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Verfahren zur Herstellung von Thioharnstoffen Es ist bereits bekannt,
daß bestimmte substituierte N,N' - Diaryl - thioharnstoffe, beispielsweise der N-
[p- Isobutoxyphenyl]-N'- [p- a-pyridylphenyl]-thioharnstoff (vgl. J. Am. Chem. Soc.,
80 [1958], S. 2205), eine tuberkulostatische Wirkung aufweisen.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von Thioharnstoffen
der allgemeinen Formel
worin X eine Alkylengruppe mit 4 bis 5 Kohlenstoffatomen und Z eine geradkettige
oder verzweigte Alkylgruppe mit 4 bis 5 Kohlenstoffatomen, nämlich eine Butyl-,
Isobutyl-, Amyl- oder Isoamylgruppe, bedeutet, das dadurch gekennzeichnet ist, daß
man in an sich bekannter Weise a) Isothiocyanate der Formel
worin X die obenerwähnte Bedeutung hat, oder solche Verbindungen, die im Verlauf
der Reaktion wie derartige Isothiocyanate reagieren, wie dithiocarbaminsaure Salze,
Thiocarbaminsäurehalogenide oder dithiocarbaminsaure Ester, mit substituierten Anilinen
der Formel
worin Z die obenerwähnte Bedeutung besitzt, oder b) Isothiocyanate der Formel
oder solche Verbindungen, die im Verlauf der Reaktion wie derartige Isothiocyanate
reagieren, wie dithiocarbaminsaure Salze, Thiocarbaminsäurehalogenide oder dithiocarbaminsaure
Ester, mit substituierten Anilinen der Formel
worin X die obenerwähnte Bedeutung hat, umsetzt
und gegebenenfalls die erhaltenen
Verbindungen mit anorganischen oder organischen Säuren in die entsprechenden Salze
überführt.
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In den als Ausgangsstoffe für das Verfahren gemäß der Erfindung genannten
substituierten Isothiocyanaten der Formel
bzw. substituierten Anilinen der Formel
kann der Substituent
für den Pyrrolidyl- oder Piperidylrest stehen.
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Man erhält die als Ausgangsstoffe dienenden substituierten Isothiocyanate
vorteilhaft in der Weise, daß man die den Isothiocyanaten zugrunde liegenden substituierten
Aniline mit Schwefelkohlenstoff und konzentriertem wäßrigem Ammoniak umsetzt und
die dabei in erster Stufe entstehenden Ammoniumsalze der Dithiocarbaminsäure mit
Natriumchlorit (NaC102) oxydiert.
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Die substituierten Aniline können ihrerseits durch Umsetzung von
p-Acetaminophenol mit den entsprechenden Alkylhalogeniden und alkoholisch-wäßrigem
Alkali und Verseifung der Acetylaminogruppen mit 500!0iger Schwefelsäure oder durch
Reaktion von p-Nitrophenol mit dem entsprechenden Alkylhalogenid und alkoholisch-wäßrigem
Alkali und anschließende
Reduktion der Nitroverbindungen mit Raney-Nickel
als Katalysator gewonnen werden.
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Die Umsetzungen gemäß der Erfindung werden in üblicher Weise vorgenommen,
wobei man die Komponenten vorteilhaft in äquimolaren Mengen reagieren läßt. An Stelle
der Isothiocyanate können auch Verbindungen zu der Umsetzung gemäß der Erfindung
herangezogen werden, die üblicherweise als Isothiocyanatbildner bekannt sind bzw.
im Verlauf der Reaktion wie derartige Isothiocyanate reagieren beispielsweise die
entsprechenden dithiocarbaminsauren Salze, Thiocarbaminsäurehalogenide und dithiocarbaminsauren
Ester. Die Umsetzung kann durch einfaches Erhitzen der Komponenten geschehen, doch
empfiehlt sich im allgemeinen die Verwendung eines Lösungs- oder Verteilungsmittels.
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Vorzugsweise arbeitet man in der 5- bis 20fachen Menge eines organischen
Lösungsmittels, wobei vor allem niedrigmolekulare Alkohole, besonders Äthanol, in
Betracht kommen. Die Reaktionstemperatur soll zwischen 50 und 150°C liegen; zweckmäßig
arbeitet man bei der Siedetemperatur des Lösungsmittels. Die Reaktionszeiten betragen
je nach den Bedingungen und Temperaturen wenige Minuten bis zu 1/2 Stunde. Im allgemeinen
kristallisieren die Verfahrenserzeugnisse bereits beim Abkühlen der Reaktionsmischung
aus und lassen sich aus geeigneten Lösungsmitteln umkristallisieren. In vielen Fällen,
besonders beim Arbeiten in alkoholischen Lösungsmitteln, fallen die Verfahrenserzeugnisse
bereits rein an, so daß sich ein weiteres Umkristallisieren erübrigt.
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Die Verfahrenserzeugnisse können durch übliche Behandlung mit anorganischen
oder organischen Säuren in die entsprechenden Salze übergeführt werden. Zweckmäßig
versetzt man die alkoholischen Lösungen der Verfahrenserzeugnisse mit alkoholischen
Lösungen äquivalenter Mengen der Säuren wie Halogenwasserstoffsäuren, besonders
Chlorwasserstoff, Weinsäure, Citronensäure, Malein- und Fumarsäure u. a.
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Die neuen Verfahrenserzeugnisse sind wertvolle Heilmittel, die sich
durch eine gute Verträglichkeit auszeichnen und bei oraler Verabreichung in vivo,
z. B. im Versuch an der Maus und am Meerschweinchen, eine zu Therapiezwcken brauchbare
tuberkulostatische Wirkung besitzen. Beispielsweise wurde im Versuch an der Maus
festgestellt, daß die neuen Verbindungen hinsichtlich des Lungenbefundes und der
erzielten Lebensverlängerung dem bekannten tuberkulostatisch wirksamen Isonicotinsäurehydrazid
gleichkommen oder überlegen sind. Darüber hinaus besitzen die neuen Verfahrenserzeugnisse
auch eine bessere tuberkulostatische Wirkung als der bislang als wirksamster Vertreter
dieser Verbindungsklasse bekannte N - [p - Isobutoxyphenyl] - N' - p - [a - pyridylphenyl]-thioharnstoff
(vgl. J. Amer. chem. Soc., 80 [1958], S. 2205).
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Außerdem wurden die Verfahrensprodukte mit Isonicotinsäurehydrazid
(INH) verglichen. So wurde z. B. von N-(p-Isobutoxyphenyl)-N'-(p'-piperidinoäthoxyphenyl)
- thioharnstoff- hydrochlorid (Verfahrensprodukt) im Vergleich mit INH folgende
Ergebnisse erhalten: Ein aus der gleichen Zucht stammendes Mäusekollektiv, im gleichen
Alter und unter gleichen Bedingungen gehalten, wurde mit dem bovinenTuberkelbakterienstamm
Ravenel so hoch infiziert, daß die
infizierten Kontrollen nach durchschnittlich 29,1
Tagen an einer Lungentuberkulose eingingen. Aus dem Kollektiv wurden drei Gruppen
zu je zehn Tieren gebildet; eine Gruppe blieb unbehandelt (Kontrolle), die anderen
erhielten je 15mal an aufeinanderfolgenden Tagen die in der folgenden Tabelle aufgeführten
Präparate in der entsprechenden Dosierung mit der Schlundsonde. Jedes während der
Beobachtungszeit eingegangene Tier und die zu Versuchsende getöteten Mäuse wurden
seziert; der Lungenbefund wurde makroskopisch dem Schweregrad nach mit 0 bis 4 (pathologischer
Lungenbefund) bezeichnet.
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Um einen therapeutischen Vergleich zu ermöglichen, wurde die durchschnittliche
Uberlebenszeit der behandelten bzw. Kontrolltiere in Beziehung gesetzt zum durchschnittlichen
pathologischen Lungenbefund. Der Quotient hieraus wurde als Wirkungswert bezeichnet.
Mittlere |
Uberlebenszeit |
Substanz |
Substanz Dosis*) Mittlerer wert |
pathologischer |
mgSkg Lungenbefund |
INH 10 . . . . . . . . . . 10 37,3/1,65 22,6 |
Verfahrensprodukt 50 40,3/1,72 23,4 |
Kontrolle - . . . . . . . 29,1/3,65 8,0 |
*) Tagesdosis, die 15mal an auEeinanderfolgenden Tagen gegeben wurde.
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Aus den in der Tabelle aufgeführten Ergebnissen geht hervor, daß
das Verfahrensprodukt etwa so wirksam ist wie INH, wenn es in einer Sfach höheren
Dosis als dieses Präparat verabreicht wird.
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Bei der Beurteilung des therapeutischen Wertes muß aber nicht nur
der Heilwert, sondern auch die Verträglichkeit in Betracht gezogen werden. Gibt
man das Verfahrensprodukt mit der Schlundsonde einmalig an Mäuse, so ist eine Toxizität
überhaupt nicht festzustellen, selbst wenn Dosen von 2,5 g/kg verabreicht werden.
Die DLso von INH, an einem größeren Mäusekollektiv rechnerisch festgestellt nach
der Methode der kleinsten Quadrate (P r i g g e und S c h ä f e r, Naunyn-Schmiedeberg's
Arch. exp.
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Pathol. Pharmakol., 191, S. 281, 1939; Wagner und Schulz, Z. f. d.
ges. exp. Med., 119, S. 204, 1952) ist 209 mg/kg per os.
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Ein chemotherapeutischer Index läßt sich nicht exakt aufstellen,
weil der akute Toxizitätswert für Mäuse für dieses Verfahrensprodukt nicht genau
ermittelt werden kann. Aus den aufgeführten Versuchen ergibt sich jedoch, daß zur
Erzielung des gleichen Effekts 5mal so viel Verfahrensprodukt benötigt wird wie
INH. Die Verträglichkeit des Verfahrensproduktes ist aber mindestens 10mal so groß
wie die von INH. Daraus ergibt sich, daß der chemotherapeutische Index des Verfahrensproduktes
besser ist als der von INH.
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Beispiel 1 N- [p-n-Butoxyphenyl]-N'- [p'-pyrrolidinoäthoxyphenyl]-thioharnstoff
a) 20,6 g (0,1 Mol) p-(Pyrrolidinoäthoxy)-anilin werden in 70 ccm Äthanol gelöst
und mit 20,7 g (0,1 Mol) p-n-Butoxyphenylisocyanat versetzt. Das Reaktionsgemisch
wird etwa 10 Minuten lang auf
dem Dampfbad auf 75"C erwärmt. Nach
dem Abkühlen wird das auskristallisierte Endprodukt abfiltriert und mit kleinen
Mengen eiskaltem Alkohol gewaschen. Man erhält 24 g (580/0 der Theorie) des Verfahrenserzeugnisses
in Form eines weißen feinkristallinen Pulvers vom Schmelzpunkt 138"C.
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Das als Ausgangsstoff verwendete p-(Pyrrolidinoäthoxy)-anilin kann
durch Reaktion von 4-Acetaminophenol mit Pyrrolidinoäthylchlorid in wäßrigalkoholischem
Alkali und anschließende Verseifung der Acetylgruppe mit halbkonzentrierter Schwefelsäure
hergestellt werden. b) N - [p - n - Butoxyphenyl] - N' - [p' - pyrrolidinoäthoxyphenyl]-thioharnstoff
kann auch durch Umsetzung von 24,8 g (0,1 Mol) p-Pyrrolidinoäthoxyphenylisothiocyanat
und 16,5 g (0,1 Mol) p-n-Butoxyanilin in analoger Weise erhalten werden.
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Das als Ausgangsstoff verwendete p-Pyrrolidinoäthoxyphenylisothiocyanat
kann beispielsweise hel gestellt werden, indem man p-(Pyrrolidinoäthoxy)-anilin
mit Schwefelkohlenstoff und konzentriertem Ammoniak umsetzt und das erhaltene Ammoniumsalz
der entsprechenden Dithiocarbaminsäure mit Natriumchlorit oxydiert.
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Beispiel 2 N- [p-Isobutoxyphenyl]-N'- [p'-pyrrolidinoäthoxyphenyl]-thioharnstoff-hydrochlorid
20,6 g (0,1 Mol) p-(Pyrrolidinoäthoxy)-anilin werden in 150 ccm absolutem Alkohol
gelöst, mit 20,7 g (0,1 Mol) p-Isobutoxyphenylisothiocyanat versetzt und das Reaktionsgemisch
etwa 10 Minuten lang auf dem Dampfbad auf 75"C erwärmt. Nach dem Abkühlen werden
11,5 ccm 3201obiger absoluter alkoholischer Salzsäure zugegeben. Das auskristallisierende
Hydrochlorid wird abfiltriert und mit eiskaltem absolutem Alkohol gewaschen. Es
werden 35 g (78°/o der Theorie) des Verfahrenserzeugnisses als weißes Kristallpulver
vom Schmelzpunkt 197"C erhalten.
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Beispiel 3 N- [p-n-Butoxyphenyl]-N'- [p '-piperidinoäthoxyphenyl]-thioharnstoff-hydrochlorid
22,0 g (0,1 Mol) p-(Piperidinoäthoxy)-anilin und 20,7 g (0,1 Mol) p-n-Butoxyphenylisothiocyanat
werden entsprechend der im Beispiel 2 angegebenen Vorschrift umgesetzt. Es werden
40 g (86°/o der Theorie) des gewünschten Verfahrenserzeugnisses in Form eines weißen
Kristallpulvers vom Schmelzpunkt 192"C erhalten.
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Das als Ausgangsstoff verwendete p-(Piperidinoäthoxy)-anilin kann
entsprechend der im Beispiel 1 angegebenen Vorschrift aus Piperidinoäthylchlorid
und p-Acetaminophenol hergestellt werden.
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Beispiel 4 N- [p-Isobutoxyphenyl]-N'-[p'-piperidinoäthoxyphenyl]-thioharnstoff-hydrochlorid
22,0 g (0,1 Mol) p-(Piperidinoäthoxy)-anilin und 20,7 g (0,1 Mol) p-Isobutoxyphenylisothiocyanat
werden analog Beispiel 2 umgesetzt. Es werden 36 g (780/0 der Theorie) des gewünschten
Verfahrens-
erzeugnisses als weißes Kristallpulver vom Schmelzpunkt 208"C erhalten.
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Beispiel 5 N- [p-Isoamyloxyphenyl]-N'- [p'-piperidinoäthoxyphenyl]-thioharnstoff-hydrochlorid
22,0 g (0,1 Mol) p-(Piperidinoäthoxy)-anilin und 22,1 g (0,1 Mol) p-Isoamyloxyphenylisothiocyanat
werden analog Beispiel 2 umgesetzt. Es werden 35 g (730/0 der Theorie) des gewünschten
Verfahrenserzeugnisses als weißes Kristallpulver vom Schmelzpunkt 195"C erhalten.
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Das als Ausgangsstoff verwendete p-Isoamyloxyphenylisothiocyanat
kann entsprechend der im Beispiel 1, b) angegebenen Vorschrift hergestellt werden.