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Verfahren zur Herstellung von licht-und wärmebeständigen Mischpolymerisaten
des Vinylchlorids Es ist bekannt, metallorganische Derivate des Zinns in halogenhaltige
Polyvinylharze einzubringen, um diese zu stabilisieren. Andererseits ist das Einbringen
von Stabilisatoren in nicht plastifizierte, zur Herstellung von starren Gegenständen
verwendete Polyvinylharze schwierig. Zur Erzielung einer gleichmäßigen Verteilung
ist es erforderlich, beträchtliche Mengen an Stabilisationsmitteln einzusetzen oder
Lösungsmittel zu verwenden, die anschließend verdampft werden müssen. Diese Massen
sind bei den zur Verarbeitung und Formgebung erforderlichen hohen Temperaturen nicht
völlig stabil. Es besteht die Gefahr, daß sich die metallorganischen Derivate des
Zinns zersetzen, an die Oberfläche der Gegenstände wandern und sich mindestens teilweise
verflüchtigen.
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Es wurde nun gefunden, daß man stabilisierte Mischpolymerisate des
Vinylchlorids, die die obengenannten Nachteile nicht besitzen, erhalten kann, indem
man Vinylchlorid mit einer geringen Menge eines organischen Derivats des Zinns mischpolymerisiert,
das einen nichtsubstituierten, direkt an das Zinnatom gebundenen Vinylrest und andere
Kohlenwasserstoffreste als Vinylreste oder Acyloxyreste oder gleichzeitig andere
Kohlenwasserstoffreste als Vinylreste und Acyloxyreste enthält. Anstatt von Vinylchlorid
allein kann man auch von Gemischen mit anderen polymeriserbaren Substanzen mit überwiegender
Menge an Vinylchlorid ausgehen.
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In den so erhaltenen Mischpolymeren bildet das Zinn einen integrierenden
Teil des Makromoleküls und kann daher weder wandern noch sich verflüchtigen, noch
durch Flüssigkeiten, die mit dem Mischpolymeren in Berührung kommen, extrahiert
werden, und die erhaltenen Harze besitzen eine bemerkenswerte Stabilität gegenüber
Licht und Wärme.
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Die verwendeten Zinnderivate entsprechen der allgemeinen Formel R
Sn R'XR''3-xJ in der R einen Vinylrest, R'einen anderen Kohlenwasserstoffrest als
Vinyl, R"einen Acyloxyrest und x 0 oder eine ganze Zahl unter 4 bedeutet.
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Der andere Kohlenwasserstoffrest als Vinyl kann aliphatisch oder
aromatisch und gegebenenfalls substituiert sein. Wenn es sich um mehrere Reste handelt,
können diese identisch oder voneinander verschieden sein.
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Diese Derivate können beispielsweise durch Einwirkung eines Vinylmagnesiumhalogenids
auf ein Halogenderivat des Zinns, das teilweise mit einem anderen Kohlenwasserstoffrest
als Vinyl substituiert sein kann, nach folgender Reaktionsgleichung erhalten werden
: R-MgHal + MgHal + Haln Sn R (4-n) - R-Sn. Hal (,)-R) + MgHal,
In dieser Gleichung
besitzen R und R'die oben angegebenen Bedeutungen, und n ist eine ganze Zahl bis
zu h6chstens 4.
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Wenn n gleich 1 ist, erhält man ein organisches Zinnderivat, das
einen Vinylrest und drei andere Kohlenwasserstoffreste als Vinyl enthält.
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Wenn n eine Zahl über 1 ist, enthält das erhaltene Vinylderivat noch
Halogenatome zusätzlich zu dem Vinylrest und gegebenenfalls andere Kohlenwasserstoffreste.
Diese Halogenatome sind labil und können durch Acyloxyreste, beispielsweise durch
Einwirkung von Alkalisalzen organischer Säuren auf das Halogenderivat, ersetzt wer,
den. Man erhält so Derivate, die neben dem Vinylrest nur Acyloxyreste oder gleichzeitig
Acyloxyreste und andere Kohlenwasserstoffreste als Vinyl enthalten.
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Als Beispiele für Derivate ohne Acyloxyreste seien Monovinyltriäthylzinn
und Monovinyltributylzinn genannt.
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Ein Beispiel für Derivate, die gleichzeitig Kohlenwasserstoffreste
und Acyloxyreste enthalten, ist das Monovinyldiäthylzinnlaurat.
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Die Vinylderivate des Zinns werden mit Vinylchlorid allein oder mit
Mischungen von Vinylchlorid und anderen polymerisierbaren Verbindungen, beispielsweise
Gemischen
von Vinylchlorid und Vinylacetat mit einem hohen Gehalt an Vinylchlorid (85 bis
95 °/o), mischpolymerisiert.
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Zur Erzielung eines guten Stabilisierungseffekts genügt es, in das
Mischpolymere nur geringe Mengen des Vinylderivats des Zinns in der Größenordnung
von 0,1 bis 5 O/o einzubringen.
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Als Polymerisationsverfahren verwendet man vorteilhafterweise die
bekannte Polymerisationsarbeitsweise in wäBriger Suspension in Gegenwart von Dispergiermitteln
und Polymerisationskatalysatoren.
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Die so erhaltenen Polymeren besitzen praktisch die gleichen physikalischen
und mechanischen Eigenschaften wie die Polymeren ohne Zinnderivate, außer daß sie
gegen Wärme und Licht stabil sind. Sie lassen sich nach für die Verarbeitung von
Polyvinylchlorid üblichen Verfahren verarbeiten.
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Das folgende Beispiel erläutert die Erfindung. Die Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel In einen mit einer Rührvorrichtung ausgestatteten Autoklav
bringt man 250 Teile Wasser, 0,5 Teile teilweise verseiftes Polyvinylacetat, 1,5
Teile Lauroylperoxyd und 2 Teile Monovinyldiäthylzinnlaurat ein und dann nach Ersatz
der Luft im Autoklav durch Stickstoff 150 Teile Vinylchlorid. Zur Entfernung der
letzten Spuren von Stickstoff und Sauerstoff führt man eine teilweise Entgasung
durch. Nach der Entgasung verbleiben 100 Teile Vinylchlorid.
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Man erhitzt unter Rühren bzw. Schütteln 7 Stunden auf 50 bis 51°
C. Der Druck steigt auf 7,2 bis 7, 3 Atmosphären. Wenn der Druck auf etwa 4 Atmosphären
gefallen ist, unterbricht man.
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Nichtpolymerisiertes Vinylchloridmonomeres wird abgezogen.
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Das erhaltene Polymere wird abgesaugt, mit destilliertem Wasser gewaschen
und getrocknet.
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Man erhält so 74 Teile Polymeres in Form eines sandigen Pulvers.
Die spezifische Viskosität des Polymeren beträgt 0,656 in Lösung mit 5 g je Liter
in Cyclohexanon bei 25° C.
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Zum Nachweis der Stabilisierungswirkung gegenüber Wärme wurden Erhitzungsversuche
sowohl mit dem Polymerenpulver ohne oder nach Waschen mit Athanol als auch mit plastifizierten
Mischpolymerisaten durchgeführt. Das Pulvre wurde in einer » Carver-Handpresse «
(vgl. Machinery and Equipment for Rubber and Plastics, Bill Brothers Publishing
Corp., 1952, Bd. I, S. 248,249) bei 180° C komprimiert und 10 Minuten bei dieser
Temperatur gehalten. Man erhielt so blaßgelbgefärbte Scheiben.
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Durch Polymerisation genau unter den gleichen Bedingungen, jedoch
in Abwesenheit von Vinyldiäthylzinnlaurat erhaltene Polyvinylchloridpulver ergaben
dunkelbraungefärbte Scheiben.
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Das plastifizierte Mischpolymerisat wurde durch Vermischen von 65
Teilen des Mischpolymeren mit 35 Teilen Bis (2-äthylhexyl)-phthalat hergestellt.
Das
Gemisch wurde 1 Stunde in einem Mischer mit auf 157° C erhitzten Walzen verarbeitet.
Man erhielt so eine praktisch farblose plastifizierte Folie, während ein in Abwesenheit
von Vinyldiäthylzinnlaurat hergestelltes plastifiziertes Gemisch von Polyvinylchlorid
Folien mit gelbbräunlicher Färbung ergab.
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Zum Beweis, daß das Monovinyldiäthylzinnlaurat in das Polyvinylchlorid
in Form des Mischpolymeren eingebaut wird, wurden zwei Reihen von Versuchen durchgeführt
: a) Es wird eine systematische Extraktion des Mischpolymeren mit Athanal, in welchem
das Monovinyldiäthylzinnlaurat löslich ist, durchgeführt. Das extrahierte Polyvinylchlorid
wird hierauf nach Plastifizierung einer Kalandrierung in der Wärme unter den gleichen
Bedingungen, wie oben beschrieben, unterworfen. Die so erhaltenen Folien bleiben
praktisch ungefärbt, während die extrahierten erhaltenen Folien, falls das Monovinyldiäthylzinnlaurat
nicht zumindest teilweise mit dem Vinylchlorid mischpolymerisiert worden wäre, sich
braun gefärbt hätten wie das nicht stabilisierte Polyvinylchlorid. b) Andererseits
führt man eine Reihe fraktionierter Fällungen des Mischpolymeren, das mit Athanol
gewaschen ist, durch und bestimmt das Zinn in den verschiedenen Fraktionen. Man
löst das Mischpolymere in einer Menge von 15 g/l in Tetrahydrofuran und setzt fortschreitend
Wasser zu. Man trennt nacheinander fünf Fraktionen ab : Jede Fraktion wird wieder
in Tetrahydrofuran gelöst, mit einer ausreichenden Menge Athanol wieder ausgefällt,
dreimal mit Athanol gewaschen und getrocknet. Dann bestimmt man das Zinn. Die nachfolgende
Tabelle zeigt den Prozentsatz an Zinn, ausgedrückt als Vinyldiäthylzinnlaurat.
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Fraktion l....................... 0, 24</o Fraktion 2 0, 24°/o
Fraktion 3.......................0,25"/o Fraktion 4 ~ 0, 28 °/o Fraktion 5 1}, 25
°/o Man findet das Zinn in allen Fraktionen verteilt.
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Daraus läßt sich schließen, daß das Vinyldiäthylzinnlaurat gleichmäßig
mit dem Vinylchlorid mischpolymerisiert ist.