-
Verfahren zur Herstellung alkylsubstituierter Hydrazine Alkylierte
Hydrazine mit oder ohne weitere Substituenten im Hydrazinanteil des Moleküls, deren
Alkylgruppen ihrerseits freie oder substituierte Aminogruppen tragen, sind wegen
ihres polyfunktionellen Charakters wertvolle Ausgangs- und Zwischenprodukte zur
Synthese von Farbstoffen, Heilmitteln, Pflanzenschutzmitteln, Textilhilfsmitteln
usw. Einige Verbindungen dieser Reihe zeigen auch schon als solche beachtliche pharmakologische
Wirkungen. Um so auffallender ist es daher, daß bisher nur ganz wenige Verbindungen
aus dieser Reihe bekanntgeworden sind, die noch dazu entweder auf sehr umständlichem
Wege mit vielen Reaktionsstufen und demgemäß mit äußerst schlechter Ausbeute oder
aber in nur unreinem Zustand gewonnen wurden.
-
So wurde nach dem britischen Patent 581153 aus Phthalimidkalium und
a-co-Dichlorhexan das N-(co-Chlorhexyl)-phthalimid gewonnen, das mit Hydrazinhydrat
zum N-(co-Hydrazinohexyl)-phthalimid umgesetzt wird, aus welchem dann erst durch
Verseifung mit HCl das Bis-chlorhydrat des 6-Amino-l-hydrazinohexans erhalten werden
konnte. Nach den Angaben der genannten Patentschrift werden aus 120 g a-o)-Dichlorhexan
zum Schluß nur etwa 10,5 g des genannten Bis-Chlorhydrats erhalten, was einer Ausbeute
von kaum 7% der Theorie entspricht. Die freie Base und ihre Eigenschaften sind überhaupt
nicht beschrieben.
-
Nach dem deutschen Patent 503 135 wird das (ß-Diäthylaminoäthyl)-anilin
zum N-Nitroso-(ß-diäthylaminoäthyl)-anilin nitrosiert und dann zum 1-Phenyl-1-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin
reduziert. Dabei wird jedoch ausdrücklich vermerkt, daß sich bei der Reduktion des
Nitrosoderivates ein Teil davon unter Ammoniakverlust wieder in das (ß-Diäthylaminoäthyl)-anilin
zurückverwandelt, das sich wegen der geringen Siedepunktdifferenz zwischen ihm und
dem gesuchten Hydrazinderivat nicht restlos von diesem abtrennen läßt.
-
Es wurde nun gefunden, daß man Hydrazin und substituierte Hydrazine
durch Behandeln mit Estern aus Aminoalkoholen und starken Säuren und ganz besonders
gut mit Salzen solcher Ester leicht und in guter Ausbeute in basisch alkylierte
Hydrazine umwandeln kann in der Art, wie sie in den folgenden Formeln als Beispiel
näher erläutert wird
Die als Ausgangsmaterial verwendeten substituierten Hydrazine können durch Alkyl-,
Cycloalkyl-, Aryl-, Aralkyl- oder heterocyclische Reste substituiert sein, aber
auch durch Acylreste der aliphatischen, cycloaliphatischen, aromatischen oder heterocyclischen
Reihe. Beispielsweise seien Methylhydrazin, N-N'-Bis-isopropylhydrazin, Cyclohexylhydrazin,
Phenylhydrazin, m-Chlorphenylhydrazin, 2-4-Dinitrophenylhydrazin, N-Phenyl-N'-methylhydrazin,
Benzylhydrazin, a-Pyridylhydrazin, Acethydrazid, Benzalphenylhydrazon, Benzhydrazid,
Isonicotinsäurehydrazid, Adipinsäure-a-o)-bis-hydrazid genannt. Bei Substitution
durch Acylreste sind jedoch nur einseitig acylierte Hydrazine (Säurehydrazide) als
Reaktionskomponenten brauchbar. In diesem Falle treten die neu einzuführenden basischen
Alkylgruppen an das nicht acylierte Stickstoffatom des Hydrazins, während bei den
durch Alkyl-, Cycloalkyl-, Aryl- oder Aralkyl- oder heterocyclische Reste substituierten
Hydrazinen der neue basische Alkylrest an das bereits substituierte Stickstoffatom
des Hydrazinanteils tritt, sofern sich dort noch ein substituierbares Wasserstoffatom
befindet.
-
Ester aus Aminoalkoholen mit starken Säuren besitzen als Säurekomponente
meist Halogenwasserstoffsäuren, vor allem Chlorwasserstoff. Doch können auch z.
B. Schwefelsäure oder organische Sulfosäuren als solche Säurekomponenten benutzt
werden.
-
Die Aminogruppe dieser Ester kann frei oder ganz oder teilweise durch
Alkyl-, Cycloalkyl-, Aryl- oder
heterocyclische Reste oder auch
durch Acylre3t2 b2liebiger Art substituiert sein. Auch können diese Substituenten
zusammen mit dem Aminostickstoff einen Heteroring bilden, etwa den des Piperidins,
Morpholins, Thiomorpholins, Piperazins usw. Als Beispiele s3ien etwa ä-Dimethylamino-ß-chloräthan
und dessen Hydrochlorid, a-Piperidino-ß-tosyloxy-äthan und seine Salze, a-Diäthylamino-y-propanolester
der Methansulfosäure, N-N'-Bis-(ß-bromäthyl)-piperazin und seine Salze, das innere
AmmoniumsalzdesAminoäthanolschwefelsäureesters usw. angeführt.
-
Als ganz besonders vorteilhaft hat sich aber die Verwendung von Salzen
dieser Ester aus Aminoalkoholen mit starken Säuren erwiesen, weil sie meist leichter
und billiger zur Verfügung stehen als die freien Ester. Auch neigen sie viel weniger
zu Selbstpolymerisationen und -kondensationen als die misten dieser freien Ester.
Zudem sind sie praktisch alle sehr leicht wasserlöslich und ermöglichen dadurch,
besonders bei Verwendung des unsubstituierten Hydrazins, ein Arbeiten in homogenem
wäßrigem Medium.
-
Beim Eintritt des Aminoalkylrestes in das umzusetzende Hydrazin verbindet
sich die Säurekomponente des Esters mit dem zu substituierenden Wasserstoffatom
des Hydrazins zu der entsprechenden Säure. Um eine möglichst vollständige Aminoalkylierung
durchführen zu können, wird diese neu gebildete Säure zweckmäßig neutralisiert.
Man erreicht das entweder durch einen entsprechenden Überschuß an umzusetzendem
Hydrazin oder durch Zugabe säurebindender Mittel, die sich jedoch entweder als solche
oder in Form ihrer Umwandlungsprodukte restlos aus dem Endprodukt wieder entfernen
lassen müssen. Als solche säurebindenden Mittel können z. B. Hydroxyde oder Carbonate
von Alkalien oder von Erdalkalien, aber auch tertiäre Amine oder quartäre Ammoniumbasen
verwendet werden.
-
Arbeitet man mit Salzen der Ester von Aminoalkoholen, so ist es zweckmäßig,
zur Freisetzung dieser Ester aus ihren Salzen mit einem weiteren Überschuß der Hydrazinkomponente
zu arbeiten oder weitere Mengen alkalisierender Stoffe, wie sie im vorigen Absatz
beschrieben sind, zuzufügen.
-
Beim Umsatz von Monoacylhydrazinen (Säurehydraziden) mit Aminoalkylestern
oder deren Salzen erweist sich ein Zusatz der obengenannten säurebindenden bzw.
alkalisierenden Stoffe in jedem Fall als vorteilhaft, da vielfach diese Monoacylhydrazine
nicht mehr basisch genug sind, um, auch im Überschuß angewendet, den Säureanteil
der Aminoalkylester bzw. von deren Salzen zu binden.
-
Je nach den angewendeten Mengenverhältnissen von eingesetzten Hydrazinen
und Aminoalkylestern bzw. ihren Salzen kann man den Aminoalkylrest einmal oder auch
mehrfach in das betreffende Hydrazin einführen, wobei der weitere Aminoalkylrest
zunächst an das Stickstoffatom der Hydrazinkomponente tritt, das bereits den ersten
Aminoalkylrest aufgenommen hat, sofern dort noch ein substituierbares Wasserstoffatom
zur Verfügung steht. Da meist nur eine einmalige Einführung des Aminoalkylrestes
erwünscht ist, setzt man zweckmäßig einen weiteren Überschuß der Hydrazinkomponente
ein, zumal dieser fast immer sich relativ leicht vom erstrebten Endprodukt durch
Destillation trennen läßt, weil die Siedepunkte genügand wait auseinanderliegen.
-
Der Umsatz wird zweckmäßig in einem gegen bside ReaktionskomponentenindifferentenLösun;smitteldurchgeführt,
wobei ein möglichst homogenes Reaktionsgemisch besonders vorteilhaft ist. Als Lösungsmittel
kommen z. B. Wasser, Kohlenwasserstoffe, Äther und Dioxan in Frage. Als besoniers
vort°ilh-ift hit sich, sofern man Salze der Aminoalkylester zum Umsatz bringen kann,
Wasser als Lösungsmittel erwiesen, da es weitestgehende Homogenität des Reaktionsgemisches
ermöglicht.
-
Um in jeder Reaktionsphase einen möglichst großen Überschuß der Hydrazinkomponente
zu haben, gibt man den Aminoalkylester bzw. dessen Salz zur vorgelegten Hydrazinkomponente,
wobei man für gute Durchmischung Sorge trägt. Will man noch säurebindende Mittel
zusetzen, so kann man diese nach Belieben der vorgelegten Hydrazinkomponente schon
zufügen oder auch erst nachträglich dem Reaktionsgemisch hinzufügen.
-
Die Reaktion setzt fast stets schon bei Zimmertemperatur ein, doch
ist es zweckmäßig, zur Vollendung der Reaktion dann noch einige Stunden auf etwa
120 bis 140° C zu erhitzen, während man ohne Erhitzen eine entsprechend verlängerte
Reaktionszeit benötigt.
-
Nach Beendigung der Reaktion gibt man mindestens so viel Atzalkali
zu dem Reaktionsgemisch, daß alle vorhandenen Säureionen ein Alkalisalz der betreffenden
Säure bilden können. Eine allgemein gültige Anleitung für die weitere Aufarbeitung
des Ansatzes und für die Reinigung der basisch alkylierten Hydrazine kann jedoch
nicht gegeben werden, da beide weitgehend durch die jeweils verschiedenen physikalischen
Eigenschaften der gewünschten Aminoalkylhydrazine, etwa durch deren Löslichkeit
in verschiedenen Lösungsmitteln, durch den Siedepunkt usw., bestimmt werden. Einengen
unter normalem oder auch vermindertem Druck, Abfiltrieren etwa ausgeschiedener Salze,
Aufnehmen der basisch alkylierten Hydrazine in Lösungsmitteln, die die entstandenen
Alkalisalze nicht lösen, sind die vorzugsweise hier anzuwendenden Methoden. Die
endgültige Isolierung und Reinigung der Aminoalkylhydrazine erfolgt in jedem Fall
durch fraktionierte Destillation.
-
Die Ausbeuten bei diesem Verfahren befriedigen durchweg und erreichen
oft 80 bis 85 °/a der Theorie. Nebenreaktionen, etwa Abspaltung von Ammoniak unter
Bildung einer Aminogruppe an Stelle der gewünschten Hydrazingruppe, treten meist
in nur ganz untergeordnetem Maße auf, und die dabei entstandenen unerwünschten Nebenprodukte
lassen sich immer verhältnismäßig leicht restlos entfernen.
-
Aminoalkylierte Hydrazine sind stark basische, farblose oder allenfalls
schwachgelbstichige, mehr oder weniger viskose Öle, die gegen Erhitzen recht beständig
sind und sich im Vakuum, teilweise auch bei normalem Druck unzersetzt destillieren
lassen. Oft sind sie mit Wasserdampf, besonders mit überhitztem, flüchtig; sie sind,
wenn auch nicht hochgradig, etwas hygroskopisch und halten Wasser, wahrscheinlich
unter Hydratbildung, hartnäckig fest. Sie sind alle mischbar mit niederen aliphatischen
Alkoholen, etwa mit Methanol oder mit Äthanol, und meist auch sowohl mit Kohlenwasserstoffen
wie mit Wasser. Bei Anwesenheit stark hydrophober Gruppen, etwa von Phenylkernen,
geht die Löslichkeit in Wasser sehr stark zurück. Aminoalkylhydrazine mit kurzem
Alkylrest und mit sowohl freier Amino- wie auch freier Hydrazinogruppe dagegen,
etwa das ß-Aminoäthylhydrazin, lösen sich nicht oder nur sehr wenig in Kohlenwasserstoffen.
-
Die aminoalkylierten Hydrazine besitzen noch alle für ihre funktionellen
Gruppen typischen Eigenschaften. Mit Säuren bilden sie zum Teil gut kristallisierende,
leicht wasserlösliche, aber nicht ausgesprochen hygroskopische Salze. Falls sie
in der Amino- oder in der Hydrazinogruppe noch substituierbare Wasserstoffatome
besitzen, lassen sie sich nach den üblichen Methoden alkylieren oder acylieren.
Aminoalkv1hydrazine, die in ihrem
Hydrazinanteil noch eine unveränderte
N H2 Gruppe enthalten, bilden wie alle derartigen Hydrazine mit Carbonylgruppen
die entsprechenden Hydrazone. Auch andere Kondensationsreaktionen, wie sie etwa
vom Phenylhydrazin bekannt sind, lassen sich mit ihnen durchführen. Sie sind starke
Reduktionsmittel in der Art, wie dies vom Phenylhydrazin bekannt ist.
-
Beispiel 1 Zu 7 kg 80°/oigem Hydrazinhydrat, die 3,584 kg reiner Hydrazinbase
entsprechen, läßt man unter Rühren bei Zimmertemperatur eine Lösung von 4,2 kg 91°/oigem
Hydrochlorid des ß-Diäthylaminoäthylchlorids in 51 Wasser zulaufen, wobei eine Temperaturerhöhung
bis auf etwa 75° C eintritt. Man erhitzt dann bei normalem Druck unter Rühren das
Gemisch und destilliert dabei 3 1 wäßriges Destillat ab, das nur wenig Hydrazin
und/ oder aminoalkylierte Hydrazine enthält. Dann läßt man etwas abkühlen und gibt
unter weiterem gutem Rühren eine dem gesamten Chlorgehalt des eingesetzten ß-Diäthylaminoäthylchloridhydrochlorids
äquivalente Menge Natriumhydroxyd in Form einer 40- bis 45°/oigen Natronlauge hinzu.
Man destilliert dann unter weiterem Rühren, gegebenenfalls unter schwach vermindertem
Druck, nochmals 41 wäßriges Destillat ab, das schon beträchtliche Mengen an Hydrazin
und/oder aminoalkylierten Hydrazinen enthält. Für gute Kondensation des Destillates
ist Sorge zu tragen, um Verluste an den mit Wasserdampf flüchtigen aminoalkylierten
Hydrazinen zu vermeiden. Nach dem Abkühlen des durch ausgeschiedenes Kochsalz breiig
gewordenen Rückstandes verrührt man diesen mit etwa dem doppelten Volumen Alkohol,
kühlt mindestens auf Zimmertemperatur, besser noch auf etwa 5° C und saugt das abgeschiedene
Kochsalz ab, das man mit frischem Alkohol auskocht zum Herauslösen noch anhaftender
Flüssigkeit, unter anderem der aminoalkylierten Hydrazine. Das wäßrig-alkoholische
Filtrat vom Kochsalz wird erneut, zuerst bei Luftdruck, dann in schwachem Vakuum
vom Alkohol und dem meisten Wasser befreit. Der dann verbleibende Rückstand wird
abgekühlt, erneut mit dem dreifachen Volumen Alkohol verrührt, wieder mindestens
auf Zimmertemperatur, besser noch darunter, gekühlt und vom erneut ausgefallenen
Kochsalz befreit, das wie oben mit frischem Sprit ausgekocht wird. Das nunmehrige
Filtrat wird zuerst bei Zimmertemperatur, dann im Vakuum, das man allmählich bis
auf etwa 10 mm Quecksilberdruck steigert, zur Trockne gebracht. Der Trockenrückstand
wird nach Zugabe überschüssiger Natronlauge mit überhitztem Wasserdampf behandelt,
bis nichts Basisches mehr abdestilliert. Die einzelnen Destillate, die Alkohol,
Wasser, Hydrazinhydrat und aminoalkylierte Hydrazine in verschiedenen Mengenverhältnissen
enthalten, werden an einer gut wirkenden Kolonne zuerst bei normalem Druck von Alkohol,
Wasser und der Hauptmenge Hydrazinhydrat befreit und dann bei allmählich bis auf
30 mm Quecksilberdruck gesteigertem Vakuum fraktioniert, wobei die unter 30 mm bei
70 bis 120° C siedende Fraktion das rohe ß-Diäthylaminoäthylhydrazin enthält, aus
dem man durch Rektifizieren das reine Produkt mit dem Sdp. 111 bis 113° C bei 50
mm Druck erhält. Im Rückstand dieser Rohdestillation verbleibt unter anderem das
Bis-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin, das man unter 5 mm Druck in der bis 130° C siedenden
Fraktion als Rohprodukt erhält. Man reinigt es zweckmäßig über sein Hydrazon mit
Aceton, das unter 4 mm Druck bei 124 bis 125° C siedet. Nach dessen Verseifung erhält
man bei analoger Aufarbeitung das reine N-N-Bis-(diäthylaminoäthyl)-hydrazin, das
unter 4 mm Druck bei 100 bis 102° C siedet. Die Ausbeute an, monoaminoalkyliertem
Produkt beträgt bei Anwendung des oben= genannten Verhältnisses der Ausgangsmaterialien
mindestens 60 °/o der Theorie, bezogen auf eingesetztes ß-Diäthylaminoäthylhydrochlorid,
während weitere 5 bis 10 % der Theorie, ebenfalls bezogen auf dies genannte
Hydrochlorid, als N-N-Bis-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin anfallen. Nimmt man einen
geringeren Überschuß an Hydrazin als oben angegeben, so steigt die Menge des bis-aminoalkylierten
Hydrazins auf Kosten des monoaminoalkylierten. Das Mono-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin
ist ein wasserhelles, etwas viskoses Öl von ausgeprägt basischem Geruch, das mit
Methanol, Athanol, Wasser, Benzol usw. beliebig mischbar ist. Mit Wasserdampf, besonders
mit überhitztem, ist es ziemlich leicht flüchtig. Seine wäßrigen Lösungen reagieren
stark alkalisch gegen Phenolphthalein und reduzieren, besonders bei leichtem Erwärmen,
Schwermetallsalze zu deren niedrigsten Oxydationsstufe bzw. zu den Metallen selbst.
Die reine Base verfärbt sich beim Stehen in verschlossener Flasche nicht, zieht
aber beim Stehen in freier Luft aus dieser Wasser und Kohlensäure an und verfärbt
sich dabei auch etwas bräunlich. Das ß-Diäthylaminoäthylhydrazin bildet mit Säuren
Salze, die sehr leicht fast alle in Wasser, meist auch in Alkohol löslich sind,
ohne aber ausgesprochen hygroskopisch zu sein. Mit Carbonylverbindungen bildet es
Hydrazone, wobei solche mit niederem Carbonylrest, etwa mit dem Rest des Acetons,
im Vakuum unzersetzt destillierbar sind. Auch andere Kondensationen, wie sie etwa
für das Phenylhydrazin typisch sind, lassen sich mit ihm durchführen. Die physikalischen
und chemischen Eigenschaften des N-N-Bis-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazins sind denen
des monoaminoalkylierten Produktes völlig analog. Aus dem monoaminoalkylierten Produkt
läßt sich ein Mono- und ein Bis-acetylprodukt gewinnen, aus dem bis-aminoalkylierten
Produkt nur ein Monoacetylderivat. Auch läßt sich das monoaininoalkylierte Produkt
weiteralkylieren, wobei der neue eintretende substituierte oder unsubstituierte
Alkylrest an das Stickstoffatom des Hydrazinanteils tritt, das schon den Diäthylaminoäthylrest
trägt. Beispiel 2 Zu einer Emulsion von 588 g Phenylhydrazin in 1 1 Wasser gibt
man bei Zimmertemperatur unter gutem Rühren eine Lösung von 240 g Hydrochlorid des
ß-Diäthylaminoäthylchlorids (89,5 a/oiges technisches Produkt) in 500 ccm Wasser.
Die Innentemperatur steigt dabei langsam um etwa 10 bis 15° C an, bleibt einige
Zeit in dieser Höhe und fällt dann langsam wieder ab. Zur Vollendung des Umsatzes
kocht man noch etwa 2 Stunden unter Rückfluß und gutem Rühren, kühlt auf Zimmertemperatur
oder noch darunter ab, fügt 350 g 40%ige Natronlauge hinzu und nimmt das Gemisch
aus unverändertem Phenylhydrazin und diäthylaminoäthyliertem Produkt in Benzol auf.
Nach dem Trocknen des Benzolextraktes mit Pottasche und Verjagen des Lösungsmittels
trennt man dieses Gemisch durch fraktionierte Destillation und erhält bei der Rektifikation
der diäthylaminoäthylierten Fraktion 135 g reines Phenyl-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin
als gelbliches, viskoses Öl, das unter 5 mm Quecksilberdruck bei 151 bis 153° C
siedet. Bei dessen Behandlung mit Aceton bildet sich das entsprechende Hydrazon,
das unter 4 mm Quecksilberdruck ebenfalls als schwachgelbliches viskoses Öl bei
137 bis 138° C siedet, womit der Nachweis erbracht ist, daß der Diäthylaminoäthylrest
an das gleiche Stickstoffatom getreten ist, das schon den Phenylrest trug. Das N-Phenyl-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin
ist mit niederen aliphatischen
Alkoholen, mit Kohlenwasserstoffen
und mit Äther beliebig mischbar, ist dagegen in Wasser nur wenig löslich. Es ist
eine starke Base, die mit Säuren Salze bildet, die sich meist in Wasser und in niederen
aliphatischen Alkoholen leicht lösen, nicht aber in Äther oder Benzol. Die freie
Base wird an der Luft oder am Licht nach einiger Zeit immer dunkler, bleibt dabei
aber klar und kann jederzeit praktisch ohne Verlust durch erneute Destillation wieder
auf ihren ursprünglichen Farbton gebracht werden. Mit Aceton gibt sie das oben beschriebene
Hydrazon, und in gleicher Weise reagiert sie auch mit anderen Aldehyden.
-
Beispiel 3 Zu 6,25 kg 800/@gem Hydrazin, die 3,2 kg reiner Hydrazinbase
entsprechen, gibt man unter gutem Rühren bei Zimmertemperatur eine Lösung von 2,82
kg Schwefelsäure-mono-(ß-aminoäthanol)-ester in 31 Wasser und destilliert bei Luftdruck
unter weiterem Rühren etwa 21 Wasser ab. Zum etwas abgekühlten Destillationsrückstand
fügt man 3,64 kg 44°/jge Natronlauge und destilliert, gegebenenfalls in schwachem
Vakuum, weitere 21 wäßriges Destillat unter Rühren ab. Durch Fällung mit Alkohol
und folgendes Absaugen wird der größte Teil des entstandenen Natriumsulfates in
gleicher Weise entfernt, wie das im Beispiel 1 zur Entfernung des Kochsalzes angegeben
ist. Das dabei erhaltene Endfiltrat, das nur noch sehr wenig Natriumsulfat enthält,
bringt man zuerst bei Luftdruck, dann bei allmählich gesteigertem Vakuum zur Trockne.
Der Trockenrückstand und ebenso das vorher abgetrennte Natriumsulfat werden in üblicher
Weise zur Entfernung der Reste von Basen mit Alkohol ausgekocht. Alle erhaltenen
Destillate werden dann an einer gut wirkenden Kolonne bei Luftdruck vom Alkohol,
Wasser und dem meisten Hydrazinhydrat befreit. Der Rückstand ergibt dann bei der
Destillation unter 17 mm Druck ein rohes ß-Aminoäthylhydrazin vom Sdp. 75 bis 110°C,
aus dem man durch mehrmaliges Rektifizieren mindestens 1650 g Reinprodukt vom Sdp.
87 bis 89°C unter 16 mm erhält. Das bereits bekannte ß-Aminoäthylhydrazin ist ein
wasserhelles, stark basisches Öl, das mit Wasser und den niederen aliphatischen
Alkoholen beliebig mischbar ist, sich dagegen in Kohlenwasserstoffen, Äthern und
ähnlichen indifferenten organischen Lösemitteln nicht oder nur sehr wenig löst.
In seinen übrigen physikalischen Eigenschaften ist es dem im Beispiel 1 beschriebenen
ß-Diäthylaminoäthylhydrazin äußerst ähnlich.
-
Beispiel 4 In eine Lösung von 4,5 kg Monoacetylhydrazin in 91 Wasser
trägt man unter Rühren 1,635 kg wasserfreies Kaliumcarbonat ein, läßt dann nach
dessen völligem Lösen unter weiterem guten Rühren eine Lösung von 4,53 kg ß-Diäthylaminoäthylchlorid-hydrochlorid
(technisches Produkt mit 900/, Gehalt an reinem Salz) in 91 Wasser bei Zimmertemperatur
zulaufen und rührt noch weitere 8 Stunden ohne Wärmezufuhr, wobei die Temperatur
des Reaktionsgemisches zuerst langsam um etwa 15 bis 20°C steigt und dann langsam
wieder absinkt auf Zimmertemperatur. Danach destilliert man unter Rühren bei Luftdruck
etwa 81 Wasser ab, das kaum basische Stoffe enthält, läßt das Gemisch wieder auf
Zimmertemperatur oder darunter abkühlen, gibt dann unter gutem Rühren 1,00 kg Natriumhydroxyd
in Form von 40 bis 45°j@ger Natronlauge hinzu und destilliert unter nur schwach
vermindertem Druck weitere etwa 5 1 wäßriges Destillat ab, das infolge geringfügiger
Verseifung der Acetylverbindungen bereits etwas Hydrazin und/oder aminoalkylierte
Hydrazine enthält. Durch Behandeln mit Alkohol, wie im Beispiel 1 beschrieben, und
Absaugen wird der größte Teil der Alkalichloride entfernt, denen man durch Auskochen
mit Alkohol etwa noch anhaftende Basenreste entzieht. Das wäßrig-alkoholische Endfiltrat
wird durch Destillation weitgehend von beiden Lösungsmitteln befreit, und dann wird
der Rückstand bei etwa 5 mm Quecksilberdruck destilliert bis zu einem Siedepunkt
von etwa 120°C. Dadurch wird der größte Teil des überschüssig eingesetzten Monoacetylhydrazins
entfernt, das aber etwas durch Verseifung entstandenes N-N-Bis-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin
und auch schon beträchtliche Menge von N-Acetyl-N'-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin
enthält und deshalb zur Gewinnung dieser beiden Verbindungen zweckmäßig aus einem
Alkohol-Benzol-Gemisch umgelöst wird und dann für einen Neuansatz benutzt werden
kann, während man die Mutterlaugen dieser Umlösung erneut in gleicher Weise aufarbeitet.
Der erkaltete Rückstand dieser ersten Destillation wird mit Benzol aufgekocht, und
dieser Benzolextrakt wird nach Abkühlen durch Absaugen von Resten der Alkalichloride
sowie von einigem durch teilweise Umacetylierung entstandenem N-N'-Bis-acetylhydrazin
befreit und dann erneut destilliert. Unter 5 mm Quecksilberdruck geht bis 160°C
ein rohes N-Acetyl-N'-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin über, während die Fraktion
von 160 bis etwa 195°C ein Gemisch ist aus N-N'-Bisacetylhydrazin, N-N'-Bis-acetyl-N-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin
und N-Acetyl-N'-N'-bis-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin, aus dem meist schon beträchtliche
Mengen des N-N'-Bis-acetylhydrazins auskristallisieren. Diese letztgenannte Bis-acetylverbindung
ist mit den aminoalkylierten Hydrazinen auch unterhalb ihres eigenen Siedepunktes
schon beträchtlich flüchtig und tritt daher, wenn auch in nur untergeordnetem Maße,
schon in der Fraktion bis 160°C auf. Durch mehrfaches Rektifizieren dieser niederen
Fraktion erhält man mindestens 1960 g reines N-Acetyl-N'-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin
vom Sdp. 132 bis 134°C unter 4 mm Quecksilberdruck als ein gelbliches, viskoses,
fast geruchloses Öl, das mit Wasser, niederen aliphatischen Alkoholen, Benzol, Dioxan
und anderen indifferenten Lösungsmitteln mischbar ist. Seine wäßrigen Lösungen reagieren
stark alkalisch und reduzieren in der Kälte kaum, in der Hitze jedoch stark Lösungen
von Schwermetallsalzen. Mit einem Äquivalent Säure bildet die Verbindung Salze,
die sich fast alle sehr leicht in Wasser und in den niedrigen aliphatischen Alkoholen
lösen. Sie wird von Mineralsäuren und von Alkalien leicht verseift. Mit Carbonylverbindungen,
etwa mit Aceton, reagiert das acetylierte und aminoalkylierte Hydrazin nicht, sondern
wird aus seiner Acetonlösung durch Destillation quantitativ unverändert zurückgewonnen,
womit erwiesen ist, daß Acetyl- und Diäthylaminäthylgruppe nicht am gleichen Stickstoffatom
sitzen. Mit Essigsäureanhydrid entsteht aus ihm das N-N'-Bisacetyl-N'-(ß-diäthylaminoäthyl)-hydrazin,
während durch Alkylierung eingeführte substituierte oder unsubstituierte Alkylreste
an das Stickstoffatom treten, das bereits den Diäthylaminoäthylrest trägt. Aus der
höher siedenden Fraktion der Rohdestillation läßt sich durch mehrfache Wiederholung
von Verdünnung mit Benzol, Absau gen des jeweils abgeschiedenen N-N'-Bis-acetylhydrazins
und erneutes Destillieren schließlich ein viskoses gelbes Öl mit Sdp. 142 bis 144°C
unter 0,5 mm Quecksilberdruck gewinnen, das mit Benzol ohne Trübung oder Kristallabscheidung
beliebig mischbar ist, jedoch nach dem Ergebnis der Analyse immer noch etwa 10 bis
15 °;'o an Bis-acetylhydrazin enthält, die mit den üblichen physikalischen Reinigungsmethoden
des Lösens und der Destillation nicht oder kaum restlos zu entfernen sind. Man verseift
es daher mit Vorteil und gewinnt dann nach üblicher Aufarbeitung noch mindestens
490 g N-N-Bis-(ß-diäthylaminoäthyl
)-hydrazin mit den Eigenschaften,
wie sie im Beispiel 1 für diese Verbindung angegeben sind.