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Die Erfindung betrifft ein rationelles kombiniertes Mineral- und
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Aldehydgerbverfahren, das trotz Einsparung mehrerer üblicher Verfahrensschritte
ausgezeichnete Leder liefert. Außerdem ist die Abwasserbelastung dabei wesentlich
geringer als üblich.
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Es ist bekannt, daß man mit wäßrigen Lösungen, die auf 1 Mol eines
gesättigten aliphatischen Dialdehyds 4 bis 6 Mol Formaldehyd(überwiegend in an den
Aldehyd gebundener, zu einem geringen Teil in freier Form) enthalten, allein und
insbesondere in Kombination mit mineralischen Gerbstoffen gerben kann Dieser modifizierte
Dialdehyd hat sich als Gerbstoff sehr gut bewährt - man erhält damit Leder und Pelze
von weißer Farbe und erhöhter Schrumpfungstemperatur -, doch bringt seine Anwendung
nach den bisher üblichen Gerbverfahren noch keine verfahrenstechnische Vereinfachung
und - insbesondere bei der Kombination mit der Chromgerbung - noch keine Abwasserentlastung
mit sich.
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Bekanntermaßen besteht eine mineralische Gerbung in der Regel aus
den Verfahrensschritten Entfetten, Pickeln, mineralische (Chrom, Aluminium, Zirkon)
Gerbung, Abstumpfen, Neutralisieren, gegebenenfalls Färben und Fetten. Dieses Verfahren
ist umständlich, arbeitsintensiv (einer Mechanisierung oder gar Automatisierung
sind aufgrund der unregelmäßigen Beschaffenheit der Häute relativ enge Grenzen gesetzt)
und führt zu einer hohen Abwasserbelastung. Die DT-PS 1 494 825 beschreibt zwar
ein vereinfachtes Verfahren, gemäß dem gekälkte Blössen ohne vorheriges Entkälken
und Pickeln, jedoch in Gegenwart von Säuren chromgegerbt werden. Das Verfahren hat
sich jedoch in der Praxis nicht durchgesetzt, weil das so erhältliche Leder qualitativ
nicht befriedigt. Außerdem bringt dieses Verfahren keinerlei Abwasserentlastung
mit sich0 Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, eine Rationalisierung des Arbeitsprozesses
und eine Entlastung des Abwassers ohne Beeinträchtigung oder möglichst sogar unter
Verbesserung der Lederqualität zu erzielen.
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Die Lösung dieser Aufgabe wurde gefunden in einem Verfahren zur Herstellung
von Leder durch Vorgerben mit einer Gerbstoff-Formulierung,
die
durch Lösen von einem Molteil eines aliphatischen, 2 bis 8 Kohlenstoffatome enthaltenden
ç -Dialdehyds oder dessen Acetals in einer 10 bis 40%igen wäßrigen Lösung von 4
bis 6 Molteilen Formaldehyd bei einem pH-Wert von 5 bis 10 und Erwärmen der Lösung
auf etwa 80 bis 950C erhalten worden ist, und Gerben mit einem üblichen mineralischen
Gerbstoff, vorzugsweise einem Chromgerbstoff, wobei die Arbeitsgänge Entfetten,
Pickeln, Abstumpfen und Neutralisieren entfallen und der mineralische Gerbstoff
in einer Menge eingesetzt wird, die je nach der Art des Gerbstoffs 1 bis 2,2 % (stets
bezogen auf Blössengewicht) Cr203 oder 2,5 bis 4 % Al203 oder 4 bis 7 % ZrO2 entspricht0
Die erfindungsgemäß einzusetzende Gerbstoff-Formulierung ist aus den deutschen Patentschriften
2 215 948 und 2 243 826 sowie aus der DT-AS 2 227 598 bekannt. Als tc, -Dialdehyde
sind alle aliphatisch gesättigten G -Dialdehyde mit 2 bis 8 Kohlenstoffatomen oder
deren Gemische brauchbar, Beispielsweise seien genannt Malondialdehyd, Succindialdehyd,
Adipindialdehyd, Pimelindialdehyd sowie der von der Korksäure sich ableitende Dialdehyd,
Bevorzugt werden Glyoxal und insbesondere Glutardialdehyd0 Als Alkohole, mit denen
die Dialdehyde acetalisiert sein können, kommen gesättigte aliphatische Alkohole
mit 1 bis 10, vorzugsweise 1 bis 3 Kohlenstoffatomen, insbesondere Methanol, in
Betracht.
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Die Acetale sind den freien Aldehyden, besonders wegen der verbesserten
Lagerstabilität, vorzuziehen. Eine besonders günstige Gerbstoff-Formulierung läßt
sich dann erreichen, wenn man die Umsetzung des Aldehyds oder Acetals mit Formaldehyd
in Gegenwart von 5 bis 20 Ges.$, bezogen auf eingesetzten Dialdehyd, eines tertiären
Alkanolamins durchführt, wobei das Alkanolamin pro Alkanolgruppe 2 bis 4 Kohlenstoffatome
enthält.
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Eine weitere und ganz besonders vorteilhafte Herstellungsweise für
die erfindungsgemäß einzusetzende Gerbstoff-Formulierung ist in der DT-OS 23 37
196 beschrieben. Hierbei wird das Tetraacetal des Glutardialdehyds durch saure Alkoholyse
von 2-Alkoxy-3,4-dihydro-2H-pyran bei Temperaturen zwischen 40 und 1400C in hochkonzentrierter
Form erhalten und mit Formaldehyd (zweckmäßig in Form
einer konzentrierten
wäßrigen Lösung) umgesetzt.
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Die nach einer der angegebenen Methoden erhaltene Gerbstoff-Formulierung,
die aus einer wäßrig-alkoholischen Lösung des Aldehyds oder Acetals als Wirkstoff
besteht, wird beim erfindungsgemäßen Verfahren in einer Menge eingesetzt, die, bezogen
auf Blössengewicht, 0,4 bis 2,5, vorzugsweise 1 bis 2 % Wirkstoff entspricht0 Die
Erfindung besteht darin, daß man die Aldehydgerbung anstelle eines Pickels setzt,
doh. direkt auf das entkälkte Blössenmaterial einsetzt Die Entkälkung darf allerdings
nicht mit Sulfit erfolgt sein, da dieses den Aldehyd unwirksam machen würde, Der
Einsatz der Aldehyd-Gerbstoff-Formulierung erfolgt bei einem pH-Wert von 6 bis 9,
vorzugsweise 7 - 8,5, insbesondere 7,5 bis 8,0. Im Verlauf der Aldehyd-Vorgerbung
sinkt der pH-Wert dann auf etwa 5.
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Durch diese Vorgerbung wird im Hinblick auf den nachfolgenden Chromgerbstoff
eine Art verstärkter Pickelwirkung ohne Salz und ohne Säure erreicht, Die Haut befindet
sich also in einem Zustand, der wie in einem Pickel dem nachfolgenden Chromgerbstoff
keine Säure entzieht und daher eine überbasifizierung ausschließt0 Infolgedessen
können bei entsprechender Maskierung, vorzugsweise mit 0,6 bis 1,5 Mol Formiat oder
0,1 bis 0,6 Mol Acetat pro Gramm-Atom Chrom, gefahrlos sogar 50 % basische Chromgerbstoffe
und 33 % und geringer basische Chromgerbstoffe auch ohne Maskierung auf einem Blössenmaterial
von relativ hoher pH-Einstellung (ca.
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5,0) eingesetzt werden0 Im übrigen kommen als Mineralgerbstoffe die
üblichen in Betracht, beispielsweise die basischen Chloride, Sulfate oder Formiate
des 3-wertigen Chroms, des Aluminiums und des Zirkons sowie deren Misch- bzw. Komplexsalze,
wie sie beispielsweise in den DT-OS 19 45 005 und 19 45 006 sowie der Deutschen
Patentanmeldung P 24 25 970 beschrieben sind.
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Die Chromgerbung erfolgt mit etwa der Hälfte der üblichen Gerbstoffmenge,
nämlich mit Mengen, die etwa 1 bis 2,2, vorzugsweise 1,2 bis 1,8 % (bezogen auf
Blössengewicht) Cr203 (gegenüber dem normalen Angebot von 2,5 bis 3 %) entsprechen.
Im Falle einer
Aluminiumgerbung soll die Gerbstoffmenge 2,5 bis
4, vorzugsweise 3 bis 3,5 % A1203 und im Falle einer Zirkongerbung 4 bis 7, vorzugsweise
5 bis 6,5 % Zr02, also den üblichen Mengen, entsprechen.
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Ein analoges Verfahren mit anderen bekannten Aldehyden, z.B. Formaldehyd
oder Glutardialdehyd, ist nicht möglich, die Ergebnisse wären in mehrfacher Hinsicht
unbefriedigend (zone starker Narbenzug, im Falle der Dialdehyde Vergilbung.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren bringt zwar der Ersatz des Pickelns
durch die Aldehydgerbung an sich noch keine unmittelbare verfahrenstechnische Erleichterung,
doch werden dadurch die langwierigen und kritischen Prozesse des Abstumpfens nach
der Gerbung und des Neutralisierens nach dem Lagern eingespart. Außerdem kann der
Spülprozeß gegenüber dem nach der üblichen salzreichen Mineralgerbung erforderlichen
verkürzt werden. Hinzu kommt, daß die lästige und wegen der vor allem im Hinblick
auf den Umweltschutz erforderlichen Rückgewinnung des Lösungsmittels aufwendige,
zumindest bei stark fettnaltigem Blössenmaterial aber bisher notwendige Entfettung,
z.B. mit Petroleum oder Methylenchlorid, bei dem erfindungsgemäßen Verfahren entfallen
kann, weil die hohe Dis pergierwirkung des Aldehyds einen Abbau von Fett anhäufungen
und eine gleichmäßige Fettverteilung über das gesamte Blössenmaterial gewährleistet.
Ferner ist die Abwasserbelastung durch Säuren und Neutralsalze und vor allem durch
Chromsalze aufgrund des verringerten Chromgerbstoffangebotes und der starken Brühenauszehrung
wesentlich geringer als üblich. Zu diesen arbeitstechnischen und ökologischen Vorteilen
kommen wesentliche Qualitätsverbesserungen am Leder: Dieses ist sehr weich, feinnarbig,
riefenfrei und reißfest, und es zeigt eine besondere Brillanz der Färbung, wie sie
beim normalen Chromleder nicht im gleichen Maße erreicht werden kann.
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Ferner hat das Leder ein geringes Gewicht infolge des salzfreien Arbeitens,
der geringen Chrommenge und der Einsparung an (meist chlorierten und dadurch schweren)
synthetischen Fettungsmitteln aufgrund der natürlichen Weichheit der auf diese Weise
gegerbten Leder. Schließlich ist die Schrumpfungstemperatur im Fall der Aluminiumgerbung
von normal ca. 72 auf ca. 930C und im Falle der Zirkongerbung von normal etwa 85
auf etwa 950C erhöht. Außerdem
t kommen zu all diesen Vorteilen
noch Einsparungen an Chromgerbstoff (aufgrund des verringerten Angebotes und der
besseren Ausnutzung) und Fettungsmitteln, insbesondere bei stark fetthaltigem Material,
da das natürliche Fett nicht entfernt, sondern gleichmäßig verteilt wird.
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Die in den Beispielen angegebenen Prozente beziehen sich auf das Blössengewicht.
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Beispiel 1 Rindnappaleder Aus dem Äscher spalten auf 2,0 bis 2,2 mm;
10 min. Spülen bei 300C.
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100 % Wasser, 300C 2 % eines handelsüblichen Entkälkungsmittels auf
der Basis eines sauren Salzes eines Sulfophthalsäure-Gemisches 15 min0 0,5 % eines
handelsüblichen Beizpräparates 1 % eines handelsüblichen Tensides auf der Basis
von oxäthyliertem Nonylphenol 90 min., pH 8,2 10 min. Waschen mit 200 % Wasser von
300C Blösse soll kalkfrei sein.
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Vorgerbung: 30 % Wasser, 300C 2 % der erfindungsgemäß einzusetzenden
Aldehyd-Gerbstoff-Formulierung mit 45 Wirkstoffgehalt 2 % eines handelsüblichen
anionischen, synthetischen Fettungsmittels Mischen 5 % Wasser, 3000 30 min., pH
6,0 Ausgerbung: 6 % eines handelsüblichen, 50 % basischen maskierten Chromgerbstoffs
(entspr. 1,3 % Cr203), ungelöst zugeben 5 Stunden über Nacht im Faß.
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Analyse der Restbrühe: Chromoxid 0,19 % pH-Wert 4,6 Auf Block, Abwelken,
Falzen.
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Beispiel 2 Rindnappaleder Vorbehandlung und Vorgerbung wie bei Beispiel
1.
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Ausgerbung: 5 P eines handelsüblichen 33 % basischen Chromgerbstoffs
(entspr. 1,25 % Cr203) 1 % Kalziumformiat 0,5 % Natriumbicarbonat Zugabe jeweils
in fester Form 5 Stunden über Nacht im Faß.
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Analyse der Restbrühe: Chromoxid: 0,05 % pH-Wert 4,55 Der pH-Wert
verläuft während der Chromgerbung vom neutralen ins saure Gebiet (von 6,5 5 min.
nach Beginn zu 4,8 nach 25 Minuten), also im entgegengesetzten Sinne wie üblich.
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Beispiel 3 Boxcalf - Rindboxleder Äscher mit Mercaptoäthanol; Egalisieren
auf der Spaltmaschine.
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Entkälkung und Beize: 100 % Wasser, 35 ob 1,5 % eines handelsüblichen
Entkälkungsmittels auf Basis Sulfophthalsäure 10 min.
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weitere 0,2 % des Entkälkungsmittels 0,4 % eines handelsüblichen
BeizprE-parates 30 min., pH 8,65; Entkälkung soll vollständig sein; Waschen.
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Vorgerbung: 50 %0 Wasser, 300C 0,1 h des genannten Entkälkungsmittels
5 min., pH 8,5 3 % der erfindungsgemäß einzusetzenden Aldehyd-Gerbstoff-Formulierung
mit 45 % Wirkstoffgehalt 2 % Wasser 1 % eines handelsüblichen synthetischen Fettungsmittels
Mischen, 20 min., pH im Bad 6,1, in der Blöße 5,5 bis 6,0 eines handelsüblichen
50 % basischen maskierten Chromgerbstoffs (entspr. 1,2 % Cr203) 4 S eines 33 % basischen
Chromgerbstoffs (entspr. 1,0 % Cr203) 1 s0 Kalziumformiat 0,3 % Natriumbicarbonat
Zugabe in fester Form 5 Stunden, pH 4,5; Analyse der Restbrühe: 0,34 % Cr203 Die
gemäß den Beispielen erhaltenen Leder sind feinnarbig, weich im Griff und lassen
sich sehr gleichmäßig, farbstark und brillant färben.