-
GEBIET DER ERFINDUNG
-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Dekontaminieren einer Metalloberfläche, die während des Betriebs einer kerntechnischen Anlage einem radioaktiven Fluid ausgesetzt ist. Insbesondere betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Dekontaminieren einer Metalloberfläche, die sich innerhalb einer Komponente der kerntechnischen Anlage befindet, insbesondere in einem Kühlmittelkreislauf eines Kernreaktors für ein Kernkraftwerk, wobei die Metalloberfläche mit einer Metalloxidschicht bedeckt ist, die radioaktive Stoffe enthält.
-
TECHNISCHER HINTERGRUND
-
Kernreaktoren umfassen einen Reaktorbehälter, in dem Kernbrennstoff enthaltende Brennelemente angeordnet sind. Am Reaktorbehälter ist ein den Kühlmittelkreislauf bildendes Röhrensystem angeschlossen, das mit wenigstens einer Kühlmittelpumpe und, im Falle eines Druckwasserreaktors (DWR) oder Schwerwasserreaktors, mit einem Dampferzeuger verbunden ist.
-
Das Röhrensystem des Kühlmittelkreislaufs besteht üblicherweise aus rostfreien austenitischen FeCrNi-Stählen. Die Wärmeaustauscheroberflächen der Dampferzeuger können aus Ni-Legierungen gebildet sein. Für Kühlmittelpumpen und andere Bauteile werden ferner Kobaltstähle und/oder Gusswerkstoffe verwendet. Unter den Bedingungen des Leistungsbetriebes eines Kernreaktors zeigen alle diese Werkstoffe eine gewisse Löslichkeit in Wasser. Aus den Legierungen herausgelöste Metallionen gelangen mit dem Kühlmittelstrom zum Reaktorbehälter, wo sie durch die dort herrschende Neutronenstrahlung teilweise in radioaktive Nuklide umgewandelt werden. Die Nuklide werden wiederum vom Kühlmittelstrom im gesamten Kühlmittelsystem verteilt und lagern sich in Oxidschichten ein, die sich während des Betriebs des Kernreaktors auf den Metalloberflächen des Kühlmittelsystems bilden.
-
Mit zunehmender Betriebsdauer summiert sich die Menge der abgelagerten aktivierten Nuklide, so dass die Radioaktivität bzw. die Dosisleistung an den Bauteilen des Kühlmittelsystems zunimmt. Die Oxidschichten enthalten je nach Art der für ein Bauteil verwendeten Legierung als Hauptbestandteil Eisenoxid mit zwei- und dreiwertigem Eisen, sowie Oxide anderer Metalle wie Chrom und Nickel, die als Legierungsbestandteile vorhanden sein können.
-
Bevor Kontroll-, Wartungs-, Reparatur- oder Rückbaumaßnahmen an den Bauteilen der Reaktorsysteme vorgenommen werden können, ist eine Reduzierung der radioaktiven Strahlung der jeweiligen Bauteile bzw. Komponenten gemäß dem ALARA-Prinzip („as low as reasonably achievable“) erforderlich, um die Strahlungsbelastung des Personals zu verringern. Dies geschieht dadurch, dass die auf den Oberflächen der Bauteile vorhandene Oxidschicht mittels eines Dekontaminationsverfahrens möglichst vollständig entfernt wird. Die Dekontamination kann als vollständige Anlagendekontamination (Full System Decontamination - FSD) oder als eine Anlagendekontamination im Großmaßstab, einschließlich einer Teilsystem- oder Komponentendekontamination, durchgeführt werden. Dazu wird entweder das gesamte Kühlmittelsystem oder ein durch Ventile abgetrennter Teil des Systems mit einer wässrigen Reinigungslösung gefüllt und dekontaminiert.
-
Aus der
EP 1 220 233 B1 ist ein chemisches Dekontaminationsverfahren bekannt, bei dem eine an einem kontaminierten Bauteil anhaftende Oxidschicht aufgelöst wird. Zur Durchführung des Dekontaminationsverfahrens wird eine Dekontaminationslösung bereitgestellt, die eine organische Säure wie beispielsweise Oxalsäure enthält. Die Dekontaminationslösung wird elektrolytisch behandelt, um Eisen(III)-Ionen in der Dekontaminationslösung kathodisch zu Eisen(II)-Ionen zu reduzieren und/oder Eisen(II)-Ionen anodisch unter Bildung von Eisen(III)-Ionen zu oxidieren. Die Wertigkeit und die Konzentration der Eisenionen werden so eingestellt, dass das Korrosionspotential des Bauteils aus rostfreiem Stahl in einem passivierten Zustand bleibt, um einen Grundmetallangriff und eine Korrosion des Bauteils zu verhindern.
-
Aus der
US 6,613,153 B1 ist ein Dekontaminationsverfahren bekannt, bei dem zunächst eine Oxidschicht mithilfe einer Dekontaminationslösung von einem Metallteil vollständig entfernt wird. Bei diesem Dekontaminationsschritt beträgt das Korrosionspotential etwa 200 mV gegenüber einer gesättigten Silber/Silberchlorid-Bezugselektrode, sodass kein Grundmetallangriff stattfindet. Danach werden durch UV-Behandlung die in der Dekontaminationslösung vorhandenen Eisen(III)-Komplexe zersetzt und aus der Lösung entfernt, wobei Eisen(III) zu Eisen(II) reduziert wird. Durch die Entfernung der Eisen(III)-Ionen aus der Dekontaminationslösung sinkt das Korrosionspotential der Lösung auf etwa -300 mV, sodass ein Grundmetallangriff stattfinden kann. Durch den Grundmetallangriff wird eine Radionuklide enthaltende Metallschicht von dem Metallteil entfernt. Durch Zugabe eines Oxidationsmittels wie beispielsweise Wasserstoffperoxid kann das Korrosionspotential wieder auf etwa 200 mV erhöht und der Grundmetallangriff gestoppt werden.
-
Die
US 6,169,221 B1 beschreibt ein Dekontaminationsverfahren, bei dem eine radioaktiv kontaminierte Metallschicht mit einer Dekontaminationslösung behandelt wird, die eine organische Säure und ein Oxidationsmittel enthält. Die Dekontaminationslösung wird mit der kontaminierten Metallschicht bei einem pH-Wert von bis zu 4,5 umgesetzt. Danach werden die in der Lösung enthaltenen Metallionen und radioaktiven Stoffe ausgefällt und von der Lösung abgetrennt. Als organische Säure können Ameisensäure, Essigsäure, Trifluoressigsäure, Zitronensäure oder Oxalsäure verwendet werden. Das Oxidationsmittel kann Wasserstoffperoxid sein.
-
Die bekannten Dekontaminationsverfahren eignen sich gut zur Dekontamination von Bauteilen des Kühlmittelsystems eines Kernkraftwerks in separaten Dekontaminationsbehältern. Im Falle einer vollständigen Anlagendekontamination (FSD) oder einer Dekontamination im Großmaßstab sind wegen der hohen Volumina der zu behandelnden Systeme im Vergleich zur verfügbaren kraftwerkseigenen lonenaustauscherkapazität sehr lange Behandlungszeiten erforderlich. Üblicherweise werden in diesem Fall daher zusätzliche Ionenaustauscher und andere Komponenten in Form von temporären, externen Dekontaminationseinrichtungen verwendet. Aus Kostengründen ist aber gewünscht, dass auch die Dekontamination der vollständigen Kühlmittelsysteme mit geringem Überwachungsaufwand und mit kraftwerkseigenen Mitteln ohne Einsatz von zusätzlichen externen Ionenaustauschern durchgeführt werden kann.
-
Bei der Dekontamination einzelner Kraftwerksanlagen wurde außerdem festgestellt, dass im Verlauf des Dekontaminationsschrittes ein unerwarteter sprunghafter Anstieg des loneneintrags in die Dekontaminationslösung auftrat, der zu einer vorschnellen Erschöpfung der Kapazität von kraftwerkseigenen lonentauscheranlagen führte. Darüberhinaus kann die Oxidschicht in einem solchen Fall an einigen Stellen abplatzen und die darunterliegende Metalloberfläche freilegen. Die freiliegende Metalloberfläche ist dann einer unerwünschten Korrosion durch Grundmetallangriff ausgesetzt, wodurch der Eintrag von Metallionen in die Dekontaminationslösung zusätzlich beschleunigt wird. Die von der Metalloberfläche abgelösten Oxidflocken können sich unter Bildung von sogenannten „Hotspots“ mit erhöhter Radioaktivität in strömungsarmen Zonen des Kühlmittelsystems ansammeln, die nur mit erheblichem Zusatzaufwand aus dem Kühlmittelsystem entfernt werden können und eine Gefahr für das Betriebspersonal darstellen.
-
Ein zu schneller Anstieg der Metallionenkonzentration in der Dekontaminationslösung kann außerdem dazu führen, dass die Löslichkeitsgrenze von schwerlöslichen Salzen bei der Prozesstemperatur überschritten wird und sich Niederschläge in der Dekontaminationslösung bilden, in denen sich die in der Dekontaminationslösung vorhandenen radioaktiven Stoffe anreichern können. Diese radioaktiv kontaminierten Niederschläge können sich ebenfalls an den strömungsberuhigten Stellen im Kühlmittelsystem unter Bildung von radioaktiven „Hot Spots“ ansammeln und ablagern.
-
Aufgabe der Erfindung ist es somit, ein Verfahren zum Dekontaminieren einer Metalloberfläche in einer kerntechnischen Anlage bereitzustellen, insbesondere einer Metalloberfläche im Kühlmittelkreislauf eines Kernkraftwerks und der angeschlossenen Hilfssysteme, das eine verlässliche Prozesssteuerung auch bei großen Systemvolumen ermöglicht, insbesondere im Zusammenhang mit einer Anlagendekontamination im Großmaßstab oder einer vollständigen Anlagendekontamination (FSD), und das es ermöglicht, die Dekontamination weitgehend unter Verwendung von anlageneigenen Ionenaustauschern und anderen Komponenten durchzuführen.
-
Zur Lösung der Aufgabe wird ein Verfahren zum Dekontaminieren einer Metalloberfläche bereitgestellt, wobei sich die Metalloberfläche auf einer Komponente innerhalb einer kerntechnischen Anlage, befindet, insbesondere innerhalb des Kühlsystems eines Kernkraftwerks, wobei die Metalloberfläche mit einer Metalloxidschicht bedeckt ist, die radioaktive Stoffe enthält, und wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- a) einen Oxidationsschritt, bei dem die Metalloxidschicht mit einer wässrigen Oxidationslösung in Kontakt gebracht wird, die ein Oxidationsmittel umfasst;
- b) einen Dekontaminationsschritt, wobei die im Oxidationsschritt behandelte Metalloxidschicht mit einer wässrigen Lösung einer organischen Säure mit bis zu sechs Kohlenstoffatomen in Kontakt gebracht wird, um die Metalloxidschicht unter Bildung einer Dekontaminationslösung zu lösen, welche die organische Säure sowie Metallionen und die radioaktiven Stoffe enthält, und wobei die Dekontaminationslösung über einen Ionenaustauscher geleitet wird, um die Metallionen und die radioaktiven Stoffe zu immobilisieren;
wobei in Schritt b) ein Oxidationsmittel aus der aus Sauerstoff, Luft, Wasserstoffperoxid und Ozon bestehenden Gruppe in die Dekontaminationslösung dosiert wird.
-
Die Erfinder haben erkannt, dass der sprunghafte Anstieg des Metallioneneintrags aus der Metalloxidschicht während des Dekontaminationsschritts während einer Anlagendekontamination im Großmaßstab auf eine Sauerstoffabreicherung in der Dekontaminationslösung zurückzuführen ist. Die in der Dekontaminationslösung vorhandenen Eisen(II)-Ionen reagieren mit Sauerstoff zu Eisen(III)-Ionen, die von der in der Dekontaminationslösung enthaltenen organischen Säure wiederum zu Eisen(II)-Ionen reduziert werden. Im Ergebnis erfolgt somit eine katalytische Oxidation der organischen Säure durch Sauerstoff.
-
Aufgrund der hohen Systemvolumina sind bei einer Anlagendekontamination im Großmaßstab wie beispielsweise einer vollständigen Anlagendekontamination (FSD) sehr lange Behandlungszeiten erforderlich. Diese reichen dazu aus, dass die sehr langsam ablaufende katalytische Oxidation der organischen Säure zu einer vollständigen Umsetzung des in der Dekontaminationslösung enthaltenen Sauerstoffs führt.
-
Überraschenderweise konnte ferner gezeigt werden, dass die Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht mit einem abnehmenden Sauerstoffgehalt der Dekontaminationslösung zunimmt. Somit konnte das sprunghafte Ansteigen des Metallioneneintrags in die Dekontaminationslösung mit der Sauerstoffabreicherung in Verbindung gebracht werden.
-
Erfindungsgemäß wird daher vorgeschlagen, schon während des Dekontaminationsschrittes ein Oxidationsmittel in die Dekontaminationslösung einzubringen, um dadurch die während der langen Zykluszeiten des Dekontaminationsschrittes auftretende Verarmung von Sauerstoff in der Dekontaminationslösung auszugleichen, und um insbesondere die Auflösungsgeschwindigkeit der Oxidschicht zu steuern und unter einem anlagenspezifischen Grenzwert zu halten. Die Steuerung der Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht ermöglicht den Einsatz der kraftwerkseigenen lonenaustauscheranlagen ohne Rückgriff auf externe lonentauscher. Die durch den Oxidationsmittelzusatz verringerte lonenfracht in der Dekontaminationslösung führt außerdem dazu, dass die Löslichkeit der aus der Metalloxidschicht freigesetzten Metallionen in der Dekontaminationslösung nicht überschritten wird.
-
Das zugesetzte Oxidationsmittel ist erfindungsgemäß aus der Gruppe ausgewählt, die aus Sauerstoff, Luft, Wasserstoffperoxid und Ozon besteht. Diese Oxidationsmittel erzeugen keinen sekundären Abfall, sodass keine zusätzlichen radioaktiven Stoffe entsorgt werden müssen.
-
Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Dekontaminationsverfahrens liegt darin, dass die Entfernung von Nickel(II)-Ionen aus der Dekontaminationslösung bevorzugt und selektiv gegenüber den in der Dekontaminationslösung enthaltenen Eisenionen erfolgen kann. Dies wird dadurch erreicht, dass das Oxidationsmittel die in der Dekontaminationslösung enthaltenen Eisen(II)-Ionen zu Eisen(III)-Ionen oxidiert, die wiederum anionische Komplexe mit der organischen Säure bilden und deshalb nicht mit den Nickel(II)-Kationen um freie Plätze an dem lonenaustauschermaterial konkurrieren. Die bevorzugte Entfernung der Nickelionen gewährleistet, dass die Löslichkeitsgrenze von schwerlöslichen Nickelsalzen, wie beispielsweise des schwerlöslichen Nickeloxalats, bei den üblichen Prozesstemperaturen nicht überschritten wird und damit keine unerwünschten Niederschläge in der Dekontaminationslösung auftreten können.
-
Die Steuerung der Oxidauflösungsgeschwindigkeit durch das Dosieren des Oxidationsmittels bewirkt ferner, dass weniger Nickel pro Zeiteinheit in die Dekontaminationslösung eintritt, wodurch auch die Konzentration der Nickelionen in der Dekontaminationslösung niedrig bleibt.
-
Das Dosieren des Oxidationsmittels und die Auflösungsgeschwindigkeit der Oxidschicht kann mit kraftwerkseigenen Mitteln gesteuert und überwacht werden. Damit ist auch die Durchführung einer vollständigen Anlagendekontamination ohne aufwendige externe Prozesssteuerung möglich. Die Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht kann empirisch einem physikalischen oder elektrochemischen Parameter der Dekontaminationslösung zugeordnet werden, wie beispielsweise dem Reduktions-Oxidationspotential, dem Korrosionspotential, dem Gesamtsauerstoffgehalt der Lösung und/oder der Leitfähigkeit. Damit kann die Prozessführung indirekt überwacht und die Oxidationsmittelzugabe zur Dekontaminationslösung mit einfachen Mitteln gesteuert werden.
-
Schließlich können mit dem erfindungsgemäßen Dekontaminationsverfahren auch bei einer Anlagendekontamination im Großmaßstab weiterhin Oxalsäure und andere aliphatische Mono- und Polycarbonsäuren als Dekontaminationsmittel eingesetzt werden. Aliphatische Carbonsäuren wie Oxalsäure haben sich als sehr sichere und wenig toxische Dekontaminationsmittel bewährt, die nahezu abfallfrei unter Bildung von Kohlendioxid und Wasser aus dem Dekontaminationskreislauf entfernt werden können und somit zur Vermeidung von radioaktivem Sekundärabfall beitragen.
-
Figurenliste
-
Weitere Vorteile und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von bevorzugten Ausführungsformen in Verbindung mit der beigefügten Zeichnung. In der Zeichnung zeigen:
- - 1 eine schematische Darstellung des Kühlmittelsystems eines Kernreaktors;
- - 2 eine Darstellung des Verlaufs des Korrosionspotentials und des Gesamteisengehalts der Dekontaminationslösung während eines Behandlungszyklus ohne Oxidationsmittelzugabe;
- - 3 eine Darstellung des Verlaufs des Korrosionspotentials und des Gesamteisengehalts der Dekontaminationslösung während eines Behandlungszyklus mit Oxidationsmittelzugabe; und
- - 4 eine schematische Darstellung eines Versuchsaufbaus zur Messung der Auflösungsgeschwindigkeit von Eisenoxid in Oxalsäure.
-
AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG
-
Mit dem erfindungsgemäßen Dekontaminationsverfahren werden radioaktiv kontaminierte Oxidschichten zuverlässig von den Metalloberflächen entfernt, die sich auf Komponenten einer kerntechnischen Anlage befinden, insbesondere im Kühlmittelsystem eines Kernreaktors, ohne die Metalloberflächen selbst anzugreifen.
-
Das erfindungsgemäße Dekontaminationsverfahren kann auf alle kerntechnischen Anlagen angewendet werden, die während des Betriebs des Anlage einem Kontakt mit radioaktiven Fluiden, insbesondere Gasen und Flüssigkeiten, ausgesetzt sind. Kerntechnische Anlage in diesem Sinne sind insbesondere Brennelementaufbereitungsanlagen und Kernkraftwerke.
-
Die nachfolgende Beschreibung des erfindungsgemäßen Verfahrens bezieht sich auf die Dekontamination von Metalloberflächen im Kühlmittelsystem eines Kernkraftwerks, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein. 1 zeigt schematisch das Kühlmittelsystem 10 eines Kernreaktors für ein Kernkraftwerk, in welchem das Primärkühlmittel durch den an den Kühlmittelkreislauf 12 angeschlossenen Reaktordruckbehälter 14 und den Dampferzeuger 16 zirkuliert wird. Im Kühlmittelkreislauf 12 ist die Hauptkühlmittelpumpe 18 vorgesehen, die zur Zirkulation des Primärkühlmittels und/oder der Dekontaminationslösung im Dekontaminationsschritt dient. Anstelle einer Hauptkühlmittelpumpe 18 können auch mehrere Hauptkühlmittelpumpen betrieben werden.
-
An den Kühlmittelkreislauf 12 ist ferner das Not- und Nachkühlsystem 20 mit den jeweiligen Pumpen (nicht gezeigt) angeschlossen. Desweiteren umfasst das Kühlmittelsystem 10 ein Volumenregelsystem 22 und ein Reaktorwasser-Reinigungssystem 24, die ebenfalls an den Kühlmittelkreislauf angeschlossen sind.
-
Die von den Kühlmittelpumpen 18 erzeugte Abwärme kann dazu genutzt werden, die Dekontaminationslösung auf die gewünschte Reaktionstemperatur zu bringen.
-
Obwohl in 1 nur eine Schleife des Kühlmittelkreislaufs 12 gezeigt ist, kann davon ausgegangen werden, dass das erfindungsgemäße Dekontaminationsverfahren auch bei Kernreaktoren angewendet werden kann, die ein Kühlmittelsystem mit zwei oder mehr Schleifen des Kühlmittelkreislaufs 12 aufweisen.
-
Der Kernreaktor kann insbesondere als ein Druckwasserreaktor, ein Siedewasserreaktor oder ein Schwerwasserreaktor gebaut sein.
-
An den Kühlmittelkreislauf 12 und/oder das Not- und Nachkühlsystem 20 kann ferner eine externe Dekontaminationsanlage 26 angeschlossen sein. Die Dekontaminationsanlage 26 ist bevorzugt modular aufgebaut und kann einen UV-Reaktor, eine oder mehrere Pumpen, Heizungen, Ionenaustauscher, Filter, Probennahmesysteme, Überwachungseinrichtungen, Fernzugriffs- und Automatisierungssysteme sowie chemische Dosiersysteme aufweisen.
-
Der UV-Reaktor ist zur photokatalytischen Zersetzung der organischen Säure bevorzugt während eines sich an den Dekontaminationsschritt anschließenden Reinigungsschrittes vorgesehen. Die Probennahmesysteme dienen während der Behandlungszyklen zur Prozessteuerung. Mit den Filtereinrichtungen kann wahlweise eine mechanische Filterung der Dekontaminationslösung durchgeführt werden.
-
Die externe Dekontaminationsanlage 26 kann an verschiedene Komponenten und an verschiedene Stellen des Kühlmittelsystems angeschlossen werden, je nach der Auslegung der externen Dekontaminationsanlage und der Konfiguration des zu dekontaminierenden Kühlmittelsystems oder dessen Komponenten.
-
Die in 1 gezeigte Konfiguration des Kühlmittelsystems 10 ist variabel und mit Bezug auf die vorliegende Erfindung nicht in einem einschränkenden Sinn zu verstehen.
-
Das erfindungsgemäße Dekontaminationsverfahren eignet sich bevorzugt zur Anlagendekontamination im Großmaßstab. Gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung umfasst die zu dekontaminierende Komponente des Kühlmittelsystems somit wenigstens die Rohrleitungen für das Primärkühlmittel, den Reaktordruckbehälter, die Kühlmittelpumpen, den Dampferzeuger, der Druckminderungsanlage und/oder die an das Kühlmittelsystem angeschlossenen Hilfssysteme wie das Not- und Nachkühlsystem, das Volumenregelsystem oder das Reaktorwasser-Reinigungssystem, oder mehrere der genannten Komponenten.
-
Besonders bevorzugt wird das erfindungsgemäße Dekontaminationsverfahren zur vollständigen Anlagendekontamination (FSD; full system decontamination) eingesetzt, bei der die radioaktiv kontaminierte Oxidschicht von den Metalloberflächen aller Komponenten des Kühlmittelsystems entfernt wird, die im Leistungsbetrieb des Kernreaktors in Kontakt mit dem Primärkühlmittel stehen.
-
Im Sinne der Erfindung ist eine Anlagendekontamination im Großmaßstab ab einem Systemvolumen von 15 m3, vorzugsweise von 30 m3 und/oder einer zu dekontaminierenden Systemoberfläche von 500 m2, vorzugsweise 1000 m2 gegeben. Bei Systemvolumen und Systemoberflächen ab dieser Größenordnung ist während des Dekontaminationsschrittes mit einer Sauerstoffverarmung der Dekontaminationslösung zu rechnen, die nicht mehr zuverlässig durch Umgebungseinflüsse ausgeglichen werden kann.
-
Besonders bevorzugt beträgt das zu dekontaminierende Systemvolumen wenigstens 90 m3. Die Systemvolumina bei einer vollständigen Anlagendekontamination (FSD) können aber auch 300 m3 und mehr betragen.
-
Die im Dekontaminationsschritt zur Immobilisierung der Metallionen und radioaktiven Stoffe eingesetzten Ionenaustauscher weisen bei einer Anlagendekontamination im Großmaßstab oder vollständigen Anlagendekontamination (FSD) bevorzugt eine Durchflusskapazität von mindestens 10% des gesamten zu dekontaminierenden Systemvolumens pro Stunde auf, besonders bevorzugt eine Durchflusskapazität von mindestens 10 bis 20% des gesamten Systemvolumens pro Stunde. Ganz besonders bevorzugt werden im Dekontaminationsschritt nur die kraftwerkseigenen Ionenaustauscher des Reaktorwasserreinigungssystems verwendet.
-
Durch Zuschalten einer externen Behandlungsanlage kann die Durchflusskapazität der Ionenaustauscher auf mehr als 30% des gesamten Systemvolumens pro Stunde gesteigert werden, vorzugsweise auf mehr als 100% des gesamten Systemvolumens pro Stunde. Die zusätzliche Verwendung der externen Dekontaminationsanlage kann die Dauer des Dekontaminationsschritts erheblich verkürzen, führt aber zu einem technisch höheren Aufwand und zu höheren Kosten.
-
Die Durchflusskapazität der Ionenaustauscher bezeichnet den Volumendurchsatz an Dekontaminationslösung pro Stunde.
-
Je kleiner die im Dekontaminationsschritt zur Verfügung stehende Durchflusskapazität der Ionenaustauscher bei einem gegebenen Systemvolumen ist, desto mehr Oxidationsmittel wird in die Dekontaminationslösung dosiert, um die Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht zu verlangsamen, und die Menge der in die Dekontaminationslösung eingetragenen Metallionen an die verfügbare Durchflusskapazität der Ionenaustauscher anzupassen.
-
Das Verhältnis der Durchflusskapazität der Ionenaustauscher zu dem zu dekontaminierenden Systemvolumen wird als Reinigungsrate bezeichnet. Bevorzugt liegt die Reinigungsrate während des Dekontaminationsschrittes in einem Bereich von zwischen 0,1 h-1 und 0,7 h-1. Die Reinigungsrate kann ebenfalls als ein Maß für die Menge an Oxidationsmittel herangezogen werden, das während des Dekontaminationsschritts in die Dekontaminationslösung dosiert wird.
-
Die Dekontamination der mit einer Oxidschicht belegten Metalloberfläche der Komponenten im Kühlmittelsystem 10 kann in einem oder mehreren Behandlungszyklen erfolgen, die mindestens einen Oxidationsschritt, einen Dekontaminationsschritt und wahlweise einen Reinigungsschritt und/oder weitere Behandlungsschritte umfassen.
-
Im Folgenden sind die einzelnen Schritte des erfindungsgemäßen Dekontaminationsverfahrens näher erläutert.
-
Oxidationsschritt
-
Schritt a) des erfindungsgemäßen Dekontaminationsverfahrens entspricht einem Oxidationsschritt der im Stand der Technik bekannten Anwendungen, durch den die schwerlösliche Metalloxidschicht oxidativ vorbehandelt und aufgeschlossen wird. In diesem Schritt findet keine nennenswerte Auflösung der Metalloxidschicht statt. Lediglich das in der Metalloxidschicht vorhandene Chrom und eine kleinere Menge anderer Metalle gehen in die Oxidationslösung über. Insbesondere das in der Metalloxidschicht vorliegende Eisen wird im Oxidationsschritt nicht aufgelöst, sondern nur in der festen Phase zu dreiwertigem Eisen aufoxidiert.
-
Zur Durchführung des Oxidationsschritts wird ein Oxidationsmittel unter Bildung einer Oxidationslösung in das Primärkühlmittel im Kühlmittelkreislauf 12 eingebracht, und die Oxidationslösung wird im Kühlmittelkreislauf 12 zirkuliert, um die Oxidationslösung in Kontakt mit der Metalloberfläche zu bringen. Das Einspeisen des Oxidationsmittels in das Primärkühlmittel kann unter Verwendung der externen Dekontaminationsanlage 26 oder des kraftwerkseigenen Volumenkontrollsystems 22 erfolgen.
-
Für die Umwälzung der Oxidationslösung können wenigstens die Hauptkühlmittelpumpe 18 und/oder weitere im Kühlmittelsystem 10 vorhandene Kühlmittelpumpen verwendet werden, die gleichzeitig als Wärmequelle dienen.
-
Als Oxidationsmittel können Ce4+, Permanganate wie Permangansäure und deren Alkalimetallsalze, H2S2O8, und deren Salze oder Ozon (O3) verwendet werden. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist das Oxidationsmittel ein Permanganat, vorzugsweise Permangansäure. Permanganate sind leicht verfügbar und als Oxidationsmittel für Dekontaminationsverfahren technisch bereits erprobt.
-
Die Konzentration des Oxidationsmittels in der Oxidationslösung liegt vorzugsweise in einem Bereich zwischen 10 und 800 mg/l, bevorzugt in einem Bereich von 100 bis 300 mg/l.
-
Die auf der Metalloberfläche abgelagerten Oxidschichten enthalten üblicherweise Cr(III), Fe(ll) und Fe(III) sowie Ni(ll) in einer schwerlöslichen Spinellstruktur. Durch den Kontakt mit dem Oxidationsmittel werden Cr(III) und Fe(II) in der Oxidschicht auf der Metalloberfläche zu Cr(VI) und Fe(III) oxidiert und dadurch die Spinellstruktur der Schicht aufgebrochen. Als Oxidationsmittel eingesetztes Permanganat (MnO4 -) wird dabei zu Braunstein (MnO2) reduziert. Während Cr(VI) in dieser Phase als leicht lösliches Chromat in Lösung geht, bleiben Fe(III) und Ni(ll) größtenteils als Oxidhydrat auf der Metalloberfläche zurück.
-
Der Oxidationsschritt ist ein diffusionskontrollierter Prozess, der durch den Transport von frischem Oxidationsmittel zur Metalloberfläche limitiert ist und dadurch nur eine bestimmte Oxidschichtdicke aufschließen kann. Bei Verwendung von Permanganat wird die Diffusion des Oxidationsmittels zur Metalloberfläche zusätzlich durch die Bildung von Braunstein auf der Oberfläche mit fortlaufender Oxidationszeit langsamer. Dies hat eine kontinuierliche Abnahme der Cr(VI)-Bildung mit der Behandlungszeit zur Folge, bis hin zu einer Stabilisierung der Gesamtmenge an aus der Oxidschicht ausgetragenem Chrom. Der Oxidationsschritt dauert üblicherweise mehrere Stunden und ist abgeschlossen, wenn nur noch ein geringfügiger oder kein Anstieg der Cr(VI)-Konzentration in der Oxidationslösung mehr festgestellt werden kann.
-
Reduktionsschritt
-
An den Oxidationsschritt kann sich im erfindungsgemäßen Dekontaminationsverfahren wahlweise ein Reduktionsschritt anschließen, in dem ein Reduktionsmittel in die Oxidationslösung eingebracht und der in der Oxidationslösung enthaltene Rest an Oxidationsmittel und wahlweise der bei Verwendung von Permanganat gebildete Braunstein im Kühlmittelkreislauf 12 reduziert wird. Als Reduktionsmittel kann unter anderem eine aliphatische Dicarbonsäure, bevorzugt Oxalsäure, eingesetzt werden.
-
Bei Verwendung von Oxalsäure als Reduktionsmittel lauten die allgemeinen Reaktionsgleichungen wie folgt:
2 MnO4 - + 5 H2C2O4 + 6 H+ → 2 Mn2+ + 10 CO2 + 8 H2O
MnO2 + H2C2O4 + 2 H+ → Mn2+ + 2 CO2 + 2 H2O
-
Die Reduktion mit Oxalsäure liefert ausschließlich CO2 und H2O, wobei pro Mol Permanganat fünf Mol CO2 und pro Mol Braunstein zwei Mol CO2 entstehen. Das im Reduktionsschritt entstehende CO2 kann beispielsweise in einem Ausgleichsbehälter der externen Dekontaminationsanlage 26 oder in einem Niederdruckbereich des Kühlmittelkreislaufs 12 durch Entgasen der Oxidationslösung entfernt und von dort über einen entsprechenden Filter der betrieblichen Abluft des Kernkraftwerks zugeführt werden.
-
Vorzugsweise wird das Reduktionsmittel im geringfügigen Überschuss verwendet, um die vollständige Umsetzung des Oxidationsmittels sicherzustellen. Eine Auflösung der Metalloxidschicht findet im Reduktionsschritt noch nicht statt.
-
Der Reduktionsschritt ist beendet, sobald die Konzentration des Oxidationsmittels nicht mehr weiter abnimmt und/oder unter einen vorbestimmten Grenzwert gefallen ist. Bevorzugt liegt die Konzentration des Oxidationsmittels in der Oxidationslösung am Ende des Reduktionsschritts unterhalb von 5 mg/kg.
-
Der Reduktionsschritt kann entfallen, wenn der Oxidationsschritt durch eine gezielte Dosierung des Oxidationsmittels so gesteuert wird, dass am Ende des Oxidationsschrittes die Konzentration des Oxidationsmittels unterhalb des gewünschten Grenzwertes liegt.
-
Dekontaminationsschritt
-
In dem an den Oxidationsschritt oder wahlweise den Reduktionsschritt anschließenden Dekontaminationsschritt wird die im Oxidationsschritt behandelte Oxidschicht auf der Metalloberfläche mit einer organischen Säure als Dekontaminationsmittel in Kontakt gebracht, um zumindest einen Teil der Metalloxide und radioaktiven Stoffe unter Bildung einer Dekontaminationslösung im Primärkühlmittel zu lösen.
-
Als organische Säure mit bis zu sechs Kohlenstoffatomen wird bevorzugt eine aliphatische organische Säure mit bis zu einer Säuregruppe pro Kohlenstoffatom eingesetzt. Besonders bevorzugt sind aliphatische Mono- und Polycarbonsäuren, insbesondere Dicarbonsäuren und Tricarbonsäuren. Der Übergang zwischen Reduktionsschritt und Dekontaminationsschritt im Kühlmittelkreislauf 12 kann daher fließend sein. Eine gleichzeitige Durchführung des Oxidationsschrittes und des Dekontaminationsschrittes ist jedoch nicht vorgesehen.
-
Als Monocarbonsäure können Ameisensäure oder Glyoxylsäure und deren Alkalimetallsalze verwendet werden. Die aliphatische Polycarbonsäure ist bevorzugt aus Gruppe der linearen aliphatischen Dicarbonsäuren mit 2 bis 6 Kohlenstoffatomen sowie der aliphatischen Tricarbonsäuren ausgewählt. Als aliphatische Tricarbonsäure kann insbesondere Zitronensäure verwendet werden.
-
Aliphatische organische Säuren mit bis zu sechs Säuregruppen umfassen ferner C1-C6-Sulfonsäuren, bevorzugt Methylsulfonsäure. Die Verwendung von Methylsulfonsäure als Dekontaminationsmittel ist in der
EP 2 787 509 B1 beschrieben.
-
Die organischen Säuren können einzeln oder als Gemisch verwendet werden Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform umfasst oder besteht die organische Säure aus Oxalsäure.
-
Besonders bevorzugt wird eine wässrige Lösung der organischen Säure, insbesondere Oxalsäure, mit einer Konzentration von 25 bis 150 g/L als Konzentrat zur Dosierung verwendet und dem Primärkühlmittel unter Bildung der Dekontaminationslösung zugesetzt.
-
Bei Verwendung von Oxalsäure als Dekontaminationsmittel wird Cr(VI) zu Cr(III) reduziert und verbleibt als Oxalato-Komplex in der Dekontaminationslösung. In der Oxidschicht etwa vorhandenes Ni(III) wird zu Ni(ll) reduziert und geht als Ni(II)-Oxalato-Komplex in Lösung, während Eisen als anionischer Fe(III)-Oxalato-Komplex in Lösung geht. Darüber hinaus enthält die Dekontaminationslösung auch die aus der Metalloxidschicht gelösten radioaktiven Stoffe.
-
Erfindungsgemäß wird bereits während des Dekontaminationsschrittes ein Oxidationsmittel aus der aus Sauerstoff, Luft, Wasserstoffperoxid und Ozon bestehenden Gruppe in die Dekontaminationslösung dosiert. Die Menge des in die Dekontaminationslösung dosierten Oxidationsmittels wird bevorzugt so gesteuert, dass eine je nach Systemvolumen vorbestimmte Auflösungsgeschwindigkeit der Oxidschicht nicht überschritten wird.
-
Besonders bevorzugt wird das Dosieren des Oxidationsmittels in die Dekontaminationslösung so gesteuert, dass während der Oxidationsmittelzugabe eine Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht von 400 ppm Fe/h, bevorzugt von 100 ppm Fe/h nicht überschritten wird.
-
Durch das Eindosieren des Oxidationsmittels wird einer Verarmung der Dekontaminationslösung an Sauerstoff entgegengewirkt, die durch eine Erhöhung der Eisen(II)-Konzentration in der Lösung erkannt werden kann. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird das Dosieren des Oxidationsmittels in die Dekontaminationslösung daher so gesteuert, dass während der Oxidationsmittelzugabe eine Konzentration von Eisen(II) in der Dekontaminationslösung von 50 ppm nicht überschritten wird.
-
Die Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht ist definiert als Menge (g) der pro Zeiteinheit (h) in das Einheitsvolumen (m3) des Kühlsystems eingetragenen Eisenionen. Die Auflösungsgeschwindigkeit kann beispielsweise durch Probenentnahme und photometrische, tritrometrische oder spektroskopische Bestimmung des Eisengehalts der Probe ermittelt werden.
-
Bevorzugt wird die Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht in Abhängigkeit von der zur Verfügung stehenden Kapazität der Ionenaustauscher, dem Systemvolumen und/oder der Fläche der zu dekontaminierenden Metalloberfläche eingestellt. Die Oxidationsmittelzugabe kann daher so gesteuert werden, dass die in die Dekontaminationslösung eingebrachte Menge an Oxidationsmittel pro Zeiteinheit umso größer ist, desto langsamer die Auflösung der Oxidschicht erfolgen soll. Dies bedeutet, dass die Menge des pro Zeiteinheit zugesetzten Oxidationsmittels umso größer ist, je größer das Systemvolumen und/oder je kleiner die zur Verfügung stehende lonenaustauscherkapazität ist.
-
Gemäß einer weiter bevorzugten Ausführungsform wird die Oxidationsmittelzugabe insbesondere derart gesteuert, dass nach Beginn der Oxidationsmittelzugabe das Verhältnis von Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht und Reinigungsrate vorzugsweise höchstens 25 ppm Fe, bevorzugt höchstens 20 ppm Fe, und noch bevorzugter höchstens 15 ppm Fe beträgt.
-
Bei Verwendung von Wasserstoffperoxid als Oxidationsmittel liegt die Menge des in die Dekontaminationslösung dosierten Oxidationsmittels bevorzugt in einem Bereich von zwischen 0,1 und 1,2 L pro h pro 100 m3 Systemvolumen, und besonders bevorzugt zwischen 0,4 und 1,0 L pro h pro 100 m3 Systemvolumen. Wasserstoffperoxid wird bevorzugt als 30%ige wässrige Lösung eingesetzt, die kommerziell erhältlich ist.
-
Falls gasförmige Oxidationsmittel wie Luft, Sauerstoff oder Ozon als Oxidationsmittel verwendet werden, kann der Eintrag des Oxidationsmittels in die Dekontaminationslösung durch Zwangsbelüftung, beispielsweise in einem Druckausgleichstank oder in einer Sprühvorrichtung, erfolgen. Dazu kann ein Teil der Dekontaminationslösung aus dem Kühlmittelkreislauf abgezweigt und in dem Druckausgleichsbehälter oder der Sprühvorrichtung mit Luft oder Sauerstoff gesättigt werden. Über den Volumenstrom der aus dem Kühlmittelkreislauf abgezweigten und nach der Sättigung mit Luft oder Sauerstoff wieder zurückgeführten Dekontaminationslösung kann die Menge des in die Dekontaminationslösung eingebrachten Oxidationsmittels gesteuert werden. Im Übrigen können die gasförmigen Oxidationsmittel an geeigneten Dosierstellen im Kühlmittelsystem auch direkt unter Druck in das Kühlmittel eingespeist werden, was die Löslichkeit der Gase und somit die Gesamtmenge an Oxidationsmittel in Lösung drastisch erhöht. Dazu stehen beispielsweise der Reaktordruckbehälter, der Druckausgleichsbehälter der Kühlmittelpumpe oder die während der Dekontaminationsbehandlung nicht genutzten Instrumentierungsleisten im Reaktorbehälter zur Verfügung.
-
In dem Fall einer direkten Einspeisung des gasförmigen Oxidationsmittels in das System wird Luft weniger bevorzugt, weil die inerten Stickstoffanteile sich im Laufe der Behandlung an unterschiedlichen höher gelegen Stellen des Systems als Gaspolster akkumulieren und dort verursachen können, dass die zu dekontaminierenden Oberflächen nicht ausreichend und gleichmäßig mit der Dekontaminationslösung benetzt werden. Falls das gasförmige Oxidationsmittel in eine Großkomponente mit Entgasungsmöglichkeit eingespeist wird, wie zum Beispiel in den Reaktordruckbehälter eines Siedewasserreaktors, ist dieser Nachteil nicht vorhanden, und Luft kann dann aufgrund der leichten Verfügbarkeit und Sicherheit als bevorzugtes Oxidationsmittel verwendet werden.
-
Besonders bevorzugt für jeden Anwendungsfall wird Sauerstoff als gasförmiges Oxidationsmittel verwendet. Sauerstoff ist sicherer und weniger aufwendig einsetzbar als Ozon, und hat nicht die Nachteile des inerten Stickstoffanteils in Luft. Sauerstoff kann in Gasdruckflaschen geliefert oder vor Ort durch geeignete Ausrüstung mittels Membrantrennverfahren oder andere geeignete Methoden bedarfsabhängig generiert werden.
-
Falls Ozon als gasförmiges Oxidationsmittel eingesetzt wird, liegt der Anteil an Oxidationsmittel bevorzugt in einem Bereich von zwischen 400 g und 1200 g Ozon pro h pro 100 m3 Systemvolumen. Aufgrund der geringen Halbwertszeit von Ozon in Wasser und der sicherheitstechnischen Schwierigkeiten bei der Verwendung toxischer Gase im Kernkraftwerkscontainment wird dieses Oxidationsmittel am wenigsten bevorzugt.
-
Das oder die Oxidationsmittel werden während des Dekontaminationsschrittes bevorzugt kontinuierlich in die Dekontaminationslösung dosiert. Die dadurch verursachte teilweise Zersetzung der organischen Säure ist unschädlich, da diese später ohnehin wieder aus der Dekontaminationslösung entfernt werden muss, wobei die Entfernung der eingesetzten organischen Säure bevorzugt durch rückstandsfreie Zersetzung, unter Bildung von Kohlendioxid und Wasser, erfolgt.
-
Das Dosieren des Oxidationsmittels in die Dekontaminationslösung kann im Wesentlichen über die Gesamtdauer des Dekontaminationsschrittes erfolgen. Bevorzugt wird das Oxidationsmittel nur während eines Teils der Dauer des Dekontaminationsschrittes in die Dekontaminationslösung dosiert, bevorzugt während mindestens etwa 50 % der Dauer, weiter bevorzugt während mindestens etwa 70 %, noch weiter bevorzugt während mindestens etwa 80 % und ganz besonders bevorzugt während mindestens etwa 90 % der Dauer des Dekontaminationsschrittes.
-
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt das Dosieren des Oxidationsmittels in die Dekontaminationslösung zeitversetzt, erst nach Beginn des Dekontaminationsschrittes. Dadurch wird erreicht, dass die Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht in der Anfangsphase des Dekontaminationsschrittes nicht unnötig verlangsamt wird. Da in der Anfangsphase des Dekontaminationschrittes die Metallionenkonzentration in der Dekontaminationslösung relativ niedrig ist, kann zu diesem Zeitpunkt auch eine höhere Auflösungsgeschwindigkeit toleriert werden, ohne die Prozessstabilität zu gefährden und/oder eine Niederschlagsbildung befürchten zu müssen.
-
Besonders bevorzugt beginnt das Dosieren des Oxidationsmittels in die Dekontaminationslösung erst nach Erreichen einer Gesamteisenkonzentration in der Dekontaminationslösung, die in Abhängigkeit vom der zur Verfügung stehenden Reinigungsrate variieren kann. Bevorzugt beginnt das Dosieren des Oxidationsmittels ab einer Gesamteisenkonzentration von mindestens etwa 20 ppm, bevorzugt etwa 20 ppm bis zu etwa 120 ppm, und weiter bevorzugt von 40 bis 100 ppm.
-
Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform kann das Dosieren des Oxidationsmittels im Dekontaminationsschritt durch Überwachung eines oder mehrerer physikalischer oder elektrochemischer Parameter der Dekontaminationslösung gesteuert werden. Besonders bevorzugt werden das Reduktions-Oxidationspotential, das Korrosionspotential, der Gesamtsauerstoffgehalt und/oder die Leitfähigkeit der Dekontaminationslösung überwacht. Das Reduktions-Oxidationspotential bezeichnet im Fall von numerischen Angaben die Potentialdifferenz der Dekontaminationslösung gegenüber einer Ag/AgCl(sat.)-Standard-Bezugselektrode. Das Korrosionspotential oder Ruhepotential gibt die Potentialdifferenz der Dekontaminationslösung gegenüber der zu dekontaminierenden Metalloberfläche an, ebenfalls gemessen mit Bezug auf die Ag/AgCl(sat.)-Standard-Bezugselektrode.
-
Die Überwachung der Parameter kann durch geeignete Messfühler erfolgen, die entweder mit der kraftwerkseigenen Systemsteuerung oder einer Auswerteeinheit in einer externen, temporären Ausrüstung, verbunden sind, einschließlich einer externen Dekontaminationsanlage. Bei Überschreitung oder Unterschreitung eines vorher festgelegten Grenzwertes der jeweiligen Parameter kann die Menge des zur Dekontaminationslösung zudosierten Oxidationsmittels angepasst werden, so dass der jeweilige Grenzwert eingehalten wird. Desweiteren kann der jeweilige physikalische oder elektrochemische Parameter empirisch einer Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht zugeordnet werden. Auf diese Weise kann die Auflösungsgeschwindigkeit indirekt über die Messung der genannten Parameter gesteuert und unterhalb des gewünschten Grenzwertes gehalten werden
-
Bevorzugt werden die physikalischen oder elektrochemischen Parameter der Dekontaminationslösung in Abhängigkeit von den zu dekontaminierenden Werkstoffen so festgelegt, dass nicht nur die Oxidauflösungsgeschwindigkeit im gewünschten Rahmen gesteuert wird, sondern auch, dass die in der Dekontaminationslösung enthaltene organische Säure keinen Grundmetallangriff bewirken kann. Dadurch ist ausgeschlossen, dass der Metallioneintrag in die Dekontaminationslösung durch Grundmetallangriff übermäßig erhöht wird.
-
Besonders bevorzugt wird das Dosieren des Oxidationsmittels in die Dekontaminationslösung, wahlweise in Abhängigkeit von dem zu dekontaminierenden Werkstoff, so gesteuert, dass ein unterer Grenzwert für das Reduktions-Oxidationspotential und/oder das Korrosionspotential von 0 mV, bevorzugt von +50 mV und besonders bevorzugt von +100 mV, nicht unterschritten wird. Damit ist gewährleistet, dass der Metallioneneintrag in die Dekontaminationslösung über einen langen Zeitraum mit hoher Prozessstabilität erfolgt und durch die Auflösung der Oxidschicht nicht mehr Ionen in Lösung gebracht werden, als in der Summe unter Berücksichtigung der verfügbaren Durchflusskapazität über Ionenaustauscher entfernt werden können, und dass sich die in die Dekontaminationslösung eingetragenen Metallionen unterhalb ihrer jeweiligen Löslichkeitsgrenze befinden. Somit wird auch sichergestellt, dass sich keine Niederschläge in der Dekontaminationslösung bilden.
-
Zusätzlich zur Überwachung des Reduktions-Oxidationspotential und/oder des Korrosionspotential kann ferner die Eisen(II)konzentration in der Dekontaminationslösung überwacht und die Menge des in die Lösung dosierten Oxidationsmittels so gesteuert werden, dass eine Eisen(II)konzentration von 50 ppm nicht überschritten wird.
-
Das das Reduktions-Oxidationspotential und/oder das Korrosionspotential der Dekontaminationslösung kann außerdem dazu dienen, den Beginn der Oxidationsmittelzugabe im Dekontaminationsschritt festzulegen. Bevorzugt wird mit der Dosierung des Oxidationsmittels in die Dekontaminationslösung begonnen, sobald das Korrosionspotential und/oder das Reduktions-Oxidationspotential auf einen Wert in einem Bereich von 20 bis 180 mV, bevorzugt von 50 bis 150 mV gefallen ist.
-
Alternativ oder zusätzlich kann ein Grenzwert für den in der Dekontaminationslösung gelösten Sauerstoff festgelegt und überwacht werden, ab dem das Dosieren des Oxidationsmittels in die Dekontaminationslösung erfolgt.
-
Erfindungsgemäß ist weiter vorgesehen, dass die Dekontaminationslösung über einen Ionenaustauscher geleitet wird, um die aus der Auflösung der Metalloxidschicht stammenden Metallionen, insbesondere Nickelionen, und die radioaktiven Stoffe zu immobilisieren. Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Dekontaminationsverfahrens enthält die Dekontaminationslösung sowohl Nickelionen als auch Eisenionen, und die aus der aufgelösten Metalloxidschicht stammenden Nickelionen werden früher aus der Dekontaminationslösung entfernt als die Eisenionen.
-
Die metallionenhaltige Dekontaminationslösung wird dazu über ein Kationenaustauschermaterial geleitet, um die aus der Metalloxidschicht gelösten Metallionen sowie das aus dem Oxidationsschritt stammende Mangan und die radioaktiven Stoffe zu binden. Das Dosieren des Oxidationsmittels zur Dekontaminationslösung bewirkt, dass die in der Dekontaminationslösung vorhandenen Eisenionen größtenteils in Form eines anionischen Eisen(III) komplexes der organischen Säure vorliegen, bei Verwendung von Oxalsäure insbesondere als anionischer Eisen(III)oxalatokomplex, der nicht auf einem Kationenaustauscher gebunden werden kann und der somit auch nicht mit den vorzugsweise als Nickeloxalat in der Dekontaminationslösung vorliegenden Nickel(II)ionen um die freien Bindungsplätze auf dem Kationenaustauscher konkurriert.
-
Das erfindungsgemäße Dekontaminationsverfahren gewährleistet somit, dass das schwerlösliche Nickel(II)salz, insbesondere Nickeloxalat, selektiv aus der Dekontaminationslösung entfernt wird, bevor die Löslichkeitsgrenze des Nickelsalzes überschritten wird. Der anionische Eisen(III) komplex besitzt dagegen eine sehr hohe Löslichkeit und kann daher bis zum nachfolgenden Reinigungsschritt in der Dekontaminationslösung verbleiben.
-
Aufgrund der bevorzugten Entfernung der Nickelionen kann die Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht zusätzlich durch eine Erniedrigung der Prozesstemperatur gesteuert werden. Beispielsweise kann der Dekontaminationsschritt bei einer Temperatur von 60 °C bis 85 °C, bevorzugt von 60°C bis 80 °C durchgeführt werden, ohne dass die Bildung eines Niederschlags von Nickelsalzen wie Nickeloxalat auftritt.
-
Durch die permanente Reinigung der Dekontaminationslösung auf Ionenaustauschern wird eine Rückeinspeisung von Radioaktivität in das Kühlmittelsystem verhindert und eine effektive Reduzierung der Dosisbelastung im aktuellen Behandlungszyklus erreicht.
-
Der Dekontaminationsschritt innerhalb eines Behandlungszyklus ist beendet, sobald keine Abnahme der Aktivität der Dekontaminationslösung mehr festgestellt werden kann.
-
Reiniaunasschritt
-
Im wahlweise anschließenden Reinigungsschritt wird die als Dekontaminationsmittel verwendete organische Säure aus der von den radioaktiven Stoffen gereinigten Dekontaminationslösung entfernt. Bei Verwendung von Oxalsäure als Dekontaminationsmittel kann bevorzugt eine Zersetzung der Oxalsäure durch photokatalytische Nassoxidation mittels UV-Licht zu CO2 und Wasser erfolgen. Weniger reaktive organische Säuren können auf Ionenaustauschern gebunden und/oder regeneriert werden. Parallel dazu wird die Dekontaminationslösung weiter kontinuierlich über Ionenaustauscher zur Entfernung von Restaktivität und Korrosionsprodukten geleitet. Insbesondere wird in diesem Schritt der in der Dekontaminationslösung enthaltene Eisen(III)komplex zerstört und die dabei durch Reduktion der Eisen(III)ionen gebildeten Eisen(II)ionen auf einem Kationentauscher gebunden. Die Entfernung der organischen Säure aus der Dekontaminationslösung dient zur Vorbereitung des nächsten Behandlungszyklus und stellt die Stabilität des im folgenden Oxidationsschritt eingesetzten Oxidationsmittels sicher.
-
Am Ende des letzten Behandlungszyklus, sobald die gewünschte Reduzierung der Dosisleistung der Metalloberfläche erreicht ist, wird die gereinigte und von restlichem Dekontaminationsmittel befreite Dekontaminationslösung wenn erforderlich über Mischbettfilter bis zum Erreichen einer festgesetzten Grenzleitfähigkeit gereinigt.
-
Ausführungsbeispiel
-
Am Kühlmittelkreislauf einer kerntechnischen Anlage mit einem Systemvolumen von etwa 500 m3 und einer Systemoberfläche von etwa 25.000 m2 wurde eine vollständige Anlagendekontamination durchgeführt. Das Kühlmittelsystem enthielt Metalloberflächen aus rostfreiem Stahl und Nickellegierungen. Zur Anwendung kam das HP-CORD™-Verfahren der Fa. Areva, das einen oder mehrere Behandlungszyklen umfasst, in denen jeweils ein Oxidationsschritt unter Verwendung von Permangansäure als Oxidationsmittel, ein Dekontaminationsschritt unter Verwendung von Oxalsäure als Dekontaminationsmittel und ein Reinigungsschritt durchgeführt wird, bei dem die Oxalsäure durch photokatalytische Nassoxidation mittels UV-Licht zersetzt wird. Die Dauer des Dekontaminationsschrittes betrug etwa 125 h. Die Temperatur der Dekontaminationslösung wurde auf etwa 95 °C eingestellt.
-
Zyklus 1 ohne Dosierung eines Oxidationsmittels im Dekontaminationsschritt
-
In einem ersten Behandlungszyklus wurde etwa 15 h nach Beginn des Dekontaminationsschrittes eine deutliche Abnahme des Sauerstoffgehaltes der Dekontaminationslösung festgestellt, erkennbar an einem Abfall des Korrosionspotentials auf unter -100 mV. Gleichzeitig war ein stark erhöhter Eintrag von Eisenionen und Nickelionen in die Dekontaminationslösung festzustellen, der auch durch eine Absenkung der Temperatur der Dekontaminationslösung von 95 °C auf etwa 85 °C nicht wesentlich verringert werden konnte. Durch Zuschalten einer externen Dekontaminationsanlage mit zusätzlichen Ionenaustauschern wurde eine Reinigungsrate von etwa 0,5 bereitgestellt. Trotzdem trat infolge des erhöhten Metallioneneintrags in die Dekontaminationslösung eine vorschnelle Erschöpfung der Ionenaustauscher sowie eine Bildung von Niederschlägen in der Dekontaminationslösung auf.
-
In 2 ist der Verlauf des Korrosionspotentials während des ersten Behandlungszyklus und die Gesamtmenge der aus der Metalloxidschicht freigesetzten Eisenionen dargestellt. Im Oxidationsschritt während der ersten 24 Stunden des Behandlungszyklus erfolgt kein Austrag von Eisen aus der Metalloxidschicht in die Oxidationslösung. Mit Beginn der Zugabe von Oxalsäure im Dekontaminationsschritt wird die Metalloxidschicht aufgelöst und Eisen tritt in die Dekontaminationslösung ein. In der Folge sinkt das Korrosionspotential der Dekontaminationslösung auf etwa 120 mV und fällt nach vollständigem Verbrauch des in der Dekontaminationslösung vorhandenen Sauerstoffs auf bis zu etwa -350 mV ab. Während des gleichen Zeitraums werden erhebliche Mengen an Eisenionen aus der Metalloxidschicht freigesetzt und in die Dekontaminationslösung eingetragen. Die Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht ist über einen längeren Zeitraum des Dekontaminationsschrittes stark erhöht.
-
Zyklus 2 mit Dosierung eines Oxidationsmittels im Dekontaminationsschritt
-
In einem zweiten Behandlungszyklus wurde im Dekontaminationsschritt erfindungsgemäß ein Oxidationsmittel zur Dekontaminationslösung zudosiert. Als Oxidationsmittel wurde eine 30%ige Wasserstoffperoxidlösung verwendet. Das Oxidationsmittel wurde mit einer Rate von etwa 1,5 bis 2 Liter pro Stunde kontinuierlich zugesetzt. Die Zugabe des Oxidationsmittels erfolgte innerhalb von etwa 10 Stunden nach Beginn des Dekontaminationsschrittes.
-
In 3 ist der Verlauf des Korrosionspotentials während des zweiten Behandlungszyklus und die Gesamtmenge der aus der Metalloxidschicht freigesetzten Eisenionen dargestellt. Auch in diesem Zyklus werden im Oxidationsschritt während der ersten 24 Stunden des Behandlungszyklus sowie im sich daran anschließenden Reduktionsschritt keine Eisenionen aus der Metalloxidschicht in die Oxidationslösung eingetragen. Mit Beginn der Zugabe von Oxalsäure im Dekontaminationsschritt wird die Metalloxidschicht aufgelöst und Eisen sowie Nickel treten in die Dekontaminationslösung ein. In der Folge sinkt das Korrosionspotential der Dekontaminationslösung auf etwa 120 mV. Durch die Zugabe des Oxidationsmittels zur Dekontaminationslösung wird das Korrosionspotential im Wesentlichen auf diesem Wert gehalten. Während des gleichen Zeitraums fällt die Auflösungsgeschwindigkeit der Metalloxidschicht auf einen Wert von unterhalb 5 ppm Eisen/h und die Gesamtmenge an Eisen in der Dekontaminationslösung steigt langsam an.
-
Die gleichzeitig mit den Eisenionen in die Dekontaminationslösung eingetragenen Nickelionen werden über einen Ionenaustauscher kontinuierlich aus der Dekontaminationslösung entfernt. Die Eisenionen liegen in Form eines Eisen(III)oxalatokomplexes vor und bleiben in dieser Phase des Dekontaminationsschrittes in Lösung. Trotz des hohen Systemvolumens kann mit einer Reinigungsrate von 0,1 bis 0,3 gearbeitet werden. Dadurch ist der Rückgriff auf ausschließlich kraftwerkseigene lonentauscher möglich, und es kann auf die Zuschaltung einer externen Dekontaminationsanlage verzichtet werden.
-
Messung der Auflösungsgeschwindigkeit von Eisenoxid
-
In 4 ist schematisch ein Versuchsaufbau zur Messung der Auflösungsgeschwindigkeit von Eisenoxid in Abhängigkeit vom Reduktions-Oxidationspotential einer Oxalsäurelösung gezeigt. Ein Reaktionbehälter 100 ist mit einem Sauerstoffeinlass 102 zur Zufuhr von reinem Sauerstoffgas, einer Elektrodenanordnung 104, einem Gaseinwegventil 106 zum Auslass von Gasen aus dem Reaktionsbehälter 100 einem Rürher 108, einer Temperaturregelvorrichtung 110, einer UV-Lampe 112 und einem Auslass zur Probenentnahme 114 bestückt.
-
In dem Reaktionsbehälter 100 werden 5 g/L Hämatitpulver (Fe3O4) in vollentsalztem Wasser vorgelegt und kontinuierlich mit dem Rüher 108 umgewältzt. Die Temperatur der Hämatitsuspension wird mit der Temperaturregelvorrichtung auf 85 °C eingestellt. Durch eine für die UV-Lampe 112 vorgesehene Öffnung im Reaktionsbehälter 100 Oxalsäure zu der Hämatitsuspension zugegeben, so dass die Oxalsäure in einer Konzentration von 2000 ppm vorliegt. Die Öffnung wird anschließend mit der UV-Lampe verschlossen. Durch Zufuhr von Sauerstoff und/oder Betrieb der UV-Lampe wird ein vorbestimmtes Reduktions-Oxidationspotential der Hämatitsuspension eingestellt und über die Dauer der Messung mit Hilfe der Elektrodenanordung überwacht und konstant gehalten.
-
In Abständen von 0, 5, 10, 15, 30, 45 , 60 und 90 Minuten wurden Proben von jeweils 0,5 % des Volumens der Hämatitsuspension entnommen, gefiltert und der Eisengehalt in der Lösung mittels ICP-Massenspektroskopie bestimmt.
-
Die so ermittelte Auflösungsgeschwindigkeit des Hämatits bei verschiedenen Reduktions-Oxidationspotentialen ist in der nachfolgenden Tabelle 1 dargestellt
Tabelle 1
Reduktions-Oxidationspotential [mV] vs. Ag/AgCl(sat.)-Standardelektrode | Hämatit-Auflösungsgeschwindigkeit ppm Fe/h |
20 | 302 |
40 | 253 |
60 | 206 |
80 | 164 |
100 | 124 |
120 | 92 |
150 | 57 |
180 | 48 |
200 | 44 |
220 | 42 |
-
Die Ergebnisse zeigen, dass die Auflösungsgeschwindigkeit von Hämatitpulver in einer Oxalsäurelösung durch Einstellen eines vorbestimmten Reduktions-Oxidationspotential in einem weiten Bereich beinflusst werden kann, und dass die Auflösungsgeschwindigkeit des Hämatitpulvers mit sinkendem Reduktions-Oxidationspotential der Oxalsäurelösung zunimmt.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- EP 1220233 B1 [0006]
- US 6613153 B1 [0007]
- US 6169221 B1 [0008]
- EP 2787509 B1 [0062]