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Verfahren zum Chromgerben von mit keratinolytisch wirksamen Enzymen
enthaarten Häuten und Fellen Aus der deutschen Patentschrift 1090 673, der USA.-Patentschrift
2 988 488 und der französischen Patentschrift 1294 412 sind Verfahren zum
Enthaaren tierischer Häute und Felle mit keratinolytisch wirksamen Enzymen bekannt.
Diese Enzyme werden bevorzugt aus Stämmen von Streptomyces fradiae gewonnen. Sie
sind ohne eine vorangehende Alkalibehandlung der Häute als Enthaarungsmittel verwendbar.
Nach der Enthaarung mit den keratinolytisch wirksamen Enzymen können die Häute ohne
Nachbehandlung mit alkalischen Äschermitteln und ohne Entkälkung und Beize den üblichen
Gerbprozessen zugeführt werden.
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Die Leder, die aus Häuten gewinnbar sind, welche mit Hilfe keratinolytisch
wirksamer Enzyme nach diesen Verfahren enthaart wurden, weisen jedoch eine Reihe
von Mängeln gegenüber denen auf, die aus mit Kalk und Schwefelnatrium enthaarten
Häuten herstellbar sind. So besitzen diese Leder einen mehr oder weniger losen Narben,
ein unnatürlich erscheinendes Narbenbild und oft einen mehr oder weniger stark ausgebildeten
Narbenzug. Ferner treten die Blutadern am fertigen Leder vielfach sehr stark hervor.
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Es wurde nun gefunden, daß man diese Mängel der Fertigleder beseitigen
oder weitgehend vermindern kann, wenn man auf die mit keratinolytiseh wirksamen
Enzymen enthaarten Häute und Felle ohne eine vorangehende Sauerstellung gerbend
wirkende Chromverbindungen zur Einwirkung bringt. Gegebenenfalls können bei der
Chromgerbung anorganische und organische Säuren und/oder anorganische oder organische
Salze mitverwendet werden. In einer besonderen Ausführungsform werden die gerbend
wirkenden Chromverbindungen in einer zu einer Ausgerbung ungenügenden Menge angewendet
und die so vorgegerbten Häute und Felle dann in üblicher Weise mit Chromgerbmitteln
oder/und anderen bekannten Gerbmitteln vollständig ausgegerbt.
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In der Praxis ist es üblich, die Blößen vor der Chromgerbung zu neutralisieren,
d. h., nach dem Enthaarungsprozeß werden die Blößen zunächst entkälkt (pH-Wert der
Blößen <9) und häufig auch gebeizt. Dann wird mit Gemischen aus starken
Säuren unter Zusatz von Salzen, z. B. mit Schwefelsäure und Kochsalz, oder auch
mit nicht schwellend auf die Blößen wirkenden Säuren, z. B. mit Naphthalinsulfonsäuren,
gepickelt. Dabei werden in den Blößen pH-Werte von z. B. 3,5 bis 4,0 eingestellt.
Der Zweck des Pickels ist es, eine milde Angerbung mit den Chromgerbmitteln und
damit einen glatteren und nicht gezogenen Narben zu erzielen. Im Hinblick auf diese
übliche Technik ist es überraschend, daß nach dem erfindungsgemäßen Verfahren aus
mit keratinolytischen Enzymen enthaarten Häuten und Fellen ohne die übliche Sauerstellung
glattere und narbenfestere Leder zu erzielen sind als bei Benutzung des üblichen
Pickels.
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Die zum Enthaaren der Häute verwendbaren keratinolytisch wirksamen
Enzyme sind z. B. aus den USA. Patentschriften 2 988 488 und 2 988 487 bekannt.
Die Felle und Häute, welche mit den keratinolytisch wirksamen Enzymen oder mit Enzymgemischen,
die solche keratinolytisch wirksamen Enzyme enthalten, enthaart sind, werden in
üblicher Weise entfleischt, gegebenenfalls gespalten, gestrichen und gegebenenfalls
gespült. Ohne weitere Zwischenbehandlung werden die Chromgerbmittel auf diese Häute
zur Einwirkung gebracht.
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Als Chromgerbmittel eignen sich die bekannten basischen Chromsulfate,
Chromalaun oder mit organischen Resten maskierte Chrombrühen. Besonders geeignet
sind sprühgetrocknete basische Chromsulfate. Gegebenenfalls werden Säuren, z. B.
Schwefelsäure, Essigsäure, Ameisensäure oder Naphthalin= sulfonsäuren, oder anorganische
oder organische; gegebenenfalls maskierend wirkende Salze, z. B. Kochsalz, Natriumsulfat,
Natriumbisulfat, Ammoniumcarbonat, Natriumsulfit, Calciumformiat, Natriumacetat,
Sulfophthalate oder naphthalinsulfosaure Salze, bei der Gerbung mitverwendet. Ferner
sind Gemische oder Mischkomplexe aus Chrom- und Aluminiumsalzen oder Chrom- und
anderen mineralischen Gerbmitteln verwendbar. Die Chromgerb-:
mittel
können mit synthetischen Gerb- oder Hilfsgerbstoffen, mit vegetabilischen Gerbmitteln
oder/und mit Harzgerbstoffen kombiniert angewendet werden.
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Als synthetische HiIfs- bzw. Austauschgerbstoffe können Kondensationsprodukte
aus aromatischen Sulfonsäuren, insbesondere Naphthalinsulfonsäuren, mit Formaldehyd,
ferner Kondensationsprodukte aus aromatischen Sulfonsäuren, insbesondere Naphthalinsulfonsäuren,
und phenolischen Verbindungen, insbesondere Dihydroxydiphenylsulfon öder chlorierten
Phenolen, mit Formaldehyd sowie sulfonierte oder sulfomethylierte Kondensationsprodukte
phenolischer Verbindungen mit Aldehyden verwendet werden. Als Harzgerbstoffe können
Kondensationsprodukte aus Amino- und/oder Iminogruppen enthaltenden organischen
Verbindungen, wie Harnstoff, Dicyandiamid, Melamin oder Guanidin, mt Aldehyden,
insbesondere mit Formaldehyd, eingesetzt werden, die gegebenenfalls noch Sulfonsäuregruppen
enthaltende Kondensationsprodukte von Aldehyden, insbesondere Formaldehyd, mit aromatischen
Verbindungen, insbesondere Naphthalinsulfonsäuren, enthalten.
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Die Gerbung erfolgt in der Regel im Faß. Die Häute werden mit den
gelöst oder ungelöst zugegebenen Gerbmitteln gewalkt. Es werden dabei 0 bis 100
Teile Wasser zugesetzt. In einer besonders vorteilhaften Anwendungsweise werden
die Häute im Faß mit pulverförmigen Gerbmitteln ohne Zusatz von Wasser gewalkt.
Bevorzugt werden dabei praxisübliche 33%ige basische Chromsulfate verwendet.
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Die Chromgerbung soll zweckmäßig bei einem pH-Wert von 3,5 bis 4,5
beendet sein. Die Basizität und die Menge der eingesetzten Chromgerbmittel werden
vorteilhaft so bemessen, daß ein Abstumpfen im Verlauf der Chromgerbung nicht erforderlich
ist. Die zur vollständigen Ausgerbung erforderlichen Chrommengen und die dazu notwendige
Gerbdauer unterscheiden sich nicht von den sonst gebräuchlichen Chromgerbverfahren.
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Die Chromgerbung der mit keratinolytischen Enzymen enthaarten Häute
kann auch in der Weise vorgenommen werden, daß die Blößen zunächst mit einer zur
vollständigen Ausgerbung unzureichenden Menge von Chromgerbstoffen vor- und dann
in der üblichen Weise mit Chromgerbmitteln oder anderen Gerbmitteln ausgegerbt werden.
Zum Beispiel werden die Blößen mit Chromgerbmitteln in einer Menge, die 1 oder 1,51/o
Chromoxyd, bezogen auf das Blößengewicht, entsprechen, vorgegerbt. Diese Vorgerbung
kann mit oder ohne Zusatz von Wasser vorgenommen werden. Die vorgegerbten Häute
können gegebenenfalls vor der Ausgerbung gespalten oder gefalzt werden. In diesen
Fällen sollen jedoch die Menge und die Art der verwendeten Chromgerbmittel sowie
die Gerbdauer so gewählt werden, daß die Vorgerbung ganz durchgedrungen ist. Die
Ausgerbung erfolgt dann in üblicher Weise mit Chromgerbstoffen oder anderen GerbmitteIn.
Zum Beispiel werden basische Chromsulfate in einer Menge, die 1,5 oder 2% Chromoxyd,
bezogen auf Falzgewicht, entsprechen, eingesetzt. Die vorgegerbten Häute können
auch vor der Ausgerbung mit Chromgerbstoffen in üblicher Weise gepickelt oder mit
Säuren sauergestellt werden.
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Die Weiterbehandlung der vollständig ausgegerbten Leder erfolgt in
üblicher Weise.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist zur Herstellung der gebräuchlichen
Lederarten verwendbar. Besonders geeignet ist es zur Erzeugung von Chromoberleder,
wie von Rindbox.
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Beispiel 1 In üblicher Weise geweichte Rindhäute werden mit 50% Wasser
von 20° C (bezogen auf das Weichgewicht der Häute), 2,5 % eines nachstehend charakterisierten
keratinolytisch wirksamen Enzyms, 2;5% Calciumhydroxyd und 0,1 bis 0,2% eines handelsüblichen
Konservierungsmittels, z. B. Natriumtrichlorphenolat, im Faß behandelt. Jede Stunde
wird etwa 3 bis 5 Minuten gewalkt. Der Prozeß wird beendet, sobald die Haare gelockert
sind. Das ist je nach der Art der verwendeten Rohware nach einer Einwirkungsdauer
von 24 bis 48 Stunden der Fall.
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Als keratinoIytisch wirksames Enzym wird ein nach dem Verfahren der
USA.-Patentschrift 2 988 487 gewinnbares Produkt verwendet. Es ist charakterisiert
durch seine Wasserlöslichkeit, seine Nichtdialysierbarkeit, die Zerstörbarkeit seiner
keratinolytischen Wirksamkeit durch 5minütiges Erhitzen auf etwa 100° C, seine maximale
keratinolytische Wirksamkeit zwischen pH 8,5 und 9,5, seine Fällbarkeit aus wäßriger
Lösung durch Zusatz von Ammoniumsulfat und durch die Abhängigkeit seiner keratinolytischen
Wirksamkeit von der Anwesenheit kleiner Mengen komplexbildender Metallionen. Das
Behandlungsbad soll eine Keratinaseaktivität zwischen 250 000 und 1000 000 Keratinaseeinheiten
pro Kilogramm zu enthaarende Haut aufweisen.
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Man verwendet als Enzym ein aus Streptomyces fradiae gewonnenes Enzym
(vergleiche z. B. Tabelle 1 und 2 der deutschen Patentschrift 1090 673).
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Die behandelten Häute werden in üblicher Weise entfleischt, gespalten,
gestrichen und etwa 20 Minuten mit Wasser von 20° C gewaschen. Danach werden die
enthaarten Häute ohne jede Zwischenbehandlung mit 100% Wasser (bezogen auf das Gewicht
der Blößen) und 10 bis 12% eines handelsüblichen 33%igen basischen, einen Chromoxydgehalt
von etwa 25 % aufweisenden pulverförmigen Chromsulfatgerbstoffes im Faß gewalkt.
Nach einer Laufzeit von 5 bis 6 Stunden ist die Gerbung beendet. Die Restflotte
weist einen pH-Wert von etwa 3,8 auf. Die Leder werden dann auf gebräuchliche Weise
nachgegerbt, gelickert, getrocknet und zugerichtet.
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Beispiel 2 Häute werden, wie im Beispiel 1 angegeben, enthaart und
mit Wasser von 20° C im Faß gewaschen. Die Spülflotte wird abgelassen. Dann werden
10 bis 120% (bezogen auf das Gewicht der Blößen) eines pulverförmigen Acetatogruppen
enthaltenden Chrom(III)-Sulfats mit einem Gehalt von 25 0/0 Chromoxyd und 5% Essigsäure
und einer Basizität von etwa 33 % zugesetzt.
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Nach etwa 4 bis 6 Stunden ist die Gerbung beendet. Die Leder werden
in üblicher Weise fertiggestellt. Es werden narbenfeste und volle Leder mit einem
glatten und nicht oder nur sehr wenig gezogenen Narben erhalten.
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Beispiel 3 Rindhälse, die gemäß dem Verfahren des Beispiels 1 enthaart
und geweicht sind, werden mit Wasser von etwa 20° C im Faß gewaschen. Die Flotte
wird abgelassen und 4 bis 6 0/0 (bezogen auf das Gewicht der Blößen) eines pulverförmigen
330/eigen
basischen Chromsulfatgerbstoffes mit einem Chromoxydgehalt
von 25% zugegeben. Es wird 5 Stunden gewalkt (End-pH-Wert 3,8 bis 4,2).
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Die erhaltenen Leder werden 12 Stunden auf Bock gelegt und dann gefalzt.
Die Leder werden dann mit 100% (bezogen auf Falzgewicht) Wasser von 40° C, 6 bis
4% des gleichen Chromgerbstoffs und 0,3 bis 0,51/o wasserfreiem Natriumcarbonat
ausgegerbt. Nach einer Walkdauer von etwa 4 Stunden ist die Gerbung beendet.
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Die Leder werden 12 Stunden gelagert, nachgefalzt und mit einem Gemisch
des synthetischen Gerbstoffs, hergestellt nach Beispiel 1 der deutschen Patentschrift
927 331, und des Harzgerbstoffs, gewonnen nach Beispiel 1 der deutschen Auslegeschrift
1068 464, nachgegerbt, dann gelickert, getrocknet und zugerichtet. Es werden volle,
narbenfeste und glatte Leder erhalten.
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Beispiel 4 Rindhäute, die geweicht und nach den aus der französischen
Patentschrift 1294 412 bekannten Verfahren enthaart wurden, werden gespült und in
der Weise gegerbt, wie im Beispiel 1 angegeben. Als Gerbstoff wird dabei eine sulfatogruppenhaltige
Aluminium-Chrom(III)-Miscbkomplexverbindung mit einer Basizität von über 30 bis
35% angewendet, die auf 1 Atom Chrom 1 Atom Aluminium enthält und die mit carboxylgruppenhaltigen
Verbindungen stabilisiert ist.
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Der sulfatogruppenhaltige Aluminium-Chrom(III)-Mischkomplex kann auch
eine Basizität von 50% aufweisen und auf 1 Atom Chrom auch 2 Atome Aluminium und
1,0 Mol Natriumacetat/Chrom enthalten.