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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein beschichtetes Glas- oder Glaskeramiksubstrat mit beständigen, d. h. dauerhaft vorliegenden, multifunktionellen Oberflächeneigenschaften, ein Verfahren zu dessen Herstellung sowie dessen Verwendung.
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Hintergrund des Standes der Technik
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Glas ist aufgrund seiner besonderen Eigenschaften, insbesondere der ausgezeichneten mechanischen Festigkeit, optischen Eigenschaften und Haltbarkeit gegenüber Chemikalien, eines der am meisten verwendeten Materialien weltweit, und ist zudem auch noch relativ kostengünstig herstellbar. Gläser werden fast überall im Bauwesen, im elektronischen Bereich, beim Transport, bei Gütern des täglichen Bedarfs, in Laboranwendungen, wissenschaftlichen Ausstattungen und dergleichen verwendet. Für so vielseitige Anwendungsfelder sind auch die jeweils eingesetzten Glaseigenschaften sehr verschieden. Beispielsweise soll Bauglas eine hohe mechanische Festigkeit aufweisen. Glas, das in medizinischen oder in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen verwendet wird, sollte antimikrobielle Eigenschaften haben. Fensterglas oder Glas in Anzeigevorrichtungen soll hohe Transparenz und hohe antireflektive Eigenschaften zeigen. Für sogenannte Touchscreens, Schaufenster oder Ausstellungsflächen, die aus Glas sind, ist es zweckmäßig, wenn diese Antifingerprint- bzw. sogenannte Easy-To-Clean-Eigenschaften aufweisen. In vielen Fällen ist es nicht unbedingt notwendig, neue Gläser zu entwickeln, um jede der oben erwähnten Anforderungen zu erfüllen. Die gewünschten Funktionen sind in der Regel nur Eigenschaften der Glasoberfläche, so dass im Laufe der Zeit viele Oberflächenbehandlungen und Beschichtungsverfahren entwickelt wurden, um den bekannten Glasprodukten neue Funktionen zu verleihen.
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Beispielsweise sind für antimikrobielle (AM-)Glasoberflächen zahlreiche Veröffentlichungen aus dem Stand der Technik bekannt geworden:
So beschreiben die Dokumente
US 2007/0172661 A1 ,
JP 2011-133800A und die
US 2012/0034435 A1 verschiedene Wege, der Glasoberfläche, beispielsweise durch die Silber-Alkali-Ionenaustauschtechnologie, antimikrobielle Eigenschaften zu verleihen. Gemäß diesem Stand der Technik findet ein Ionenaustausch zwischen Silberionen und den im Glas befindlichen Alkali-Ionen, in der Regel Natriumionen, statt, so dass die Silberionen in die Glasoberfläche diffundieren und mit einer Tiefe von mehreren hundert Nanometern bis zu mehreren zehn Mikrometern vorliegen. Silberionen haben einen gut bekannten zytotoxischen Effekt auf Mikroorganismen, von der Inhibierung ihres Wachstums bis zum Zelltod.
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Antimikrobielle Glasoberflächen können auch mit anderen Technologien hergestellt werden. Im Prinzip können sämtliche Arten von bekannten antimikrobiellen Mitteln, insbesondere Metalle, wie Silber- oder Kupfer, Metallverbindungen, wie Silbersalze, oder Nanopartikel von komplexen organischen Verbindungen, auf Glasoberflächen als antimikrobielle Beschichtungen abgeschieden werden. Antimikrobielle Glasoberflächen können auch unter Verwendung thermischer Temperverfahren hergestellt werden.
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Beispielsweise beschreibt die
US 2008/0145625 A1 ein Verfahren zur Herstellung eines Glassubstrats mit einer Sol-Gel-Schicht, wobei eine silberhaltige antimikrobielle Sol-Gel-Schicht zum Einsatz kommen kann.
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Die
US 2014/0017462 A1 beschreibt ein transparentes und antimikrobielles Abdeckglas, enthaltend Nanopartikel von Cu oder Cu
2O auf der Oberfläche des Glases, sowie Verfahren zur Herstellung dieser Glasgegenstände.
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Die
US 2009/0162695 A1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines Substrats mit antimikrobiellen Eigenschaften, umfassend das Abscheiden einer Mischschicht auf einem Substrat durch Sputtern unter Vakuum, wobei die Mischschicht mindestens ein antimikrobielles Mittel und ein Bindemittel aufweist.
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Die
WO 2007/108514 A1 beschreibt eine Glasplatte mit einem antibakteriellen Film.
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Die
US 6,921,546 B2 beschreibt ein Glas oder ein glasähnliches Substrat mit antimikrobieller Wirkung. Das antimikrobielle Substrat wird hergestellt durch Bereitstellen eines Metallionenvorläufers, umfassend mindestens eine Quelle für antimikrobielle Metallionen, gelöst oder in anderer Weise dispergiert in einem Trägermaterial; Abscheiden des Vorläufers auf mindestens einer Fläche des Substrats; Trocknen des Substrats bei einer Temperatur von etwa 20°C bis etwa 105°C, Entfernen der flüchtigen Bestandteile aus dem Metallionenvorläufer und Erhitzen des resultierenden Substrats auf eine Temperatur von etwa 600°C bis etwa 650°C für 2 bis 5 Minuten, um die antimikrobiellen Metallionen aus dem Vorläufer mit dem Glas oder glasähnlichen Substrat auszutauschen oder in anderer Weise einzubringen.
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Die
WO 2007/147842 A2 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines Substrats mit antimikrobiellen Eigenschaften, wobei eine Metallschicht, umfassend ein anorganisches antimikrobielles Mittel, aufgebracht wird und das Mittel in mindestens eine Fläche des Substrats diffundiert, die einer thermischen Behandlung unterzogen wird. Alternativ kann das Substrat zunächst mit einer Unterschicht beschichtet werden, wobei die Diffusion dann in der Unterschicht auftritt.
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Die
US 2012/0219792 A1 beschreibt ein Glassubstrat als Abdeckglas für eine Anzeige, das nicht nur eine ausgezeichnete Festigkeit und antibakterielle Eigenschaften aufweist, sondern auch hohe Transparenz und hohe sichtbare Transmission. Das Verfahren umfasst das chemische Vorspannen des Glassubstrats in einem zumindest KNO
3-haltigen geschmolzenen Salz, das Reinigen des Glassubstrats, das Bilden eines Silberfilms auf der Oberfläche des gereinigten Glassubstrats, das Unterziehen des Glassubstrats mit dem darauf gebildeten Silberfilm einer Wärmebehandlung, um die Silberionen von der Glassubstratoberfläche ins Innere diffundieren zu lassen, sowie das Waschen und Entfernen des auf der Oberfläche zurückgebliebenen und nicht diffundierten Silbers vom Glassubstrat.
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Um eine Glasoberfläche mit antireflektiven (AR-)Eigenschaften auszurüsten, ist eine AR-Beschichtung die herkömmliche Wahl. Die AR-Beschichtung ist eine Art von optischer Beschichtung, die auf die Oberfläche aufgebracht wird, um die Reflexion zu reduzieren und hierbei die Lichttransmission bei einem spezifischen Wellenlängenbereich zu verbessern. Häufig werden IR-, sichtbare oder UV-Frequenzen ausgewählt.
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Die einfachste Interferenz-AR-Beschichtung besteht aus einer einzelnen Viertelwellenschicht aus transparentem Material, deren Brechungsindex die Quadratwurzel des Brechungsindex des Substrats ist. Dies ergibt theoretisch eine Null-Reflexion in der Mitte der Wellenlänge und verringert die Reflexion für Wellenlängen in einem breiten Band um die Mitte. AR-Beschichtungen in Form von Mehrfachschichten bestehen beispielsweise aus transparenten dünnen Filmstrukturen mit alternierenden Schichten gegensätzlicher Brechungsindizes. Die Schichtdicken werden ausgewählt, um eine destruktive Interferenz in den Strahlen zu erzeugen, die von den Grenzflächen reflektiert werden, und eine konstruktive Interferenz in den entsprechenden übermittelten Strahlen. AR-Beschichtungen werden in einer großen Vielzahl von Anwendungen verwendet, wo Licht durch eine optische Fläche geht und ein geringer Verlust oder geringe Reflexion erwünscht sind.
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Gemäß dem Interferenzmechanismus bei AR-Beschichtungen kann im Prinzip jede bekannte Beschichtung als Antireflexionsbeschichtung eingesetzt werden, sofern ihr Brechungsindex geeignet ist. Die Beschichtung kann mittels einer Flüssigphasenbeschichtung aufgebracht werden, wie beispielsweise durch Drucktechnologie, Sprühtechnologie oder ein Sol-Gel-Verfahren. Die Antireflexionsbeschichtung kann auch mittels einer CVD-Beschichtung, wie beispielsweise einer PECVD-, PICVD-, Niederdruck-CVD- oder chemischen Gasphasenabscheidung bei Atmosphärendruck aufgebracht werden. Die antireflektive Beschichtung kann ebenfalls mit einer PVD-Beschichtung aufgebracht werden, die beispielsweise ein Sputtern, thermisches Verdampfen, Laserstrahl-, Elektronenstrahl- oder Lichtbogenverdampfen sein kann.
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Aus dem Stand der Technik sind zahlreiche Vorschläge für antireflektive Beschichtungen bekannt geworden:
So beschreibt die
US 5,847,876 eine antireflektive Schicht, aufgebracht auf ein Glassubstrat, die eine erste Schicht mit hohem Brechungsindex, bevorzugt aus Al
2O
3, und eine zweite Schicht mit niedrigem Brechungsindex, bevorzugt aus MgF
2, beschreibt.
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Die
EP 2 103 965 A1 beschreibt eine antireflektive Schicht, aufgebracht auf ein Substrat aus Glas oder Kunststoff. Die erste Schicht mit hohem Brechungsindex umfasst ein Oxid mindestens eines der Elemente Zinn, Gallium oder Cer sowie Indiumoxid; die zweite Schicht ist aufgebaut aus einem Metall, wie Silber und Palladium; die dritte Schicht entspricht der ersten Schicht mit hohem Brechungsindex und die vierte und oberste Schicht weist einen niedrigen Brechungsindex auf und besteht aus Siliciumdioxid, Magnesiumfluorid oder Kaliumfluorid. Die Schichten werden jeweils durch Sputtern aufgebracht.
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Die
US 2011/0052815 A1 beschreibt eine Zusammensetzung zur Herstellung einer AR-Beschichtung umfassend ein Kondensat, erhältlich durch die Kondensation von Siliciumverbindungen der allgemeinen Formel R
nSiX
4-n, worin die X-Gruppen gleich oder verschieden sind, und hydrolysierbare Gruppen oder Hydroxylgruppen darstellen, die R-Gruppen gleich oder verschieden sind, und nicht hydrolysierbare Gruppen darstellen, und n 0, 1, 2 oder 3 ist, wobei die Zusammensetzung mindestens ein polymeres Mittel zur Kontrolle der Rheologie aufweist, und mindestens ein Lösungsmittel mit einem Siedepunkt von mindestens 150°C. Dieses Dokument beschreibt auch die Verfahren zur Herstellung und Verwendung der vorliegenden Zusammensetzung. Insbesondere kann die Zusammensetzung durch Siebdruckverfahren auf die Substrate aufgebracht werden.
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Die
CN 102923969 A beschreibt eine doppelte Funktion in Form von antireflexions- und oleophobbeschichtetem Glas sowie dessen Herstellungsverfahren. Die Filmstruktur des beschichteten Glases ist wie folgt: ein Glassubstrat, ein Basisfilm, ein Pufferfilm und ein Oberflächenfilm, wobei der Basisfilm eine Siliciumverbindung enthält, der Pufferfilm eine Siliciumfluoridverbindung und der Oberflächenfilm eine Fluorsiliciumorganische Verbindung aufweist. Die Filme werden hauptsächlich durch Sprühtechniken aufgebracht.
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Die
CN 103013189 A beschreibt eine antireflektive Glasbeschichtungsflüssigkeit, hergestellt durch Siliciumoxidsole, die auf die Oberfläche des Glases durch ein Walzenbeschichtungsverfahren, Tauchbeschichten oder Sprühverfahren aufgebracht werden, und eine Härtebehandlung bei Temperaturen von nicht mehr als 100°C durchgeführt wird.
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Die
WO 2008/099061 A1 beschreibt ein Verfahren zum Beschichten eines optischen Produkts, einschließlich einer AR-Beschichtung, die durch chemische Gasphasenabscheidung (CVD) aufgebracht wird.
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Eine Antifingerprint(AF)-Oberfläche, die manchmal auch als Easy-To-Clean (ETC) oder amphiphobe Oberfläche bezeichnet wird, stellt sicher, dass Verschmutzungen bzw. Verunreinigungen als Folge von Fingerabdrücken weitgehend nicht sichtbar sind und daher die im Gebrauch befindliche Oberfläche auch ohne Reinigung sauber erscheint. Die AF-Oberfläche muss gegenüber Wasser, Salzen und Fett beständig sein, die durch Verwendung des Anwenders, beispielsweise aus Rückständen von Fingerabdrücken stammen und auf die Oberfläche aufgebracht werden. Die Benetzungseigenschaften einer AF-Oberfläche müssen sowohl hydrophob als auch oleophob sein.
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Der Großteil der bekannten AF-Beschichtungen beruht im Wesentlichen auf Organofluorverbindungen mit hohem Wasserkontaktwinkel. In einigen Fällen werden speziell gestaltete Strukturen auf der Glasoberfläche erzeugt, um den Kontaktwinkel gegenüber Öl oder Wasser weiter zu erhöhen.
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Aus dem Stand der Technik zu AF-Oberflächen von Glasgegenständen sind beispielsweise die folgenden Dokumente bekannt geworden:
So beschreibt die
DE 198 48 591 A1 zur Herstellung einer Schutzschicht dieser Art die Verwendung von Organofluorverbindungen der Formel R
f-V in Form eines flüssigen Systems, umfassend die Organofluorverbindung in einer Trägerflüssigkeit, wobei R
f in der Formel einen aliphatischen Kohlenwasserstoffrest darstellt, der teilweise oder vollständig fluoriert und gradkettig, verzweigt oder zyklisch ist. Der Kohlenwasserstoffrest kann auch durch ein oder mehrere Sauerstoff-, Stickstoff- oder Schwefelatome unterbrochen werden. V stellt eine polare oder dipolare Gruppe dar, ausgewählt aus -COOR, -COR, -COF, -CH
2OR, -OCOR, -CONR
2, -CN, -CONH-NR
2, -CON=C(NH
2)
2, -CH=NOR, -NRCONR
2, -NR
2COR, NR
W, -SO
3R, -OSO
2R, -OH, -SH, ≡B, -OP(OH)
2, -OPO(OH)
2, – OP(ONH
4)
2, -OPO(ONH
4)
2, -CO-CH=CH
2, worin R in einer Gruppe V gleich oder verschieden sein kann und für Wasserstoff, einen Phenylrest, einen gradkettigen oder verzweigten Alkyl- oder Alkyletherrest mit bis zu 12, bevorzugt bis zu 8 Kohlenstoffatome, steht, und teilweise oder vollständig fluoriert oder chlorfluoriert ist, und w ist 2 oder 3 oder stellt -R
v-V- dar. In der Formel -R
v-V- ist V die oben erwähnte polare oder dipolare Gruppe und R
v stellt einen gradkettigen oder verzweigten Alkylenrest dar, der bis zu 12, bevorzugt bis zu 8 Kohlenstoffatome aufweist, die teilweise oder vollständig fluoriert oder chlorfluoriert sein können.
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Die
EP 0 844 265 A1 beschreibt ein Silicium-haltiges organisches Fluorpolymer zum Beschichten von Substratoberflächen, beispielsweise aus Metall, Glas und Kunststoffmaterialien, um eine Oberfläche mit ausreichenden und lang anhaltenden Antifouleigenschaften, ausreichender Wetterbeständigkeit, Schlüpfrigkeit, Antihafteigenschaften, wasserabweisenden Eigenschaften und Beständigkeit gegenüber öligen Verschmutzungen und Fingerabdrücken bereitzustellen. Auch offenbart ist eine Behandlungslösung für ein Oberflächenbehandlungsverfahren, umfassend ein Siliciumhaltiges organisches Fluorpolymer, ein fluorhaltiges organisches Lösungsmittel sowie eine Silanverbindung.
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Die
US 2010/0279068 A1 beschreibt ein Verfahren zum Bereitstellen von hydrophoben und oleophoben Glasoberflächen. Das Verfahren besteht aus dem Erhitzen eines Glasartikels auf Temperaturen nahe des Glaserweichungspunkts und Pressen einer strukturierten Form in den Glasartikel, um eine Oberflächentextur zu erhalten.
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Die
US 2010/0285272 A1 beschreibt ein Glassubstrat mit zumindest einer bearbeiteten Oberfläche, die hydrophob und oleophob ist, Antihafteigenschaften aufweist, fingerabdruckabweisend ist, Haltbarkeit aufweist und transparent ist. Die Oberfläche weist mindestens eine Art von topologischen Merkmalen auf, die mit einer speziellen Geometrie die Abnahme des Kontaktwinkels und ein Haften von Wasser- und Öltropfen verhindert. Beispielsweise kann für die Aufbringung einer AF-Beschichtung die Glasoberfläche sandgeblasen und hierauf die Beschichtung mittels physikalischer oder chemischer Gasphasenabscheidung aufgebracht werden.
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Die
US 2009/0197048 A1 beschreibt eine AF- oder Easy-To-Clean-Beschichtung auf einer Glasabdeckung, die als äußere Beschichtung mit Fluorendgruppen, wie Perfluorkohlenstoffresten oder einem Perfluorkohlenstoff-haltigen Rest, vorliegt, wodurch die Glasabdeckung hydrophob und oleophob und hierdurch die Benetzung der Glasoberfläche mit Wasser und Ölen minimiert wird. Unter der AF-Beschichtung kann eine AR-Beschichtung vorliegen, die aus Siliciumdioxid, Quarzglas, fluordotiertem Siliciumdioxid, fluordotiertem Quarzglas, MgF
2, HfO
2, TiO
2, ZrO
2, Y
2O
3 oder Gd
2O
3 aufgebaut ist. Auf der Glasoberfläche kann vor der AF-Beschichtung auch ein Muster erzeugt oder eine Struktur auf- oder eingebracht werden, wobei ein Ätz-, Lithographie- oder Partikelbeschichtungsverfahren verwendet wird. Die Glasabdeckung kann nach dem Ionenaustausch und vor dem AF-Beschichten geätzt werden..
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Das Härten oder Vorspannen von Glas ist ebenfalls eine bekannte Oberflächenbehandlung. Das Prinzip beim thermischen als auch chemischen Härten oder chemischen Vorspannen von Glas ist es, eine Druckspannungsschicht unter der Glasoberfläche mit einer Tiefe von etwa mehreren 10 μm zu bilden. Diese Druckspannungsschicht führt dazu, dass das gehärtete Glas eine erhöhte Festigkeit aufweist. Dies wird darauf zurückgeführt, dass Oberflächenfehler durch die Druckspannungskräfte zusammengepresst werden. Ansonsten könnte eine Ausdehnung dieser Defekte zu einem Riss führen.
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Das chemische Vorspannen oder Härten ist eine seit langem bekannte Technologie. Glas wird typischerweise in ein Bad, enthaltend geschmolzenes Kaliumnitrat, bei einer Temperatur um 400°C eingetaucht. Dies bewirkt, dass die Natriumionen in der Glasoberfläche durch Kaliumionen aus der Badlösung ersetzt werden. Die Kaliumionen sind größer als die Natriumionen, wobei die Natriumionen aus dem Glas in die Kaliumnitrat-Schmelze wandern und die Kaliumionen sich in die durch die kleineren Natriumionen zurückgelassenen Lücken zwängen. Dieser Austausch von Ionen bewirkt, dass die Oberfläche des Glases eine Spannung aufbaut und das Innere des Glases die Spannung zu kompensieren versucht. Die Oberflächendruckspannung eines chemisch vorgespannten Glases kann mehr als 600 MPa erreichen.
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Es gibt zahlreiche Dokumente aus dem Stand der Technik, die das chemische Härten bzw. Vorspannen beschreiben:
So offenbart die
US 3,778,335 Glaszusammensetzungen aus Natriumaluminosilikatglas mit einer Oberflächendruckspannungsschicht, die bei einem Glasartikel die Festigkeit erhöht, so wie das chemische Vorspannen von Glas.
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Die
US 2013/0202715 A1 beschreibt ein Aluminosilikatglas für einen Touch-Bildschirm sowie das chemische Vorspannen des Glases.
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Es wurde im Stand der Technik gezeigt, dass es für jede Eigenschaft, wie antimikrobielle, antireflektive, Antifingerprint-Eigenschaft als auch erhöhte Glasfestigkeit, viele verschiedene Lösungsansätze gibt, um diese einer Glasoberfläche zu verleihen. Jedoch ist in einigen Fällen die Kombination von mehreren dieser Eigenschaften erwünscht.
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Das Abdeckglas eines Touch-Bildschirms, Smartphones oder Tablet-PCs ist ein typisches Beispiel, bei dem viele Funktionen zusammen integriert vorliegen sollten. Die Geräte sind sehr dünn und müssen hohe mechanische Festigkeit haben, so dass ein gehärtetes Glas notwendig ist. Gleichzeitig bewirkt eine mit antireflektiver Eigenschaften versehene Oberfläche, dass Energie gespart werden kann, weil das Anzeigemodul mit geringerer Helligkeit arbeiten kann, wenn die Reflexion an der Glas-Luft-Grenzfläche reduziert wird. Weiterhin kann eine sehr große Menge an Bakterien auf derartigen Bildschirmen vorliegen, so dass eine antimikrobielle Oberfläche die Gesundheit des Verwenders schützen könnte. Schließlich werden derartige Bildschirme jeden Tag häufig berührt, so dass auch die Antifingerprint-Eigenschaft sehr nützlich wäre.
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Schaufensterglas oder bei Ausstellungen, beispielsweise Bilderverglasung in Museen, oder in Geschäften verwendetes Fensterglas ist ein weiteres typisches Beispiel. Die hohe mechanische Festigkeit ist eine offensichtliche Voraussetzung für derartige Gläser. Die antireflektive Oberfläche in diesen Fenstern könnte zu den besten Effekten führen. Herkömmliches Glas reflektiert etwa 8% des einfallenden Lichts. Die antireflektive Beschichtung reduziert die Reflexion und erlaubt so einen unverfälschten Blick. Auch werden diese Scheiben von den Besuchern häufig berührt, insbesondere von Kindern, wenn z. B. besonders schöne Gegenstände, beispielsweise in Museen, hinter Glas ausgestellt werden. Daher könnte auch eine antimikrobielle Oberfläche im Hinblick auf die öffentliche Gesundheit vorteilhaft sein, und das Vorsehen von Antifingerprint-Oberflächen könnte die Häufigkeit, mit der diese Scheiben gereinigt werden müssen, verringern.
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Obwohl es eine hohe Nachfrage und einen großen Bedarf an derartigen Kombinationen von Eigenschaften gibt, existiert derzeit keine derartige Technologie oder ein Gegenstand, der sämtliche dieser Eigenschaften auf derselben Glasoberfläche integriert. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass es relativ schwierig ist, die gewünschten Eigenschaftsprofile in Kombination bereitzustellen, weil jede dieser Eigenschaften und Funktionen eine Anzahl von eigenen Umsetzungswegen und Schwierigkeiten aufweist. Weiterhin müssen sämtliche der Glasoberfläche verliehenen Funktionen dauerhaft genug vorliegen, um die gängigen Industriequalitätsstandards zu erfüllen, und das Verfahren sollte auch für die Massenherstellung geeignet sein.
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Um sämtliche der interessierenden Eigenschaften tatsächlich in die Glasoberfläche einzubeziehen, gibt es daher nur zwei Möglichkeiten: ein Behandlungsverfahren zu entwickeln, das viele Eigenschaften in einem Schritt verleiht oder ein Mehrschrittverfahren zu entwickeln, das in jedem Schritt eine Funktion zufügt, wobei jedoch die aus einem vorangehenden Schritt erhaltenen Funktionen nach der darauffolgenden Behandlung nach wie vor vorhanden sein sollten. Keine dieser beiden Möglichkeiten ist jedoch in einfacher Weise umsetzbar.
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Aus dem Stand der Technik sind einige sehr begrenzte Funktionskombinationen bereits bekannt geworden:
So beschreibt die
WO 2012/163946 A1 ein Substratelement zum Beschichten mit einer Easy-To-Clean-Beschichtung, umfassend ein Trägermaterial und eine antireflektive Beschichtung, aufgebracht auf das Trägermaterial, wobei die oberste Schicht der antireflektiven Beschichtung eine Haftvermittlerschicht darstellt, die dazu in der Lage ist, mit einer Easy-To-Clean-Beschichtung in Wechselwelwirkung zu treten. Es wird in diesem Dokument auch erwähnt, dass das antireflektiv beschichtete Glassubstrat, ohne die Beschichtung merklich zu beeinträchtigen, thermisch gehärtet werden kann, so dass eine AR-Funktion, AF-Funktion und das thermische Härten von Glas kombiniert werden.
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Die
DE 10 2007 009 785 B4 offenbart einen Sol-Gel-beschichteten Glasartikel, der nach der Beschichtung chemisch vorgespannt wird, so dass eine Kombination aus einer AR-Beschichtung und chemisch vorgespanntem Glas bereitgestellt wird.
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Die
CN 102 923 966 A beschreibt eine antimikrobielle und antireflektive Sol-Gel-Beschichtung. Eine Metallverbindung mit antimikrobieller Wirkung ist zu der Beschichtung dotiert, wobei das Metall ausgewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus Silber, Kupfer, Cadmium, Zink, Eisen, Zinn, Kobalt, Cer, Antimon, Selen, Chrom, Magnesium und Nickel. Es wird ebenfalls erwähnt, dass die thermische Behandlung der Beschichtung zusammen in einem Schritt mit dem thermischen Tempern des Glassubstrats durchgeführt werden kann, wodurch dem Glas antimikrobielle und antireflektive Funktionen verliehen werden können und das Glas thermisch gehärtet wird.
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Die
US 2012/0034435 A1 beschreibt ein chemisch gehärtetes Glas mit antimikrobiellen Eigenschaften sowie ein Verfahren zur Herstellung dieses Glases. Insbesondere ist ein chemisch gehärtetes Glas mit antimikrobiellen Eigenschaften offenbart, das eine Beschichtung mit geringer Oberflächenenergie auf dem Glas aufweist, die die antimikrobiellen Eigenschaften des Glases nicht beeinträchtigt. Daher wird eine Kombination aus antimikrobiellen und Antifingerprint-Funktionen sowie chemisch gehärtetem Glas bereitgestellt.
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Schließlich beschreibt die
US 2014/0017462 A1 ein transparentes Abdeckglas für Anwendungen, wie beispielsweise Touchscreen-Geräte, die antimikrobielle Eigenschaften aufweist. Die antimikrobiellen Gläser enthalten Nanopartikel von Cu oder Cu
2O auf der Oberfläche des Glases. Die antimikrobiellen Gläser können weiterhin eine Fluorsilanbeschichtung oder andere Beschichtung auf der Oberfläche aufweisen, so dass eine Easy-To-Clean-Oberfläche bereitgestellt wird. Daher werden dem Glas antimikrobielle und Antifingerprint-Funktionen verliehen.
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Der bekannte Stand der Technik, in dem multifunktionale Glasoberflächen beschrieben sind, berücksichtigt nicht, dass die Schichten für ein chemisches Vorspannen ausgelegt sein sollten. Weiterhin sind die Antifingerprint-(AF-)Beschichtungen, sofern vorhanden, in der Regel nicht ausreichend beständig, so dass die gewünschte Eigenschaftsverbesserung allenfalls vorübergehend vorhanden ist. Auch kann ein Film oder eine Schicht/Schichten, der/die auf die Glasoberfläche aufgebracht wurde, den Ionenaustausch blockieren, wenn der Film bzw. die Schicht vor dem chemischen Vorspannen auf die Glasoberfläche aufgebracht wurde. Bei chemisch vorgespannten Gläsern kann es bei einer nachfolgenden Erwärmung des Glases zu einer Relaxation der aufgebauten Druckspannungen kommen, besonders wenn die Temperatur über 200°C liegt. Viele Beschichtungstechnologien benötigen die Erwärmung bei der Schichtherstellung oder Nachbehandlung, weswegen das Beschichten der vorgespannten Substrate begrenzt ist. Das chemische Vorspannen ist jedoch bei bestimmten Anwendungen ein wichtiges Merkmal, weil dünnes Glas, das insbesondere für Abdeckgläser von Touch-Bildschirmen in der Unterhaltungs- und Haushaltselektronik zum Einsatz kommt, die einzige Möglichkeit ist, die Festigkeit des Glases zu erhöhen. Dies spielt beispielsweise bei Mobiltelephonen, Smartphones, Tablet-PCs, Notebooks, Fernsehgeräten, ATM-Geräten, Fahrkartenautomaten oder Steuer- bzw. Kontrolldisplay in jeglichen Geräten oder auch in einem Kraftfahrzeug eine besondere Rolle.
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Dünne Gläser können aufgrund ihrer geringen Dicke nicht thermisch vorgespannt werden. Des Weiteren wurde bislang nicht untersucht, welche Kombinationen mit Antifingerprint-(AF-)Beschichtungen überhaupt möglich sind und ob eine AF-Beschichtung mit anderen Funktionen, wie beispielsweise einer antimikrobiellen (AM-)Funktion, überhaupt kompatibel ist und diese sich nicht gegenseitig nachteilig beeinflussen oder sogar blockieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die der Glasoberfläche verliehenen mehreren Funktionen eine ausreichende Beständigkeit aufweisen sollten, um in der Praxis sinnvoll eingesetzt werden zu können.
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Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die Nachteile aus dem Stand der Technik zu überwinden und ein Glas- oder Glaskeramiksubstrat bereitzustellen, welches mehrere der beschriebenen Eigenschaften oder Funktionalitäten in sich vereinigt, wobei die Eigenschaften dauerhaft vorliegen sollen. Es soll auch möglich sein, zusätzliche Eigenschaften oder Funktionalitäten bereitzustellen. Ferner soll ein Verfahren zur Verfügung gestellt werden, das in einfacher Weise die Herstellung des erfindungsgemäßen Glas- oder Glaskeramiksubstrats ermöglicht.
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Beschreibung der Erfindung
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Die vorstehend geschilderte Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein beschichtetes Glas- oder Glaskeramiksubstrat mit beständigen multifunktionellen Oberflächeneigenschaften, umfassend
- – eine Kombination von antimikrobiellen, antireflektiven und Antifingerprint-Eigenschaften, oder
- – eine Kombination von antimikrobiellen, antireflektiven und Antifingerprint-Eigenschaften, wobei das Substrat chemisch vorgespannt ist, oder
- – eine Kombination von antimikrobiellen und antireflektiven Eigenschaften, wobei das Substrat chemisch vorgespannt ist.
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Die beschichtete Glas- oder Glaskeramiksubstrate mit beständigen multifunktionellen Oberflächeneigenschaften gemäß der vorliegenden Erfindung finden vielseitig Anwendung, zum Beispiel als Abdeckgläser für jegliche Form von Touch-Bildschirmen, beispielsweise in der Unterhaltungs- und Haushaltselektronik, insbesondere in Mobiltelefonen, Smartphones, Tablet-PCs, Notebook-PCs, Fernsehgeräten, ATM-Geräten und dergleichen. Weitere Anwendungsfelder sind in Krankenhäusern, Museen, Läden, im Bau- und Transportwesen, bei Fahrkartenschaltern, Kontrollanzeigen von Geräten oder von Kraftfahrzeugen, Werbetafeln und dergleichen, überall dort, wo antimikrobielle Eigenschaften, geringe Lichtreflexion, und gegebenenfalls zusätzlich einfache Reinigbarkeit und hohe mechanische Festigkeit zweckmäßig und erforderlich sind.
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Bislang gibt es keine derartige Technologie oder ein beschichtetes Glas- oder Glaskeramiksubstrat, das sämtliche dieser Eigenschaften oder Funktionen in ein und derselben Glasoberfläche kombiniert. Dies ist nicht einfach zu verwirklichen, da jede einzelne Funktion in völlig anderer Weise in die Glasoberfläche eingebracht wird und jede dieser Funktionen und damit auch jedes der eingesetzten Herstellungsverfahren völlig eigene Voraussetzungen hat.
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Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie die verschiedenen Funktionen in oder auf einer Glas- oder Glaskeramikoberfläche realisiert werden können. Erfindungsgemäß bevorzugt wird die antimikrobielle Funktion durch einen Ionenaustausch erreicht, wobei ein oder mehrere antimikrobiell wirkende Metallionen in antimikrobiell wirksamer Menge, vorzugsweise ausgewählt aus Silber-, Kupfer-, Cadmium-, Zink-, Eisen-, Zinn-, Kobalt-, Cer-, Antimon-, Selen-, Chrom-, Magnesium- und/oder Nickelionen vorliegen. Es wird keine Beschichtung, beispielsweise in Form einer Einzelschicht aus antimikrobiell wirkenden Metallsalzen, auf die Glas- oder Glaskeramikoberfläche oder die antireflektiv beschichtete Glas- oder Glaskeramikoberfläche aufgebracht. Die antireflektive Beschichtung und auch die Antifingerprint-Funktion werden vorzugsweise jeweils durch Vorsehen von einer Beschichtung aus ein oder mehreren Schichten auf das Glas- oder Glaskeramiksubstrat aufgebracht. Die Antifingerprint-Funktion oder -Beschichtung ist regelmäßig die oberste Schicht auf dem Glas- oder Glaskeramiksubstrat, um ihre Funktion zu erfüllen. Das chemische Vorspannen, sofern erwünscht, wird durch Ionenaustausch mit dem Glas- oder Glaskeramiksubstrat und der sich darauf befindenden antireflektiven Beschichtung durchgeführt.
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Überraschenderweise wurde nun festgestellt, dass die erfindungsgemäßen Eigenschaftskombinationen sich nicht gegenseitig nachteilig beeinflussen. Insbesondere ist es unerwartet, dass die antimikrobiellen Eigenschaften erfindungsgemäß erhalten werden können, ohne andere Funktionalitäten der beschichteten Glas- oder Glaskeramikoberfläche nachteilig zu beeinflussen. Die antimikrobielle Funktionalität wird auch nicht nachteilig beeinflusst, wenn eine Antifingerprint-Beschichtung auf der beschichteten Glas- oder Glaskeramikoberfläche aufgebracht wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die AF-Beschichtung, bevorzugt basierend auf einer Flüssigphasenbeschichtung, aufgebracht wird.
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Die Erfindung bezieht sich weiterhin auf ein Verfahren zur Herstellung eines beschichteten Glas- oder Glaskeramiksubstrats mit beständigen multifunktionellen Oberflächeneigenschaften, umfassend die nachfolgenden Schritte:
- – Aufbringen einer antireflektiven Beschichtung auf ein Glas- oder Glaskeramiksubstrat;
- – Durchführen eines der 3 nachfolgenden Ionenaustauschverfahren mit dem antireflektiv beschichteten Glas- oder Glaskeramiksubstrat in einem Salzbad,
(1) wobei das Salzbad ein oder mehrere Metallsalze mit antimikrobieller Wirkung enthält, vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Silber-, Kupfer-, Cadmium-, Zink-, Eisen-, Zinn-, Kobalt-, Cer-, Antimon-, Selen-, Chrom-, Magnesium- und/oder Nickelsalzen, um dem Glas- oder Glaskeramiksubstrat antimikrobielle Eigenschaften zu verleihen; oder
(2) wobei das Salzbad eine Mischung von Kalium-, Rubidium- und/oder Cäsiumsalz mit einem oder mehreren Metallsalzen mit antimikrobieller Wirkung enthält, vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Silber-, Kupfer-, Cadmium-, Zink-, Eisen-, Zinn-, Kobalt-, Cer-, Antimon-, Selen-, Chrom-, Magnesium- und/oder Nickelsalzen, um dem Glas- oder Glaskeramiksubstrat antimikrobielle Eigenschaften zu verleihen und dieses gleichzeitig chemisch vorzuspannen; oder
(3) wobei in einem ersten Schritt das erste Salzbad Kalium-, Rubidium- und/oder Cäsiumsalz enthält und in einem zweiten Schritt das zweite Salzbad eine Mischung von Kalium-, Rubidium- und/oder Cäsiumsalz mit einem oder mehreren Metallsalzen mit antimikrobieller Wirkung enthält, vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Silber-, Kupfer-, Cadmium-, Zink-, Eisen-, Zinn-, Kobalt-, Cer-, Antimon-, Selen-, Chrom-, Magnesium- und/oder Nickelsalzen, um dem Glas- oder Glaskeramiksubnstrat antimikrobielle Eigenschaften zu verleihen und dieses chemisch vorzuspannen; und
- – optional Aufbringen einer Antifingerprint-Beschichtung auf die erhaltenen antireflektiv beschichtete Glas- oder Glaskeramikoberfläche.
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In der vorliegenden Beschreibung wird der Begriff „antireflektiv” auch als „AR”, der Begriff „antimikrobiell” auch als „AM” und der Begriff „Antifingerprint” auch als ”AF” bezeichnet.
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Erfindungsgemäß wird demzufolge zunächst eine antireflektive (AR-)Beschichtung bereitgestellt, die vorzugsweise auf der Sol-Gel-Technologie basiert und für einen Ionenaustausch und damit ein chemisches Vorspannen der Glas- oder Glaskeramikoberfläche geeignet ist.
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Die oberste Schicht der AR-Beschichtung, insbesondere Sol-Gel-AR-Beschichtung, ist bevorzugt eine Haftvermittlerschicht, um eine dauerhafte AF-Beschichtung hierauf aufbringen zu können. Die mit der AR-Beschichtung versehene Glas- oder Glaskeramikoberfläche kann dann gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren mit einer entsprechenden Metallsalzschmelze mit antimikrobiellen Ionen, wie beispielsweise Silberionen, ausgerüstet werden (Ionenautauschverfahren (1)) oder es kann gleichzeitig im selben Schritt antimikrobiell ausgerüstet und chemisch vorgespannt werden (Ionenaustauschverfahren (2)) oder das chemische Vorspannen und Verleihen von antimikrobiellen Eigenschaften kann in zwei Schritten nacheinander erfolgen (Ionenaustauschverfahren (3)). Hiernach kann gegebenenfalls eine Antifingerprint-Beschichtung aufgebracht werden, wodurch die Glas- oder Glaskeramikoberfläche antimikrobielle (AM-), antireflektive (AR-) und Antifingerprint-(AF-)Eigenschaften aufweist und gleichzeitig chemisch vorgespannt sein kann.
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Bei Anwendungen, wo eine erhöhte Festigkeit von geringerer Bedeutung ist, wie beispielsweise bei Bilderrahmen, Schaufenstervitrinen oder dickeren Fenstergläsern, wird das Ionenaustauschverfahren nur eingesetzt, um dem Glas antimikrobielle Funktionalität zu verleihen. Die Erhöhung der Festigkeit durch Dotierung mit größeren Alkali-Ionen, insbesondere Kaliumionen, ist in diesem Fall nicht erforderlich. Die Antifingerprint-Beschichtung wird nur dann aufgebracht, wenn dies für die jeweilige Verwendung zweckmäßig ist, beispielsweise bei Touchscreen-Anwendungen.
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Somit werden erfindungsgemäß Glas- oder Glaskeramiksubstrate mit dauerhafter multifunktioneller Oberfläche und verschiedenen Eigenschaftskombinationen zur Verfügung gestellt.
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Nachfolgend sollen die einzelnen Eigenschaften oder Funktionen, mit denen das Glas- oder Glaskeramiksubstrat ausgestattet wird, im Einzelnen erläutert werden:
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Antireflektive (AR-)Beschichtung
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Das AR-beschichtete Substrat, das im ersten Verfahrensschritt des erfindungsgemäßen Verfahrens hergestellt wird, umfasst ein Trägermaterial aus Glas- oder Glaskeramik und eine antireflektive Beschichtung.
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Die antireflektive Beschichtung besteht gemäß einer Ausführungsform aus ein oder zumindest zwei Schichten. Die eine Schicht oder die oberste Schicht der mindestens zwei Schichten ist vorzugsweise eine Haftvermittlerschicht, die mit einer hierauf aufzubringenden Antifingerprint- oder Easy-To-Clean-Beschichtung Wechselwirken kann, wodurch eine Langzeitstabilität der Antifingerprint-Beschichtung resultiert. Die Haftvermittlerschicht ist eine Schicht, die eine verbesserte Haftung zwischen der darunter- und der darüberliegenden Schicht bewirkt. Diese tritt mit einer aufgebrachten Antifingerprint-Beschichtung derart in Wechselwirkung, das aufgrund einer chemischen, insbesondere einer kovalenten Bindung, zwischen der Haftvermittlerschicht des erfindungsgemässen Substrats und einer darauf aufgetragenen Antifingerprint-Beschichtung die Langzeitbeständigkeit der Antifingerprint-Beschichtung erhöht wird.
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Die Funktion der antireflektive(n) Schicht(en) wird(werden) durch das durchgeführte Ionenaustauschverfahren zum Erhalt der antimikrobiellen Eigenschaften (z. B. Ionenautausch von Natriumionen gegen Silberionen) und durch das durchgeführte Ionenaustauschverfahren zum chemischen Vorspannen (z. B. Ionenaustausch von Natriumionen gegen Kaliumionen) in überraschender Weise nicht nachteilig beeinflusst. Umgekehrt wurde ebenfalls festgestellt, dass der Ionenaustausch sowohl für das chemische Vorspannen als auch die antimikrobielle Ausrüstung weder die antireflektive Beschichtung noch die Funktion einer gegebenenfalls vorhandenen Haftvermittlerschicht negativ beeinflusst.
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Die Haftvermittlerschicht, die bevorzugt die oberste Schicht der antireflektiven Beschichtung darstellt, weist bevorzugt einen geringen Brechungsindex auf.
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Wenn die antireflektive Beschichtung eine Einzelschicht darstellt, die bevorzugt in Form einer Haftvermittlerschicht ausgebildet ist, liegt der Brechungsindex bevorzugt im Bereich von 1,22 bis 1,44, bevorzugter im Bereich von 1,28 bis 1,44. Bei einer AR-Beschichtung, die aus mehreren Schichten aufgebaut ist und bei der bevorzugt die oberste Schicht eine Haftvermittlerschicht darstellt, liegt der Brechungsindexbereich der obersten Schicht bevorzugt im Bereich von 1,22 bis 1,70, noch bevorzugter im Bereich von 1,28 bis 1,60, insbesondere bevorzugt im Bereich von 1,28 bis 1,56.
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Die antireflektive Beschichtung ist bevorzugt derart aufgebaut, dass sie eine unvollständige antireflektive Beschichtung darstellt und erst nach Aufbringen einer AF-Beschichtung eine optisch vollständige antireflektive Beschichtung vorliegt. Jedoch ist der optische Beitrag der AF-Beschichtung in der Regel gering, weil diese sehr dünn ist. In einigen Fällen kann die AF-Beschichtung daher auch optisch inaktiv sein.
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Die antireflektive Beschichtung kann auch derart aufgebaut sein, dass eine unvollständige antireflektive Beschichtung vorliegt und erst durch Vorliegen einer Haftvermittlerschicht und gegebenenfalls einer AF-Beschichtung eine vollständige antireflektive Beschichtung vorliegt.
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Die antireflektive Beschichtung besteht gemäß einer weiteren Ausführungsform aus drei oder mehr Schichten mit alternierenden mittleren, hohen und geringen Brechungsindices. Auch in diesem Fall ist die oberste Schicht bevorzugt eine Haftvermittlerschicht und weist bevorzugt einen niedrigen Brechungsindex auf.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform besteht die antireflektive Beschichtung aus zwei oder mehr Schichten mit alternierendem niedrigem und hohem Brechungsindex. Auch in diesem Fall ist die oberste Schicht bevorzugt eine Haftvermittlerschicht und weist bevorzugt einen niedrigen Brechungsindex auf.
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Mindestens eine Schicht der antireflektiven Beschichtung, besonders bevorzugt die oberste oder Haftvermittlerschicht, kann in Unterschichten aufgeteilt sein, wobei eine oder mehrere Zwischenschichten vorliegen können. Bevorzugt weisen die ein oder mehreren Zwischenschichten dann praktisch denselben Brechungsindex wie die Unterschichten auf.
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Die Haftvermittlerschicht ist dann besonders vorteilhaft und entfaltet ihre Funktion im besonderen Maße, wenn diese ein Mischoxid darstellt. Die Haftvermittlerschicht ist daher gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung eine Mischoxidschicht, noch bevorzugter eine Siliciummischoxidschicht, insbesondere eine Siliciumoxidschicht, gemischt mit einem Oxid mindestens eines der Elemente Aluminium, Zinn, Magnesium, Phosphor, Cer, Zirkon, Titan, Cäsium, Barium, Strontium, Niob, Zink, Bor, Hafnium und/oder Magnesiumfluorid, bevorzugt mindestens ein Oxid des Elements Aluminium.
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Unter Siliziumoxid im Sinne dieser Erfindung wird auch jedes Siliziumoxid zwischen Siliziummono- und Siliziumdioxid verstanden. Silizium im Sinne der Erfindung wird als Metall und als Halbmetall verstanden. Siliziummischoxid ist eine Mischung aus einem Siliziumoxid mit einem Oxid zumindest eines anderen Elementes, die homogen oder nicht homogen, stöchiometrisch oder nicht stöchiometrisch sein kann.
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Die Haftvermittlerschicht weist bevorzugt eine Dicke größer als 1 nm, noch bevorzugter größer als 10 nm, insbesondere bevorzugt größer als 20 nm auf.
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Im Prinzip kann jede Beschichtung als antireflektive Beschichtung, bevorzugt einschließlich einer Haftvermittlerschicht, eingesetzt werden. Eine antireflektive Beschichtung kann mittels Drucktechnologie, Sprühtechnologie oder Dampfabscheidungstechnologie aufgebracht werden, bevorzugt ist eine Flüssigphasenbeschichtung, noch bevorzugter eine Sol-Gel-Beschichtung. Die antireflektive Beschichtung, bevorzugt umfassend oder bestehend aus der Haftvermittlerschicht, kann durch CVD-Technologie, beispielsweise mittels PECVD, PICVD, Niederdruck-CVD oder Gasphasenabscheidung bei Atmosphärendruck (AVD, atomic vapour deposition; ALD atomic layer deposition) aufgebracht werden. Die antireflektive Beschichtung kann auch durch PVD-Technologie, beispielsweise Sputtern, thermisches Verdampfen, Laserstrahl- oder Elektronenstrahl- oder Lichtbogenverdampfen, aufgebracht werden. Die Haftvermittlerschicht kann alternativ durch Flammpyrolysetechnologie abgeschieden werden. Die Haftvermittlerschicht und die anderen Schichten der antireflektiven Beschichtung können alternativ durch Kombinationen von verschiedenen Verfahren hergestellt werden.
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Ein Sol-Gel-Beschichtungsverfahren, um eine antireflektive Beschichtung herzustellen, wird nachfolgend beispielhaft beschrieben:
Zunächst wird die zu beschichtende Oberfläche bevorzugt gereinigt. Das Reinigen mit Flüssigkeiten von Glas- oder Glaskeramiksubstraten ist ein weit verbreitetes Verfahren. Eine Vielzahl von Reinigungsflüssigkeiten wird hierbei verwendet, wie demineralisiertes Wasser oder wässerige Systeme, wie verdünnte Alkali-Lösungen (pH > 9) und Säuren, Detergenzlösungen oder nicht wässrige Lösungsmittel, wie z. B. Alkohole oder Ketone.
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Das Glas- oder Glaskeramiksubstrat kann vor dem Beschichten aktiviert werden. Aktivierungsverfahren umfassen beispielsweise eine Oxidation, Coronaentladung, Flammbehandlung, UV-Behandlung, Plasmaaktivierung und/oder mechanische Verfahren, wie ein Aufrauen, Sandstrahlen und auch Plasmabehandlungen oder andere Behandlungen der Substratoberfläche zum Aktivieren mit einer Säure und/oder Lauge.
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Ein bevorzugtes Sol-Gel-Verfahren verwendet die Umsetzung von metallorganischen Ausgangsmaterialien in gelöstem Zustand, um die Schichten zu bilden. Als Folge einer kontrollierten Hydrolyse und Kondensationsreaktion der metallorganischen Ausgangsmaterialien wird eine Metalloxidnetzwerkstruktur aufgebaut, d. h. eine Struktur, in der die Metallatome miteinander durch Sauerstoffatome verbunden sind, gleichzeitig mit Eliminierung der Reaktionsprodukte, wie Alkohol und Wasser. Die Hydrolysereaktion kann durch Zugabe von Katalysatoren beschleunigt werden.
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Das anorganische Sol-Gel-Material, aus dem die Sol-Gel-Schichten erzeugt werden, ist bevorzugt ein Kondensat, insbesondere umfassend ein oder mehrere hydrolysierbare und kondensierbare oder kondensierte Silane und/oder Metallalkoxide, bevorzugt von Si, Ti, Zr, Al, Nb, Hf, Ge, B, Sn und/oder Zn. Bevorzugt können die im Sol-Gel-Verfahren durch anorganische Hydrolyse und/oder Kondensation vernetzten Gruppen beispielsweise die nachfolgenden funktionellen Gruppen sein: TiR4, ZrR4, SiR4, AlR3, TiR3(OR), TiR2(OR)2, ZrR2(OR)2, ZrR3(OR), SiR3(OR), SiR2(OR)2, TiR(OR)3, ZrR(OR)3, AlR2(OR), AlR(OR)2, Ti(OR)4, Zr(OR)4, Al(OR)3, Si(OR)4, SiR(OR)3 und/oder Si2(OR)6. Die Gruppe OR kann beispielsweise sein: Alkoxy, wie bevorzugt Methoxy, Ethoxy, n-Propoxy, Isopropoxy, Butoxy, Isopropoxyethoxy, Methoxypropoxy, Phenoxy, Acetoxy, Propionyloxy, Ethanolamin, Diethanolamin, Triethanolamin, Methacryloxypropyl, Acrylat, Methylacrylat, Acetylaceton, Ethylacetoacetat, Ethoxyacetat, Methoxyacetat, Methoxyethoxyacetat und/oder Methoxyethoxyethoxyacetat. Der Rest R kann beispielsweise sein: Cl, Br, F, Metyhl, Ethyl, Phenyl, n-Propyl, Butyl, Allyl, Vinyl, Glycidylpropyl, Methacryloyloxypropyl, Aminopropyl und/oder Fluoroctyl.
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Ein gemeinsames Merkmal sämtlicher Sol-Gel-Reaktionen ist, dass die molekulardispersen Vorläufer einer Hydrolysekondensation und Polymerisationsreaktionen unterliegen, um partikulär disperse oder kolloidale Systeme zu bilden. Abhängig von den ausgewählten Bedingungen können die „primären Partikel”, die zunächst gebildet werden, weiter wachsen, können sich zusammenschließen, um Cluster zu bilden oder können eher lineare Ketten bilden. Die resultierenden Einheiten führen zu Mikrostrukturen, die infolge der Entfernung des Lösungsmittels entstehen. Im idealen Fall kann das Material thermisch vollständig verdichtet sein, aber in Realität bleibt häufig ein Porositätsgrad bestehen, in einigen Fällen sogar eine beträchtliche Restporosität. Die chemischen Bedingungen während der Sol-Erzeugung haben einen kritischen Einfluss auf die Eigenschaften der Sol-Gel-Beschichtungen, wie beschrieben in
P. Löbmann, „Sol-Gel-Beschichtungen", Fortbildungskurs 2003 „Oberflächenveredelung von Glas", Hüttentechnische Vereinigung der deutschen Glasindustrie.
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Die Si-Ausgangsmaterialien wurden bis heute sehr genau untersucht. In dieser Hinsicht wird verwiesen auf C. Brinker, G. Scherer, „Sol-Gel-Science – The Physics and Chemistry of Sol-Gel Processing (Academic Press, Boston 1990), R. Iller, The Chemistry of Silica (Wiley, New York, 1979). Die Si-Ausgangsmaterialien, die am häufigsten verwendet werden, sind Siliciumalkoxide mit der Formel Si(OR)4, die bei Zugabe von Wasser hydrolysieren. Unter sauren Bedingungen werden bevorzugt lineare Aggregate gebildet. Unter basischen Bedingungen reagieren die Siliciumalkoxide, um höher vernetzte „globulare” Teilchen zu bilden. Die Sol-Gel-Beschichtungen enthalten vorkondensierte Teilchen und Cluster.
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Zur Herstellung einer Siliciumoxid-Tauchlösung für das Glas- oder Glaskeramiksubstrat gemäß der vorliegenden Erfindung wird die Tauchlösung bevorzugt wie folgt hergestellt:
Die Silicium-Ausgangsverbindung(en) wird(werden) in einem organischen Lösungsmittel gelöst. Die verwendeten Lösungsmittel können sämtlich organische Lösungsmittel sein, die die Silicium-Ausgangsverbindung(en) lösen und in der Lage sind, eine ausreichende Menge an Wasser zu lösen, die für die Hydrolyse der Silicium-Ausgangsverbindungen notwendig ist. Geeignete Lösungsmittel sind beispielsweise Toluol, Cyclohexan oder Aceton, aber insbesondere C1-6-Alkohole. Beispiele hierfür sind Methanol, Ethanol, Propanol, Butanol, Pentanol, Hexanol oder Isomere hiervon. Es ist vorteilhaft, niedrigere Alkohole zu verwenden, insbesondere Methanol und Ethanol, da diese einfach zu handhaben sind und einen relativ niedrigen Dampfdruck besitzen.
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Die eingesetzte Silicium-Ausgangsverbindung ist insbesondere ein C1-4-Alkylester einer Kieselsäure, d. h. Kieselsäuremethylster, -ethylester, -propylester oder -butylester. Kieselsäuremethylester ist bevorzugt.
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Die Konzentration der Silicium-Ausgangsverbindung im organischen Lösungsmittel liegt herkömmlicherweise bei 0,05 bis 1 Mol/Liter. Für die Hydrolyse der Silicium-Ausgangsverbindung wird diese Lösung im beschriebenen Beispielfall mit 0,05 bis 12 Gew.-% Wasser, bevorzugt destilliertem Wasser, und mit 0,01 bis 7 Gew.-% eines Säurekatalysators gemischt. Hierzu werden bevorzugt organische Säuren zugegeben, wie Essigsäure, Methoxyessigsäure, Polyethercarbonsäuren (z. B. Ethoxyethoxyessigsäure), Zitronensäure, para-Toluolsulfonsäure, Milchsäure, Methacrylsäure oder Acrylsäure oder Mineralsäuren, wie HNO3, HCl oder H2SO4.
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Der pH-Wert der Lösung sollte bevorzugt ungefähr ≤ 3 sein. Wenn die Lösung nicht ausreichend sauer ist (pH > 3), besteht die Gefahr, dass die Polykondensate/Cluster zu groß werden.
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In einer weiteren Ausführungsform kann die Lösung in zwei Schritten hergestellt werden. Der erste Schritt erfolgt wie oben beschrieben. Diese Lösung lässt man dann stehen (reifen). Die Reifezeit wird dadurch erreicht, dass die gereifte Lösung mit weiterem Lösungsmittel verdünnt wird und/oder das Reifen wird unter Verschieben des pH-Werts der Lösung in den stark sauren Bereich abgebrochen. Das Verschieben in einen pH-Bereich von 1,5 bis 2,5 ist bevorzugt. Das Verschieben des pH-Werts in den stark sauren Bereich wird bevorzugt durch Zugeben einer anorganischen Säure, noch bevorzugter durch Zugeben von Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure oder Phosphorsäure oder irgendeiner organischen Säure, wie Oxalsäure oder dergleichen, erreicht. Die starke Säure wird bevorzugt in einem organischen Lösungsmittel zugegeben, bevorzugter in dem Lösungsmittel, in dem die Silicium-Ausgangsverbindung bereits gelöst vorliegt. Es ist hier ebenfalls möglich, die Säure in einer ausreichenden Menge zusammen mit dem Lösungsmittel zuzugeben, bevorzugter wieder in alkoholischer Lösung, so dass die Verdünnung der Ausgangslösung und das Abbrechen des Reifungsprozesses in einem Schritt stattfinden.
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Die Sol-Gel-Beschichtungen umfassen vorkondensierte Teilchen und Cluster, die verschiedene Strukturen aufweisen können. Diese Strukturen können unter Verwendung von Streulichtexperimenten bestimmt werden. Mittels der Verfahrensparameter, wie Temperatur, Zugaberate, Rührgeschwindigkeit, aber insbesondere durch den pH-Wert ist es möglich, dass diese Strukturen in den Solen erzeugt werden. Es hat sich gezeigt, dass die Verwendung von kleinen Siliciumoxid-Polykondensaten/Clustern mit einem Durchmesser von ≤ 20 nm, bevorzugt ≤ 4 nm, noch bevorzugter im Bereich von 1 bis 2 nm, ermöglicht, Tauch-Schichten zu erzeugen, die dichter gepackt sind als herkömmliche Siliciumoxidschichten. Dies führt beispielsweise zu einer Verbesserung der chemischen Beständigkeit der Schicht.
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Eine weitere Verbesserung der chemischen Beständigkeit und der Funktion als Haftvermittlerschicht wird dadurch erreicht, dass die Lösung mit geringen Mengen eines Zumischungsmittels oder mehrerer Zusätze versetzt wird, die homogen in der Lösung und auch in der späteren Schicht verteilt vorliegen und ein Mischoxid bilden. Geeignete Zusätze sind hydrolysierbare oder dissoziierende anorganische Salze, gegebenenfalls enthaltend Kristallisationswasser, ausgewählt aus den Salzen von Zinn, Aluminium, Phosphor, Bor, Cer, Zirkon, Titan, Cäsium, Barium, Strontium, Niob und/oder Magnesium. Beispielhaft genannt seien SnCl4, SnCl2, AlCl3, Al(NO3)3, Mg(NO3)2, MgCl2, MgSO4, TiCl4, ZrCl4, CeCl3, Ce(NO3)3 und dergleichen. Diese anorganischen Salze können sowohl in wasserhaltiger Form als auch mit Kristallisationswasser eingesetzt werden.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform gemäß der Erfindung kann der oder die verwendeten Zusätze ausgewählt sein aus ein oder mehreren Metallalkoxiden von Zinn, Aluminium, Phosphor, Bor, Cer, Zirkon, Titan, Cäsium, Barium, Strontium, Niob und/oder Magnesium, bevorzugt Titan, Zirkon, Aluminium oder Niob. Ebenfalls geeignet sind Phosphorsäureester, wie Phosphorsäuremethylester oder -ethylester, Phosphorhalogenide, wie Chloride und Bromide, Borsäureester, wie Ethyl-, Methyl-, Butyl- oder Propylester, Borsäureanhydrid, BBr3, BCl3, Magnesiummethylat oder -ethylat und dergleichen.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform gemäß der Erfindung können die Zusätze auch als anorganische Fluoride ausgewählt werden, z. B. MgF2, CaF2 etc., die vorzugsweise in Form von Nanopartikeln < 200 nm vorliegen.
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Besonders bevorzugt finden die Zusätze Verwendung, wenn die antireflektive Beschichtung oder Teile der antireflektiven Beschichtung als Sol-Gel-Beschichtung in Form einer Haftvermittlerschicht vorliegt.
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Diese ein oder mehreren Zusätze werden beispielsweise in einer Konzentration von etwa 0,5 bis 20 Gew.-%, berechnet als Oxid (bzw. Fluorid), basierend auf dem Siliciumgehalt der Lösung, berechnet als SiO2, zugegeben. Der Zusatz oder die Zusätze können auch in Kombination eingesetzt werden.
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Wenn die Tauchlösung gelagert oder in anderer Weise über eine längere Zeitdauer eingesetzt werden soll, kann es vorteilhaft sein, wenn diese Lösung durch Zugabe von ein oder mehreren Komplexbildnern stabilisiert wird. Diese Komplexbildner sollten in der Tauchlösung löslich sein und können dem Lösungsmittel der Tauchlösung entsprechen.
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Komplexbildner, die eingesetzt werden können, umfassen beispielsweise Ethylacetoacetat, 2,3-Pentandion (Acetylaceton), 3,5-Heptandion, 4,6-Nonandion, 3-Metyhl-2,4-pentandion, 2-Methylacetylaceton, Triethanolamin, Diethynolamin, Ethanolamin, 1,3-Propandiol, 1,5-Pentandiol, Carbonsäuren, wie Essigsäure, Propionsäure, Ethoxyessigsäure, Methoxyessigsäure, Polyethercarbonsäuren (z. B. Ethoxyethoxyessigsäure), Zitronensäure, Milchsäure, Methylacrylsäure und Acrylsäure und dergleichen.
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Das Molverhältnis von Komplexbildner zu Halbmetalloxidvorläufer und/oder Metalloxidvorläufer kann im Bereich von 0,1 bis 5 liegen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform wird das Glas- oder Glaskeramikmaterial während der Sol-Gel-Beschichtung mit einer Zielgeschwindigkeit von etwa 50–1500 mm/Min., bevorzugt 200–1000 mm/Min., noch bevorzugter etwa 300–1000 mm/Min. aus der Lösung herausgezogen, wobei der Feuchtigkeitsgehalt der Umgebungsluft zwischen etwa 4 g/m3 und etwa 12 g/m3, bevorzugter bei etwa 8 g/m3 liegt.
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Die tauchbeschichtete Schicht kann nach dem Aufbringen getrocknet werden, um höhere mechanische Festigkeit zu erhalten. Das Trocknen kann, beispielsweise in einem Hochtemperaturofen, in einem sehr breiten Temperaturbereich durchgeführt werden. Typischerweise liegen Trocknungszeiten von wenigen Minuten bei Temperaturen im Bereich von 100–200°C vor.
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Die Bildung der aufgebrachten Schicht findet in einem Hochtemperaturschritt statt, in dessen Verlauf die organischen Bestandteile des Gels vorzugsweise ausgebrannt werden. Um schließlich die Mischoxidschicht, bevorzugt Siliciummischoxidschicht, zu bilden, die beispielsweise als Haftvermittlerschicht wirken kann, wird diese unterhalb der Erweichungstemperatur des Glas- oder Glaskeramikmaterials, bevorzugt bei Temperaturen von weniger als 550°C, noch bevorzugter zwischen 350 und 500°C, noch bevorzugter zwischen 400 und 500°C, erhitzt. Es ist auch möglich, Temperaturen von mehr als 550°C einzusetzen, aber die Dauer sollte dann vorzugsweise kurz ausgewählt werden, damit es nicht zur Verformung des Glassubstrates (abhängig von der Dicke des Glassubstrates) kommt. Derartige Temperaturen führen aber in der Regel nicht zu einer weiteren Verbesserung der Adhäsionsstärke der Schicht.
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Antimikrobielle (AM-)Eigenschaft und chemisches Vorspannen durch Ionenaustausch
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Unter Verwendung eines Ionenaustauschverfahrens werden der beschichteten Glas- oder Glaskeramikoberfläche antimikrobielle Eigenschaften verliehen. Hierzu werden ein oder mehrere antimikrobiell wirkende Salze, insbesondere ein oder mehrere antimikrobiell wirkende Metallsalze in das Substrat und wahrscheinlich auch die hierauf vorliegende(n) Schicht(en) in einer antimikrobiell wirksamen Menge eingebracht, wobei das Metall vorzugsweise ausgewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus Silber, Kupfer, Cadmium, Zink, Eisen, Zinn, Kobalt, Cer, Antimon, Selen, Chrom, Magnesium und/oder Nickel. Besonders bevorzugt sind Silbersalze, insbesondere Silbernitrat, Silberchlorid, Silberfluorid, Silberbromid, Silberoxid, Silbersulfat, Silbercarbonat, Silbercyanid, Silbertetrafluoroborat, Silbersulfid, Silberacetat, Silberlactat, Silberbenzoat, Silbercyclohexanbutyrat, Silberdiethyldithiocarbamat, Silbertrifluormethansulfonat und Mischungen dieser. Besonders bevorzugt sind AgCl-/AgNO3- und/oder ZnCl- und/oder ZnNO3-haltige Mischungen. Das Verleihen der antimikrobiellen Eigenschaften erfolgt erfindungsgemäß durch einen Ionenaustausch in einem Salz- oder Schmelzbad, wobei der Ionenaustausch mit dem Glas oder der Glaskeramik und der darauf vorliegenden antireflektiven Beschichtung durchgeführt wird. Der Ionenaustausch zur Ausrüstung des Glas- oder Glaskeramiksubstrats mit antimikrobiellen Eigenschaften wird wie der Ionenaustausch zum chemischen Vorspannen durchgeführt.
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Das Glas- oder Glaskeramiksubstrat der vorliegenden Erfindung kann –je nach dem gewünschten Eigenschaftsprofil – auch chemisch vorgespannt sein, um so über höhere mechanische Festigkeit und Kratzbeständigeit als ohne chemisches Vorspannen zu verfügen. Das chemische Vorspannen wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung ebenfalls durch einen Ionenaustausch, wie im Stand der Technik bekannt, durchgeführt, wobei erfindungsgemäß jedoch der Ionenaustausch durch die auf dem Glas oder der Glaskeramik vorliegende antireflektive Beschichtung hindurch durchgeführt wird. Der Ionenaustausch von kleineren Alkalimetallionen, z. B. Natrium- und/oder Lithiumionen, aus dem Glas durch größere Alkalimetallionen, wie beispielsweise Kalium-, Rubidium- und/oder Cäsiumionen, führt zu einer Druckspannungsschicht, die eine mechanische Beschädigung, wie Kratzen oder Abrieb, verhindert und somit das Glas oder die Glaskeramik gegenüber Beschädigungen widerstandsfähiger macht. Das chemische Vorspannen kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung je nach gewünschtem Anwendungsgebiet und den erforderlichen Eigenschaftskombinationen durchgeführt werden oder weggelassen werden.
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Das chemische Vorspannen wird beispielsweise durch Eintauchen in eine kaliumhaltige, bevorzugt Kaliumnitrat-haltige, Salzschmelze durchgeführt. Es besteht auch die Möglichkeit, eine wässrige Kaliumsilikatlösung, -paste oder -dispersion einzusetzen, wie beispielsweise in der
WO 2011/120656 im Einzelnen beschrieben. Das chemische Vorspannen kann durch die Eindringtiefe (DoL, depth of ion exchanged layer) und die Druckspannung (CS, compressive strength) charakterisiert werden.
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Wenn die Glas- oder Glaskeramikoberfläche antimikrobielle Eigenschaften aufweisen und gleichzeitig chemisch vorgespannt sein soll, wird das Glas- oder Glaskeramiksubstrat beispielsweise in zwei aufeinanderfolgenden Schritten behandelt, d. h. das Glas oder die Glaskeramik kann in einem ersten Schritt chemisch vorgespannt und in einem zweiten Schritt antimikrobiell ausgerüstet werden.
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Im Rahmen der vorliegenden Erfindung hat es sich jedoch als besonders vorteilhaft herausgestellt, wenn beide Behandlungen gleichzeitig in einem Schritt durchgeführt werden (Verfahrensvariante (2)) oder wenn zwei Schritte durchgeführt werden, wobei im ersten Schritt zunächst chemisch vorgespannt und im zweiten Schritt antimikrobiell ausgerüstet wird. Bevorzugt wird im zweiten Schritt eine Mischung von antimikrobiell wirkender(n) Verbindung(en) und zum chemischen Vorspannen geeignete(s) Alkalisalz(en) in einem Salzbad verwendet (Verfahrensvariante (3)). Der Ionenaustausch im ersten Schritt erfolgt dann beispielsweise in einem Kaliumnitrat-Salzbad und der zweite Schritt erfolgt beispielsweise mit einer Mischung aus Kaliumsalz(en) und Silbersalz(en), z. B. einer Mischung aus KNO3 und AgNO3.
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Wird nur ein Schritt durchgeführt oder der erste Ionenaustauschschritt zum chemischen Vorspannen durchgeführt, so wird das Ionenaustauschverfahren bevorzugt in einem Salzbad bei einer Temperatur zwischen 350 und 500°C für eine Dauer von bevorzugt 0,5 bis 48 Stunden durchgeführt. Wenn Aluminiumsilikat- und Boroaluminosilikatgläser oder hierauf basierende Glaskeramiken als Substrate eingesetzt werden, liegt die Temperatur bevorzugt bei 400 bis 450°C und die Dauer zwischen 1 und 8 Stunden. Wird ein Kalknatronglas oder eine hierauf basierende Glaskeramik verwendet, so liegen die Temperaturen bevorzugt bei 390 bis 480°C bei einer Dauer zwischen 2 und 24 Stunden. Borosilikatgläser oder hierauf basierende Glaskeramiken werden beispielsweise bei Temperaturen zwischen 440 und 500°C für eine Dauer zwischen 4 und 48 Stunden behandelt.
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Wird das chemische Vorspannen und antimikrobielle Ausrüsten in einem einzigen Ionenaustauschschritt (Variante (2)) durchgeführt, beträgt die Konzentration der ein oder mehreren antimikrobiell wirkenden Metallsalze im Salzbad, beispielsweise in Form von ein oder mehreren Silbersalzen, bevorzugt 0,01 bis 2 Gew.-%, bevorzugter 0,01 bis 0,5 Gew.-%. Wenn der Ionenaustauschschritt zur antimikrobiellen Ausrüstung der zweite Schritt ist (Variante (3)), der nach dem chemischen Vorspannen durchgeführt wird, wird das Ionenaustauschverfahren bei einer Temperatur zwischen 400 und 500°C für eine Dauer zwischen 0,25 und 2 Stunden durchgeführt. Die Konzentration der ein oder mehreren antimikrobiell wirkenden Metallsalze im zweiten Salzbad, beispielsweise in Form von ein oder mehreren Silbersalzen, beträgt ebenfalls bevorzugt 0,01 bis 2 Gew.-%, bevorzugter 0,01 bis 0,5 Gew.-%.
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Es wurde überraschenderweise festgestellt, dass nach Durchführung des Ionenaustauschverfahrens, egal ob mit einem oder zwei Schritten, die gewünschten antimikrobiellen Eigenschaften und gleichzeitig entsprechende Eigenschaften eines chemisch vorgespannten Glas- oder Glaskeramiksubstrats erhalten werden. Beispielsweise wurde für Aluminosilikat- und Boroaluminosilikatgläser und den hierauf basierenden Glaskeramiken gefunden, dass die Druckspannung der Oberfläche CS (Compressive Stress) ≥ 600 MPa beträgt und die Tiefe der Druckspannungsschicht DoL (Depth of ion exchanged layer) ≥ 20 μm ist. Für Kalknatrongläser und den hierauf basierenden Glaskeramiken wurde festgestellt, dass die Druckspannung der Oberfläche CS ≥ 100 MPa, bevorzugt ≥ 200 MPa, noch bevorzugter ≥ 300 MPa ist, und die Tiefe der Oberflächendruckspannung DoL ≥ 5 μm beträgt. Diese Werte liegen im selben Bereich wie für Gläser oder Glaskeramiken, die nur durch Ionenaustausch chemisch vorgespannt wurden, ohne diese gleichzeitig antimikrobiell auszustatten.
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Weiterhin wurde gefunden, dass die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Glas- oder Glaskeramiksubstrate bevorzugt eine antimikrobielle Wirksamkeit > 90% gegenüber E.coli und S.aureus aufweisen, bevorzugter größer 99%, noch bevorzugter > 99,9%, insbesondere bevorzugt > 99,99%. Das Verfahren zum Messen der antimikrobiellen Wirksamkeit erfolgt dabei gemäß dem Standard JIS Z 2801 oder ISO 22196. Auch die Werte für die antimikrobielle Wirksamkeit liegen im selben Bereich wie für Gläser oder Glaskeramiken, die nur antimikrobiell ausgestattet sind.
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Die Glas- und/oder Glaskeramiksubstrate gemäß der vorliegenden Erfindung weisen zudem eine antimikrobielle Wirkung gegenüber anderen Bakterien auf, wie K.pneumoniae und P.aeruginosa. Es ist bekannt, dass beispielsweise Silberionen einen antimikrobiellen Effekt gegen etwa 650 Arten von Bakterien und anderen Mikroorganismen haben, einschließlich Viren, Bakterien, Pilze, Algen und dergleichen, so dass die erfindungsgemäßen antimikrobiellen Substrate über dieses Eigenschaftsspektrum voll und ganz verfügen können.
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Antifingerprint-(AF-)Beschichtung
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Das Ionen-ausgetauschte antireflektiv beschichtete Glas- und/oder Glaskeramiksubstrat kann gemäß einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung mit einer AF-Beschichtung, die auch als Easy-To-Clean-Beschichtung oder amphiphobe Beschichtung bezeichnet wird, versehen werden.
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Eine AF-Beschichtung weist hydrophobe und oleophobe, d. h. amphiphobe, Eigenschaften auf, derart dass die Benetzung der Oberfläche durch Wasser und Öle minimiert wird. Die Benetzungscharakteristik einer Oberfläche mit einer AF-Beschichtung muss daher derart sein, dass die Oberfläche sowohl hydrophob ist, d. h. der Kontaktwinkel zwischen Oberfläche und Wasser ist bevorzugt größer 90°, als auch oleophob ist, d. h. der Kontaktwinkel zwischen Oberfläche und Öl ist bevorzugt größer 50°.
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Die AF-Beschichtung kann eine Oberflächenschicht sein, umfassend ein Silan, das Alkyl- und/oder Fluoralkylgruppen enthält, wie z. B. 3,3,3-Trifluoropropyltrimethoxysilan oder Pentyltriethoxysilan.
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Die AF-Beschichtung kann auch eine Oberflächenschicht auf Fluorbasis sein, die auf Verbindungen mit Kohlenwasserstoffgruppen beruht, wobei die C-H-Bindungen teilweise oder bevorzugt im Wesentlichen sämtlich durch C-F-Bindungen ersetzt wurden. Derartige Verbindungen sind vorzugsweise Perfluorkohlenwasserstoffe, die beispielsweise die Formel (RF)nSiX4-n aufweisen, wobei RF einen C1- bis C22-Alkylperfluorkohlenwasserstoff oder -Alkylperfluorpolyether, bevorzugt C1- bis C10-Alkylperfluorkohlenwasserstoff oder -Alkylperfluorpolyether darstellt, n ist eine ganze Zahl von 1 bis 3, X ist eine hydrolysierbare Gruppe, wie Halogen oder eine Alkoxygruppe -OR, in der R beispielsweise einen linearen oder verzweigten Kohlenwasserstoff mit 1 bis 6 Kohlenstoffatomen darstellt. In diesem Fall kann die hydrolysierbare Gruppe X beispielsweise mit einer endständigen OH-Gruppe der Beschichtung des Glassubstrats reagieren und so an diese durch Ausbildung einer kovalenten Bindung binden. Perfluorkohlenwasserstoffe werden vorteilhafterweise verwendet, um aufgrund der geringen Polarität der endständigen Fluoroberflächenbindungen die Oberflächenenergie der Oberfläche zu reduzieren.
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Die AF-Beschichtung kann sich beispielsweise auch aus einer Monoschicht einer molekularen Kette mit Fluorendgruppen, einer Fluorpolymerbeschichtung oder von Siliciumoxid-Rußpartikeln ableiten, die zuvor mit Fluorendgruppen versehen oder mit diesen behandelt wurden.
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AF-Beschichtungen sind beispielsweise in der
DE 19848591 ,
EP 0 844 265 ,
US 2010/0279068 ,
US 2010/0285272 ,
US 2009/0197048 und der
WO 2012/163947 A1 beschrieben, deren Offenbarung hier durch Bezugnahme in die vorliegende Erfindung aufgenommen wird. Bekannte AF-Beschichtungen sind beispielsweise Produkte auf Basis von Perfluorpolyether unter der Bezeichnung „Fluorolink
® PFPE”, wie „Fluorolink
® S10”, der Fa. Solvay Solexis oder auch „Optool
TM DSX” oder „Optool
TM AES4-E” der Fa. Daikin Industries LTD, „Hymocer
® EKG 6000N” von der Firma ETC Products GmbH oder Fluorsilane unter der Bezeichnung „FSD”, wie „FSD 2500” oder „FSD 4500” von Cytonix LLC oder Easy Clean Coating „ECC”-Produkte wie „ECC 3000” oder „ECC 4000” von der Fa. 3M Deutschland GmbH. Hierbei handelt es sich um flüssig aufgebrachte Schichten. AF-Beschichtungen, beispielsweise als Nanoschichtsysteme, welche mittels physikalischer Gasphasenabscheidung aufgetragen werden, werden beispielsweise von der Fa. Cotec GmbH unter der Bezeichnung „DURALON UltraTec” angeboten.
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Die Beschichtung kann auf die Oberfläche durch Tauchen, Dampfbeschichten, Aufsprühen, Aufbringen mit einer Rolle bzw. einer Walze oder einer Rakel, durch thermische Vakuumabscheidung oder Sputtern, bevorzugt durch Flüssigphasenverfahren, wie Sprühen, Tauchbeschichten, Drucken, Aufwalzen, Spin-Coating oder andere geeignete Verfahren aufgebracht werden. Tauchen oder Aufsprühen sind besonders bevorzugt. Nachdem die Beschichtung aufgebracht wurde, wird diese vorzugsweise bei einer geeigneten Temperatur für eine geeignete Zeitspanne gehärtet.
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Der Wasserkontaktwinkel der AF-Beschichtung beträgt bevorzugt > 90°, noch bevorzugter > 100°, insbesondere bevorzugt > 110°.
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Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde festgestellt, dass die aufgebrachte Beschichtung auf das Glas- oder Glaskeramiksubstrat in Form der AF-Beschichtung keinen nachteiligen Einfluss auf die Freisetzung der antimikrobiell wirkenden Ionen aus der Glas- oder Glaskeramikoberfläche hat und sich daher auch nicht nachteilig auf die antimikrobielle Wirksamkeit der erhaltenen antimikrobiellen Glas- und/oder Glaskeramikoberfläche auswirkt.
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Erfindungsgemäß wurde zudem festgestellt, dass das Aufbringen einer AF-Schicht auf eine AR-Beschichtung regelmäßig zu einer Verbesserung der Abriebsbeständigkeit des gesamten Beschichtungssystems führt.
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Antiglare-Eigenschaft
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Zusätzlich oder alternativ zu einer der beschriebenen Eigenschaften kann das erfindungsgemäße Glas- oder Glaskeramiksubstrat auch über Antiglare-Eigenschaften verfügen.
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Eine Antiglare-Oberfläche beschreibt eine Oberfläche, die physikalisch die Lichtstrahlung in eine diffuse Reflexion anstelle einer spiegelnden Reflexion umwandeln kann. Eine Antiglare-Oberfläche ist in Situationen nützlich, wo eine hohe Transmission durch eine Oberfläche nicht so wichtig ist, sondern vielmehr eine geringe Reflektivität erforderlich ist. Die Antiglare-Funktion kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung vorliegen, beispielsweise kombiniert mit den AM-, AR-, AF-Eigenschaften sowie gegebenenfalls einem chemischen Vorspannen in einer Glas- oder Glaskeramikoberfläche.
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Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Glasoberfläche matt zu machen: z. B. das Prägen von Strukturen während einer Heißformgebung oder eine Ätzung der Glasoberfläche durch Säure. Nachträglich kann die Oberfläche mit einer oder mehreren AR-Schichten beschichtet werden. Es können auch kleine Teilchen in eine AR-Beschichtung einbezogen werden, außer der obersten Schicht der AR-Beschichtung, oder es kann eine Textur oder ein Muster in die Oberfläche eingebracht werden oder auf diese aufgebracht werden, um die Oberflächenlichtdiffusion zu verstärken. Weiterhin können die beschriebenen Eigenschaften auch bereits bei einem Antiglare-Glassubstrat, wie beispielsweise Xensation Cover AG, vertrieben von der Schott AG, mit den Multifunktionalitäten, wie AM, AR, optional AF und ggfs. chemischem Vorspannen, miteinander kombiniert werden.
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Eine Anti-Glare-Beschichtung kann daher z. B. durch Prägen einer Sol-Gel-Schicht oder Zugeben von Nanopartikeln in die Sol-Gel-Lösung, hergestellt werden, so dass die Rauhigkeit erhöht wird und vorzugsweise im Bereich von 5 nm bis 5 μm liegt.
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Durch eine Antiglare-Oberfläche, die beispielsweise in Form einer matten und/oder geätzten und/oder strukturierten Oberfläche erhalten wird, wird die spiegelnde Reflexion in trübe Reflexion verwandelt. Diese sogenannte Streuung des reflektierten Lichts macht reflektierte Bilder verschwommen, so dass verschiedene Formen und reflektierte Lichtquellen nicht von dem hinter dem Glas oder der Glaskeramik Dargestellten ablenken. Die Streuung des Lichtes verringert nicht die Gesamt-Reflexion oder die Absorption des eingestrahlten Lichtes an der Glas- oder Glaskeramikoberfläche oder im Glas- oder Glaskeramiksubstrat. Vielmehr wird das Licht nicht nur gerichtet, sondern in alle Raumrichtungen gestreut. Die Gesamtlichtmenge bleibt dabei gleich.
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Geätzte Oberflächen haben die folgenden Vorteile: Die diffuse Streuung hellen reflektierten Lichtes ermöglicht ein besseres Erkennen übertragener Bilder und Texte. Manchmal werden strukturierte Oberflächen auch als Alternative zu Anti-Reflexions-Beschichtungen verwendet. Der Glanz direkt reflektierter Lichtquellen ist hierbei reduziert. Die Oberfläche zeigt aufgrund ihrer Struktur verminderte Haftreibungskoeffizienten in Kontakt mit einer Vielzahl von Stoffen und Oberflächen. Die damit einhergehende bessere Haptik macht diese für die Verwendung in Touch-Display-Applikationen besonders attraktiv. Die reduzierte, effektive Kontaktfläche zwischen einer solchen strukturierten Oberfläche und anderen berührenden Oberflächen führt zu einer rein mechanisch verursachten „Anti-Fingerprint”-Funktionalität. Auch dies motiviert oftmals eine Verwendung in Touch-Display-Applikationen. Allerdings lassen sich Verschmutzungen, die ihren Weg in die Strukturen der Oberfläche erst einmal gefunden haben, schwerer wieder entfernen als eine entsprechende glatte Oberfläche.
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In einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung kann die antireflektive Schicht, beispielsweise in Kombination mit einer Antiglareschicht eingesetzt werden. Die antireflektive Schicht sowie eine AF-Schicht, die hierauf aufgebracht wird, übernehmen die Rauigkeit der Antiglareschicht, während gleichzeitig die AF- und antireflektiven Eigenschaften beibehalten werden.
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Das Glas- oder Glaskeramiksubstrat
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Jede Glas- oder Glaskeramikzusammensetzung, in der der gewünschte Ionenaustausch, beispielsweise Natrium- gegen Kaliumionen zum chemischen Vorspannen, und/oder Natrium- gegen Silberionen zum antimikrobiellen Ausrüsten des Glases oder der Glaskeramik, durchgeführt werden kann, kann gemäß der vorliegenden Erfindung eingesetzt werden. Das Glas- oder Glaskeramikmaterial, das mit der AR-Beschichtung versehen wird, ist irgendein ionenaustauschbares Glas oder eine ionenaustauschbare Glaskeramik. Bevorzugt ist das Glas ausgewählt aus: Silikatglas, Phosphatglas, Borosilikatglas, Aluminosilikatglas, Boraluminosilikatglas, Zinnphosphatglas, Borphosphatglas, Titanatglas, Bariumglas, bevorzugt Alkalimetall-haltiges Silikatglas und noch bevorzugter Natrium-haltiges Silikatglas.
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Das Glas ist beispielsweise ein Alkali-Aluminosilikatglas mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
SiO2 | 40–75 |
Al2O3 | 10–30 |
8203 | 0–20 |
Summe aus Li2O + Na2O + K2O | 4–30 |
Summe aus MgO + CaO + SrO + BaO + ZnO | 0–15 |
Summe aus TiO2 + ZrO2 | 0–15 |
P2O5 | 0–10 |
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Das Glasmaterial ist beispielsweise ein Borosilikatglas mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
SiO2 | 60–85 |
Al2O3 | 1–10 |
B2O3 | 5–20 |
Summe aus Li2O + Na2O + K2O | 2–16 |
Summe aus MgO + CaO + SrO + BaO + ZnO | 0–15 |
Summe aus TiO2 + ZrO2 | 0–5 |
P2O5 | 0–2 |
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Das Glasmaterial ist beispielsweise ein Kalknatronglas mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
SiO2 | 40–80 |
Al2O3 | 0–6 |
B2O3 | 0–5 |
Summe aus Li2O + Na2O + K2O | 5–30 |
Summe aus MgO + CaO + SrO + BaO + ZnO | 5–30 |
Summe aus TiO2 + ZTO2 | 0–7 |
P2O5 | 0–2 |
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Das Glasmaterial ist beispielsweise ein Aluminosilikatglas mit niedrigem Alkaligehalt mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
SiO2 | 50–75 |
Al2O3 | 7–25 |
6203 | 0–20 |
Summe aus Li2O + Na2O + K2O | 1–4 |
Summe aus MgO + CaO + SrO + BaO + ZnO | 5–25 |
Summe aus TiO2 + ZrO2 | 0–10 |
P2O5 | 0–5 |
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Das Glasmaterial ist bevorzugt ein Bleiglas mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
PbO | 20–80 |
SiO2 | 20–60 |
K2O | 0–10 |
Na2O | 1–10 |
BaO | 0–20 |
SrO | 0–20 |
Al2O3 | 0–10 |
CaO | 0–10 |
F2O3 | 0–1 |
Sb2O3 | 0–1 |
ZnO | 0–20 |
B2O3 | 0–20 |
ZrO2 | 0–10 |
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Das Glasmaterial ist bevorzugt ein Glas mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
SiO2 | 10–90 |
Al2O3 | 0–40 |
B2O3 | 0–80 |
Na2O | 1-30 |
K2O | 0–30 |
CoO | 0–20 |
NiO | 0–20 |
Ni2O3 | 0–20 |
MnO | 0–20 |
CaO | 0–40 |
BaO | 0–60 |
ZnO | 0–40 |
ZrO2 | 0–10 |
MnO2 | 0–10 |
CeO | 0–3 |
SnO2 | 0–2 |
Sb2O3 | 0–2 |
TiO2 | 0–40 |
P2O5 | 0–70 |
MgO | 0–40 |
SrO | 0–60 |
Li2O | 0–30 |
Li2O + Na2O + K2O | 1–30 |
SiO2 + B2O3 + P2O5 | 10–90 |
Nd2O5 | 0–20 |
V2O5 | 0–50 |
Bi2O3 | 0–50 |
SO3 | 0–50 |
SnO | 0–70 |
wobei der Gehalt von SiO
2 + P
2O
5 + B
2O
3 10–90 Gew.-% ist.
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Das Glasmaterial ist bevorzugt ein Lithium-Aluminiumsilikatglas mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
SiO2 | 55–69 |
Al2O3 | 19–25 |
Li2O | 3–5 |
Summe aus Na2O + K2O | 0,5–15 |
Summe aus MgO + CaO + SrO + BaO | 0–5 |
ZnO | 0–4 |
TiO2 | 0–5 |
ZrO2 | 0–3 |
Summe aus TiO2 + ZrO2 + SnO2 | 2–6 |
P2O5 | 0–8 |
F | 0–1 |
B2O3 | 0–2 |
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Die obigen Glaszusammensetzungen können gegebenenfalls Zusätze von färbenden Oxiden, wie z. B. Nd2O3, Fe2O3, CoO, NiO, V2O5, MnO2, TiO2, CuO, CeO2, Cr2O3, Seltenerd-Oxide in Gehalten von 0–5 Gew.-% bzw. für „Schwarzes Glas” von 0–15 Gew.-%, sowie Läutermittel, wie As2O3, Sb2O3, SnO2, SO3, Cl, F, CeO2, in Gehalten von 0–2 Gew.-% enthalten.
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Die Komponenten der Glaszusammensetzungen ergeben jeweils 100 Gew.-%.
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Die Gläser können beispielsweise mittels eines Ziehverfahrens, wie Updraw- oder Downdraw-Ziehverfahren, Overflow-Fusion, durch Floattechnologie oder aus einem Guss- oder Walzglas hergestellt werden. Insbesondere bei einem Guss- oder Walzverfahren oder einem gefloateten Glas, kann es sein, dass über eine Poliertechnologie die notwendige optische Güte der Oberfläche erzielt wird, die beispielsweise für eine Display-Vorsatzscheibe benötigt wird.
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In einem weiteren Aspekt der vorliegenden Erfindung kann das Substrat auch eine Glaskeramik darstellen, die durch Umwandlung des Glases unter Verwendung einer thermischen Behandlung erhalten wird. Glaskeramik ist eine Art von kristallisiertem Glas. Das Glas kann vollständig oder teilweise kristallisiert sein, beispielsweise kann nur der obere Teil der Oberfläche und/oder ein unterer Teil der Oberfläche kristallisiert sein. Das Glaskeramikmaterial hat andere Eigenschaften als Glas und andere Eigenschaften als Keramik. Glaskeramik weist eine amorphe Phase und eine oder mehrere kristalline Phasen auf, die durch „Kristallisationskontrolle” im Gegensatz zu spontaner Kristallisation, die in einem Glasprodukt nicht erwünscht ist, hergestellt wird. Glaskeramik weist in der Regel 30–90 Vol.-% an kristalliner Phase auf und kann somit verwendet werden, um eine Reihe an Materialien mit interessanten mechanischen Eigenschaften herzustellen.
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Die erfindungsgemäß eingesetzte Glaskeramik kann beispielsweise mit dem nachfolgenden Verfahren hergestellt werden: Während des Glasherstellungsverfahrens werden die Rohmaterialien zunächst bei einer hohen Temperatur höher als 1000°C, 1200°C, 1300°C, 1400°C, 1500°C, 1550°C, 1600°C oder 1650°C geschmolzen, um Glas zu bilden, wobei die Glasschmelze nach der Homogenisierung gebildet wird und dann bei einer vorbestimmten Temperatur nach dem Abkühlen eine Keimbildung und Kristallisation durchgeführt wird, um einen Glaskeramikgegenstand mit homogener Struktur mit feinen Körnern zu erhalten. Die resultierende Glaskeramik hat in der Regel keine Poren.
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Typischerweise können für die Kristallisation (Kristallkeimbildung) geeignete Kristallisationsmittel verwendet werden, wie TiO2, ZrO2, HfO2 oder andere bekannte Komponenten, wobei die Gesamtmenge der Kristallisationsmittel höchstens 5 Gew.-%, bevorzugt höchstens 3 Gew.-% und noch bevorzugter höchstens 2 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Glaszusammensetzung, beträgt.
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Die Glaskeramik kann z. B. eine Silikat-, Aluminosilikat-, Fluorosilikat-Glaskeramik sein. In der Glaskeramik kann die vorherrschende Kristallphase ausgewählt sein aus der Gruppe bestehend aus Lithiumdisilikat, Enstatit, Wollastonit, gefülltem β-Quarz, β-Spodumen, Cordierit, Mullit, Kaliumrichterit, Canasit, fester Spinelllösung und Quarz.
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Die Glaskeramik gemäß der vorliegenden Erfindung ist bevorzugt transparent. Diese kann, wie bereits für das Glas beschrieben, eine multifunktionelle Oberfläche aufweisen, umfassend gemäß einer erfindungsgemäßen Ausführungsform dauerhafte antimikrobielle, antireflektive, Antifingerprint-Eigenschaften gegebenenfalls zusammen mit chemischem Vorspannen oder gemäß einer weiteren erfindungsgemäßen Ausführungsform antimikrobielle und antireflektive Funktionen umfassen, wobei das Substrat chemisch vorgespannt ist.
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Die Glaskeramik weist bevorzugt eine kristalline Phase von mindestens 30 Vol.-% auf.
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Die Dicke der Glaskeramik beträgt bevorzugt weniger als 20 mm, noch bevorzugter weniger als 15 mm, weniger als 10 mm, weniger als 5 mm, weniger als 3 mm, weniger als 1 mm, weniger als 0,7 mm, weniger als 0,5 mm oder weniger als 0,1 mm.
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in einer Ausführungsform ist das Substrat eine Glaskeramik aus einem keramisierten Alumosilikatglas oder Lithium-Alumino-Silikatglas.
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Bevorzugt wird eine Glaskeramik oder ein keramisierbares Glas mit folgender Zusammensetzung des Ausgangsglases verwendet (in Gew.-%):
Li2O | 3,2–5,0 |
Na2O | 0–1,5 |
K2O | 0–1,5 |
Summe Na2O + K2O | 0,2–2,0 |
MgO | 0,1–2,2 |
CaO | 0–1,5 |
SrO | 0–1,5 |
BaO | 0–2,5 |
ZnO | 0–1,5 |
Al2O3 | 19–25 |
SiO2 | 55–69 |
TiO2 | 1,0–5,0 |
ZrO2 | 1,0–2,5 |
SnO2 | 0–1,0 |
Summe TiO2 + ZrO2 + SnO2 | 2,5–5,0 |
P2O5 | 0–3,0. |
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In einer anderen Ausführungsform wird eine Glaskeramik oder ein keramisierbares Glas mit folgender Zusammensetzung des Ausgangsglases bevorzugt verwendet (in Gew.-%):
Li2O | 3–5 |
Na2O | 0–1,5 |
K2O | 0–1,5 |
Summe Na2O + K2O | 0,2–2 |
MgO | 0,1–2,5 |
CaO | 0–2 |
SrO | 0–2 |
BaO | 0–3 |
ZnO | 0–1,5 |
Al2O3 | 15–25 |
SiO2 | 50–75 |
TiO2 | 1–5 |
ZrO2 | 1–2,5 |
SnO2 | 0–1,0 |
Summe TiO2+ ZrO2 + SnO2 | 2,5–5 |
P2O5 | 0–3,0. |
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In einer weiteren Ausführungsform wird eine Glaskeramik oder ein keramisierbares Glas mit folgender Zusammensetzung des Ausgangsglases bevorzugt verwendet (in Gew.-%):
Li2O | 3–4,5 |
Na2O | 0–1,5 |
K2O | 0–1,5 |
Summe Na2O + K2O | 0,2–2 |
MgO | 0–2 |
CaO | 0–1,5 |
SrO | 0–1,5 |
BaO | 0–2,5 |
ZnO | 0–2,5 |
B2O3 | 0–1 |
Al2O3 | 19–25 |
SiO2 | 55–69 |
TiO2 | 1,4–2,7 |
ZrO2 | 1,3–2,5 |
SnO2 | 0–0,4 |
Summe TiO2 + SnO2 | kleiner 2,7 |
P2O5 | 0–3 |
Summe ZrO2 + 0,87 (TiO2 + SnO2) | 3,6–4,3. |
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Die Glaskeramik enthält vorzugsweise Hochquarz-Mischkristalle oder Keatit- Mischkristalle als vorherrschende Kristallphase. Die Kristallitgröße ist vorzugsweise kleiner 70 nm, besonders bevorzugt kleiner gleich 50 nm, ganz besonders bevorzugt kleiner gleich 10 nm.
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Die Oberfläche des Glas- oder Glaskeramiksubstrats kann poliert, mit Textur versehen oder gemustert sein, wie beispielsweise durch Säure/Alkaliätzen, abhängig von den erforderlichen Oberflächeneigenschaften, um die gewünschten Anwendungsvoraussetzungen zu erfüllen, wie z. B. gute taktile Eigenschaften.
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Die erfindungsgemäßen Glas- oder Glaskeramiksubstrate finden überall dort Ver wendung, wo die Eigenschaftskombinationen in Form von Antireflexionsverhalten, antimikrobiellen Eigenschaften und optional erhöhte Festigkeit und Kratzbeständigkeit sowie gegebenenfalls Antifingerprint-Eigenschaften zweckmäßig und notwendig sind.
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Verwendet werden können die mit multifunktionellen Eigenschaften vorliegenden erfindungsgemäßen Glas- oder Glaskeramiksubstrate beispielsweise für alle Arten von Displayanwendungen, wie Displayanwendungen mit Touchscreenfunktion als Single-, Dual- oder Multitouch-Displays, 3D Displays oder flexible Displays. Die erfindungsgemäßen Substrate zur Vermeidung von störenden oder kontrastmindernden Reflexionen können beispielsweise auch als Substrate für alle Arten von interaktiven Eingabeelementen eingesetzt werden, die insbesondere mit Touchfunktion ausgeführt sind, bevorzugt mit resistiv, kapazitiv, optisch, mittels infrarot oder surface acoustic wave wirkender Touch-Technologie. Gerade in diesem Bereich ist das Vorsehen von antimikrobiellen Eigenschaften besonders vorteilhaft, da ein oder mehrere Verwender mit dem Substrat wiederholt unmittelbar in Kontakt kommen. Das chemisch vorgespannte Substrat verfügt über höhere Festigkeit und ist kratzbeständiger und ist daher in diesem Bereich besonders vorteilhaft einsetzbar.
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Systeme, welche mit Lichteinkopplung arbeiten, wie Infrarot oder optisch wirkende Touch-Technologien, reagieren empfindlich auf das Vorhandensein von Schmutz und Ablagerungen auf der Berührungsoberfläche, da es aufgrund von Ablagerungen zu zusätzlichen Reflektionen kommen kann. Daher ist es zweckmäßig, wenn in diesem Bereich auf dem Substrat eine zusätzliche AF-Beschichtung vorgesehen wird.
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Andere Anwendungen zur Vermeidung von störenden oder kontrastmindernden Reflexionen mit gleichzeitig dauerhaften antimikrobiellen Eigenschaften und gegebenenfalls Antifingerprint-Eigenschaften sind beispielsweise Scheiben im Innen- und Außenbereich, wie Schaufenster, Verglasungen von Bildern, Vitrinen, Theken oder Kühlmöbeln, dekorative Glaselemente, insbesondere in belasteten Bereichen mit höherer Kontaminationsgefahr, wie Küchen, Bäder oder Laboratorien oder auch Abdeckungen von Solarmodulen.
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Anwendungsbereiche sind auch im Haushalt, insbesondere in Küchen, Bädern, Komponenten am/im Kühlschrank, Komponenten im/am Herd, insbesondere bei Kochfeldern und dergleichen.
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Gegebenenfalls kann es von Vorteil sein, wenn neben AR- und AM-Eigenschaften gleichzeitig langzeitbeständige AF-Eigenschaften vorliegen. Insbesondere dekorative Elemente, die auf der Rückseite des Glases oder der Glaskeramik eine Bedruckung haben oder eine spiegelnde Beschichtung aufweisen, profitieren von einer AF-Beschichtung. Diese Elemente, die beispielsweise als Herdvorsatzscheiben oder in anderen Küchengeräten eingesetzt werden, treten im Gebrauch immer wieder mit Fingerabdrücken oder fettigen Substanzen in Berührung. Die Oberfläche sieht in diesen Fällen sehr schnell unansehnlich und unhygienisch aus. Die AF-Beschichtung verbessert das visuelle Erscheinungsbild und lässt sich leichter reinigen. Das gleichzeitige Vorsehen von antimikrobiellen Eigenschaften schützt den Verwender vor Keimen, wenn die Substrate berührt werden.
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Die Glas- oder Glaskeramiksubstrate der Erfindung können auch im medizinischen Bereich, wie Krankenhäusern, Arztpraxen oder Apotheken, und generell im Pharmabereich, vorteilhaft verwendet werden, wo es von wesentlicher Bedeutung ist, dass das Auftreten von Keimen bereits auf den vorhandenen Oberflächen, wie Regalen, Behältnissen, Scheiben und dergleichen unterbunden wird.
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Verwendung finden die erfindungsgemäßen Glas- oder Glaskeramiksubstrate auch in Verglasungen aller Art, insbesondere Scheiben im Innen- und Außenbereich, wie Schaufenster, Verglasungen von Bildern, Vitrinen, Theken, Fenster, wie Schutzfenster, insbesondere Brandschutzfenster, Kraftfahrzeugfenster, Zugfenster, Flugzeugfenster, Isolierglastüren für Schränke, Anzeige- oder Werbetafeln, Bilderrahmen, Architekturglas, beispielsweise zur Verwendung in einer Ausstellung, allgemein zum Schutz von irgendwelchen Kunstwerken oder ausgestellten Objekten.
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Bevorzugte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend anhand der Zeichnungen im Einzelnen beschrieben, ohne die vorliegende Erfindung hierauf zu beschränken. Im Einzelnen zeigen:
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1 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Ausführungsform des Verfahrens der vorliegenden Erfindung;
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2 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Ausführungsform eines Glas- oder Glaskermiksubstrats mit einer antireflektiven Beschichtung in Form von 3 Schichten;
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3 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Ausführungsform eines Glas- oder Glaskermiksubstrats mit einer antireflektiven Beschichtung in Form von 4 Schichten;
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4 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Ausführungsform eines Glas- oder Glaskermiksubstrats mit einer antireflektiven Beschichtung in Form einer Einzelschicht, die im vorliegenden Fall eine Haftvermittlerschicht darstellt;
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5 die Darstellung des Vergleichs der verschiedenen Transmissionen (in %), aufgetragen gegen die Wellenlänge (in nm) des unbehandelten Glassubstrats, des antireflektiv beschichteten Glassubstrats vor dem Ionenaustausch sowie des erfindungsgemäß gemäß Beispiel 1 hergestellten Glassubstrats;
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6 eine Darstellung zum Vergleich der verschiedenen Transmissionen (in %), aufgetragen gegen die Wellenlänge (in nm) des unbehandelten Glassubstrats sowie des erfindungsgemäß gemäß Beispiel 2 hergestellten Glassubstrats.
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7 eine Darstellung zum Vergleich der Reflexionen (in %), aufgetragen gegen die Wellenlänge (in nm), des gemäß Beispiel 3 hergestellten Glassubstrats vor und nach dem Ionenaustausch;
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8 eine Darstellung zum Vergleich der Reflexionen (in %), aufgetragen gegen die Wellenlänge (in nm), des gemäß Beispiel 4 hergestellten Glassubstrats vor und nach dem Ionenaustausch;
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9 eine Darstellung zum Vergleich der verschiedenen Transmissionen (in %), aufgetragen gegen die Wellenlänge (in nm) des unbehandelten Glassubstrats sowie des erfindungsgemäß gemäß Beispiel 5 hergestellten Glassubstrats; und
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10 eine Darstellung zum Vergleich der verschiedenen Transmissionen (in %), aufgetragen gegen die Wellenlänge (in nm) des unbehandelten Glassubstrats sowie des erfindungsgemäß gemäß Beispiel 6 hergestellten Glassubstrats.
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In 1 wird eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Ausführungsform des Verfahrens der vorliegenden Erfindung veranschaulicht. Hierbei wird zunächst ein Glas- oder Glaskeramiksubstrat 2 bereitgestellt. Auf dessen Oberfläche 20, die gegebenenfalls zunächst gereinigt wird, wird eine antireflektive Beschichtung aufgebracht. Je nach Ausführungsform kann die Beschichtung auch auf beiden Oberflächen (nicht gezeigt) des Glas- oder Glaskeramiksubstrats 2 aufgebracht werden. Die antireflektive Beschichtung kann eine beliebige Beschichtung mit antireflektiven Eigenschaften darstellen. Beispielsweise kann diese aus einer Schicht, mindestens 2 Schichten mit abwechselnd hohem und niedrigem Brechungsindex oder mindesten 3 Schichten mit alternierend mittlerem, hohem und niedrigem Brechungsindex aufgebaut sein. Im gezeigten Ausführungsbeispiel ist die antireflektive Beschichtung aus einer Einzelschicht 5 (4) oder aus mindestens 2 Schichten 3 und 4 (2 und 3) mit hohem und niedrigem Brechungsindex aufgebaut, wobei die äußere oder oberste Schicht 31, 41, 5 des Schichtpakets einen niedrigen Brechungsindex aufweist. Die Schicht 31, 41, 5 kann gemäß einer bevorzugten Ausführungsform eine Haftvermittlerschicht sein. Die Haftvermittlerschicht ist vorzugsweise eine Mischoxid-Schicht, bevorzugt eine Siliciummischoxid-Schicht.
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Nachfolgend wird das mit der antireflektiven Beschichtung vorliegende Glas- oder Glaskeramiksubstrat 2 dann einem Ionenaustausch unterzogen. Hierzu wird gemäß einer der erfindungsgemäßen Varianten entweder nur antimikrobiell ausgerüstet, oder antimikrobiell ausgerüstet und chemisch vorgespannt. Metallsalze mit antimikrobieller Wirkung sind beispielsweise Silber-, Kupfer-, Cadmium-, Zink-, Eisen-, Zinn-, Kobalt-, Cer-, Antimon-, Selen-, Chrom-, Magnesium- und/oder Nickelsalze. Zum chemischen Vorspannen können jegliche hierzu geeignete Verbindungen eingesetzt werden. Herkömmlicherweise werden Kalium-, Rubidium- und/oder Cäsiumsalzes verwendet. Wenn das Glas- oder Glaskeramiksubstrat 2 antimikrobiell ausgerüstet und chemisch vorgespannt werden soll kann dies in einem oder in zwei Schritten durchgeführt werden. Wenn dies in einem Schritt durchgeführt werden soll, werden die für das chemische Vorspannen geeigneten Metallsalze und die antimikrobiell wirkenden Metallsalze miteinander in einem Salzbad gemischt und das Glas- oder Glaskeramiksubstrat 2 in das Salzbad getaucht. Wenn dies in zwei Schritten durchgeführt werden soll, wird bevorzugt im ersten Schritt in einem ersten Salzbad chemisch vorgespannt und erst im zweiten Schritt in einem zweiten Salzbad antimikrobiell ausgerüstet. Besonders vorteilhaft ist es, wenn das zweite Salzbad eine Mischung aus Kalium-, Rubidium- und/oder Cäsiumsalz mit einem oder mehreren Metallsalzen mit antimikrobieller Wirkung enthält. Der Ionenaustausch erfolgt durch die antireflektive Beschichtung hindurch, so dass dieser das gesamte Substrat mit der oder den hierauf vorhandenen Schichten erfasst (dies wird mit der Klammer in 1 ausgedrückt).
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Im Anschluss an das oder die Ionenaustauschverfahren kann eine Antifingerprint-Beschichtung 6 auf das beschichtete, antimikrobiell ausgerüstete und gegebenenfalls chemisch vorgespannte Glas- oder Glaskeramiksubstrat 2 aufgebracht werden. 2 zeigt eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Ausführungsform eines Glas- oder Glaskeramiksubstrats 2 mit einer antireflektiven Beschichtung in Form von 3 Schichten. Die Schicht 33 hat einen mittleren Brechungsindex (M-Schicht), die Schicht 32 hat einen hohen Brechungsindex (T-Schicht) und die Schicht 31 hat einen niedrigen Brechungsindex (S-Schicht). Die Schicht 31 kann eine Haftvermittlerschicht sein. Vor Aufbringen der antireflektiven Beschichtung kann es zweckmäßig sein, die Oberfläche 20 des Substrats 2 zu reinigen. Das Glas- oder Glaskeramiksubstrat 2 weist im gezeigten Beispielfall antimikrobielle Eigenschaften auf und ist chemisch vorgespannt.
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Die Herstellung einer derartigen antireflektiven Beschichtung wird nachfolgend in den Beispielen im Einzelnen erläutert.
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3 veranschaulicht eine schematische Darstellung einer weiteren erfindungsgemäßen Ausführungsform eines Glas- oder Glaskeramiksubstrats 2 mit einer antireflektiven Beschichtung in Form von 4 Schichten (41, 42, 43, 44). Die 4 Schichten haben alternierend einen hohen und einen niedrigen Brechungsindex und bilden zusammen die antireflektive Beschichtung aus. Die oberste Schicht 41 ist vorzugsweise eine Haftvermittlerschicht. Das Glas- oder Glaskeramiksubstrat 2 mit der Beschichtung 4 weist im gezeigten Beispielfall antimikrobielle Eigenschaften auf und ist chemisch vorgespannt.
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4 zeigt eine schematische Darstellung einer weiteren erfindungsgemäßen Ausführungsform eines Glas- oder Glaskeramiksubstrats 2 mit einer antireflektiven Beschichtung, die in Form einer Einzelschicht 5 vorliegt. Hierbei handelt es sich vorzugsweise um eine Haftvermittlerschicht. Das Glas- oder Glaskeramiksubstrat 2 weist mit der Einzelschicht 5 im gezeigten Beispielfall antimikrobielle Eigenschaften auf und ist chemisch vorgespannt. Die Herstellung eines derartigen Substrats wird bei den Beispielen beschrieben.
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Die 5 bis 10 werden im Einzelnen bei den Beispielen erläutert.
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Die Vorteile der vorliegenden Erfindung sind sehr vielschichtig:
Die vorliegende Erfindung bietet eine besondere Kombination von Eigenschaften, die gleichzeitig und dauerhaft in einem Glas- oder Glaskeramiksubstrat integriert vorliegen. Die Glas- oder Glaskeramiksubstrate mit beständigen multifunktionellen Oberflächeneigenschaften der Erfindung, umfassen eine Kombination von antimikrobiellen, antireflektiven und Antifingerprint-Funktionen, oder eine Kombination von antimikrobiellen, antireflektiven und Antifingerprint-Funktionen, wobei das Substrat chemisch vorgespannt ist, oder eine Kombination von antimikrobiellen und antireflektiven Funktionen, wobei das Substrat chemisch vorgespannt ist. Gegenstand der Erfindung ist auch ein Verfahren zur Herstellung derartiger Substrate.
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Die vorliegende Erfindung stellt Eigenschaftskombinationen bereit, die in dieser Art aus dem Stand der Technik bislang nicht bekannt sind, wobei jede einzelne Eigenschaft oder Funktion nicht durch eine weitere Eigenschaft oder Funktion nachteilig beeinflusst wird, sondern sich diese vielmehr vorteilhaft ergänzen und jede Eigenschaft in vollem Umfang zur Verfügung steht.
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So wurde gefunden, dass bei gleichzeitigem antimikrobiellen Ausrüsten und chemischem Vorspannen Werte für die Druckspannung der Oberfläche CS (Compressive Stress) und Tiefe der Druckspannungsschicht DoL (Depth of ion exchanged layer) erhalten werden, die im selben Bereich wie für Gläser bzw. Glaskeramiken liegen, die nur durch Ionenaustausch chemisch vorgespannt wurden, ohne diese gleichzeitig antimikrobiell auszustatten.
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Das Vorliegen einer AF-Beschichtung hat keinen nachteiligen Einfluss auf die Freisetzung der antimikrobiell wirkenden Ionen aus der Glas- oder Glaskeramikoberfläche hat, so dass sich die antimikrobiellen Eigenschaften ungehindert in vollem Umfang entfalten können. Das Aufbringen einer AF-Schicht auf eine AR-Beschichtung führt zudem zu einer Verbesserung der Abriebsbeständigkeit des gesamten Beschichtungssystems.
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Die erfindungsgemäßen Glas- oder Glaskeramiksubstrate finden überall dort Verwendung, wo die Eigenschafts-Kombinationen in Form hoher Festigkeit, Antireflexionsverhalten und antimikrobieller Eigenschaften sowie gegebenenfalls Antifingerprint-Eigenschaften zweckmäßig und notwendig sind. Die in der vorliegenden Erfindung offenbarten Glas- oder Glaskeramiksubstrat können beispielsweise als Abdeckgläser für jede Form von Touch-Bildschirm von elektronischen Geräten und vielen Vorrichtungen im Haus oder industriellen Bereich verwendet werden, beispielsweise Mobiltelefonen, Smartphones, Tablet-PCs, Notebook-PCs, Fernsehgeräten, ATM-Geräten, Fahrkartenautomaten und können auch Kontroll-, Informations- und/oder Bedienungstafeln oder -fenster in jeder möglichen Form und Größe sein, die beispielsweise in Kraftfahrzeugen, Krankenhäuser, Museen, Läden, im Wohnungsbau und Transport usw. Einsatz finden.
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Vorteilhafterweise werden die erfindungsgemäßen Substrate bei Anwendungen eingesetzt, bei denen viele Funktionen zusammen integriert vorliegen, wie beispielsweise Touch-Bildschirme von Smartphones oder Tablet-PCs. Hierfür sind die erfindungsgemäßen Substrate chemisch vorgespannt, weisen eine AR- und AF-Beschichtung auf und verfügen über antimikrobielle Eigenschaften: Das erfindungsgemäße Glassubstrat ist in diesem Fall vorzugsweise chemisch vorgespannt, so dass die sehr dünnen Glassubstrate, die in Touch-Bildschirmen zum Einsatz kommen, über ausreichend hohe mechanische Festigkeit verfügen. Die AR-Beschichtung ermöglicht neben der Vermeidung störender oder kontrastmindernder Reflexionen Energie zu sparen, da aufgrund einer Reduktion der Reflexionen an der Glas-Luft-Grenzfläche das Anzeigemodul mit geringerer Helligkeit betrieben werden kann. Die antimikrobielle Ausrüstung der Glasoberfläche schützt den Verwender, der ständig mit der Glasoberfläche in direktem Kontakt kommt, vor Bakterien, die sich auf der Oberfläche befinden. Schließlich sind die Antifingerprint-Eigenschaften der Glasoberfläche sehr nützlich, weil das Erscheinungsbild des Glases sich verbessert und der Bildschirm leichter reinigbar ist. Insbesondere können die beschriebenen Funktionen mit langer Haltbarkeit bereitgestellt werden.
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Die erfindungsgemäß bereitgestellten Glas- oder Glaskeramiksubstrate verleihen der Oberfläche daher sämtliche Funktionen in dauerhafter Art und Weise, derart, so dass gängige Industriequalitätsstandards erfüllt sind. Das erfindungsgemäße Verfahren ist auch für die Massenherstellung geeignet.
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Nachfolgend wird die vorliegende Erfindung anhand von Beispielen näher erläutert, ohne diese hierauf zu beschränken.
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Beispiele
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Beispiel 1
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Glassubstrat: Kalknatron-Floatglas
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Ein sorgfältig gereinigtes Kalknatron-Floatglas in einer Größe von 100 × 200 mm wurde mit einer antireflektiven Beschichtung beschichtet, die aus einer Dreischichtstruktur aufgebaut war, wie gemäß 2 dargestellt. Die antireflektive Beschichtung bestand aus drei Schichten und hatte folgende Struktur: Glassubstrat (2) + M-Schicht (33) + T-Schicht (32) + S-Schicht (31). Die S-Schicht (31) war gleichzeitig eine Haftvermittlerschicht. Die drei Schichten wurden auf das Glas durch eine Tauchbeschichtung aufgebracht.
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Die Lösungen für die drei Schichten wurden wie folgt hergestellt:
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S-Schicht:
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Vorlösung
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Eine Mischung von 60 ml TEOS und 125 ml Ethanol wurde 15 Minuten gerührt. Dann wurden 30 ml destilliertes Wasser und 12 ml 1 N Salpetersäure zugegeben. Nach Rühren für 10 Minuten wurde die Lösung mit 675 ml Ethanol verdünnt. (Diese Vorlösung wurde für die M-Schicht verwendet.)
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Mischoxid-Lösung:
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Um die Hafvermittlerschicht-Eigenschaften zu erreichen wurde nach 24 Stunden 10,9 g Al(NO3)3·9H2O, gelöst in 95 ml Ethanol, und 5 ml Acetylacetonat in die Vorlösung zugegeben.
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T-Schicht:
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68 ml Titan-n-butoxid, 918 ml Ethanol (absolut), 5 ml Acetylaceton und 9 ml Ethylbutylacetat wurden zusammengemischt und 2 Stunden gerührt.
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M-Schicht:
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Die Beschichtungslösungen zur Herstellung der M-Schicht mit einem mittleren Brechungsindex wurden durch Mischen der S-Vorlösung und T-Lösung hergestellt. Die M-Schicht-Lösung umfasste eine Mischung von S- und T-Lösungen im Verhältnis der Gew.-% der Oxide von 75:25.
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Die einzelnen Schichten des Beispiels 1 wurden durch separate Tauchschritte aufgebracht. Das Glasmaterial wurde in die Tauchlösung eingetaucht. Dann wurde dies mit einer Rate von 6 mm/Sek. herausgezogen, wobei der Feuchtigkeitsgehalt der Umgebungsatmosphäre zwischen 5 g/m3 und 12 g/m3, bevorzugt 8 g/m3 war. Das Lösungsmittel wurde dann bei 90 bis 100°C abgedampft. Hiernach wurde die beschichtete Schicht bei einer Temperatur von 450°C für 20 Minuten gehärtet.
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Die im Sol-Gel-Verfahren mit der AR-Beschichtung versehene Probe wurde anschließend in ein KNO3-Salzbad, das 0,01 Gew.-% AgNO3 enthielt, getaucht und für eine Stunde bei 430°C behandelt.
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Dann wurde die Ionen-ausgetauschte AR-beschichtete Probe mit einer AF-Beschichtung auf einer Seite durch eine Flüssigkeitsdrucktechnik beschichtet. Die AF-Beschichtungslösungen sind Produkte, basierend auf Polyfluorpolyethern, bekannt unter dem Handelsname „Fluorolink® PFPE”, wie beispielsweise „Fluorolink® S10” von Solvay Solexis oder „Optool DSXTM” oder „OptoolTM AES4-E” von Daikin Industries LTD.
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Das somit gemäß Beispiel 1 hergestellte Glassubstrat weist eine AR-Beschichtung auf, ist chemisch vorgespannt, verfügt über antimikrobielle Eigenschaften und besitzt eine AF-Beschichtung.
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Zu Vergleichszwecken sind die gemessenen Transmissionen des unbeschichteten Kalknatronsubstrats, des AR-beschichteten Substrats vor dem Ionenaustausch sowie des gemäß Beispiel 1 hergestellten Glassubstrats in 5 dargestellt.
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5 zeigt eine deutliche Erhöhung der Transmission des erfindungsgemäßen Glassubstrats, die trotz der verschiedenen Funktionalitäten der Glasoberfläche erhalten wurde.
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Die Druckspannung (CS) des erhaltenen Glassubstrats gemäß Beispiel 1 betrug 332 MPa und die DoL (depth of ion exchanged layer) betrug 5,3 μm.
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Die antimikrobielle Wirksamkeit des Glassubstrats von Beispiel 1 auf dessen AF-beschichteter Oberfläche betrug > 99,9% sowohl gegen E.coli als auch S.aureus.
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Der Wasserkontaktwinkel der AF-beschichteten Oberfläche des Glassubstrats von Beispiel 1 betrug 112°C. Die Beständigkeit des Glassubstrats wurde im Neutralsalzsprühtest untersucht. Nachdem das Glassubstrat 10 Wochen Wasser und Natriumchlorid bei 35°C ausgesetzt war, betrug der gemessene Wasserkontaktwinkel nach wie vor 105°C. Dies belegt, dass die Haltbarkeit der aufgebrachten Beschichtung auf das Glassubstrat sehr hoch ist.
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Beispiel 2
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Glassubstrat: Aluminosilikatglas
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Ein sorgfältig gereinigtes Aluminosilikatgals als Glasmaterial mit der Größe 100 × 60 × 0,5 mm wurde mit einer antireflektiven Beschichtung versehen, die eine Einschichtstruktur aufwies, wie in 4 dargestellt. Die einzelne AR-Schicht war gleichzeitig eine Haftvermittlerschicht.
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Die Lösung für die einzelne Schicht wurde wie folgt hergestellt:
100 ml TEOS wurden mit 200 ml Ethylalkohol und 15 ml 0,1 N HCl gemischt. Die Mischung wurde 3 Stunden bei 40°C gerührt. Dann wurde die Lösung mit 300 ml Ethylalkohol verdünnt und 16 g Al(NO3)3·9H2O wurden ebenfalls zugegeben und das Rühren für eine weitere halbe Stunden fortgesetzt. Nach Reifen der Lösung 24 Stunden bei Raumtemperatur wurde die Lösung als Tauchbeschichtung verwendet.
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Das Substratglas wurde auf beiden Seiten mit einem Tauchbeschichtungsverfahren mit obiger Lösung beschichtet. Die Abziehgeschwindigkeit des Substrats aus der Flüssigkeit betrug 9 mm/Min. Die frische Beschichtung wurde für 2 Minuten bei 200°C vorerhitzt und dann das beschichtete Glassubstrat bei 450°C für 1 Stunde gehärtet. Dann wurde das beschichtete Glassubstrat in einem Salzbad für das Ionenaustauschverfahren eingetaucht, das 4 Stunden bei einer Temperatur von 430°C durchgeführt wurde. Das geschmolzene Salz im Salzbad war KNO3 gemischt mit 0,02 Gew.-% AgNO3.
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Nach dem Ionenaustausch wurde das Glassubstrat gereinigt und eine AF-Beschichtung mithilfe eines herkömmlichen Sprühabscheidungsverfahrens aufgebracht.
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Das somit gemäß Beispiel 2 hergestellte Glassubstrat weist eine AR-Beschichtung auf, ist chemisch vorgespannt, verfügt über antimikrobielle Eigenschaften und besitzt eine AF-Beschichtung.
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Die Transmission des unbehandelten Glassubstrats gegenüber dem Glassubstrat aus Beispiel 2 ist in 6 gezeigt.
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6 zeigt die hohe Transmission des Glassubstrats, hergestellt gemäß Beispiel 2 gegenüber dem unbehandelten Glassubstrat.
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Die Druckspannung (CS) des aus Beispiel 2 erhaltenen Glassubstrats war 840 MPa und die DoL betrug 35 μm.
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Die antimikrobielle Wirksamkeit von Beispiel 2 auf dessen AF-beschichteter Oberfläche betrug > 99,9% gegenüber E.coli und 99,5% gegenüber S.aureus.
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Der Wasserkontaktwinkel auf der AF-beschichteten Oberfläche von Beispiel 1 war 115°C. Beispiel 3 Glassubstrat: ein Glas mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
SiO2 | 58,1 |
Al2O3 | 19,7 |
Na2O | 8,2 |
K2O | 2,5 |
MgO | 1,9 |
B2O3 | 9,6 |
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Ein sorgfältig gereinigtes Glas mit obiger Zusammensetzung wurde als Glasmaterial in einer Größe von 100 × 200 × 3 mm eingesetzt, das mit einer antireflektiven Beschichtung, bestehend aus drei Schichten gemäß 2, beschichtet wurde. Die antireflektive Beschichtung bestand aus drei Schichten und hatte folgende Struktur: Glassubstrat (2) + M-Schicht (33) + T-Schicht (32) + S-Schicht (31). Die S-Schicht war gleichzeitig eine Haftvermittlerschicht. Die drei Schichten wurden mithilfe einer Tauchbeschichtungstechnik auf das Glas aufgebracht.
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Die Lösungen für die drei Schichten wurden wie folgt hergestellt:
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S-Schicht:
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Vorlösung:
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Eine Mischung von 60 ml TEOS und 125 ml Ethanol wurden 15 Minuten gerührt.
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Dann wurden 30 ml destilliertes Wasser und 12 ml 1 N Salpetersäure zugegeben.
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Nach Rühren für 10 Minuten wurde die Lösung mit 750 ml Ethanol verdünnt. (Diese Vorlösung wurde für die M-Schicht verwendet.)
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Mischoxid-Lösung:
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Um die Hafvermittlerschicht-Eigenschaften zu erreichen wurde nach 24 Stunden 10,9 g Al(NO3)3·9H2O, gelöst in 95 ml Ethanol, und 5 ml Acetylacetonat in die Vorlösung zugegeben.
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T-Schicht:
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109 g amorphes TiO2-Pulver wurde in die Lösungsmittelmischung aus 802 g Ethanol und 89 g 1,5-Pentandiol gegeben. Die Synthese des TiO2-Pulvers war wie folgt: 1 mol Titantetraethylat wurde mit 1 mol Acetylaceton umgesetzt und dann mit 5 mol H2O hydrolysiert. Nach Entfernen des Lösungsmittels wurde das Pulver 5 Stunden bei 125°C getrocknet. Das amorphe Pulver hatte einen Gehalt an TiO2 von etwa 58 Gew.-%.
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M-Schicht:
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Die Beschichtungslösungen zur Herstellung der M-Schicht mit einem mittleren Brechungsindex wurden durch Mischen der S-Vorlösung und T-Lösung hergestellt. Die M-Schicht-Lösung kann eine Mischung von S- und T-Lösung im Gewichtsverhältnis der Oxide von 65:35 aufweisen.
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Anschließend wurde das Glassubstrat in ein Salzbad zur Durchführung des Ionenaustauschverfahrens bei einer Temperatur von 420°C für 6 Stunden eingetaucht. Das geschmolzene Salz im Salzbad war KNO3, gemischt mit 0,02 Gew.-% AgNO3.
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Nach Durchführung des Ionenaustauschs wurde die Probe gereinigt und eine AF-Beschichtung durch eine herkömmliche thermische Vakuumabscheidungstechnik aufgebracht.
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Das somit gemäß Beispiel 3 hergestellte Glassubstrat weist eine AR-Beschichtung auf, ist chemisch vorgespannt, verfügt über antimikrobielle Eigenschaften und besitzt eine AF-Beschichtung.
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Die Druckspannung (CS) des Glassubstrats von Beispiel 3 betrug 712 MPa und die DOL betrug 30 μm.
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Die antimikrobielle Wirksamkeit des Glassubstrats von Beispiel 3 auf dessen AF-beschichteter Oberfläche betrug > 99% sowohl gegen E.coli als auch S.aureus.
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Der Wasserkontaktwinkel auf der AF-beschichteten Oberfläche von Beispiel 3 betrug 115°C.
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Die Reflexionen des Glassubstrats von Beispiel 3 vor und nach dem Ionenaustausch sind in
7 gezeigt.
7 zeigt, dass die Reflexion des Glassubstrats von Beispiel 3 durch den Ionenaustausch tatsächlich nicht nachteilig beeinflusst wird. Beispiel 4: Glassubstrat: Kalknatronglas mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
SiO2 | 70 |
TiO2 | 0,3 |
Na2O | 8,36 |
K2O | 8,46 |
CaO | 5,74 |
ZnO | 4,53 |
BaO | 2,11 |
Sb2O3 | 0,5 |
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Ein sorgfältig gereinigtes Kalknatronglassubstrat der obigen Zusammensetzung mit einer Größe von 100 × 200 mm wurde mit einer antireflektiven Beschichtung versehen, die aus drei Schichten gemäß 2 aufgebaut war. Die antireflektive Schicht hatte die folgende Struktur: Glassubstrat (2) + M-Schicht (33) + T-Schicht (32) + S-Schicht (31). Die S-Schicht (31) war gleichzeitig eine Haftvermittlerschicht. Die drei Schichten wurden durch eine Tauchbeschichtung auf das Glas aufgebracht.
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Die Lösungen für die drei Schichten wurden wie folgt hergestellt:
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S-Schicht:
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Eine Mischung von 45 ml TMOS und 125 ml Ethanol wurden 15 Minuten gerührt.
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Dann wurden 38 ml destilliertes Wasser und 1,7 g 37%ige HCl zugegeben. Nach Rühren für 10 Minuten wurde die Lösung mit 675 ml Ethanol verdünnt. Dann wurden 10 g SnCl4·6H2O, gelöst in 95 ml Ethanol, und 5 ml Acetylaceton zur Lösung zugegeben.
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T-Schicht:
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70 ml Titan-n-butoxid, 920 ml Ethanol (absolut), 5 ml Acetylaceton und 10 ml Ethylbutylacetat wurden zusammengemischt und 2 Stunden gerührt.
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M-Schicht:
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Die M-Schicht wurde wie in Beispiel 3 beschrieben hergestellt.
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Das Glassubstrat wurde in ein reines KNO3-Salzbad zum chemischen Vorspannverfahren bei einer Temperatur von 420°C für 8 Stunden eingetaucht. Dann wurde das Glassubstrat in ein weiteres silberhaltiges Salzbad bei einer Temperatur von 430°C für 0,5 Stunden einem Ionenaustausch unterzogen. Das geschmolzene Salz im zweiten Salzbad war KNO3 gemischt mit 0,1 Gew.-% AgNO3.
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Nach dem Ionenaustausch wurde die Probe gereinigt und eine AF-Beschichtung durch eine Flüssigkeitsdrucktechnologie aufgebracht.
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Das somit gemäß Beispiel 4 hergestellte Glassubstrat weist eine AR-Beschichtung auf, ist chemisch vorgespannt, verfügt über antimikrobielle Eigenschaften und besitzt eine AF-Beschichtung.
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Die Druckspannung (CS) des Glassubstrats von Beispiel 4 betrug 339 MPa, und die DoL betrug 14 μm.
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Die antimikrobielle Wirksamkeit des Glassubstrats von Beispiel 4 auf dessen AF-beschichteter Oberfläche betrug > 99,9% sowohl gegenüber E.coli als auch S.aureus.
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Der Wasserkontaktwinkel auf der AF-beschichteten Oberfläche des Glassubstrats von Beispiel 4 betrug 113°C.
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Die Reflexionen des Glassubstrats, hergestellt gemäß Beispiel 4, vor und nach dem Ionenaustausch, durchgeführt in 2 Schritten, sind in
8 dargestellt.
8 zeigt, dass sich die Reflexionen des Glassubstrats gemäß Beispiel 4 vor und nach dem Ionenaustausch praktisch nicht unterscheiden, so dass die antireflektive Beschichtung durch das Vorspannen und antimikrobielle Ausrüsten nicht nachteilig beeinflusst wurde. Beispiel 5: Glassubstrat: Borosilikatglas ohne Antimon
Oxid | Anteil [Gew.-%] |
SiO2 | 65 |
B2O3 | 7 |
Al2O3 | 3 |
Na2O | 9 |
K2O | 8 |
ZnO | 5 |
TiO2 | 2 |
CaO | 1 |
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Ein sorgfältig gereinigtes Glassubstrat mit obiger Zusammensetzung mit einer Größe von 135 × 70 × 0,7 mm wurde mit einer antireflektiven Beschichtung beschichtet, die aus einer Dreischichtstruktur aufgebaut war, wie in 2 dargestellt. Die antireflektive Beschichtung bestand aus drei Schichten und hatte folgende Struktur: Glassubstrat (2) + S-Schicht (33) + T-Schicht (32) + S-Schicht (31). Die S-Schicht (31) war eine Haftvermittlerschicht. Die drei Schichten wurden durch Tauchbeschichtungstechnologie auf das Glas aufgebracht.
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Die Lösungen für die drei Schichten wurden wie folgt hergestellt:
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S-Schicht:
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60 ml TEOS wurden mit 120 ml Ethanol und 10 ml 0,1 N HCl gemischt und für 3 Stunden bei 40°C gerührt. Dann wurden 9,5 g Al(NO3)3, 270 ml Ethanol und 50 ml Ethylaceton zugegeben und für weitere 30 Minuten gerührt.
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T-Schicht:
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30 ml Titanoxidisopropoxid wurde mit 36 ml Essigsäure gemischt und 1 Stunde gerührt. Dann wurden 400 ml Ethanol zugegeben und für 1 Stunde gerührt. Schließlich wurden 100 ml Acetylaceton in die Lösung gegeben und für 1 Stunde gerührt.
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Das Glassubstrat wurde in ein Salzbad für ein Ionenaustauschverfahren bei einer Temperatur von 410°C für 3 Stunden eingetaucht. Das geschmolzene Salz im Salzbad war KNO3 gemischt mit 0,5 Gew.-% AgNO3.
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Nach erfolgtem Ionenaustausch wurde das Glassubstrat gereinigt und eine AF-Beschichtung durch eine herkömmliche kommerzielle Sprühabscheidungstechnologie aufgebracht.
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Das somit gemäß Beispiel 5 hergestellte Glassubstrat weist eine AR-Beschichtung auf, ist chemisch vorgespannt, verfügt über antimikrobielle Eigenschaften und besitzt eine AF-Beschichtung.
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Die Druckspannung (CS) des Glassubstrats, hergestellt gemäß Beispiel 4, betrug 407 MPa, und die DoL betrug 14 μm.
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Die antimikrobielle Wirksamkeit des Glassubstrats gemäß Beispiel 5 auf dessen AF-beschichteter Oberfläche betrug > 99,9% sowohl gegenüber E.coli als auch S.aureus.
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Der Wasserkontaktwinkel auf der AF-beschichteten Oberfläche des Glassubstrats von Beispiel 5 betrug 114°C.
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Die Transmission des gleichen, aber unbehandelten Glassubstrats gegenüber dem gemäß Beispiel 5 hergestellten Glassubstrats ist in 9 gezeigt.
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9 zeigt, dass die Transmission des Glassubstrats gemäß Beispiel 5 deutlich höher liegt und ein Maximum bei einer Wellenlänge im Bereich zwischen 450 und 500 nm aufweist im Gegensatz zu einem unbehandelten Glassubstrat. Beispiel 6: Glassubstrat: Borosilikatglas mit der nachfolgenden Zusammensetzung:
Zusammensetzung | Gew.-% |
SiO2 | 80,8 |
Al2O3 | 2,4 |
B2O3 | 12,7 |
Na2O | 3,5 |
K2O | 0,6 |
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Ein sorgfältig gereinigtes Borosilikatglas der obigen Zusammensetzung mit der Größe 100 × 200 mm wurde mit einer antireflektiven Beschichtung versehen, die eine einzelne Schicht gemäß 4 aufwies. Die einzelne AR-Schicht war eine Haftvermittlerschicht.
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Die Lösung für die Einzelschicht wurde wie folgt hergestellt:
56 g einer 30%igen wässerigen SiO2-Lösung, stabilisiert mit NH4OH, wobei das SiO2 eine mittlere Partikelgröße von 8 nm hatte, wurden mit 120 ml Ethanol und 10 ml 0,1 N HCl gemischt und für 3 Stunden bei 40°C gerührt. Dann wurden 9,5 g Al(NO3)3, 270 ml Ethanol und 50 ml Ethylaceton zugegeben und für weitere 30 Minuten gerührt.
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Das Borosilikat-Glassubstrat wurde auf beiden Seiten in einem Tauchbeschichtungsverfahren mit der obigen Lösung beschichtet. Die frische Beschichtung wurde 2 Minuten bei 200°C zunächst vorerhitzt, dann das beschichtete Glassubstrat bei 450°C für 1 Stunde gehärtet.
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Dann wurde das beschichtete Glassubstrat in ein Salzbad zur Durchführung eines Ionenaustauschverfahrens bei einer Temperatur von 450°C für 4 Stunden eingetaucht. Das geschmolzene Salz im Salzbad war KNO3, gemischt mit 0,5 Gew.-% AgNO3.
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Nach erfolgtem Ionenaustausch wurde die Probe gereinigt und eine AF-Beschichtung durch ein Flüssigkeitsdruckverfahren aufgebracht.
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Das somit gemäß Beispiel 6 hergestellte Glassubstrat weist eine AR-Beschichtung auf, ist chemisch vorgespannt, verfügt über antimikrobielle Eigenschaften und besitzt eine AF-Beschichtung.
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Die Druckspannung (CS) des Glassubstrats, hergestellt gemäß Beispiel 6, betrug 213 MPa und die DoL betrug 12 μm.
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Die antimikrobielle Wirksamkeit des Glassubstrats von Beispiel 6 auf seiner AF-beschichteten Oberfläche betrug > 99% sowohl gegenüber E.coli als auch S.aureus.
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Der Wasserkontaktwinkel auf der AF-beschichteten Oberfläche des Glassubstrats von Beispiel 6 betrug 112°C.
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Die Transmission des unbehandelten Glassubstrats gegenüber dem gemäß Beispiel 6 hergestellten Glassubstrat ist in 10 gezeigt. 10 zeigt, dass die Transmission des Glassubstrats, das gemäß Beispiel 6 hergestellt wurde, deutlich höher liegt als diejenige des unbehandelten gleichen Glassubstrats.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Glas- oder Glaskeramiksubstrat
- 20
- Oberfläche des Glas- oder Glaskeramiksubstrats
- 3
- Schicht mit niedrigem Brechungsindex der antireflektiven Beschichtung
- 4
- Schicht mit hohem Brechungsindex der antireflektiven Beschichtung
- 5
- antireflektive Beschichtung in Form einer Einzelschicht
- 31
- Schicht mit niedrigem Brechungsindex der antireflektiven Beschichtung
- 32
- Schicht mit hohem Brechungsindex der antireflektiven Beschichtung
- 33
- Schicht mit mittlerem Brechungsindex der antireflektiven Beschichtung
- 41, 42, 43, 44
- Schichten mit alternierend hohem und niedrigem Brechungsindex der antireflektiven Beschichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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