit die
Gefahr der Erzeugung von Krebs in Betracht kommt, verhältnismäßig harmlos ist. Die
Wirkung des Formaldehyds ist zweifellos zurückzuführen auf seine Fähigkeit, organische
Stickstoffverbindungen zu kondensieren, also diejenigen Verbindungen des Teers,
von denen die oben angeführte Untersuchung nachgewiesen
hat, daß
sie auxetische Eigenschaften haben.
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An Stelle von Formaldehyd können Paraformaldehyd oder andere Aldehyde
benutzt werden, da gefunden worden ist, daß die fragliche Wirkung auf die Gegenwart
eines Aldehyds zurückzuführen ist, und daß so gut wie alle Aldehyde - wenigstens
bis zu einem gewissen Grade - die Auxetica unschädlich zu machen vermögen. Man kann
z. B. Acetaldehyd oder andere Aldehyde der Fettreihe anwenden. Die Menge des zugesetzten
Aldehyds und das Stadium des Prozesses, in welchem er zugesetzt wird, wird je nach
den besonderen Umständen und nach der Beschaffenheit des zu behandelnden Teers oder
Pechs wechseln. Für die meisten Zwecke ist es nicht wesentlich, daß man den Aldehyd
in reiner Form zusetzt; es können Stoffe genommen werden, die einen geeigneten Aldehyd
enthalten oder die imstande sind, bei der nachfolgenden Behandlung des Produktes
einen Aldehyd zu liefern. Von den letztgenannten Stoffen hat sich besonders Zucker
als brauchbar erwiesen.
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Wenn .dem Teer während der Destillation Formaldehyd zugesetzt werden
soll, so ist es im allgemeinen am passendsten, die Destillation in der gewöhnlichen
Weise zu bewirken, bis die Phenole übergegangen sind. Wenn die Temperatur des Rückstandes
in der Blase ungefähr auf 25o bis 27o° gestiegen ist, so wird .die Destillation
der weiteren Fraktionen, die aus Schwerölen usw. bestehen, durch einen Dampfstrom
unterstützt, der z. B. durch ein durchlöchertes Rohr in die Blase geleitet wird,
und der Formaldehyd kann passenderweise zusammen mit dem Dampf eingeführt werden.
Sonst kann man auch das Material in der Blase nötigenfalls abkühlen und den Formaldehyd
oder eine Substanz, die einen geeigneten Aldehyd zu liefern vermag, einfach zusetzen,
ehe man weiter erhitzt und die Destillation fortsetzt. Wenn der Formaldehyd mit
Dampf zugegeben wird, so eignet sich zum Zugeben die Vorrichtung, die in der beiliegenden
Zeichnung dargestellt ist. In dieser zeigt Fig. x einen Teil der ganzen Apparatur
und Fig. 2 und 3 Einzelansichten eines dabei verwendeten Injektors. Der Dampf wird
in die (nur teilweise gezeichnete) Blase a durch ein Rohr b aus einem Kessel geleitet,
der imstande ist, Wasserdampf unter dem erforderlichen Druck zu liefern. Durch ein
Rohr d wird käufliches Formalin in Vorratsbehälter c unter geeignetem Luftdruck
von z. B. zwei bis drei Atmosphären gepumpt und von diesen Gefäßen in dem erforderlichen
Maße durch Hähne h und ein Rohr c zu einem Injektor geleitet, um es dort mit dem
Dampf zu mischen. Eine passende Form von Injektor ist in Fig. 2 in Ansicht, teilweise
im Schnitt, und in Fig. 3 in Aufsicht dargestellt. Das Rohr e endigt in einem Rohransatz
an der höchsten Stelle der Vorrichtung und steht in Verbindung mit einer Düse g
in dem Schauglas f. Das untere Ende dieses Rohres ist mit dem Dampfrohr b nahe an
dessen Eintritt in die Blase a verbunden. Bei dieser Anordnung kann die Zufuhr von
Formalin beobachtet und die Düse kann leicht entfernt und ersetzt werden, falls
sie sich verstopfen sollte, während die Zufuhr des Formalins durch die Hähne 1a
nach Bedarf geregelt werden kann. Die Regelung kann auch dadurch bewirkt werden,
daß man den Druck in den Gefäßen c, das Kaliber der Düse g oder die Stärke der Lösung
abändert oder mehrere dieser Mittel gleichzeitig anwendet. Bei unterbrochenem Betriebe,
bei dem die Blasen nach jeder Destillation einer Teercharge völlig geleert werden,
hat es sich als vorteilhaft erwiesen, ungefähr zwei Drittel der gesamten Formalinmenge
für jede Chaxge Teer während der Destillation, wie oben dargelegt, einzuführen,
und das übrige Drittel nach dem Herausreißen des Feuers, und während der Pechrückstand
in der Blase abkühlt, zuzusetzen. Für eine Beschickung von xo cbm Teer wurden bei
erfolgreichen Versuchen ungefähr 7,51 käufliches Formalin (d. h. q0 prozentige Formaldehydlösung)
gebraucht, aber die Menge kann beliebig geändert werden. Der Zweck ist, die Auxetica
soweit wie möglich unschädlich zu machen, und dies mit dem kleinsten Aufwand an
Formalin o. dgl. zu erreichen. Bei kontinuierlicher Destillation wird das Formalin
in denjenigen Raum der Blase eingeführt, wo die Schwerölfraktionen - bei Temperaturen
oberhalb 25o° destilliert werden, und wenn die oben beschriebenen Injektoren benutzt
werden, so kann die Speisung mit Formalin in diesen Abteilungen kontinuierlich sein.
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Die Erfindung ist nicht auf die besonderen Arten des Zusatzes von
Formaldehyd o. dgl. beschränkt, die im vorstehenden dargelegt sind, sondern es kann
jede passende Methode befolgt werden, den Aldehyd o. dgl. in irgendeinem passenden
Stadium der Destillation oder auch nach vollendeter Destillation dem Pechrückstand
zuzusetzen.
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Es ist bereits bekannt, Verbindungen von Phenol und Formaldehyd durch
Erhitzen dieser Stoffe in Gegenwart eines kondensierend wirkenden Mittels herzustellen,
und als solche Mittel sind Alkali oder. Teer vorgeschlagen worden. Den Produkten
werden desinfizierende, antibakterielle oder antiparasitäre Eigenschaften zugeschrieben.
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Solche Eigenschaften besitzen aber Phenol und Teer schon vor der Kondensation
mit Formaldehyd, und doch hat der Teer,- mag
das Phenol abdestilliert
sein oder nicht, krebserregende Eigenschaften. Auch wird das Phenol bei dem vorliegenden
Verfahren vorzugsweise abdestilliert, ehe der Formaldehyd zugesetzt wird. Aus beiden
Gründen kann die Wirkung des Verfahrens nicht auf die Bildung von Kondensationsprodukten
von Phenol und Formaldehyd zurückgeführt werden.
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Von dem bekannten Verfahren, bei dem Teer mit Formaldehyd zusammengebracht
wird, unterscheidet sich das vorliegende -ganz abgesehen von den Mengenverhältnissen
-dadurch, daß dort am Rückflußkühler erhitzt wird, während hier der Formaldehyd
während der gewöhnlichen Destillation des Teers, vorzugsweise nach dem Abtreiben
der Phenole, zugegeben wird, so daß ein Pech ohne krebserregende Eigenschaften erhalten
wird.