-
Verfahren zur Herstellung von polyfunktionellen hochmolekularen Anlagerungsverbindungen
von Metallen der I. Hauptgruppe des Periodensystems Es ist bekannt, daß nicht enolisierbare
Ketone, z. B. Diarylketone, mit äquivalenten Mengen eines Alkalimetalls oder - eines
Gemisches eines Erdalkalimetalls, z. B. Magnesium, mit seinem- Jodid, gefärbte Additionsverbindungen,
sogenannte Ketyle, bilden, die durch Übertragung eines Elektrons vom Metall auf
die Carbonylgruppe des Ketons entstehen.- Diese äußerst reaktionsfähigen Verbindungen
stellen Radikalanionen dar und- sind sowohl zu radikalischen als auch zu anionischen
Reaktionen befähigt. Die radikalische Funktion des Moleküls äußert sich in der Dimerisierungzweier
Ketyle unter Kombination der Radikale. Diese Reaktion, die unter anderem von der
Art des Lösungsmittels abhängt, führt zu Pinakolatanionen. Die wichtigste Reaktion
der anionischen Funktion der Ketyle ist die anionische Anregung der Polymerisation
anionisch - polymerisierender Monomeren, bei der die Ketyle als Endgruppen -in-
die entstehenden Polymeren.eingebaut werden.
-
Bei der Umsetzung mit einem weiteren Äquivalent Alkalimetall entstehen
aus den Ketylen unter Übertragung eines weiteren Elektrons die ebenfalls hoch reaktionsfähigen
Dimetallkomplexe, die nun keinen Radikalcharakter mehr haben, sondern Dianionen
mit teilweise Carbeniatcharakter sind.
-
Weiterhin ist bekannt, daß auch organisch substituierte Cyanide,
z. B. Benzonitril, mit Alkalimetallen unter Elektronenübertragung zu Radikalanionen
reagieren, die die gleichen Eigenschaften und dieselbe Reaktionsweise wie die Ketyle
haben; die Bildung von relativ beständigen Radikalanionen ist außerdem auch bei
Sulfonen, organischen Nitro- und Azoverbindungen beobachtet worden. Als Zwischenstufen,
die jedoch infolge ihrer großen Reaktionsfähigkeit nicht faßbar sind, kommen Radikalanionen
aber auch bei zahlreichen Reaktionen organischer Moleküle mit Alkalimetallen vor,
z. B. bei der Reduktion von Carbonsäureestern mit Alkalimetallen. In den meisten
Fällen reagieren die Radikalanionen sofort unter Kombination zweier Radikale weiter
und bilden stabilere Dianionen.
-
Es wurde nun ein Verfahren zur Herstellung von polyfunktionellen
hochmolekularen Anlagerungsverbindungen von Metallen der 1. Hauptgruppe des Periodensystems
gefunden, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man Mehrfachbindungen zwischen Kohlenstoff-
und Heteroatomen enthaltende hochmolekulare Verbindungen in unter den Reaktionsbedingungen
inerten organischen Lösungs- oder Dispergiermitteln, insbesondere offenkettigen
oder cyclischen Äthern, sowie unter Zusatz katalytischer Mengen eines mehrkernigen
aromatischen Kohlen-
wasserstoffs bei Temperaturen zwischen - 100 und +200"C mit
einem Alkalimetall zu polyfunktionellen hochmolekularen Radikalanionen oder Dianionen
umsetzt.
-
Da die erfindungsgemäß. hergestellten hochmolekularen Anlagerungsverbindungen-
von Metallen der ersten Hauptgruppe- des Periodensystems meistens charakteristisch
gefärbt sind, läßt sich der erfolgreiche Verlauf der Umsetzung in vielen Fällen
am Auftreten der Eigenfarbe der polymeren Anlagerungskomplexe verfolgen.
-
Als hochmolekulare Verbindungen, die Mehrfachbindungen zwischen Kohlenstoff-
und Heteroatomen enthalten, eignen sich z. B. hochmolekulare halogenfreie Polymere,
die an Struktureinheiten der Makromoleküle gebundene Carbonyl-, Carbonsäureester-,
Carbonsäureanhydrid-, Carbonsäureazidgruppen und andere Gruppen von Abkömmlingen
von Carbonyl-oder Carboxylgruppen sowie Nitril- und Azomethingruppen, heterocyclische
Gruppen mit C = N-Doppelbindungen enthalten. So eignen sich z.B. zur erfindungsgemäßen
Umsetzung Poly-p-vinylbenzophenon, seine o- und p-Isomeren,- Copolymere eines Vinylbenzophenons
mit äthylenisch ungesättigten Kohlenwasserstoffen, z. B. Styrol oder Vinyltoluolen,
Polymere oder Copolymere von Abkömmlingen des Vinylbenzophenons, z. B. p-Vinyl-methylbenzophenon,
die entweder durch Acylierung eines Kahlenwasserstoffpolymeren oder durch Polymerisation
oder Copolymerisation der entsprechenden Monomeren oder durch Umsetzung einer polymeren
metallorganischen Verbindung mit Benzonitril oder substituierten Benzonitrilen hergestellt
werden können. Fernerhin sind geeignet Polymere und Copolymere von Vinylketonen,
z. B. Vinylmethylketon, Vinylisopropylketon oder
Vinyl-tert.-butylketon,
N-Vinylpyrrolidon, sowie Polymerisate nitrilhaltiger Monomeren, wie z. B. Acrylnitril
oder Methacrylnitril, oder ihre Copolymerisate mit äthylenisch ungesättigten Kohlenwasserstoffen,
z. B. Styrol, -Methylstyrol, den Vinyltoluolen oder mit Dienen wie Butadien, Isopren,
Dimethylbutadien, Polymerisate oder Copolymerisate der Vinylpyridine, kernalkyl-
oder arylsubstituierter Vinylpyridine, Polymerisate oder Copolymerisate von Vinylestern,
z. 13.
-
Vinylacetat, Vinylbutyrat, von Acryl- und Methacrylsäureestern, z.B.
Methacrylsäuremethylestern oder Acryl- und Methacrylestern höherer Alkohole, Polymerisate
oder Copolymerisate von Acrylsäure- oder Methacrylsäureamiden, vorzugsweise N,N-disubstituierten,
z.B. Acrylsäure-dimethylamid. Ebenfalls eignen sich auch Poly-Schiffsche Basen,
die z. B. aus Dialdehyden und Diaminen entstehen.
-
Die mittleren Molekulargewichte der zur erfindungsgemäßen Umsetzung
verwendeten hochmolekularen Verbindungen liegen meist zwischen 2 104 und 2106, doch
können auch polymere Verbindungen mit niedrigeren oder höheren Molekulargewichten
eingesetzt werden.
-
Zu der erfindungsgemäßen Herstellung der hochmolekularen Anlagerungsverbindungen
sind alle Metalle der I. Hauptgruppe des Periodensystems befähigt.
-
Von den Alkalimetallen werden aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und
der Handhabung insbesondere Natrium und Lithium zur Umsetzung verwendet, doch gelingt
die Umsetzung in gleicher Weise auch mit den höheren Alkalimetallen. Man kann das
Metall der I. Hauptgruppe des Periodensystems im Unter oder Überschuß einsetzen,
je nachdem, ob man alle oder nur einen Teil der Mehrfachbindungen umsetzen will.
-
Als Reaktionsmedium eignen sich alle unter den Reaktionsbedingungen
inerten organischen Lösungs-oder Dispergiermittel, insbesondere die »aktiven« Äther,
z. B. Dimethyläther, Tetrahydrofuran, Äthylenglykoldimethyläther, die infolge Komplexbildung
mit den Reaktionsprodukten die Umsetzung beschleunigen.
-
Es können jedoch auch andere offenkettige oder cyclische Äther, z.B.
Diäthyläther, Di-n-butyläther Diamyläther, Dioxan, Äthylenglykoldiäthyläther oder
Diäthylglykoldiäthyläther verwendet werden sowie aliphatische, cycloaliphatische
oder aromatische Kohlenwasserstoffe, wie n-Pentan, n-Hexan, n-Heptan oder deren
Gemische, Cyclopentan, Cyclohexan, Cycloheptan, Benzol, Toluol, Xylole, Tetrahydronaphthalin
oder Dekahydronaphthalin. Ebenso eignen sich Gemische von Äthern, insbesondere der
aktiven, mit Kohlenwasserstoffen.
-
Wegen der außerordentlich großen Reaktivität der hochmolekularen
Anlagerungsverbindungen von Metallen der I. Hauptgruppe des Peridodensystems ist
es zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens unerläßlich, Lösungs- bzw.
Dispergiermittel nur in gut getrocknetem Zustand zu verwenden. Es ist aber auch
möglich, die Trocknung der Lösungs- bzw. Dispergiermittel in situ durchzuführen,
indem man mit einem mindestens dem Wassergehalt des Lösungs- bzw.
-
Dispergiermittels entsprechenden Überschuß an Metall der I. Hauptgruppe
arbeitet. Die Umsetzung findet erst dann statt, wenn alle sie inhibierenden Verunreinigungen,
vor allemprotonenliefernde Substanzen, wie Wasser, Alkohole, Säuren, durch überschüssiges
Alkalimetall aufgezehrt sind. Besonders vorteilhaft für eine rasche Umsetzung ist
es, die Metalle mit
reiner, d. h. oxyd- bzw. hydroxydfreien Oberfläche einzusetzen,
etwa durch eine mechanische oder chemische Reinigung der Metalloberfläche vor oder
während der Umsetzung, z.B. durch Zugabe von Glasstücken oder auch Stahlkugeln zu
der bewegten Reaktionsmischung.
-
Bei Verwendung tiefsiedender Lösungs- bzw. Dispergiermittel kann
ohne Schaden für die erfindungsgemäße Umsetzung unter Anwendung von Drücken gearbeitet
werden. Diese können gegebenenfalls bis auf 200 atm gesteigert werden.
-
Von besonderem Vorteil ist es, die Reaktionsmischung während der
Umsetzung in Bewegung zu halten, entweder durch Rühren der Reaktionsmischung oder
durch Schütteln oder Rollen des Reaktionsgefäßes. Außerdem ist es unerläßlich, das
erfindungsgemäße Verfahren unter einer Schutzgasatmosphäre auszuführen, die den
Zutritt von Luft oder Feuchtigkeit verhindert. Als Schutzgase eignen sich Stickstoff,
Wasserstoff und die Edelgase, die gegebenenfalls durch eine dem Reaktionsgefäß vorgeschaltete
Gasreinigungsanlage von Sauerstoffanteilen und Wasserdampf befreit werden. Die Verwendung
von Edelgasen als Schutzgas ist im Falle der Umsetzung mit Lithium unerläßlich.
Beim Arbeiten in größeren Reaktionsgefäßen ist ein geringer Überdruck des Schutzgases
von Vorteil.
-
Die erfindungsgemäße Umsetzung wird bei Temperaturen zwischen -100
und +200°C, insbesondere zwischen - 80 und +150°C, durchgeführt. Die Reaktionstemperatur
richtet sich oft nach dem verwendeten Lösungs- oder Dispergiermittel. Bei Verwendung
eines »aktiven« Äthers findet z. B. die Reaktion schon bei tieferen Temperaturen
genügend rasch statt. Dagegen ist in Kohlenwasserstoffen als Reaktionsmedium die
Anwendung höherer Temperaturen für das erfindungsgemäße Verfahren von Vorteil.
-
Erfindungsgemäß wird das Verfahren unter Zusatz katalytischer Mengen
eines mehrkernigen aromatischen Kohlenwasserstoffs durchgeführt. Mehrkernige aromatische
Kohlenwasserstoffe bilden selbst meist charakteristisch gefärbte Anlagerungsverbindungen
mit den Alkalimetallen und sind als »Metallüberträger« wirksam.
-
Als mehrkernige aromatische Kohlenwasserstoffe eignen sich alle Vertreter
dieser Stoffklasse, die mit Alkalimetallen hochreaktive Anlagerungskomplexe bilden
und die mindestens zwei direkt miteinander verbundene Benzolkerne enthalten, z.B.
bicyclische Verbindungen, wie Biphenyl, Naphthalin, oder tricyclische, wie p-Terphenyl,
Anthracen, Phenanthren, sowie auch höhercyclische Kohlenwasserstoffe. Für die erfindungsgemäße
Durchführung der Reaktion genügt die Gegenwart katalytischer Mengen an mehrkernigen
aromatischen Kohlenwasserstoffen, z.B.
-
0,01 bis 0,3 Mol pro 1 Mol Mehrfachbindung in der hochpolymeren Verbindung,
jedoch wird die Reaktion durch die Gegenwart größerer Mengen an mehrkernigen aromatischen
Kohlenwasserstoffen nicht beeinträchtigt. Auch ist es für das erfindungsgemäße Verfahren
nicht von Bedeutung, ob alle Reaktionspartner gleichzeitig zur Umsetzung gebracht
werden oder ob die hochmolekularen Verbindungen mit Mehrfachbindungen zu katalytischen
oder stochiömetrischen Mengen an vorgebildetem Metall-Aromaten-Komplex zugegeben
werden.
-
Die polyfunktionellen hochmolekularen Anlagerungsverbindungen von
Metallen der I. Hauptgruppe
des Periodensystems sind z.B. als Vernetzer
geeignet.
-
Die nachstehenden Beispiele veranschaulichen das erfindungsgemäße
Verfahren. Die Gewichts- und Volumteile stehen in gleicher Beziehung zueinander
wie Gramm und Milliliter.
-
Beispiel 1 2 Gewichtsteile eines Styrol-Methylmethacrylat-Copolymeren
einer molaren Zusammensetzung von 5 Moleklilen Styrol pro Molekül Methylmethacrylat
im Copolymeren und einem mittleren Molekulargewicht von etwa 1,3 105 werden in 200
Volumteilen Tetrahydrofuran gelöst und mit 2 Gewichtsteilen Natriummetall unter
Zusatz von 0,01 Gewichtsteil Biphenyl und einigen Glas stücken umgesetzt. Nach etwa
0,25 bis 2 Stunden hat sich die klare Lösung leuchtenddunkelorange gefärbt, bei
Zutritt von Luft oder Feuchtigkeit wird sie augenblicklich entfärbt.
-
Beispiel 2 2 Gewichtsteile eines Styrol-Acryinitril-Cop olymeren
einer molaren Zusammensetzung von 4,3 Molekülen Styrol pro Molekül Acrylnitril im
Copolymeren und einem mittleren Molekulargewicht von etwa 2,2-105 werden in 200
Volumteilen Tetrahydrofuran gelöst und mit 5 Gewichtsteilen Natriummetall unter
Zusatz von 0,2 Gewichtsteilen Naphthalin und einigen