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Verfahren zur Gewinnung von kristalliner Saecharose aus Melasse
, Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von kristalliner Saccharose
aus einer Melasse, aus der nach Abtrennung praktisch aller Nichtzuckerstoffe auch
kristalline Saccharose nach erfolgtem Eindicken und Verkochen abgetrennt ist.
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Es ist bekannt, daß man bei dem herkömmlichen Zuckergewinnungsverfahren
neben dem Kristallzucker auch die Melasse erhält, in der die aus der Rübe oder dem
Rohr in den Saft gelangenden Nichtsaccharosestoffe, die bei der Reinigung des Saftes
nicht entfernt werden konnten, stark angereichert vorliegen. Der wesentliche Bestandteil
in der Melasse ist jedoch Saccharose, und zwar bis zu etwa 60% der gesamten Trockensubstanz
bzw. bis zu etwa 501)10 der Gesamtmenge bei etwa 85' Bx. Die Saccharose kristallisiert
aus der Melasse auf Grund der starken Nichtsaccharosekonzentration nicht mehr aus
und kann bei Anwendung der herkömmlichen Mittel lediglich durch Verarbeitung der
Melasse, beispielsweise durch Alkoholgewinnung, verwertet werden.
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Da trotz der Möglichkeit, die Melasse mit dem darin befindlichen Saecharosegehalt
zu verwerten, der Kristallzucker ein wesentlich wertvolleres Produkt darstellt,
geht das Bestreben in der Zuckerfabrikation dahin, einen möglichst großen Anteil
der in der Melasse befindlichen Saccharose in Form von Kristallzucker zu gewinnen.
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So hat man sich in der Zuckerfabrikation bisher stets darum bemüht,
mit Hilfe der verschiedensten Verfahren den Melasseanfall zugunsten eines erhöhten
Gewinnes an Kristallzucker zu vermindern. Bekannt ist das hierzu entwickelte Reinigungsverfahren
(Steffen-Verfahren), bei dem durch Zugabe von gepulvertem Atzkalk in die kalte,
verdünnte Melasselösung die Bildung von wasserunlöslichem Tricalciumsaccharat erreicht
wird. Durch nachfolgende Saturation Mit C02 wird in dem aufgemaischten Saccharat
wieder eine Salzspaltung vorgenommen, so daß man schließlich eine Zuckerlösung und
das wasserunlösliche Calciumkarbonat erhält. Die Reinheit der Zuckerlösung beträgt
bei diesem Verfahren etwa 900,/().
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Dieses Reinigungsverfahren wird in den verschiedensten Modifikationen
heute noch mit Erfolg in der Zuckerindustrie eingesetzt, da es verhältnismäßig geringe
Kosten verursacht. Die bei der Anwendung dieses Verfahrens gewonnene Zuckerlösung
enthält noch immer etwa 10% der Trockensubstanz an Nichtsaccharosestoffen, so daß
es nur als eine Art Grobreinigung angesehen werden kann.
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Die bei der Diffusion in den Saft gelangende Raffinose - ein
aus Galactose und Saecharose zusammengesetztes Trisaccharid - bildet ebenso
wie die Saccharose mit Calcium ein wasserlösliches Salz und gelangt somit auch nach
der Reinigung wieder in die Zuckerlösung. Raffinose kann praktisch während des gesamten
Zuckerfabrikationsprozesses nicht ausgeschieden werden. Sie tritt nach den einzelnen
Kristallisationsprozessen in jeweils angereicherter Form stets im Ablauf wieder
auf.
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Zur Erhöhung des Reinheitsgrades der Zuckerlösung ist es weiterhin
bekanntgeworden, durch Verwendung von Tonenaustauschern die Zuckerlösung zu entsalzen.
Dieses Verfahren ist zwar im Hinblick auf die Betriebskosten sehr aufwendig, da
die notwendigen Regenerationsmittel für die lonenaustauscher - im allgemeinen
Schwefelsäure und Natronlauge -
in großen Mengen erforderlich sind, jedoch
hat dieses Verfahren den Vorteil, daß in der entsalzten Zuckerlösung praktisch keine
Nichtzuckerstoffe mehr vorhanden sind. Die Rdffinose in der Zuckerlösung wird aber
auch bei der Entsalzung mittels Ionenaustauscher nicht angegriffen.
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Versuche zeigten nun, daß die Raffinose bei einer Konzentration von
etwa 4% an eine erhebliche kristallisationshemmende Wirkung ausübt. Hierdurch ergibt
sich, daß eine weitere Trennung von Saccharose aus der Füllmasse nach dem üblichen
Kristallisationsprozeß praktisch nicht mehr möglich ist, wenn der Anteil an Raffinose,
bezogen auf die Füllmasse, 4()/o oder mehr beträgt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu schaffen,
durch' welches ein erheblicher Anteil der in einer Melasse vorhandenen Saccharose
trotz der begleitenden kristallisationshemmenden Raffinose in kristalliner Form
abgetrennt wird.
Gelöst wird diese Aufgabe dadurch, daß bei dem
eingangs genannten Verfahren zur Gewinnung kristalliner Saccharose aus einer Melasse,
aus der nach Abtrennung praktisch aller Nichtzuckerstoffe auch kristalline Saccharose
nach erfolgtem Eindicken und Verkochen abgetrennt ist, erfindungsgemäß aus dem verbleibenden
Ablauf durch Zusatz von Methanol ein weiterer Saccharoseanteil ausgefällt und zur
Kristallzuckerverkochung zurückgeführt wird.
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Bei der Erfindung handelt es sich um die praktische Nutzanwendung
einer seit nahezu 100 Jahren bekannten Wirkung des Methanols auf Gemische
aus Saccharose und Raffinose, die zu einer bisher nicht erreichten Ausbeutesteigerung
bei der Gewinnung von Saccharose aus Melasse führt.
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Es ist seit langen Jahren bekannt, daß Methylalkohol sehr leicht die
Raffinose und verhältnismäßig wenig die Saccharose zu lösen vermag und daß man bei
Zugabe von Methanol zu einer Zuckerlösung, beispielsweise zu einer Lösung aus Kristallzucker
und Wasser, eine teilweise Ausscheidung des Zuckers erzielt, ohne daß diese Erkenntnis
bei dem einleitend genannten Verfahren zur Gewinnung von kristalliner Saccharose
aus einer Melasse irgendeine praktische Nutzanwendung gefunden hat.
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Soweit man Methanol bei der Behandlung von Melasse zur Anwendung gebracht
hat, geschah dies in der Weise, daß man die Melasse mit dem Methanol mischte und
dieser Mischung eine Säure zusetzte, deren Salze mit den in der Melasse vorkommenden
Kationen schwer oder nicht löslich sind. Man hat dann nach Abtrennung des Niederschlages
von der Flüssigkeit den Zucker auskristallisieren lassen und von der Flüssigkeit
das Methanol verdampft, um es rückzugewinnen. Bei einer Abwandlung dieses Verfahrens
hat man auch bereits vorgesehen, nach der Abtrennung des Niederschlages von der
Flüssigkeit das Methanol zu verdampfen und die von dem Niederschlag und dem Methanol
befreite Flüssigkeit durch einen oder mehrere Ionenaustauscher hindurchzuflühren.
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Es ist augenscheinlich, daß das bekannte Verfahren zur Behandlung
der Melasse unter Verwendung von Methanol nicht mit dem erfindungsgemäß vorgesehenen
Verfahren vergleichbar ist, da bei der bekannten Anwendung das Methanol als Mittel
zur Reinigung der Melasse neben anderen Substanzen benutzt wird, während entsprechend
der Erfindung das Methanol erst nach der erfolgten Reinigung der Melasse und nach
Ausfällung des Kristallzuckers aus der eingedickten und verkochten Füllmasse dem
verbleibenden Ablauf zugesetzt wird, um aus diesem Ablauf noch einen erheblichen
Anteil der darin enthaltenen Saccharose zu gewinnen. Zur Steigerung der Saecharoseausbeute
sieht eine Weiterbildung der Erfindung vor, daß nach der Ausfällung jer Saecharose
aus dem Ablauf durch Zugabe des Methanols der verbleibende Restablauf vom Methanol
befreit, weiter eingedickt und zum Teil dem Ablauf der Kristallzuckerverkochung
zugeführt wird.
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Es besteht auch die Möglichkeit, den weiter eingedickten Restablauf
erfindungsgemäß einer oder mehreren weiteren getrennten Saccharosefällungen zu unterziehen
und den jeweils erhaltenen Ablauf wieder aufzukonzentrieren sowie den ausgefällten
Zucker zur Kristallzuckerverkochung zurückzuführen.
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Die jeweis erforderliche Menge an Methanol beträgt etwa
100 bis 15011/o der zu behandelnden Ablaufmenge bei einem Wassergehalt des
Ablaufes von 10 bis 20%, wobei das Methanol mit dem Ablauf unter ständigem Rühren
eine gewisse Zeit vermischt wird, bis die ausgeschiedenen Zuckerkristalle zu einer
hinreichenden Größe angewaschsen sind. Der ausgeschiedene Zucker wird dann durch
bekannte Verfahren, wie Zentrifugieren oder Filtrieren, abgetrennt und separat oder,
wie oben beschrieben wurde, in der ersten Kochstufe noch einmal umgekocht.
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Versuche haben gezeigt, daß der Raffinoseanteil in dem durch Methanolzusatz
ausgefällten Zucker bis zu 151)fo der Gesamtraffinose betragen kann. Bei einer weiteren
Umkochung dieses Zuckers gelangt die Raffinose wieder in den Ablauf, während der
Zucker als praktisch reine Saccharose gewonnen wird.
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Die Anzahl der Saccharosefällungen richtet sich im wesentlichen nach
dem Raflinosegehalt in der Füllmasse, der gemäß den vorstehenden AusfUhrungen durch
die Raffinose im ausgefällten und rückgeführten Zucker erhöht wird. Angestrebt wird
ein möglichst hoher Raffinosegehalt im Endablauf, also möglichst wenig begleitende
Saecharose, um eine große Kristallzuckerausbeute zu erreichen. Der Endablauf ist
gegenüber der Melasse immer noch ein hochwertiges Produkt und für die Verwendung
in der Nahrungsmittelindustrie oder zur Alkoholvergärung u. dgl. geeignet.
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Die Kristallzuckerausbeute als praktisch reine Saccharose beträgt
bei dem neuen Verfahren mindestens 85% des Saccharosegehaltes in der Melasse.
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Ein Methanolverbrauch tritt praktisch nicht auf, da das Methanol jeweils
rückgewonnen und erneut verwendet wird.
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Das nachfolgende Verfahrens-Stoffmengenschema gibt die bekannten Verfahrensschritte
bei der Saecharosegewinnung wieder.
1. Rohstoff Melasse .................... 100% |
Reinheit .................... 60% |
Saecharose ................. 50% |
Raffinose ................... 2% |
Nichtzucker ................ 330/() |
11. Steffen-Verfahren Gereinigte Zuckerlösung |
Reinheit .................... 90% |
Saccharose ................. 50()/o |
Raffinose ................... 2% |
Nichtzucker ................ 61)/o |
1 |
111. Verkochung Füllmasse ..................
64()/o Kristallzucker |
Reinheit .................... 90% Saccharose ..28()/o |
Sacharose .................. 501)1() |
Raffinose ................... 207o |
Raffinose/Füllmasse (90' Bx) 3,107() |
A |
Ablauf ..................... 38(1/() |
Tieinheit .................... 74% |
Saccharose ................. 22(12'0 |
Raffinose ................... 2();!() |
oi |
Nichtzucker ................ 6 so |
Raffinose/Ablauf (80' Bx) .... 5,30!'o |
Aus der Darstellung ist ersichtlich, daß die nach dem herkömmlichen Fabrikationsverfahren
aus den Zuckerrüben als Nebenprodukt erhaltene Melasse bei einem Reinheitsgrad von
60% etwa 2()"lo Raffinose, bezogen auf die gesamte Melasse, enthält.
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Die Melasse wird durch Anwendung des Steffen-Verfahrens auf einen
Reinheitsgrad von 9011 110 gebracht. Nach dem Kristallisationsprozeß beträgt die
Füllmasse noch 64%, bezogen auf die Ausgangsmenge der Melasse. Der Raffinosegehalt
beträgt nach der erfolgten Reinigung des Saftes weiterhin 2""/o, bezogen auf die
Melasse, ist jedoch auf 3,11114), bezogen auf die Füllmasse, angestiegen.
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Bei der Verkochung der Füllmasse werden etwa 28""'(), bezogen auf
die Ausgangsmenge der Melasse, an Kristallzucker gewonnen, während der Ablauf etwa
38()i"o, wiederum bezogen auf die Ausgangsmenge der Melasse, beträgt. Der Reiheitsgrad
des Ablaufes liegt bei 74"/(), und der Anteil der Raffinose, welcher nach wie vor
20,10, bezogen auf die Ausgangsmenge der Melasse, beträgt, beläuft sich bereits,
bezogen auf den Ablauf, auf 5,30...,'o. Weitere Verkochungen sind also nicht mehr
möglich.
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Die Ausbeute an Kristallzucker beträgt demgemäß nur etwa ein Viertel,
bezogen auf die Gesamtmenge der Melasse, wobei etwa die Hälfte des Zuckers in der
Melasse verbleibt, ohne daß sie gewonnen werden kann. Auch bei der Rückführung der
gereinigten Melasse in den Fabrikationsprozeß wird das Ergebnis nicht geändert.
Es kommt jedoch eine erhebliche Belastung der einzelnen Kochstufen durch den höheren
Raffinosegehalt hinzu, ohne daß eine nennenswerte Steigerung der Kristallzuckerausbeute
ermöglicht wird.
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Das nachfolgende Verfahrens- und Stoffmengenschema zeigt die erheblichen
Unterschiede, welche erfindungsgemäß gegenüber dem Bekannten erzielt werden.
1. Rohstoff. Melasse .......... 100()/o |
Reinheit .......... 60% |
Saecharose ....... 50()10 |
Raffinose ......... 2% |
Nichtzucker ...... 331)/() |
- . . 1 |
Il. Vorreinigung (z. B. vorgereinigte Zuckerlösung |
Steffen-Verfahren) Reinheit .......... 9011/o |
Saccharose ....... 50% |
Raffinose ......... 21)/o |
Nichtzucker ...... 60/() |
1 |
111. Hauptreinigung entsalzte Zuckerlösung |
(Entsalzung) Reinheit .......... 100% |
Saccharose ....... 5001() |
Raffinose ......... 2% |
1 |
IV. Verkochung Füllmasse ........ 95% |
Reinheit .......... 100% Kristallzucker |
Saccharose , ...... 87% Saccharose .... 45% |
Raffinose ......... 30/() |
Raffinose/Füllmasse 3,2% |
r 1 |
Ablauf |
Reinheit .......... 10007o |
Saccharose ....... 48% |
Raffinose ......... 7% |
V. Zuckerfällung ausgefällter Zucker eingedickter
Restablauf Rücknahme |
in Methanol Reinheit .......... 10011/o Reinheit
....... 100()/o Reinheit 1000/0 |
Saccharose ....... 37% Saccharose .... 11 ()/o
Saccharose 6()/o |
Raffinose ......... 111/o Raffinose ...... 61)/o
Raffinose .. 4% |
Endablauf ..... 8,211/o |
Reinheit ....... l0011/o |
Saccharose .... 5()/o |
Raffinose ...... 20/() |
Raffinose/Ablauf 251)/o |
Auch hier wird wiederum ausgegangen von einer Melasse mit einem Reinheitsgrad von
60% und einem Raffinoseanteil von 2()/o, bezogen auf die Gesamtmenge der Melasse.
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Nach Durchführung des Steffen-Verfahrens erhält man eine vorgereinigte
Zuckerlösung wie beim bekannten Verfahren mit einem Reinheitsgrad von 90"/(). Es
folgt die Entsalzung der vorgereinigten Zuckerlösung, so daß man eine entsprechend
entsalzte Zuckerlösung bekommt, welche noch 740,to, bezogen auf die Ausgangsmenge
der Melasse, beträgt. Die Reinheit dieser entsalzten Zuckerlösung beträgt 100"/().
wobei- der Raffinoseanteil 211/() auf Melasse und 2,7()/o. bezogen auf die entsalzte
Zuckerlösung, beträgt.
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Der entsalzte Saft wird durch ein Vakuum-Schnellverdampfungsverfahren
eingedickt und demgemäß in einem saftschonenden Temperaturbereich behandelt und
anschließend zu einer Füllmasse verkocht. Durch diese Verkochung werden etwa 45
bis 50011) des Zuckers in dür Füllmasse praktisch raffinosefrei ausgetragen.
Die Raffinose gelant in den Ablauf. Diese mit Raffinose stark angereicherte Ablauf
wird mit Methanol versetzt und unter ständigem Rühren eine gewisse Zeit vermischt,
bis die ausgeschiedenen Zuckerkristalle eine ausreichende, zur Abtrennung geeignete
Größe haben.
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Der ausgefällte Zucker enthält 371)7o Saccharose Lind 10jo Raffinose,
bezogen auf die Ausgangsmenge der _Melasse, und wird nun gemäß dem Stoffmengenschema
in die Verkochungsstufe zu der Füllmasse zurückgeführt.
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Aus dem Restablauf wird in einer zweiten Schnellverdampfungsanlage
das Methanol abgetrieben und der Ablauf weiter eingedickt. Ein Teil dieses Ablaufes
wird zum Erstproduktablauf zurückgeführt und mit diesem zusammen einer weiteren
Zuckerausfällung durch Methanolzugabe unterworfen. Der Endablauf enthält bei 100()/()iger
Reinheit etwa 2511/o Raffinose, bezogen auf die Endablaufmenge, und ist gemäß den
obigen Ausflührungen durch weitere Verarbeitung, beispielsweise durch Alkoholvergärung
od. dgl. noch immer als hochwertiges Produkt gegenüber der Melasse zu verw(-rt(-n