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Verfahren zur Herstellung von Natriumbicarbonat aus Natriumchlorid
und einem Trialkylamin Die Herstellung von Soda, die in großen Mengen für die verschiedensten
Zwecke gebraucht wird, geschieht heute im allgemeinen nach dem Solvay-Verfahren.
Dieses Verfahren ist im Laufe der Jahrzehnte so vollkommen entwickelt worden, daß
es praktisch keine Möglichkeit mehr gibt, dasselbe noch zu verbessern. Die optimale
Ausbeute an Natriumbicarbonat - bezogen auf eingesetztes Natriumchlorid -beträgt
in der Großindustrie heute im allgemeinen etwa 70 bis 72'%; dieser Wert ließe sich
durch Erhöhung des Ammoniaküberschusses zwar noch steigern, jedoch würde das Verfahren
dadurch unwirtschaftlich. Ein entscheidender Kostenfaktor bei dem Solvay-Verfahren
ist der Dampfbedarf zum Abtreiben des Ammoniaks aus der Mutterlauge, der recht erheblich
ist.
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In einer sehr alten deutschen Patentschrift (Nr. 5786) ist auch schon
vorgeschlagen worden, beim Ammoniaksoda-Verfahren das Ammoniak durch Trimethylamin
zu ersetzen. Dieser Vorschlag wurde jedoch vornehmlich im Hinblick auf die Herstellung
von Kaliumbicarbonat gemacht, auf das sich das Solvay-Verfahren wegen der leichteren
Löslichkeit des Kaliumbicarbonats bekanntlich nicht ohne weiteres anwenden läßt.
Lediglich am Rande wird in dieser Patentschrift erwähnt, daß sich anstatt mit Chlorkalium
auch mit Natriumchlorid die Reaktion zur Herstellung von Natriumbicarbonat anwenden
läßt.
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In den deutschen Patentschriften 9376 und 13 397, deren Verfahren
mit dem Verfahren der deutschen Patentschrift 5786 in engem Zusammenhang stehen,
wird vorgeschlagen, das aus der Destillation der Rübenmelasse gewonnene Produkt,
das neben Trimethylamin Mono- und Dimethylamin, Monopropylamin und Monoisobutylamin
enthält, als Kohlensäureüberträger zu verwenden bzw. an Stelle von Natriumchlorid
von Natriumsulfat auszugehen.
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Auch in der österreichischen Patentschrift 178 910
werden diese
alten Verfahren erwähnt, wobei allerdings dazu gesagt wird, daß sie infolge der
technisch schwierigen Arbeitsbedingungen keinen Eingang in die Praxis finden konnten.
Auf diese Schwierigkeiten wird auch schon im Handbuch der Soda-Industrie von Lu
n ge, 3. Band, 3. Auflage, 1909, auf S.169 hingewiesen. Dort wird ausgeführt, daß
diese Verfahren wegen der Kostspieligkeit und des entsetzlichen Geruches des Trimethylamins
ungewöhnlich große Schwierigkeiten bieten. Außerdem sei das Verfahren schon darum
unanwendbar, weil dabei das Natriumbicarbonat nicht in kristallinischem, sondern
in höchst feinverteiltem, beinahe gallertartigem Zustand -usfällt. Trotz dieser
Ablehnung greift die vorliegende Erfindung die Verwendung eines Amins als Kohlensäureüberträger
wieder auf. Es wurde nämlich gefunden, daß sich bei Verwendung eines wasserunlöslichen
Amins anstatt der damals benutzten wasserlöslichen beträchtliche Vorteile erzielen
lassen. Als besonders geeignet hat sich Triäthylamin erwiesen, dessen Verwendung
folgende Vorteile gegenüber dem Verfahren nach den oben zitierten Patentschriften
und selbst gegenüber dem Solvay-Verfahren aufweist: 1. Der Geruch des Triäthylamins
ist bei weitem nicht so widerlich und störend wie der des Trimethylamins.
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2. Das anfallende Bicarbonat ist gut filtrierbar.
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3. Es ist praktisch chlorfrei, d. h., analytisch läßt sich Chlor nicht
mehr nachweisen.
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4. Die Ausbeute wird auf über 90'% erhöht.
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5. Die Verluste an Kohlensäureüberträger sind infolge der geringen
Flüchtigkeit und der Wasserunlöslichkeit des Triäthylamins wesentlich geringer als
bei Verwendung von Trimethylamin oder von Ammoniak.
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6. Beim klassischen Solvay-Verfahren muß die Lösungswärme des NH3
bei der Ammonisierung der Salzsole durch Kühlung abgeführt werden. Diese Lösungswärme
tritt bei Verwendung von Triäthylamin nicht auf (wohl aber bei Verwendung von Trimethylamin).
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7. Im Gegensatz zu den wasserlöslichen Aminen ist das technische Triäthylamin,
das für den großindustriellen Einsatz ja praktisch nur in
Frage
kommt, nicht verdünnt. Die NaCI-Sole braucht also nicht durch Zusatz von festem
Natriumchlorid aufkonzentriert zu werden.
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B. Der entscheidende Vorteil des Triäthylamins liegt jedoch in seiner
einfachen Wiedergewinnung aus der Mutterlauge durch Dekantieren, da es sich infolge
seiner Wasserunlöslichkeit nach Zusatz von Kalk zur Mutterlauge als zweite Schicht
von der wäßrigen Phase abtrennt. Welche Energieersparnis dadurch erzielt wird, wird
besonders deutlich, wenn man bedenkt, daß der Dampfverbrauch bei der Destillation
des Ammoniaks zwischen 1600 und 1800 kg pro Tonne Soda beträgt. Auch Trimethylamin
muß mittels Destillation wiedergewonnen werden.
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In zwei neueren Patentschriften (Nr. 1021341 und 1071067) ist zwar
die Verwendung von Triäthylamin als Kohlensäureüberträger bereits erwähnt worden,
jedoch handelt es sich dabei um die Herstellung von Engelschem Salz (KHC03 * MgC03
* 4 H20) bzw. von neutralem Kaliummagnesiumcarbonat. Bei der Herstellung dieser
Salze treten jedoch ganz andere Probleme auf als bei der Sodaherstellung, wo die
Löslichkeitsverhältnisse eine entscheidende Rolle für die Ausbeute spielen. Bei
der Herstellung der Doppelsalze ist die Schwierigkeit das gleichzeitige Ausfallen
von Ammoniumdoppelsalzen - NH4HC03 - MgCO3 - 4 11,0 und (NH4)zCO3 MgC03 - 4 H20
- zu verhindern. Dieses Problem tritt bei der Sodaherstellung nicht auf. Es lag
also an sich kein Grund vor, die Verwendung von Triäthylamin als Kohlensäureüberträger
auf das klassische Solvay-Verfahren zu übertragen, zumal befürchtet werden mußte,
daß infolge der anderen Löslichkeitsverhältnisse diese durch die Wasserunlöslichkeit
des Triäthylamins ungünstig in bezug auf die Ausbeute an Natriumbicarbonat beeinflußt
werden. Auch ist in diesen neueren Patentschriften die Möglichkeit der Wiedergewinnung
des Triäthylamins ohne Zufuhr von Wärme nicht erwähnt, sondern es wird lediglich
angedeutet, daß die Wiedergewinnung der in den Mutterlaugen als Chlorhydrat enthaltenen
Amine in einfacher, an sich bekannter Weise, beispielsweise durch Destillation in
Gegenwart von Kalk, erfolgen kann.
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Zur Herstellung von Natriumbicarbonat wird gemäß der Erfindung folgendermaßen
verfahren: Eine gesättigte, wäßrige Natriumchloridlösung wird mit Triäthylamin im
Verhältnis 1,1 bis 1,5 Mol, vorzugsweise 1,2 Mol Triäthylamin pro Mol Natriumchlorid
versetzt, und in dieses Reaktionsgemisch wird unter kräftigem Rühren 1 Mol C02 pro
Mol Natriumchlorid eingeleitet, wobei sich die Temperatur auf etwa 50° C einstellt.
Die Reaktion ist nach etwa 3 bis 5 Stunden beendet.
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Das dabei entstandene Natriumbicarbonat wird von der Mutterlauge abgetrennt
und wie üblich auf Soda weiterverarbeitet. Aus der Mutterlauge wird durch Zusatz
von Kalk Triäthylamin abgetrennt und im Kreislaufprozeß frischer Sole zugeführt.
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Das Amin kann aber auch nach seiner Freisetzung durch Kalk abdestilliert
werden. Das ist auf sehr einfache Weise möglich, weil das Amin mit 1001o Wasser
ein azeotropes Gemisch bildet, das bei einer Temperatur von 75,8°C überdestilliert
und so in reinster Form mit geringem Wärmeaufwand wiedergewonnen werden kann. Beispiel
Eine Lösung von 40,8 kg Natriumchlorid in 112 kg Wasser, die bei 50° C hergestellt
wurde, wurde mit 84,7 kg Triäthylamin (das sind 1,2 Mol pro Mol Natriumchlorid)
versetzt, und 31 kg C02 wurden unter kräftigem Rühren eingeleitet. Nach einer Reaktionszeit
von 6 bis 7 Stunden hatte sich praktisch das gesamte Natriumchlorid zu Natriumbicarbonat
umgesetzt. Nach Abfiltrieren und Waschen des Niederschlags wurden 58,3 kg Natriumbicarbonat
mit nur Spuren an Verunreinigungen erhalten. Die Ausbeute, bezogen auf Natriumchlorid,
betrug also 990io.