-
Verfahren zur Herstellung von Reichsteins-Substanz-S Reichsteins-Substarz-S
ist eines der lebenswichtigen Hormone der Nebennierenrinde und bildet gleichzeitig
das Ausgangsmaterial für die mikrobiologische Synthese des Hydrocortisons. Die bisher
bekannten Verfahren zur Herstellung von Reichsteins-Substanz-S sind hinsichtlich
der Ausbeuten und der notwendigen Reaktionsstufen für die Praxis noch nicht befriedigend.
-
Die erste technisch verwendbare Synthese von Reichsteins-Substanz-S
wurde von Julian, Meyer, Karpel und Waller (vgl. Journal of the American Chemical
Society, Bd. 72, S. 5145 [1950]) durchgeführt; sie verläuft über zehn
Stufen, und die Ausbeute an Reichsteins-Substanz-S-21-acetat beträgt höchstens 240/,.
Nacharbeitungen haben ergeben, daß es sehr schwierig ist, diese Ausbeuten regelmäßig
zu reproduzieren. Eine weitere Synthese wurde im Jahre 1956 von Ringold,
Rosenkranz und Sondheimer durchgeführt (journal of the American Chemical Society,
Bd. 78, S. 820 [19561).
Diese Synthese liefert etwas bessere Ausbeuten als
die von julian, benötigt aber elf Reaktionsstufen.
-
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
zur Herstellung von Reichsteins-Substanz-S zu entwickeln, welches höhere Ausbeuten
bei gleichzeitiger Verringerung der benötigten Reaktionsstufen liefert.
-
Es wurde gefunden, daß man Reichsteins-Substanz-S (VIII, vgl. das
folgende Formelschema) in guten Ausbeuten herstellen kann, wenn man von 5,16ß-Dichlor-oder
5,16ß-Dibrom-pregnan-3ß,17a-diol-20-on-3-acetat ausgeht. Diese Verbindung ist durch
Behandlung von 16a,17a-Oxido-5-pregnen-3ß-ol-20-on-acetat mit Halogenwasserstoffsäuren
in geeigneten Lösungsmitteln leicht zugänglich (vgl. Diplomarbeit H. Niemann, Technische
Hochschule Braunschweig, 1953). 16a,17a-Oxido-5-pregnen-3p-ol-20-on-3-acetat
ist als technisches Zwischenprodukt der Cortisondarstellung aus Diosgenin (vier
Stufen) zugänglich.
-
Das Verfahren nach der Erfindung besteht darin, daß man 5,16ß-Dibrom-
und/oder 5,16ß-Dic41or-pregnan-3p,17a-diol-20-on-3-acetat (1) durch Behandlung
mit Bromierungsmitteln in an sich bekannter Weise in das entsprechende 21-Bromderivat
(II) überführt und dieses in ebenfalls an sich bekannter Weise der Einwirkung von
verseifenden Mitteln unterwirft unter Bildung der entsprechenden Verbindung mit
freier 3-Hydroxylgruppe (III). Aus dieser Substanz (III) gelingt es durch an sich
übliche aufeinanderfolgende Behandlung mit Alkaliacetat (IVa, b), milden
Oxydationsmitteln (Va, b) und Halogenwasserstoffsäure 16ß-Halogen-4-pregnen-17a,
21-diol-3,20-dion-21-acetat (VI) bzw. 5,16ß-Dihalogen-pregnan-3,20-dion-17a,21-diol-21-acetat
(VIa) einzeln oder im Gemisch herzustellen. Die so erhaltenen Halogenhydrine (VI
bzw. VIa) können durch übliche Behandlung mit einem Reduktionsmittel in Reichsteins-Substanz-S-21-acetat
(VII) übergeführt werden. Durch Behandlung mit verseifenden Mitteln erhält man aus
Reichsteins-Substanz-S-21-acetat (VII) nach an sich bekannten Methoden Reichsteins-Substanz-S
(VIII).
-
Als Ausgangsmaterial verwendet man zweckmäßigerweise 5,16ß-Dibrom-
und/oder 5,16ß-Dichlor-pregnan-3ß,17a-diol-20-on-3-acetat. Zur Einführung des Brom.
atoms in die 21-Stellung eignet sich besonders elementares Brom. Dabei arbeitet
man zweckmäßigerweise ir einem geeigneten Lösungsmittel, wie z. B. Tetrachlorkohlenstoff,
Chloroform, Eisessig, Dioxan oder Gemischer derselben. Die Bromierung verläuft mit
etwa 900/,igei Ausbeute. Zur'#7erseifung der 3ständigen AcetoxygruppE zur freien
3-Hydroxylgruppe eignen sich Mineralsäuren besonders Halogenwasserstoffsäuren, vorzugsweise
Chlorwasserstoff oder Bromwasserstoff in Methanol. Die Ver. seifung verläuft nahezu
quantitativ.
-
Bei Verwendung von 5,16ß-Dichlor-21-brom-pregnan. 3ß,17a-diol-20-on
als Ausgangsmaterial gelingt die fol. gende Umsetzung mit Alkaliacetat, vorzugsweise
Kalium. acetat, in besonders guten Ausbeuten. Bei dieser Reak tion wird gleichzeitig
das 21-Bromatom durch dei 0-Acetylrest ersetzt und in 16,17-Stellung Halogen wasserstoff
unter Bildung der 16a,17a-Oxidogruppe (IVa abgespalten. Die Ausbeute bei dieser
Reaktionsstufi liegt bei etwa 90 0/,.
-
Die Überführung des 16a,17a-Oxido-5-chlor-3,21-diol 20-on-pregnan-21-acetats
(IVa) in 16a,17a-Oxido-S-chlor pregnan-3,20-dion-21-ol-21-acetat (Va) gelingt in
beste: Ausbeute durch Behandlung mit Chromsäureanhydri( in Eisessig. Das so hergestellte
Halogenketon (Va) läßsich durch Einwirkung von Halogenwasserstoff, vor zugsweise
durch Behandlung mit Brom- oder Jodwasser stoff in 16-Halogen-4-pregnen-3,20-dion-17a,21-diol
21-acetat (VI) bzw. 5,16fl-Dihalogen-pregnan-3,20-dion 17a,21-diol-21-acetat (VIa)
überführen. Auch bei diese. Reaktionsstufe werden sehr gute Ausbeuten erzielt. Did
anschließende Überführung des Halogenhydrins in Reichsteins-Substanz-S-21-acetat
(VII) gelingt nach bekannten Methoden durch Behandlung mit einem Reduktionsmittel,
wie z. B. Ranay-Nickel oder Palladium auf Calciumcarbonat.
-
Geht man von einem 5,21-Dibrom-16ß-halogen (Chlor oder Brom)-pregnan-3,17-diol-20-on
aus und behandelt diese Verbindung mit Kaliumacetat, so kann man direkt 16a,17a-Oxido-5-pregnen-3,21-diol-20-on-21-acetat
(IVb) ,erhalten. Dieses Epoxyd lßät sich unter den Bedingungen einer Oppenauer-Oxydation
in 16a,17a-Oxido-4-pregnen-3,20-dion-21-ol-21-acetat (Vb) überführen. Durch aufeinanderfolgende
Behandlung mit Halogen-wasserstoffsäure, Reduktions- und Verseifungsmitteln erhält
man daraus Reichsteins-Substanz-S (VIII).
-
Alle bei dem Verfahren nach der Erfindung anfallenden Zwischenprodukte
sind leicht zu isolierende, gut kristallisierbare Substanzen, die sich zum überwiegenden
Teil bereits durch Eingießen des Reaktionsgemisches in Wasser gewinnen lassen. Darüber
hinaus ist die Reinheit der so gewonnenen Produkte ausreichend, um sie bereits in
dieser Form in die nächste Reaktionsstufe einzusetzen.
-
Das Verfahren nach der Erfindung stellt somit eine neue fortschrittliche
Methode zur Herstellung von Reichsteins-Substanz-S bzw. deren 21-Acetat dar. Die
erzielten Ausbeuten sind bei gleichzeitiger Verringerung der benötigten Reaktionsstufen
besser als die mit den bisher bekannten Methoden erreichten, und das Verfahren erlaubt
eine billigere Herstellung von Reichsteins-Substanz-S bzw. deren 21-Acetat, als
es nach den bisherigen Synthesen möglich war.
-
Beispiel 1
a) 42 g 5,16ß-Dichlor-pregnan-3fl,17a-diol-20-on-3-acetat
(I) werden in 1000ccm Tetrachlorkohlenstoff und 757 ccm Eisessig gelöst,
dazu 61 ccm Bromwasserstofflösung in Eisessig hinzugefügt und unter Rühren
17,6 g
Brom in 60 ccm Eisessig innerhalb 30 Minuten zugetropft.
Nach 2stündigem Stehen bei Raumtemperatur wird das Reaktionsgemisch im Vakuum eingeengt.
Dabei fallen nacheinander mehrere Kristallisate von 5,16ß-Dichlor-21-brom-pregnan-3ß,17a-diol-3-acetat
(II) an, die alle für den weiteren Umsatz verwendet werden können; Ausbeute
910/" Fp. 180 bis 182' C.
-
b) 23,8 g 5,16ß-Dichlor-21-brom-pregnan-3fl,17a-diol-3-acetat
(II) werden in 110 cem Dioxan und 250 ccm Methanol gelöst und dazu 5,42 ccm
konzentrierte Salzsäure hinzugegeben. Anschließend wird das Reaktionsgemisch 20
Stunden bei Raumtemperatur stehengelassen und danach unter Rühren in Wasser eingegossen,
abfiltriert, gewaschen und getrocknet. Es werden dabei 21,5 g 5,16ß-Dichlor-21-brom-pregnan-3p,17a-diol-20-on
(III) erhalten, die für den weiteren Umsatz verwendet werden können. Aus Aceton-Methanol
einmal umkristallisiert, besitzt die Verbindung einen Schmelzpunkt von
175' C. [al-"," = + 37,5' (Dioxan).
-
c,) 20,7 g 5,16ß-Dichlor-21-brom-pregnan-3ß,17a-diol-20-on
(III) werden zusammen mit 68 g wasserfreiem Kaliumacetat in 500 ccni
Aceton 16 Stunden unter Rückfluß gekocht. Danach wird das 16a,17a-Oxido-5-chlorpregnan-3ß,21-diol-20-on-21-acetat
(IVa) durch Eingießen des Reaktionsgemisches in Wasser direkt gewonnen. Nach Umkristallisation
aus Äther oder Aceton-Methanol schmilzt das Produkt bei 170 bis
172' C. Ausbeute nahezu 90 %.
-
d,) 3 g 16a,17a-Oxido-5-chlor-pregnan-3ß,21-diol-20-on-21-acetat
(IVa) werdenin 50 ccm Eisessiggelöstund innerhalb 15 Minuten mit
706 mg Chromsäureanhydrid, gelöst in 2 ccm Wasser und 4 ccm Eisessig, versetzt.
Danach läßt man das Reaktionsgemisch 4 Stunden bei Raumtemperatur stehen und gießt
es anschließend in Wasser ein. Das abfiltrierte und ausgewaschene 16a,17a-Oxido-5-chlor-pregnan-3,20-clion-21-ol-acetat
(Va) kann aus Äther-Methanol unikristallisiert werden und besitzt dann einen Schmelzpunkt
von 136' C. Ausbeute 85 bis 90 %. [a]'D' = + 76' (Dioxan).
-
ei) 3,7 g 16a,17a-Oxido-5-clilor-pregnan-3,20-dion-21-ol-acetat
(Va) werden in 78 ccm Eisessig gelöst und bei Raumtemperatur mit 10,4 ccm
HBr-Eisessig (33 0/,) versetzt. Nach halbstündigem Stehen wird das Reaktionsgemisch
in Wasser eingegossen, abfiltriert, gewaschen und getrocknet. Aus Methanol unikristallisiert
schmilzt das reine 16ß-Brom-4-pregnan-3,20-dion-17a,21-diol-21-acetat (VI) bei
169 bis 170' C. Ausbeute fast quantitativ.
-
Durch übliche Behandlung mit einem Reduktionsmittel gewinnt man aus
dieser Verbindung in guten Ausbeuten Reichsteins-Substanz-S-21-acetat (VII), aus
welchem sich durch Behandlung mit Verseifungsmitteln Reichsteins-Substanz-S (VIII)
gewinnen läßt.
-
Beispiel 2 a) 5 g 5,16ß-Dibrom-pregnan-3ß,17a-diol-20-on-3-acetat
(I) werden in 90 ccm Tetrachlorkohlenstoff und 60 ccm Eisessig gelöst,
mit 7,5 ccm HBr-Eisessig (30 0/,) versetzt und dazu unter Rühren innerhalb
30 Minuten 1,8 g Brom in 10 ccm Eisessig zugetropft. Nach 2ständigern,
Stehen bei Raumtemperatur wird das Reaktionsgemisch im Vakuum vom Tetrachlorkohlenstoff
befreit und das 5,16ß,21-Tribrom-pregnan-3ß,17a-diol-20-on-3-a'cetat (II) krista]Esiert.Esschmilztbeil27bis129'C,Ausbeute86"/,.
-
b und c,) 14,2 g 5,16ß,21-Tribrom-pregnan-3ß,17a-diol-20-on-3-acetat
(II) werden in 60 ccm Dioxan und 150 ccm Methanol, die 4
g Bromwasserstoff enthalten, gelöst. Das Reaktionsgemisch bleibt
16 Stunden bei Raumtemperatur stehen und wird dann in Wasser gegossen, abfiltriert,
gewaschen und getrocknet. Dieses rohe Verseifungsprodukt (III) wird dann in
300 ccm Aceton mit 41 g wasserfreiem Kaliumacetat versetzt und
16 Stunden unter Rückfluß gekocht. Danach wird das Reaktionsgemisch in Wasser
eingegossen, ausgeäthert und in üb-
licher Weise aufgearbeitet. Aus Äther
kristallisiert das 16a,17a-Oxido-S-pregnen-3ß,21-diol-20-on-21-acetat (IVb) vom
Schmelzpunkt 188 bis 190' C. Ausbeute 82 %.