-
Verfahren zur Herstellung von Desoxyvitamin A Es hat nicht an Versuchen
gefehlt, das Desoxyvitamin A, auch Axerophten genannt, herzustellen (vgl. O. Isler,
Chimia, Bd. 4, 1950, S. 107; J. G. Baxter, Fortschritte der Chemie organischer Naturstoffe,
Bd. 9, 1952, S. 78; P. Karger und J. Benz, Helv. Chim. Acta, Bd. 31, 1948, S. 1048;
Bd. 32, 1949, S. 232). Das in diesen Arbeiten als Axerophten (Desoxyvitamin A) angesprochene
Produkt wird als hellgelbes Ö1 beschrieben, das Absorptionsmaxima bei 331, 346 und
364 mm zeigt. In neuerer Zeit konnte aufgeklärt werden, daß diese im Vergleich zum
Vitamin-A-Alkohol unerwartet langwellige Absorption in Wirklichkeit dem sogenannten
Retro-Axerophten (I) zukommt; bei den erwähnten Syntheseversuchen war also eine
Verschiebung des konjugierten Systems von fünf Doppelbindungen erfolgt (vgl. P.
K arrer und J. K ebrle, Helv. Chim. Acta,Bd.35, 1952, S.2570, sowie H. O. Huisman
und Mitarbeiter, Rec. Travaux Chimiques Pays-Bas, Bd. 71, 1952, 5.911).
Retro-Axerophten (I)
Axerophten (all) Es wurde nun gefunden, daß man Axerophten der Formel II in einfacher
Weise erhält, wenn man den sogenanntenfl-C14-Aldehyd, d. h. das 4-[2',6',6'-Trimethylcyclohexen-(l')-yl-(l')]-2-methylbuten-(2)-al-(1),
in bekannter Weise mit einem Metailderivat des 3-Methylpenten-(2)-ins-(4) umsetzt
und das entstandene 9-[2',6',6'-Trimethylcyclohexen- (1') -yl- (1') -3, 7-dimethyl-6-oxynonadien-(2,7)-in-(4)
entweder in bekannter Weise zunächst zum 11,12-Dehydroaxerophten dehydratisiert
und dann dessen Dreifachbindung in üblicher Weise partiell
hydriert oder es zunächst
in bekannter Weise partiell zum 9 - [2',6',6'-Trimethylcyclohexen - (1 ')-yl-(l
')1-3,7-dimethylnonatrien-(2,4,7) hydriert und dieses dann in bekannter Weise zum
Axerophten dehydratisiert und das erhaltene Stereoisomerengemisch in üblicher Weise
umlagert.
-
Die Synthese von Verbindungen der Vitamin-A-Alkohol-Reihe aus dem
p-Cl4-Aldehyd (III) nach einem ähnlichen Reaktionsschema ist zwar bekannt, es war
jedoch nach den eingangs angeführten vielen vergeblichen Versuchen zur Synthese
des Axerophtens nicht voraussehbar, daß
man nun Axerophten erhalten
kann, das praktisch frei von der Retro-Verbindung ist.
-
Das Verfahren wird durch das Reaktionsschema näher erläutert:
Die Kondensation des ß-C14-Aldehyds (III) mit 3-Methylpenten-(2)-in-(4) (IV) wird
vorteilhaft so ausgeführt, daß man das saure Wasserstoffatom in der Verbindung der
Formel IV entweder durch Alkali oder den Rest -MgX ersetzt und die erhaltene metallorganische
Verbindung in üblicher Weise mit dem ß-Cl4-Aldehyd umsetzt (X steht für Halogen).
Als Lösungsmittel für diese Umsetzung eignen sich insbesondere Tetrahydrofuran und
Äther.
-
Als Katalysatoren für die partielle Hydrierung der Dreifachbindung
des D ehydroaxerophtens bzw. des 9-02',6',6'-Trimethylcyclohexen-(1 ')-yl-(t ')-3-3,7-dimethyl-6-oxynonadien-(2,7)-ins-(4)
sind vorzuOsweise mit Blei, Schwefelverbindungen oder auch Chinolin vergiftete Palladiumkatalysatoren
geeignet, insbesondere der sogenannte ^Lindlar.-Katalysator (vgl. Helm. Chim. Acta,
Bd. 35, 1952, S. 450). Als Lösungsmittel eignen sich dabei z. B. Tetrahydrofuran,
Methanol, Äthanol und Dioxan.
-
Die Dehydratisierung von 9-[2',6',6'-Trimethylcyclohexen-(1 ')-vl-(l')]-3,7-dimethyl-6-oxynonadien-(2,7)-in-(4)
zum 11,12-Dehydroaxerophten und die Dehydratisierung von 9-r,2',6',6'-Trimethvlcvelohexen-(t')-yl-(1')'-3,7-dimethylnonatrien-(2,4,7)
zum Axerophten wird zweckmäßig in Lösungsmitteln, wie Benzol, Toluol, Xylol oder
Isooctan, durch Behandeln mit den in der Polyenchemie gebräuchlichen Dehydratisierungsmitteln
durchgeführt, z. B. mit p-Toluolsulfonsäure, Jod, Phthalsäureanhydrid, Oxalsäure,
Essigsäureanhvdrid, Phenylisocyanaten, sauren Salzen und Erden, Halogenwasserstoffsäuren,
gegebenenfalls auch in Gegenwart organischer Basen, wie Pyridin oder Kollidin, mit
Phosphoroxychlorid, Phosphortribromid oder -chlorid oder Thionylchlorid.
-
Die Isolierung des erhaltenen 11 ,12-Dehydroaxerophtens bzw. Axerophtens
kann z. B. durch Hochvakuumdestillation, durch Verteilung zwischen Lösungsmitteln,
z. B. Petroläther und Methanol, oder durch Chromatographie erfolgen.
-
Das nach dem geschilderten Verfahren erhältliche Axerophten (Desoxyvitamin
A) fällt als Gemisch stereoisomerer Formen an, das sich nach den in der Vitamin-A-Chemie
üblichen Methoden, z. R. durch Behandeln mit Jod oder Säuren und bzw. oder Belichten,
zu anderen stereoisomeren Formen bzw. Stereoisomerengemischen umlagern läßt.
-
Das Axerophten (Stereoisomerengemisch) siedet bei Kp.0,01 = 140 bis
145°. Das reine all-trans-Axerophten bildet, aus Acetonitril umkristallisiert, gelbe
Kristalle vom Schmp. 769 und zeigt, in Tetrahydrofuran gelöst, ein starkes Ultraviolettabsorptionsmaximum
bei 325 (e = 50 000). Die Kurve deckt sich praktisch vollständig mit der des Standard-Vitamin-A-Acetats.
In Chloroformlösung gibt Axerophten mit Antimontrichlorid eine blauviolette Farbreaktion.
-
Das erfindungsgemäß hergestellte Axerophten ist eine biologisch hodiwirksame
Verbindung, die als Heilmittel dienen soll.
-
Die im Beispiel genannten Teile sind Gewichtsteile.
-
Beispiel Zu einer aus 26 Teilen Magnesium in üblicher Weise bereiteten
Lösung von Äthylmagnesiumbromid in 300 Teilen absolutem Tetrahydrofuran läßt man
bei 40" unter Rühren und Kühlung 80 Teile 3-Methylpenten-(2)-in-(4) eintropfen.
Nach 4 Stunden Rühren bei 40 kühlt
man die Mischung auf Zimmertemperatur
ab, fügt unter Kühlung und Rühren 190 Teile 4-[2',6',6'-Trimethylcyclohexen-(l ')-yl-(l
')]-2-methylbuteni2)-al-(1) tropfenweise hinzu und rührt das Gemisch 8 Stunden bei
Zimmertemperatur. Das nunmehr breiige Reaktionsgemisch gießt man auf ein Gemisch
aus Eis und überschüssiger Phosphorsäure und extrahiert es mit Äther. Die hellgelbe
Ätherlösung wird mit Wasser gewaschen, über Natriumsulfat getrocknet und im Vakuum
vom Lösungsmittel befreit. Der erhaltene zähe, gelbbraune Rückstand (225Teile) zeigt
0,95 aktive Wasserstoffatome und im Ultraviolettabsorptionsspekfrum ein #max bei
225 mµ, (£ = 10 000, in Methanol gemessen); er besteht überwiegend aus 9-F2',6',6'-Trimethylcyclohexen-(l')-yl-(l')]-3,7-dimethyl-6-oxynonadien-(2,7)-in-(4).
(V).
-
Ohne weitere Reinigung löst man die erhaltenen 255 Teile in 1000
Teilen absolutem Toluol und läßt unter Rühren ein Gemisch von 150 Teilen Pyridin
und 150 Teilen Phosphoroxychlorid ziemlich schnell hinzutropfen. Die Temperatur
steigt dabei bis auf 95°. Man rührt die Mischung 30 Minuten bei etwa 950, gießt
dann das noch warme Gemisch auf Eis und überschüssige 100!0ige Phosphorsäure und
extrahiert das gebildete 11,12-Dehydroaxerophten mit Petroläther. Nach dem Waschen
mit Wasser wird die Petrolätherlösung über Natriumsulfat getrocknet, der Petroläther
abdestilliert und der Rückstand im Hochvakuum fraktioniert destilliert. Bei 0,005
Torr und 128 bis 130 gehen 110 Teile 11,12-Dehydroaxerophten über [#max = 317 bis
318 mp, e = 31 000 (in Tetrahydrofuran gemessen). Mit Antimontrichlorid in Chloroform
erhält man eine violettblaue Färbung.
-
Zur Umwandlung in Axerophten werden 100 Teile des erhaltenen Dehydroaxerophtens
in 500 Teilen absolutem Tetrahydrofuran gelöst und nach Zugabe von 30 Teilen »Lindlars
atalysator (Helv. Chim. Acta, Bd. 35, 1952,
S. 450) mit Wasserstoff geschüttelt.
Nach Aufnahme von 9000 cm3 Wasserstoff findet praktisch keine weitere Aufnahme mehr
statt. Die Lösung wird nun vom Katalysator abfiltriert, das Filtrat im Vakuum eingedunstet
und der Rückstand destilliert, wobei 81 Teile Axerophten als Stereoisomerengemisch
vom Siedepunkt KpjoXls= 143 bis 148°, Ultraviolettabsorptionsmaxima bei #max = 323
bis 325 mp, e = 41 000 (in Tetrahydrofuran gemessen) erhalten werden. Das Destillat
wird mit der gleichen Menge Äthylformiat versetzt und 48 Stunden bei -70° gerührt.
-
Dabei fällt das all-trans-Axerophten teilweise kristallin aus. Es
wird abgesaugt und aus Acetonitril umkristallisiert, wobei 11 Teile vom Schmp. 76°,
Ultraviolettabsorptionsmaxima bei Amaz = 325 mµ, # = 50 000 (in Tetrahydrofuran
gemessen) erhalten werden.