DE2702772C2 - - Google Patents

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DE2702772C2
DE2702772C2 DE19772702772 DE2702772A DE2702772C2 DE 2702772 C2 DE2702772 C2 DE 2702772C2 DE 19772702772 DE19772702772 DE 19772702772 DE 2702772 A DE2702772 A DE 2702772A DE 2702772 C2 DE2702772 C2 DE 2702772C2
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Description

Die Erfindung betrifft das neue, unmittelbare tablettierbare 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) der γ₂-Kristallmodifikation, dieses enthaltende Arzneimittel und ein Verfahren zur Herstellung desselben sowie das ein neues Zwischenprodukt darstellende 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis- (N-methylcarbamat)-dihydrat der γ₁-Kristallmodifikation und ein Verfahren zur Herstellung des letzteren.
In den letzten Jahren wurde in der medizinischen Therapie zur Heilung von Gefäßerkrankungen das 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) [auch 2,6-bis- (Methylcarbamoyloxymethyl)-pyridin genannt] sehr verbreitet verwendet.
Zur Herstellung des 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis- (N-methylcarbamats) sind mehrere Verfahren, denen es gemeinsam ist, daß als Ausgangsstoff in jedem Falle 2,6-Dihydroxymethylpyridin eingesetzt wird, bekannt.
Nach der österreichischen Patentschrift 2 58 953 wird das 2,6-Dihydroxymethylpyridin mit Methylamin und Phosgen umgesetzt. Die Umsetzung wird in einem Lösungsmittelmedium in Gegenwart eines tertiären Amines als Katalysators höchstens bei Zimmertemperatur durchgeführt.
Gemäß der österreichischen Patentschrift 2 58 954 wird das 2,6-Dihydroxymethylpyridin in einem Lösungsmittelmedium bei Temperaturen von 0 bis 150°C mit N-Methylcarbaminsäurechlorid oder einem N-Methylcarbaminsäureester umgesetzt. Im ersteren Falle wird als Katalysator eine tertiäre Base und im letzteren Falle Schwefelsäure, Toluolsulfonsäure oder ein Metallalkylat verwendet.
Nach der österreichischen Patentschrift 2 58 955 wird das 2,6-Dihydroxymethylpyridin zunächst in einem Lösungsmittelmedium in Gegenwart einer tertiären Base als Katalysator bei Temperaturen von 0 bis 100°C mit einem Chlorameisensäurearylester umgesetzt und dann der erhaltene 2,6-Di­ hydroxymethylpyridinarylameisensäureester in einem Lösungsmittel bei Temperaturen von 0 bis 100°C mit Methylamin zur Umsetzung gebracht.
Nach dem Verfahren gemäß der belgischen Patentschrift 7 53 219 wird das 2,6-Dihydroxymethylpyridin in Gegenwart von Natriumacetat in Trichlorbenzol bei Temperaturen von 80 bis 90°C mit N-Methylcarbaminsäurephenylester umgesetzt.
In der französischen Patentschrift 13 96 624 ist ein Verfahren, bei welchem das 2,6-Dihydroxymethylpyridin in einem Lösungsmittel, gegebenenfalls in Gegenwart eines tertiären Amines als Katalysator, mit Methylisocyanat umgesetzt wird, beschrieben.
Ein ähnliches Verfahren ist auch in der japanischen Patentschrift 7 286/49 beschrieben. Als Unterschied zum in der französischen Patentschrift 13 96 624 beschriebenen Verfahren wird jedoch als Lösungsmittel Wasser und als Katalysator Natriumhydroxyd verwendet.
Bei den beschriebenen Verfahren wird das 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) aus dem Reaktionsgemisch durch Abtreiben des Lösungsmittels unter Vakuum und Umkristallisieren des Rohproduktes aus Methanol gewonnen.
Bei einer Wertung all dieser Verfahren ist eindeutig festzustellen, daß für die technische beziehungsweise industrielle Verwirklichung das Verfahren nach der französischen Patentschrift 13 96 624 als am geeignetsten erscheint. Der Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, daß das 2,6-Dihydroxymethylpyridin in einem einzigen Verfahrensschritt mit dem großtechnisch hergestellbaren und leicht zugänglichen Methylisocyanat verestert wird. Die Durchführung der Umsetzung scheint einfach und ihre Ausbeute gut zu sein und das so erhaltene Rohprodukt enthält die wenigstens Verunreinigungen. Die Anwendung des Verfahrens nach der japanischen Patentschrift 7 286/49 ist, obwohl es verhältnismäßig einfach zu sein scheint, nicht zweckmäßig, da dabei nach eigenen Versuchen eine bedeutende Menge von Nebenprodukten, insbesondere von 2,6-Dihydroxymethylpyridin-mono-(N-methylcarbamat), entsteht.
Das nach dem Fachschrifttum geeignetste Verfahren zur Herstellung von 2,6-Dihydroxymethylpyridin-mono-(N-methylcarbamat) im technischen beziehungsweise industriellen Maßstab ist im einzelnen (französische Patentschrift 13 96 624, Beispiel 1) wie folgt: 2,6-Dihydroxymethylpyridin wird in der etwa 10fachen Menge Pyridin gelöst und mit dem in 1,5fachem Überschuß eingesetzten Methylisocyanat bei Zimmertemperatur 12 Stunden lang stehengelassen. Zur Vervollständigung der Reaktion wird danach das Gemisch 3 Stunden lang zum Sieden erhitzt. Das Pyridin wird unter Vakuum abdestilliert und der Rückstand wird aus Methanol umkristallisiert. Nach der genannten französischen Patentschrift 13 96 624 wird auf diese Weise ein Produkt mit einem Schmelzpunkt von 134°C in annähernd quantitativer (90- bis 95%iger) Ausbeute erhalten.
Nach der französischen Patentschrift 13 96 624 wird als Lösungsmittel Benzol, Toluol, Chlorbenzol, Acetonitril, Chloroform, Tetrahydrofuran oder Pyridin verwendet. Erforderlichenfalls kann auch mit einem Katalysator gearbeitet werden. Als Katalysatoren sind tertiäre Amine, wie Trimethylamin, Triäthylamin, N-Alkylpiperidine und Pyridin, geeignet.
In Kenntnis des angeführten Schrifttumes kann es scheinen, als ob bei Vorhandensein der entsprechenden Ausgangsstoffe, nämlich des 2,6-Dihydroxymethylpyridines und des Methylisocyanates, die Herstellung des 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamats) technisch beziehungsweise industriell leicht zu lösen sei, und da das Schrifttum keine weiteren Hinweise enthält, mußte der Fachmann annehmen, daß das so hergestellte und gereinigte Produkt ohne weitere Schwierigkeiten durch bekannte Verfahrensweisen zu Tabletten verarbeitet werden kann.
Im Gegensatz zu dieser Erwartung treten bei der praktischen Verwirklichung zahlreiche Schwierigkeiten auf. Bei jedem der bekannten Verfahren ist der eine Ausgangsstoff das 2,6-Dihydroxymethylpyridin, obwohl durch die aus dem Schrifttum bekannten Verfahren der technischen beziehungsweise industriellen Herstellung (japanische Patentschrift 14 222/43) das Hydrochlorid dieser Verbindung erhalten wird. Zum Freisetzen der Base aus dem Hydrochlorid sind 2 Verfahren bekannt: Die Base kann entweder mit einem Ionenaustauscherharz oder mit einer konzentrierten Alkalihydroxydlösung freigesetzt werden. Nach der japanischen Patentschrift 14 222/43 wird die Base mit einem Alkalihydroxyd freigesetzt und die Verwirklichung des Verfahrens mit dem Ionenaustauscherharz wird nicht für möglich gehalten. Das Freisetzen der Base erfolgt in der Weise, daß die konzentrierte wäßrige Lösung des 2,6-Dihydroxymethylpyridinhydrochlorides nach dem Klären und Kühlen mit konzentrierter Natronlauge versetzt wird. Nach der Beschreibung scheidet sich bei dieser Behandlung ein großer Teil der Base aus, der abfiltriert werden kann. Der infolge der guten Wasserlöslichkeit der Base in der wäßrigen Lösung zurückbleibende Anteil kann durch Extrahieren mit Äthylacetat gewonnen werden; das so erhaltene Zweitprodukt kann nur nach einem Umkristallisieren aus Methanol weiterverarbeitet werden. Die Ausbeute beträgt gemäß den Angaben der französischen Patentschrift 13 96 624 90%.Obwohl die angegebene Ausbeute dieses Verfahrens gut ist, ist seine technische beziehungsweise industrielle Durchführung nicht einfach. Zum Freisetzen und Abtrennen der Base sind im ganzen 10 verschiedene verfahrenstechnische beziehungsweise technologische Arbeitsgänge erforderlich. Auch das Filtrieren der hochkonzentrierten Lösung bereitet Schwierigkeiten und vermindert die Menge der gewinnbaren Base. Im Interesse einer guten Ausbeute muß mehrmals extrahiert werden und trotzdem gelang es bei eigenen Reproduktionsversuchen nicht, die in der französischen Patentschrift 13 96 624 angegebene Ausbeute von 90% zu erreichen. Diese war schon bei der Durchführung im Maßstab von Kilogrammengen nicht reproduzierbar und es war eine Ausbeute von nur höchstens 60% zu erreichen. Bei der Aufarbeitung verursacht das Trocknen der von der wäßrigen Lösung abfiltrierten Base Schwierigkeiten, da sie zersetzlich ist. Ein eventuell zurückbleibender Restgehalt an Wasser zersetzt jedoch das für die Umsetzung zum 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) als Reaktionsteilnehmer verwendete Methylisocyanat (Houben-Weyl, Methoden der organischen Chemie, 8, 131).
Weitere Schwierigkeiten treten bei der Zubereitung von Tabletten aus dem in der beschriebenen Weise erhaltenen Wirkstoff 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) auf. In den angeführten Patentschriften ist nur die Herstellung des Wirkstoffes beschrieben, auf die Zubereitung der Arzneimittelpräparate wird jedoch nicht eingegangen. Der nach den angeführten Patentschriften erhaltene, aus Methanol umkristallisierte Wirkstoff ist sehr locker, seine Teilchengröße ist ungleichmäßig und die ein geringes Raumgewicht aufweisende pulverförmige Substanz kann nicht einfach tablettiert werden. In solchen Fällen wird im allgemeinen naß granuliert und der Wirkstoff mit Streckmitteln beziehungsweise Füllstoffen und Haftmitteln beziehungsweise Klebstoffen homogenisiert, befeuchtet und verknetet. Die teigartige Masse wird dann granuliert und getrocknet. Das getrocknete Material wird erneut granuliert, mit den zum Tablettieren erforderlichen Hilfsstoffen vermischt und schließlich tablettiert.
Wenn das nach den angeführten Patentschriften aus Methanol umkristallisierte Produkt zur Granulierung befeuchtet wird, dann tritt beim Kneten eine starke Wärmeentwicklung auf, wodurch das Material zementartig zusammenbackt und so die weitere Aufarbeitung behindert wird. Das Zusammenbacken kann durch Verwendung von mehr als der üblichen Menge Netzmittel verhindert werden, dann treten aber bei der Bereitung und Trocknung des Granulates neue Schwierigkeiten auf. Tabletten mit geeignetem Zerfallsverhalten können demzufolge auf diese Weise nur durch ausgesprochen zeit- und kostenaufwendige Verfahren hergestellt werden.
Bei der Untersuchung dieses abnormalen Verhaltens des Wirkstoffes wurde nun festgestellt, daß das 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis- (N-methylcarbamat) 2 Mol Wasser in Form von Kristallwasser zu binden vermag. Dies wurde durch thermogravimetrische Messungen bewiesen, aber auch die beim Verkneten des Wirkstoffes mit Wasser auftretende starke Wärmeentwicklung deutet darauf hin. Die Aufnahme des Kristallwassers verursacht auch die beim Tablettieren auftretenden Schwierigkeiten, das heißt die beim Kneten spürbare starke Wärmeentwicklung und das zementartige Zusammenbacken sowie ferner das schlechte Zerfallsverhalten der fertigen Tablette. Es ist bekannt, daß eine der Bedingungen für die gute Tablettierbarkeit und das geeignete Zerfallsverhalten der Tabelette die Menge des von der als Zusatzmittel verwendeten Stärke aufgenommenen Wassers, welche durch entsprechendes Trocknen des Granulates eingestellt werden kann, ist. Der notwendige Feuchtigkeitsgehalt (15 bis 20%, bezogen auf die Stärke) kann im vorliegenden Fall nicht durch einfaches Trocknen erreicht werden, da während des Trockenvorganges das von der Stärke adsorptiv gebundene Wasser schneller austritt als das Kristallwasser des Wirkstoffes. Deshalb sind die Zerfallseigenschaften der Tablette schlecht.
Nach eigenen Versuchen kann auch durch in von den Angaben des Schrifttumes abweichender Weise aus Wasser vorgenommenes Umkristallisieren ein hinsichtlich der Tablettierung günstigeres Produkt nicht gewonnen werden.
Der Erfindung liegt also die Aufgabe zugrunde, unter Behebung der Nachteile des Standes der Technik eine durch ihre gute unmittelbare Tablettierbarkeit überlegene Kristallmodifikation von 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat), diese enthaltende Arzneimittel sowie ein Verfahren und ein neues Zwischenprodukt zur Herstellung derselben vorzusehen.
Diese Aufgabe wird durch das 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) der γ₂-Kristallmodifikation des Patentanspruchs 1 gelöst.
Es wurde nämlich überraschenderweise festgestellt, daß beim Umkristallisieren von rohem 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) aus einem Gemisch aus mindestens 1 Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen und Wasser im Volumverhältnis von 1 : 1 bis 1 : 2, vorteilhaft in der 4- bis 6fachen Menge, und Trocknen des erhaltenen Produktes bei 50 bis 100°C ein Material erhalten wird, welches nach dem Vermischen mit Hilfsstoffen ohne Granulierung unmittelbar tablettiert werden kann. Diese Feststellung ist besonders überraschend, da weder beim Kristallisieren aus Wasser noch beim Kristallisieren aus Alkohol noch beim Kristallisieren aus Gemischen von Alkoholen und Wasser, deren Zusammensetzung von der angegebenen abweicht, ein unmittelbar zum Tablettieren geeignetes Produkt gewonnen werden konnte.
In den Rahmen der Erfindung fallen ferner die Arzneimittel des Anspruchs 2 sowie das Verfahren zur Herstellung der γ₂-Kristallmodifikation von 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) gemäß Anspruch 3.
Das erfindungsgemäße 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis- (N-methylcarbamat) der γ₂-Kristallmodifikation ist ohne Schwierigkeiten unmittelbar tablettierbar.
Durch das Verfahren von Anspruch 3 kann die unmittelbar tablettierbare γ₂-Kristallmodifikation erhalten werden. Dies ist herstellungstechnisch, vor allem aber anwendungstechnisch und wirtschaftlich von hoher Bedeutung, da die 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) als Wirkstoff enthaltenden Präparate pharmakologisch wichtig sind und in beträchtlichen Mengen hergestellt werden.
Vorzugsweise wird als Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen im Gemisch mit dem Wasser zur Umkristallisation Methanol oder Äthanol verwendet. Es können aber auch Propanol beziehungsweise Gemische von Alkoholen mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen eingesetzt werden. Es ist auch bevorzugt, das Gemisch aus mindestens 1 Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen und Wasser zum Umkristallisieren in der 4- bis 6fachen Menge, bezogen auf das umzukristallisierende Produkt, zu verwenden. Besonders bevorzugt wird als Gemisch aus mindestens 1 Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen und Wasser zum Umkristallisieren 50%iges wäßriges Methanol in der 4- bis 6fachen Menge, bezogen auf das umzukristallisierende Produkt, verwendet.
Das 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) zeigt bei kristalloptischen und röntgenanalytischen Untersuchungen eine Lösungsmittel-Polymorphie.
Die eine polymorphe Kristallmodifikation (im folgenden α-Kristallmodifikation genannt) kann durch Kristallisieren aus Wasser erhalten werden. Sie kristallisiert langprismatisch, tafelig mit ungleichmäßigen Abmessungen und gehört dem monoklinen Kristallsystem an. Kristalloptisch kann die Kristallmodifikation dadurch charakterisiert werden, daß ihre Lichtbrechung gering, ihre Doppelbrechung dagegen hoch ist. Der Auslöschungswinkel beträgt 16 bis 19°. Beim Trocknen ändern sich die polarisationsoptischen Eigenschaften der Substanz im wesentlichen nicht. Die α-Kristallmodifikation bildet sich dann, wenn aus einem beliebigen Lösungsmittel ausgeschiedene Kristalle, das heißt andere Kristallmodifikationen, nachträglich mit Wasser behandelt werden.
Eine andere Kristallmodifikation entsteht, wenn aus einem Alkohol kristallisiert wird. Die Kristalle gehören ebenfalls dem monoklinen Kristallsystem an, sie sehen jedoch anders aus als die der α-Kristallmodifikation: Sie sind langfädig, faserartig und manchmal bilden sie Bündel. Auch ihre optischen Eigenschaften sind anders. Vor allem ist der Auslöschungswinkel sehr groß, nämlich 28 bis 30°. Solvatation tritt auch hier auf, aber die Solvathülle ist sehr stark gebunden. Beim Trocknen ändern sich die optischen Eigenschaften nicht. Diese Kristallmodifikation wird als β-Kristallmodifikation bezeichnet.
Wenn das 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) aus einem Gemisch aus mindestens 1 Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen und Wasser im Volumverhältnis von 1 : 1 bis 1 : 2, zum Beispiel 1 : 1, kristallisiert wird, dann wird wieder eine andere Kristallmodifikation, die neue γ₁-Kristallmodifikation, erhalten. Die morphologischen und optischen Eigenschaften der γ₁-Kristallmodifikation weichen von denen der α- und β-Kristallmodifikationen ab. Ihr Kristallsystem ist das monokline 2/m-holoedrische und der Auslöschungswinkel beträgt 18 bis 19°. Die Brechungsindices sind n α = 1,525 und n γ , = 1,442, die Doppelbrechung ist also groß. Dem Aussehen nach handelt es sich um kleine, dichte, nicht agglomerierte und wasserklare Einzelkristalle, die ein Maßverhältnis von etwa 2 : 1 haben und frei von Einschlüssen und Mutterlauge sind. Die Kristalle sind von wenigen Formflächen umgrenzt und ihre Größe liegt bei 0,1 bis 0,3 mm. Die dicht aneinanderliegenden einzelnen Kristalle füllen den Raum gut aus. Durch Trocknen des aus Kristallen der γ₁-Kristallmodifikation bestehenden Produktes wird die neue γ₂-Kristallmodifikation erhalten. Die γ₁-Kristallmodifikation ist also ein neues Zwischenprodukt zur Herstellung der neuen γ₂-Kristallmodifikation.
Gegenstand der Erfindung ist daher auch das 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat)dihydrat der γ₁-Kristallmodifikation des Anspruchs 7 und das Verfahren zu seiner Herstellung gemäß Anspruch 8.
Das Trocknen der γ₁-Kristallmodifikation zur Herstellung der γ₂-Kristallmodifikation bei Temperaturen von 50 bis 100°C wird zweckmäßig bis zur Gewichtskonstanz durchgeführt. Das Vorliegen der neuen γ₂-Kristallmodifikation ist dadurch bewiesen, daß sich die optischen Eigenschaften dieses Produktes scharf von denen der übrigen Produkte unterscheiden. Da während des Trocknungsvorganges Wasser austritt, tritt eine strukturelle Umordnung der Substanz ein. Sie wird triklin-symmetrisch. Beim Betrachten mit einem Vergrößerungsglas können innerhalb der vorherigen Einkristalle mosaikartig angeordnete unterschiedlich orientierte Kristallhaufen wahrgenommen werden. Die Brechungsindices sind einander angenähert: Der Brechungsindex in der Längsrichtung (n α ) ist nämlich nahe den anderen beiden Brechungsindices (n b und n γ′ ), das heißt die Doppelbrechung ist um Größenordnungen geringer als bei den oben beschriebenen anderen Kristallmodifikationen. Das Produkt ist unter dem Mikroskop praktisch nicht durchleuchtbar, da Haufenpolarisation auftritt. Die γ₂-Kristallmodifikation kann aus der α- beziehungsweise β-Kristallmodifikation durch Wärmebehandlung nicht hergestellt werden. Die γ₂-Kristallmodifikation kann, wie bereits dargelegt, unmittelbar tablettiert werden.
Die obigen Feststellungen sind sehr überraschend, da im Schrifttum keinerlei Hinweis auf eine Kristallpolymorphie von 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) zu finden ist und erst recht nirgendwo erwähnt ist, daß diese Polymorphie für die Tablettierbarkeit von entscheidender Bedeutung ist.
In der folgenden Tabelle 1 sind die Daten der verschiedenen Kristallmodifikationen von 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) zusammengestellt. Die Ergebnisse der Röntgendiffraktionsmessungen sind in der folgenden Tabelle 2 zusammengestellt. Photographien der einzelnen Kristallmodifikationen sind in der beiliegenden Fig. 1 gezeigt, die thermogravimetrischen Kurven sind in den Fig. 2, 3 und 4 dargestellt und die Röntgendiffraktogramme sind in den Fig. 5, 6, 7 und 8 festgehalten.
Tabelle 1
Tabelle 2
Röntgendiffraktionswerte
Das zur Durchführung der folgenden Beispiele eingesetzte 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) kann nach einem Verfahren hergestellt werden, welches darin besteht, daß man 2,6-Dihydroxymethylpyridin­ hydrochlorid in einem organischen Lösungsmittel in Gegenwart von mindestens 1 Äquivalent einer tertiären Base, bezogen auf es, mit Methylisocyanat umsetzt, das Reaktionsgemisch eindampft und das erhaltene Rohprodukt zunächst aus Wasser und dann aus einem Gemisch aus mindestens 1 Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen und Wasser im Volumenverhältnis von 1 : 1 bis 1 : 2 umkristallisiert, wobei das als Ausgangsmaterial eingesetzte 2,6-Dihydroxymethylpyridinhydrochlorid beispielsweise nach dem in der ungarischen Patentschrift 1 67 834 beschriebenen Verfahren hergestellt werden kann.
Die Reinheit der nach den Beispielen hergestellten Substanzen wurde dünnschichtchromatographisch und UV-spektrophotometrisch kontrolliert. Die Dünnschichtchromatographie wurde auf aktivierten Kieselgelschichten mit einem Gemisch aus Äthylacetat, Chloroform und Äthanol im Volumverhältnis von 6 : 2 : 1 durchgeführt und es wurde über Joddampf entwickelt. Der Rf-Wert von 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis- (N-methylcarbamat) beträgt 0,4. Die UV-spektrophotometrischen Messungen erfolgten in äthanolischer Lösung bei 165 bis 175/263 µm
Der Reinheitsgrad der hergestellten Substanzen, ihr Reinsubstanz- beziehungsweise Wirkstoffgehalt, wurde in Lösung in Eisessig durch Titrieren mit 0,05 n Perchlorsäure mit Kristallviolett als Indikator bestimmt.
Für die hinsichtlich der Tablettierbarkeit wichtigen kristallmorphologischen und kristalloptischen Messungen wurden ein Polarisationsmikroskop "Panphot" der Forma Leitz und ein Polarisationsmikroskop "Polmi A" der Firma Zeiss, für die Aufnahme der Kristalle die genannten Geräte und ein Photoapparat Exakta-Varex, für die Aufnahme der DTA- und DTG-Kurven ein Differential-Thermogravimeter nach Erdey-Paul und für die Aufnahme der Röntgendiffraktorgramme ein Röntgendiffraktormeter "Kristalloflex 4" der Firma Siemens verwendet.
Beispiel 1
Es wurden 100 g in der α-Kristallmodifikation vorliegendes, zum unmittelbaren Tablettieren ungeeignetes 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) in einem Gemisch aus 200 cm³ Methanol und 200 cm³ Wasser gelöst. Nachdem sich alles gelöst hatte, wurde die Lösung unter langsamem Rühren beziehungsweise Schütteln abkühlen gelassen. Als die Temperatur der Lösung unter 35°C gefallen war, wurde durch von außen erfolgendes Kühlen auf 0 bis 5°C gekühlt und das Gemisch bei dieser Temperatur ohne Rühren und Schütteln 8 Stunden lang stehengelassen. Dann wurde das Produkt abfiltriert und bei 50 bis 100°C getrocknet. So wurden als Produkt 96,2 g (96,2% der Theorie) 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) der q₂-Kristallmodifikation, welches unmittelbar tablettiert werden konnte und einen Schmelzpunkt von 134 bis 137°C hatte, erhalten. Der UV-spektrophotometrisch bestimmte Reinsubstanzgehalt betrug 99,5%.
Beispiel 2
Es wurden 80 g in der β-Kristallmodifikation vorliegendes zum unmittelbaren Tablettieren nicht geeignetes 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) aus 320 cm³ eines Gemisches aus Methanol Wasser im Volumverhältnis von 1 : 1 umkristallisiert. So wurden als Produkt 77,4 g (96,8% der Theorie) unmittelbar tablettierbar 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) der γ₂-Kristallmodifikation mit einem Schmelzpunkt von 134 bis 136°C und einem UV-spektrophotometrisch bestimmten Reinsubstanzgehalt von 99,3% erhalten.
Beispiel 3
Es wurden 100 g reines in der α-Kristallmodifikation vorliegendes, unmittelbar nicht tablettierbares 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) in einem Gemisch aus 200 cm³ Äthanol und 400 cm³ Wasser gelöst. Nachdem sich alles gelöst hatte, wurde die Lösung unter langsamem Rühren abkühlen gelassen. Im übrigen wurde nach Beispiel 1 gearbeitet. So wurde als Produkt 97 g (97% der Theorie) unmittelbar tablettierbares 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis- (N-methylcarbamat) der γ₂-Kristallmodifikation mit einem Schmelzpunkt von 134 bis 136°C und einem UV-spektrophotometrisch bestimmten Reinsubstanzgehalt von 99,5% erhalten.
Beispiel 4
Es wurde in der im Beispiel 3 beschriebenen Weise gearbeitet, jedoch mit dem Unterschied, daß von 45 g der zum unmittelbaren Tablettieren nicht geeigneten β-Kristallmodifikation von 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) ausgegangen wurde. Sie wurde aus 270 cm³ eines Gemisches aus Äthanol und Wasser im Volumverhältnis von 1 : 1,5 umkristallisiert. So wurden 43,7 g (97% der Theorie) unmittelbar tablettierbares 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis- (N-methylcarbamat) der γ₂-Kristallmodifikation mit einem Schmelzpunkt von 134 bis 136°C und einem UV-spektrophotometrisch bestimmten Reinsubstanzgehalt von 99,6% erhalten.
Beispiel 5
Es wurde ein Gemisch aus 10 g (aus Wasser kristallisiertem) 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) der α-Kristallmodifikation und 10 g (aus Methanol kristallisiertem) 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) der β-Kristallmodifikation in 40 cm³ eines Gemisches aus Methanol und Wasser im Volumverhältnis von 1 : 1 gelöst. Im übrigen wurde in der im Beispiel 1 beschriebenen Weise gearbeitet. So wurden 19,3 g (96,5% der Theorie) unmittelbar tablettierbares 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N- methylcarbamat) der γ₂-Kristallmodifikation mit einem Schmelzpunkt von 134 bis 136°C und einem UV-spektrophotometrisch bestimmten Reinsubstanzgehalt von 99,5% erhalten.
Beispiel 6
Es wurden 80 g durch Kristallisieren aus Wasser gereinigtes 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) in einem siedenden Gemisch aus 160 cm³ Methanol und 320 cm³ Wasser gelöst. Die Lösung wurde, falls es erforderlich war, geklärt und dann filtriert. Ohne von außen erfolgendes Kühlen wurde die Lösung auf 40°C abkühlen gelassen. Dann wurde mit Wasser und Eiswasser auf 0 bis 5°C gekühlt und die Lösung wurde bei dieser Temperatur 3 Stunden lang gerührt beziehungsweise geschüttelt. Die ausgeschiedenen Kristalle wurden abfiltriert und das filterfeuchte Material wurde bei 50 bis 55°C getrocknet. So wurden als Produkt 75 g (93,8% der Theorie) 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis- (N-methylcarbamat) der γ₂-Kristallmodifikation mit einem Schmelzpunkt von 134 bis 136°C und einem UV-spektrophotometrisch bestimmten Reinsubstanzgehalt von 99,3% erhalten.

Claims (8)

1. 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat der Formel in der γ₂-Kristallmodifikation, dadurch gekennzeichnet, daß
  • a) es dem triklinen Kristallsystem angehört,
  • b) sein Auslöschungswinkel veränderlich schief ist (Haufenpolarisation),
  • c) seine Brechungsindices die Werte
    n α ≈ 1,545 und
    n γ , ≈ 1,550 haben,
  • d) seine Doppelbrechung (Δ) ≈ 0,005 ist,
  • e) sein DTG bis zum Schmelzpunkt stabil ist und
  • f) seine Röntgendiffraktionswerte wie folgt sind:
  • d hkl (Å)Intensität 11,8 bis 11,6 90  7,06100  5,71 bis 5,60 85  4,97 bis 4,62 55  4,45 bis 4,58100  4,18 40  3,85 55  3,58100  2,96 15
2. Arzneimittel, gekennzeichnet durch einen Gehalt an 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat) der γ₂-Kristallmodifikation nach Anspruch 1 als Wirkstoff, gegebenenfalls zusammen mit üblichen Träger- und/oder Hilfsstoffen.
3. Verfahren zur Herstellung des 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat)-es der γ₂-Kristallmodifikation nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man rohes oder gereinigtes 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) aus einem Gemisch aus mindestens 1 Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen und Wasser im Volumverhältnis von 1 : 1 bis 1 : 2 umkristallisiert und das erhaltene 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N- methylcarbamat)-dihydrat der γ₁-Kristallmodifikation bei 50 bis 100°C trocknet.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß man als Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen Methanol oder Äthanol verwendet.
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß man das Gemisch aus mindestens 1 Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen und Wasser zum Umkristallisieren in der 4- bis 6fachen Menge, bezogen auf das umzukristallisierende Produkt, verwendet.
6. Verfahren nach Anspruch 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß man als Gemisch aus mindestens 1 Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen und Wasser zum Umkristallisieren 50%iges wäßriges Methanol in der 4- bis 6fachen Menge, bezogen auf das umzukristallisierende Produkt, verwendet.
7. 2,6-Dihydroxymethylpyridin-bis-(N-methylcarbamat)- dihydrat der γ₁-Kristallmodifikation, dadurch gekennzeichnet, daß
  • a) es dem monoklinen Kristallsystem (der holoedrischen Klasse 2/m) angehört,
  • b) sein Auslöschungswinkel 18 bis 19° beträgt,
  • c) seine Brechungsindices die Werte n α = 1,525 undn γ i= 1,442 haben,
  • d) seine Doppelbrechung (Δ) = 0,083 ist,
  • e) seine DTG DTG I 86°  6% DTG II102°  7% DTG III114°  4,8%sind und
  • f) seine Röntgendiffraktionswerte wie folgt sind:
  • d hkl (Å)Intensität 8,72100 6,30 40 5,90 35 5,71 bis 5,60 30 4,97 bis 4,62 80 4,45 bis 4,58 40 3,95 60 3,73 70 3,38 80
8. Verfahren zur Herstellung des 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat)-dihydrates der γ₁-Kristallmodifikation, dadurch gekennzeichnet, daß man rohes oder gereinigtes 2,6-Dihydroxymethylpyridin- bis-(N-methylcarbamat) aus einem Gemisch aus mindestens 1 Alkohol mit 1 bis 3 Kohlenstoffatomen und Wasser im Volumverhältnis von 1 : 1 bis 1 : 2 umkristallisiert.
DE19772702772 1976-01-24 1977-01-24 2,6-dihydroxymethylpyridin-bis- (n-methylcarbamat) der gamma tief 2 -kristallmodifikation, dieses enthaltende arzneimittel und verfahren zur herstellung desselben sowie 2,6-dihydroxymethylpyridinbis-(n-methylcarbamat)-dihydrat der gamma tief 1 -kristallmodifikation und verfahren zur herstellung des letzteren Granted DE2702772A1 (de)

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