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Verfahren zur Herstellung von aus Rinderpankreasdrüsen gewonnenen
Insulinkristallen mit protrahierter Wirkung Bekanntlich wird kristallines Insulin
in der Weise hergestellt, daß man eine gepufferte wäßrige Insulinlösung, die eines
oder mehrere der für die Kristallbindung des Insulins erforderlichen Metallionen,
beispielsweise Zink, Kadmium, Kobalt, Nickel oder Kupfer, vorzugsweise aber Zink,
enthält, auf einen pH-Wert von 5,5 bis 6,5 einstellt. Je nach den Kristallisationsbedingungen,
dem verwendeten Pufferstoff und dem Kristallisations-PH werden Insulinkristalle
mit einem variierenden Metallgehalt von etwa 0,1 bis auf etwa 0,3 Miniäquivalent
Metall pro Gramm der getrockneten Kristalle (Wassergehalt 2 bis 8 %) erhalten.
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Die Insulinkristallisation bildet bisweilen eine Stufe in der aseptischen
Herstellung pharmazeutischer Insulinpräparate, indem keine Abtrennung der Kristalle
von der Mutterlauge durchgeführt, die Kristallsuspension aber verdünnt wird, damit
sich der gewünschte Insulingehalt des Endpräparates einstellt. In den meisten Fällen
stellen die Insulinkristalle doch ein Zwischenprodukt im Herstellungsgang dar und
werden deshalb abgetrennt und erforderlichenfalls gewaschen und getrocknet.
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Während nach der Literatur (vgl. J. Pharmacol. Exp. Therap., 58, S.100
[1936]) in destilliertem Wasser suspendierte Insulinkristalle mit einem Zinkgehalt
von 0,52% eine Insulinwirkung aufweisen, die sich im wesentlichen nicht von der
kurzzeitigen Wirkung gelösten Insulins unterscheidet, wird eine erheblich protrahierte
Insulinwirkung erhalten, wenn der erwähnten Insulinkristallsuspension ein wasserlösliches
Zinksalz in solcher Menge zugesetzt wird, daß die suspendierten Insulinkristalle
durch Aufnahme von Zink bei neutraler Reaktion der Suspension mehr als 1 % Zink
enthalten (vgl. beispielsweise Science, Vol. 116, S. 394 bis 398 (1952]).
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Man ist bisher der Ansicht gewesen, daß eine klinisch brauchbare protrahierte
Insulinwirkung nur dann erreicht werden könnte, wenn die suspendierten Insulinkristalle
einen solchen erhöhten Zinkgehalt aufweisen.
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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von aus
Rinderpankreasdrüsen gewonnenen Insulinkristallen mit protrahierter Wirkung, wodurch
es nicht mehr erforderlich sein wird, um eine verlängerte Insulinwirkung zu erhalten,
daß ein bestimmter Mindestgehalt an kristallisationsfördernden Metallen in dem wäßrigen
Medium vorhanden ist, und daß das Medium eine derartige Zusammensetzung hat, daß
die Kristalle bei neutraler Reaktion Metall aus dem Medium aufnehmen. Auch ist es
nicht mehr notwendig, den Insulinkristallen von vornherein einen erhöhten Metallgehalt
zu verleihen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß man
die Kristalle einer Wärmebehandlung bei einer Temperatur von mehr als 20° C, vorzugsweise
40 bis 70° C, aussetzt, wobei die Dauer der Wärmebehandlung um so geringer sein
kann, je höher die Temperatur ist, und der Wassergehalt der Kristalle während der
Wärmebehandlung auf mindestens 811/o gehalten wird.
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Am zweckmäßigsten ist es nach der Erfindung von einer Insulinkristallsuspension
auszugehen, in welchem Falle die Suspension einen pH-Wert kleiner als 7 besitzt.
So hat sich bei Versuchen gezeigt, daß die protrahierte Wirkung der behandelten
Kristalle um so nachhaltiger ist, je niedriger der pH-Wert des Mediums, mit dem
sich die Kristalle im Gleichgewicht befinden oder befanden, innerhalb des Bereiches
zwischen 5 und 7 liegt. Wenn der pH-Wert etwa der gleiche ist wie der des Blutes
(7,4), dann ist die Wärmebehandlung praktisch wirkungslos. Ein bevorzugter pH-Bereich
ist 5 bis 6.
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Die Insulinwirkung ist um so nachhaltiger, je höher die Temperatur
und je länger die Zeit gewählt wird. So kann eine außergewöhnlich lange Insulinwirkeng
erreicht
werden, wenn die Kristalle etwa 3 Wochen bei 45° C oder 24 Stunden bei 70=' C gelagert
werden. Temperaturen der Kristallsuspensionen von mehr als 70° C werden im allgemeinen
nicht geeignet sein, da die Kristalle dann leicht aneinander haften. Bei Anwendung
von Temperaturen unterhalb 40" C ist eine Lagerzeit erforderlich, die für eine praktische
Herstellung nicht sehr zweckmäßig wäre. Durch Variierung der Temperatur und der
Zeitdauer der Wärmebehandlung kann jeder gewünschte Grad der prolongierten Insulinwirkung
leicht eingestellt werden. Durch Mischen von Suspensionen mit verschiedener Wirkungsdauer
ist es möglich, eine unbegrenzte Anzahl verschiedener Wirkungskombinationen zu erzielen.
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Wie erwähnt, ist es zweckmäßig, die erfindungsgemäße Wärbehandlung
der Kristalle durchzuführen, während die Kristalle suspendiert sind, z. B. wie man
sie durch Kristallisation erhält. In diesem Zustand enthalten die Kristalle etwa
6011/o Trockensubstanz. Die Wirkung der Wärmebehandlung wird abgeschwächt, wenn
der Wassergehalt der Kristalle verringert wird. Wenn der Wassergehalt der Kristalle
während der Wärmebehandlung nur etwa 201/o beträgt, ist schätzungsweise die zweifache
Zeit für die Behandlung der Kristalle erforderlich, um dieselbe prolongierte Wirkung
zu erzielen, wie bei der Behandlung von nichtgetrockneten Kristallen, unter sonst
gleichen Bedingungen. Gewöhnliches, kristallines Trockeninsulin, das etwa 2 bis
8 % Wasser enthält, wird durch die Wärmebehandlung praktisch nicht beeinflußt.
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Zur Erläuterung der nach der Erfindung erzielbaren protrahierten Insulinwirkung
wird auf die Blutzuckerkurven der Zeichnung verwiesen. Diese Kurven werden in der
folgenden Weise erhalten: Es wird eine injizierbare wäßrige Suspension von Rinderinsulinkristallen
hergestellt, welche 0,3" Zink pro Insulineinheit und 0,1 Mol Natriumacetat
enthält und einen pH-Wert von 5,5 besitzt. Diese Suspension wird bei verschiedenen
Temperaturen, und zwar 4, 25, 27 bzw. 45° C, 4 Wochen gelagert und ihre biologische
Insulinwirkung dann in an sich bekannter Weise bei Kaninchen festgestellt. Wie ersichtlich,
wird die Insulinwirkung um so mehr verlängert je höher die Aufbewahrungstemperatur
gewesen ist, denn während beispielsweise die bei 4° C gelagerte Insulinkristallsuspension
einen großen Teil ihrer Inselinaktivität entfaltet hat, hat die bei 45° C gelagerte
Insulinkristallsuspension nur einen kleinen Teil ihrer Aktivität entfaltet, was
bedeutet, daß sie viel länger als die bei 4° C gelagerte Insulinkristallsuspension
wirken wird und somit mehr protrahiert ist. Falls man die gleiche Suspension mit
einem pH-Wert von etwa 7 an Stelle von 5,5 denselben Versuchsbedingungen unterwirft,
wird keine Änderung der Insulinwirkung erhalten. Auch eine Sehweineinsulinkristallsuspension
gleicher Zusammensetzung mit einem p11-Wert von 5,5 verändert nicht ihre Insulinwirkung
nach Lagerung bei 45° C in 4 Wochen.
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Als Suspensionsmedium für die Kristalle während der Durchführung der
Wärmebehandlung kann beispielsweise die Mutterlauge von der Kristallisation verwendet
werden. Es können auch andere Medien Verwendung finden, vorausgesetzt, daß unter
Beachtung der allgemeinen Kenntnisse der Eigenschaften des Insulins darauf Wert
gelegt wird, daß die Kristalle in dem Medium nicht in Lösung gehen. Das Medium darf
außerdem keine Substanzen enthalten, welche die biologische Wirksamkeit des Insulins
beeinträchtigen. Zur Einstellung des pH-Wertes eines wäßrigen Mediums ist es zweckmäßig,
Puffersubstanzen zu verwenden, wofür Beispiele im folgenden angegeben werden. Zu
erwähnten ist, daß Puffersubstanzen wie Zitrat, die bei einer Bindung an die Zinkionen
die prolongierte Wirkung der kristallinen Insulin-Zink-Suspensionen hinfällig machen
können, die Wirkung der Wärmebehandlung nicht beeinträchtigen. Das Medium kann auch
mit Wasser mischbare Lösungsmittel, z. B. Azeton, enthalten. Diese Verhältnisse
liegen beispielsweise dann vor, wenn es sich um eine Mutterlauge aus einer Kristallisation
nach der Zitratmethode handelt. In der Praxis ist es am zweckmäßigsten, wenn das
Medium, in dem die Wärmebehandlung stattfindet, eine derartige Zusammensetzung hat,
daß sie für Injektionszwecke geeignet ist.
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In solchen Fällen ist es durch entsprechendes Verdünnen usw. und durch
Einstellung des pH-Wertes auf 7 möglich, die Suspension in ein sofort verwendungsfähiges
Insulinpräparat zu überführen, sofern unter sterilen Bedingungen gearbeitet wird.
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Das Verfahren nach der Erfindung hat demjenigen Verfahren gegenüber,
bei welchen man eine Suspension von Insulinkristallen mit einem Zinkgehalt über
1 % bei neutraler Reaktion der Suspension herstellt, den Vorteil, daß man
mit geringerem Zinkgehalt auskommen kann.
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Es erübrigt sich ein zusätzlicher Zinkzusatz. Man kann einfach das
Rinderinsulin in bekannter Weise unter sterilen Bedingungen kristallisieren, der
Kristallsuspension die erfindungsgemäße Wärmebehandlung unterwerfen und dann durch
Verdünnung auf die therapeutisch brauchbare Insulinkonzentration und auf neutrale
Reaktion einstellen. Auch kann man beliebige, gegebenenfalls zinkbindende Pufferstoffe,
wie Phosphat- oder Zitratpuffer verwenden.
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Schließlich besteht beim Verfahren nach der vorliegenden Erfindung
die Möglichkeit, die Dauer der Insulinwirkung innerhalb weiter Grenzen zu variieren.
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Die entsprechend der Erfindung hergestellten Insulinkristalle unterscheiden
sich weder im Aussehen noch im Aminosäuregehalt von den nicht einer Wärmebehandlung
unterworfenen Kristallen; jedoch besitzen sie eine etwas geringere Löslichkeit in
einer mit HCl angesäuerten Natriumchloridlösung und in einem neutralen Phosphatpuffer.
Die Kristallisationsfähigkeit des Insulins nimmt während der Wärmebehandlung ab,
was leicht nachzuweisen ist, wenn die behandelten Kristalle umkristallisiert werden.
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Bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens können Insulinkristalle
verwendet werden, die mittels eines beliebigen Kristallisationsverfahrens erhalten
wurden. Besonders zweckmäßig ist das Kristallisationsverfahren nach der deutschen
Patentschrift 962 637.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann auch auf Insulinkristalle mit
einem besonders hohen Metallgehalt (über 0,25 Miniäquivalent pro Gramm) angewandt
werden, da dadurch die protrahierte Wirkung in wäßriger Suspension nachhaltiger
wird, als dies ohne die erfindungsgemäße Wärmebehandlung der Fall ist.
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Die folgenden Beispiele dienen zur näheren Erläuterung der erfindungsgemäßen
Verfahren.
Beispiel 1 Es wird eine Insulinkristallsuspension folgender
Zusammensetzung: 40 Einheiten pro Kubikzentimeter an Insulinkristallen aus Rinderpankreas,
1,4 mg Zinkionen pro 100 cm3 (als Chlorid), 0,01 Mol Natriumacetat, 0,71/0
NaCI, 0,1% Methyl-p-hydroxybenzoat, HCl bis pE, = 5,5, in der Weise hergestellt,
daß 1 Volumen einer konzentrierten Kristallsuspension mit 9 Volumen einer 0,11%igen
Methyl-p-hydroxybenzoatlösung verdünnt wird. Diese konzentrierte Kristallsuspension
wird dadurch hergestellt, daß die nachstehenden Lösungen A und B miteinander vermischt
und anschließend während der Kristallisation des Insulins in Bewegung gehalten wird.
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A. 3,48 g Rinderinsulinkristalle, die 0,78 % Zn enthalten, werden
in 100 cm3 Wasser suspendiert und durch Zugabe von 4 cm3 1 n-HCl gelöst. Die Lösung
wird steril gefiltert und bis auf 150 cm3 verdünnt.
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B. 1/5O Mol Natriumacetat und 14 g NaCl werden in Wasser bis auf 50
cm3 gelöst; es wird so viel NaOH zugesetzt, daß die Mischung von Lösung A mit Lösung
B einen p11-Wert von 5,5 erhält.
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Die hergestellte Suspension wird 2 Wochen lang bei 45J C gelagert.
Bei Injektion an Kanninchen zeigt sich eine protrahierte Wirkung, die derjenigen
des Zink-Protamin-Insulins entspricht. Die Kristalle werden abgesaugt und getrocknet.
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Beispiel 2 Es wird eine Mischung folgender Zusammensetzung hergestellt:
0,8% Rinderinsulin, 0,040% Zn+@ (als Chlorid), 0,05 Mol Natriumzitrat, 15'/o Azeton,
CH1 bis pg = 6,0.
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Die Kristallisation findet unter ständigem, mehrstündigem Umrühren
statt, wonach das Azeton unter ständigem Weiterrühren über 24 Stunden bei 45° C
abgedampft wird. Daraufhin wird die Suspension mit einer Lösung von Natriumehlorid
und Methyl-phydroxybenzoat verdünnt, wodurch sie die folgende Zusammensetzung erhält:
40 Einheiten Insulinkristalle pro Kubikzentimeter, 97 ;, Zn++ pro Kubikzentimeter,
0,01 Mol Natriumzitrat, 0,7% NaCl, 0,1% Methyl-p-hydroxybenzoat. Danach wird der
pI;-Wert mit 1 n-HCl auf 5,5 eingestellt. Nach einer Lagerung von 2 Wochen bei 45°
C zeigt die Suspension eine protrahierte Insulinwirkung, welche die protrahierte
Wirkung des bekannten Zink-Protamin-Insulins übersteigt. Die Kristalle werden dann
abgetrennt.
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Bei den vorgenannten Beispielen wurden Zink-Insulin-Kristalle verwendet.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann jedoch auch mit Insulinkristallen Anwendung
finden, die andere Metalle wie Kobalt, Kadmium, Nickel oder Kupfer enthalten.
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Statt die Insulinkristalle der Wärmebehandlung in der Suspension zu
unterziehen, können auch die Kristalle selbst auf diese Weise behandelt werden,
wobei jedoch darauf geachtet werden muß, daß die Kristalle während der Behandlung
nicht austrocknen. Um dies zu vermeiden, können die abgetrennten Kristalle in einem
Behälter, z. B. einem Exsikkator gelagert werden, in dem beispielsweise mittels
einer wäßrigen Salzlösung ein derartiger Dampfdruck aufrecht erhalten bleibt, daß
der Wassergehalt der Kristalle beispielsweise auf etwa 20 bis 40% konstant gehalten
wird.
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Beispiel 3 Die Kristalle der im Beispiel 1 erwähnten Suspension werden
abgesaugt und auf einem tarierten Glasfilter gewogen.
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Danach werden sie im Vakuum (1 bis 2 mm Hg) in einen Exsikkator gebracht,
der eine 5 %ige Natriumchloridlösung enthält. Bei Raumtemperatur stellt sich nach
3 Tagen ein Gleichgewicht ein; der Trockenbehälter wird 3 Wochen lang auf einer
Temperatur von 45° C gehalten. Dadurch wird der Gleichgewichtszustand nur wenig
verändert, und es zeigt sich, daß die Kristalle etwa 20% Wasser enthalten. Die Kristalle
werden derart suspendiert, daß die Suspension die gleiche Zusammensetzung hat wie
die der im Beispiel 1 erwähnten Suspension. Sie zeigt eine protrahierte Wirkung.