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Die Erfindung betrifft ein Fahrzeug mit einem gegenüber einem ersten Fahrzeugteil schwingend bewegbaren Fahrzeugteil und einer ersten Messeinrichtung zum Messen mindestens eines Beschleunigungsmesswertes des ersten Fahrzeugteiles in Bezug auf eine Fahrbahn sowie ein Verfahren zur aktiven Federung von Fahrzeugteilen in einem Fahrzeug.
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Häufig hat bei geländegängigen Fahrzeugen, wie Traktoren und Baumaschinen, der Fahrzeugsitz und dessen Bewegung großen Einfluss auf Ermüdung und längerfristig auch auf die Gesundheit des Fahrzeugführers. Um die Belastung des Fahrers zu verringern, hat der Sitz die Aufgabe, die auf den Fahrer wirkende Beschleunigung zu minimieren. Da bei Fahrten abseits befestigter Straßen zudem große Kabinenvertikalbewegungen auftreten können, muss zudem auf die Vermeidung von Endanschlägen in den Federwegen geachtet werden. In diesem Zusammenhang sind unterschiedliche Federungsprinzipien bekannt, die sich in ihrer Komplexität und ihrem Energiebedarf voneinander unterscheiden. Es gibt somit passive, semi-aktive und aktive Federungssysteme.
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Bei den passiven Federungssystemen, wie sie häufig für Fahrzeugsitze verwendet werden, sind die Eigenschaften der Federungskomponenten baulich bedingt konstruktiv vorgegeben und können während des Federungsbetriebes nicht verändert werden. Bei semi-aktiven Federungssystemen können dissipative Eigenschaften der Sitzfederung abhängig von der jeweiligen Situation gezielt beeinflusst werden. Entweder kann beispielsweise die Härte eines eingesetzten Dämpfers zwischen dem Fahrzeugsitz und einem Kabinenboden verstellt und/oder eine Steifigkeit eines Federelementes zwischen dem Fahrzeugsitz und dem Kabinenboden angepasst werden. Bei aktiven Federungssystemen hingegen wird versucht, durch Energiezufuhr in das Federungssystem eine Beeinflussung des Federungssystemes aktiv zu gestalten.
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Häufig ergibt sich das Problem, dass eine Schwingungsreaktion des Fahrzeugsitzes sowohl einer von unten einwirkenden Straßenschwingungsanregung als auch einer von dem Fahrer einwirkenden Belastungswechselschwingungsanregung gerecht werden muss. Beispielsweise beaufschlagt der Fahrer den Fahrersitz mit einer anderen Anregung, wenn er den Kontakt zu dem Fußpedal zur Betätigung des Fahrzeuges sucht, während eine Schwingungsanregung aufgrund unebener Straßengegebenheiten von unten einwirkt. Somit müssen mindestens zwei verschiedene Schwingungsanregungen, welche auf einen Fahrzeugsitz einwirken, berücksichtigt werden, wenn ein hoher Sitzkomfort für einen Fahrer sichergestellt werden soll, ohne dass beispielsweise Endanschläge von Federungswegen des Fahrzeugsitzes erreicht werden. Eine hierfür erforderliche aktive Schwingungsisolation soll nicht nur eine maximal mögliche Fahrerschonung aufgrund der Schwingungseinwirkungen und der sich daraus ergebenen Beschleunigungswerte für den Fahrersitz, sondern auch das dazu konkurrierende Ziel einer beschränkten Auslenkung des Fahrersitzes sicherstellen.
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Aus dem Stand der Technik, beispielsweise aus
DE 10 2004 013 395 A1 ,
DE 10 2004 013 308 B3 ,
DE 696 06 732 T2 ,
WO 2006/ 134 417 A1 ,
DE 10 2004 013 401 A1 ,
DE 102 58 020 B3 ,
EP 2 431 218 A1 ,
DE 198 20 277 C1 ,
US 2006/0 236 456 A1 ,
US 5 941 920 A ,
EP 1 652 724 A1 oder
US 020040024503 A1 , sind Fahrzeugsitze mit unterschiedlichen Federungs- bzw. Dämpfungseinrichtungen bekannt. Weiterhin zeigt
ISBN 3-8085-7046-6 (
Dr. Ing. Eckhard Ignatowitz: Chemietechnik, 6. Auflage, Haan-Gruiten: Europa-Lehrmittel, 1997, 353 in Bild 353/2) die grundsätzliche Wirkungsweise eines Regelkreises.
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Somit liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Fahrzeug und ein Verfahren zur aktiven Federung eines Fahrzeuges mit einem ersten und einem zweiten Fahrzeugteil zur Verfügung zu stellen, welches einen hohen Komfort für eine das Fahrzeug benutzende Person trotz einwirkender Schwingungsanregungen, sowohl auf das erste als auch auf das zweite Fahrzeugteil sicherstellt.
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Diese Aufgabe wird verfahrensseitig gemäß den Merkmalen des Patentanspruches 1 und vorrichtungsseitig gemäß den Merkmalen des Patentanspruches 5 gelöst.
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Kerngedanke der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Federung eines Fahrzeugteiles in einem Fahrzeug mit einem gegenüber einem ersten Fahrzeugteil schwingend bewegbaren zweiten Fahrzeugteil und einer ersten Messeinrichtung zum Messen eines realen Beschleunigungsmesswertes des ersten Fahrzeugteiles in Bezug auf eine Fahrbahn, bei welchem ein realer Beschleunigungswert des zweiten Fahrzeugteiles unter Ausnutzung mindestens eines zur Verfügung stehenden Federweges mit Hilfe mindestens eines zwischen dem ersten Fahrzeugteil und dem zweiten Fahrzeugteil angeordneten Stellglieds reduziert wird, zur Verfügung zu stellen, wobei das Stellglied eine Sollkraft erzeugt, wobei diese Sollkraft die Summe aus einer Kraft einer Steuerung FSteuer , generiert aus einem zugeleiteten Steuerungskraftsignal einer Steuerungseinheit und einem weiteren Kraftanteil FRegler einer Regelungseinheit ist, wobei die Kraft der Steuerung FSteuer aus dem realen Beschleunigungsmesswert des ersten Fahrzeugteiles ermittelt wird, indem mittels einer Berechnungseinrichtung unter Verwendung eines mathematischen Optimierungsverfahrens in dieser Berechnungseinrichtung ein optimaler Beschleunigungswert z̈Soll des zweiten Fahrzeugteiles und eine optimale Auslenkung ZASoll und eine optimale Geschwindigkeit żAsoll des zweiten Fahrzeugteiles gegenüber dem ersten Fahrzeugteil errechnet werden, wobei diese der Steuerungseinheit zugeführt werden und daraus durch die Steuerungseinheit ein Steuerungskraftsignal erzeugt wird, das dem Stellglied zugeleitet wird, und wobei der weitere Kraftanteil FRegler der Regelungseinheit in Abhängigkeit von realer Auslenkung ZA und optimaler Auslenkung ZAsoll des zweiten Fahrzeugteiles als Folgeregelung erzeugt wird, wobei mittels dieser Sollkraft dem realen Beschleunigungswert entgegengewirkt und dieser minimiert wird.
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Ebenso wird ein Fahrzeug zum Durchführen des erfindungsgemäßen Verfahrens mit einem gegenüber einem ersten Fahrzeugteil schwingend bewegbaren zweiten Fahrzeugteil und einer ersten Messeinrichtung zum Messen eines realen Beschleunigungsmesswertes des ersten Fahrzeugteiles in Bezug auf eine Fahrbahn, bei welchem ein realer Beschleunigungswert des zweiten Fahrzeugteiles unter Ausnutzung mindestens eines zur Verfügung stehenden Federweges mit Hilfe mindestens eines zwischen dem ersten Fahrzeugteil und dem zweiten Fahrzeugteil angeordneten Stellglieds reduziert wird, zur Verfügung gestellt, wobei das Stellglied eine Sollkraft erzeugt, wobei diese Sollkraft die Summe aus einer Kraft einer Steuerung FSteuer , generiert aus einem zugeleiteten Steuerungskraftsignal einer Steuerungseinheit und einem weiteren Kraftanteil FRegler einer Regelungseinheit ist, wobei die Kraft der Steuerung FSteuer aus dem realen Beschleunigungsmesswert des ersten Fahrzeugteiles ermittelt wird, indem mittels einer Berechnungseinrichtung unter Verwendung eines mathematischen Optimierungsverfahrens in dieser Berechnungseinrichtung ein optimaler Beschleunigungswert z̈Soll des zweiten Fahrzeugteiles und eine optimale Auslenkung ZASoll und eine optimale Geschwindigkeit żAsoll des zweiten Fahrzeugteiles gegenüber dem ersten Fahrzeugteil errechnet werden, wobei diese der Steuerungseinheit zugeführt werden und daraus durch die Steuerungseinheit ein Steuerungskraftsignal erzeugt wird, das dem Stellglied zugeleitet wird, und wobei der weitere Kraftanteil FRegler der Regelungseinheit in Abhängigkeit von realer Auslenkung ZA und optimaler Auslenkung ZASoll des zweiten Fahrzeugteiles als Folgeregelung erzeugbar ist, wobei mittels dieser Sollkraft dem realen Beschleunigungswert entgegengewirkt und dieser minimiert wird.
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Bei einer derartigen aktiven Federung eines Fahrzeuges mit mindestens einem ersten und einem zweiten Fahrzeugteil und dem dazugehörigen Verfahren zur aktiven Federung ist es möglich, dass trotz einer Federschwingung des ersten Fahrzeugteiles, welches beispielsweise eine Fahrzeugkabine eines Traktors sein kann, das zweite Fahrzeugteil, welches beispielsweise ein Fahrzeugsitz sein kann, optimal gefedert wird, im Hinblick auf eine fahrerschonende Schwingung, wobei hier der SEAT-Wert (Seat Effective Amplitude Transmissibility) möglichst gering gehalten wird. Der SEAT-Wert ist der Quotient aus einem Effektivwert des Beschleunigungswertes des Fahrzeugsitzes und dem Effektivwert des Beschleunigungswertes der Kabine. Da die Wirkung der auf den menschlichen Körper wirkenden Schwingungen frequenzabhängig ist, werden die Beschleunigungswerte vor Bildung des Effektivwertes mit einem Bewertungsfilter gewichtet. Es soll somit die auf den Fahrer, beziehungsweise die den Sitz benutzende Person, wirkende Beschleunigung möglichst gering sein, um ein hohes Maß an Fahrer- beziehungsweise Personenschonung zu erhalten.
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Gleichzeitig besteht eine beschränkte Auslenkung zA = zS - zK des Fahrzeugsitzes gegenüber der Fahrbahn, wobei zS die vertikale Absolutposition des Sitzes und zK die vertikale Absolutposition des Kabinenbodens bei einer eingeleiteten Schwingung darstellen. Bei einer derartig beschränkten Auslenkung muss zugleich die Bedienbarkeit des Fahrzeuges sichergestellt werden, also beispielsweise der Kontakt des Fußes des Fahrers mit dem Gaspedal durchgehend zur Verfügung stehen. Zugleich soll ein Kontakt mit den Endanschlägen der Federungsvorrichtungen, wie beispielsweise eine Luftfeder zusammen mit einem Dämpfer, bei der Auf- und Abwärtsbewegung des Fahrzeugsitzes vermieden werden.
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Das erfindungsgemäße Federungsverfahren und ein Fahrzeug mit einer entsprechenden Federung zeichnet sich dadurch aus, dass eine Federungsregelung eines aktiven Fahrersitzes zur Verfügung gestellt wird, welche auf einem Modell zur Generierung einer Idealtrajektorie für das Verhalten des Sitzes aus gemessener Beschleunigung des Kabinenbodens beruht. Diesem Idealverhalten wird das tatsächliche Sitzverhalten mittels Vorsteuerung und Trajektorienfolgeregelung nachgeführt. Es findet somit eine Steuerung des Fahrzeugsitzes entlang der von einem Idealmodell abgeleiteten Trajektorie statt, wobei ein optimaler Auslenkungswert zAsoll vorgegeben wird. Dies ermöglicht einen schnellen Auslenkungs- bzw. Positionsregelkreis bzw. eine Trajektorienfolgeregelung.
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Erfindungsgemäß wird in der Berechnungseinrichtung aus dem optimalen Beschleunigungswert z̈Soll des zweiten Fahrzeugteiles die optimale Auslenkung zAsoll und die optimale Geschwindigkeit żAsoll des zweiten Fahrzeugteiles bzw. des Fahrzeugsitzes gegenüber der Fahrbahn ermittelt und als Steuerungskraftsignal mittels der Steuerungseinheit dem Stellglied zugeleitet.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird mittels einer Regelungseinheit, die zwischen der Berechnungseinheit und dem Stellglied angeordnet ist, eine reale Auslenkung zA der optimalen Auslenkung zAsoll des zweiten Fahrzeugteiles durch Ausgabe eines Regelungskraftsignales an das Stellglied angeglichen.
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Die Summe einer Regelungskraft der Regelungseinheit und einer Steuerungskraft der Steuerungseinheit ergibt eine aufzuwendende Sollkraft des Stellgliedes, welche auf das Stellglied zur Einstellung der optimalen Auslenkung wirken soll.
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Das erste Fahrzeugteil kann beispielsweise ein Fahrzeugkabinenboden und das zweite Fahrzeugteil beispielsweise der Fahrzeugsitz bzw. ein Fahrzeugsitzteil, wie die Oberseite eines Scherenarmes, oder zweier Scherenarme, die zwischen dem Fahrzeugsitz und dem Fahrzeugkabinenboden angeordnet sind, darstellen. Ebenso können andere Fahrzeugteile eines Fahrzeuges als erstes und zweites Fahrzeugteil, wie beispielsweise im Fahrwerkbereich, verwendet werden.
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Die Berechnungseinrichtung ist zum Bestimmen einer Idealtrajektorie für das Federungs- und Schwingungsverhalten des zweiten Fahrzeugteiles zur Herbeiführung einer Minimierung seines realen Beschleunigungswertes geeignet. Das von der Berechnungseinrichtung angewendete Idealmodell zur Berechnung der optimalen Beschleunigungswerte, der optimalen Auslenkungen und der optimalen Geschwindigkeit in Abhängigkeit von den eingeleiteten Schwingungen, wie sie beispielsweise über die Fahrzeugkabine von unten, von der Fahrbahn aus kommend auf einen Fahrzeugsitz wirken, ermittelt jedoch die Kraft zwischen Sitzoberteil und Sitz nicht durch reale Feder- und Dämpferelemente, sondern frei in Abhängigkeit der Zustandsgrößen der Auslenkung bzw. Ausfederung ZASoll und der Auslenkungsgeschwindigkeit bzw. Ausfederungsgeschwindigkeit żAsoll. Um direkt die sich ergebende Sitzbeschleunigung ablesen zu können, wird zudem eine Masse, die die Person, welche den Sitz benutzt und gegebenenfalls das Sitzeigengewicht beinhaltet, m0 auf 1 normiert.
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Es soll also in einem einfachen mathematischen Modell für das System Fahrzeugsitz mit Person bzw. Fahrer neben einer Masse der Person und des Sitzpolsters noch die mechanische Kopplung im Scherengestell des Sitzes durch Feder- und Dämpferelemente sowie das aktive Kraftstellglied bei der Modellierung eines Idealmodells berücksichtigt werden. Die zu der gemessenen Kabinenbeschleunigung z̈
K, welche von einer Federungsschwingungseinleitung durch eine unebene Fahrbahn herrühren kann, zugehörige Sitzbeschleunigung z̈
S soll so bestimmt werden, dass die Qualitätskriterien einer Sitzfederung optimal erfüllt werden. Ist der Verlauf der optimalen Sitzbeschleunigung z̈
Ssoll und somit auch die optimale Auslenkung ż
Asoll sowie deren Ableitung ż
Asoll bekannt, kann unter Kenntnis des Verhaltens der passiven Elemente des Sitzes, wie beispielsweise des Scherengestelles mit der Kraft
die durch das aktive Stellglied zu erzeugende Kraft
ermittelt werden. Neben dieser Steuerung ist aufgrund von Modellunsicherheiten und zur Kompensation der durch den Fahrer zum Beispiel bei Pedalbetätigung ausgeübten Kräfte
FFahrer ein Folgeregler erforderlich, der die reale Sitzauslenkung
zA auf ihren Sollwert
zAsoll durch einen weiteren Kraftanteil
Fregler nachführt. Somit ergibt sich als Sollkraft des Stellgliedes
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Ein wesentlicher Vorteil dieses aktiven Regelungskonzeptes wird darin sichtbar, dass da die Sitzauslenkung stets der zur idealen Beschleunigung gehörenden Sollposition nachgeregelt wird, der Folgeregler sehr schnell ausgelegt und somit zum Beispiel die Ausweichbewegung bei Pedalbetätigung sehr klein gehalten werden kann. Der Fahrer hat also das Gefühl, sehr definiert zu sitzen, ohne dass dies eine schlechtere Schwingungsisolation und somit große SEAT-Werte zur Folge hätte.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren bestimmt die Berechnungseinrichtung eine Idealtrajektorie für das Federschwingungsverhalten des zweiten Fahrzeugteiles zur Herbeiführung einer Minimierung eines Realbeschleunigungswertes. In der Berechnungseinrichtung wird aus dem optimalen Beschleunigungswert z̈Ssoll des zweiten Fahrzeugteiles eine optimale Auslenkung zASoll und die optimale Geschwindigkeit żAsoll des zweiten Fahrzeugteiles gegenüber dem ersten Fahrzeugteil ermittelt und als Steuerungskraftsignal mittels der Steuerungseinheit dem Stellglied zugeleitet. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird mittels der Regelungseinheit eine reale Auslenkung zA der optimalen Auslenkung zAsoll des zweiten Fahrzeugteiles durch Ausgabe eines Regelungskraftsignales an das Stellglied angeglichen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird eine Auslenkung des zweiten Fahrzeugteiles auf einen dem optimalen Beschleunigungswert zugehörigen Sollwert eingeregelt.
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Weitere vorteilhafte Ausführungsformen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Vorteile und Zweckmäßigkeiten sind der nachfolgenden Beschreibung in Verbindung mit der Zeichnung zu entnehmen. Hierbei zeigen:
- 1 In einer schematischen Darstellung einen Fahrzeugsitz mit eingezeichneten Parametern zur Darstellung der vorliegenden Erfindung;
- 2 ein Schaltungsdiagramm für ein Regelungsverfahren für aktive gefederte Sitze mit einer Störgrößenaufschaltung;
- 3 ein Schaltungsdiagramm für ein Regelungsverfahren mit gewünschter Schwingungsisolation;
- 4 in schematischer Darstellung ein physikalisches Modell eines realen Sitzes;
- 5 in schematischer Darstellung ein physikalisches Modell eines idealen Sitzes;
- 6 in einem Diagramm ein Kennlinienfeld eines Schwingungsverhaltens mit Beschleunigungs-, Geschwindigkeits- und Federwegwerten;
- 7 in einem Diagramm mit PSD-Werten und Frequenzwerten der Beschleunigung von Normsignalen;
- 8 in einem Diagramm SEAT-Werte bzw. Federwege in Abhängigkeit von Anregungssignalen der Schwingungsverläufe;
- 9 eine schematische Darstellung der Berechnungszusammenhänge des Sitzmodelles;
- 10 eine schematische Darstellung des Gesamtaufbaus des erfindungsgemäßen gefederten Fahrzeugsitzes;
- 11 in schematischer Darstellung den Aufbau eines Zustandsreglers;
- 12 ein Diagramm des Reaktionsverlaufs des Sitzes auf ein plötzliches Aufstehen des Fahrers hin in Abhängigkeit von der Auslenkung und der Zeit; und
- 13 in einer schematischen Darstellung die Einbaulage eines Hydraulikzylinders als Stellglied.
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Zunächst soll der Aufbau des zu regelnden Federungssitzes betrachtet werden. Gemäß 1 wird in einer schematischen Darstellung ein grundsätzlicher Aufbau eines derartigen Fahrzeugsitzes, wie er erfindungsgemäß vorliegen kann dargestellt. Der Fahrzeugsitz 1 besteht aus einem Polster 3, einem darauf angeordneten Dummy, der den Fahrer darstellen soll, einem Untergestell 6 und einem zwischen dem Untergestell und dem Sitzoberteil angeordneten Scherengestell 4, 5. Zusätzlich ist ein Dämpfer 7, eine Luftfeder 8 und erfindungsgemäß ein Stellglied 9 zwischen den Scherenarmen und dem Untergestell oder dem Oberteil und dem Untergestell angeordnet.
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Die Variable
z steht für die vertikale Raumkoordinate, der Index
S für den Scherenoberarm bzw. den Fahrzeugsitz, der Index
K für den Kabinenboden und
A für die Ausfederung, womit gilt:
Ausgangspunkt für das neue Regelungsverfahren ist ein Regelungskonzept für aktiv gefederte Sitze, bestehend aus einer Störgrößenaufschaltung, die einer Steuerung entspricht, und einer Positionsregelung, wie es in
2 wiedergegeben ist.
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Die Auslegung einer Schwingungsisolation dieses aktiven Sitzsystemes für einen Sitz 10 erfolgt mit Hilfe einer Störgrößenaufschaltung 11. Diese wird im Allgemeinen so dimensioniert, dass sich mittel- und höherfrequente Schwingungsanregungen nicht in der Sitzbeschleunigung z̈S niederschlagen. Kabinenbewegungen niederer Frequenz müssen hingegen an den Sitz übertragen werden, da ansonsten der benötigte Federweg zu groß würde. Um den Sitz trotz zusätzlicher Kräfte FFahrer , wie sie zum Beispiel bei Pedalbetätigung entstehen, in seiner Mittenlage zu halten, wird zudem ein Positionsregler mit der Mittellage als Sollwert benötigt. Dies wird mit Bezugszeichen 12 und Bezugszeichen 13 wiedergegeben. Ein grundlegender Nachteil eines derartigen bereits bekannten Regelungskonzeptes ist allerdings, dass dieser Positionsregelkreis relativ langsam ausgeführt werden muss, um nicht die durch die Steuerung erreichte Schwingungsisolation zu beinträchtigen. Dieser Sachverhalt ist durch den im Lagemesskanal enthaltenen Tiefpass angedeutet.
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Vorteilhaft möchte man als Sollwert der Sitzposition nicht die Mittellage, sondern die sich bei gewünschter Schwingungsisolation ergebende Ausfederung verwenden. Ein derartiges in 3 wiedergegebenes Regelungssystem bzw. Konzept wird nachfolgend näher beschrieben, wobei Sollwertermittlung und Störgrößenaufschaltung nicht, wie skizziert, unabhängig voneinander sind, sondern auf einer gemeinsamen Grundlage entworfen werden.
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Um den Verlauf des Auslenkungs- bzw. Ausfederungssollwertes zu ermitteln, wird ein Modell eines idealen Sitzes verwendet, wie es in 5 schematisch dargestellt ist. Dieses orientiert sich an dem physikalischen Modell eines realen Sitzes, wie es schematisch in 4 dargestellt ist. Bei dem Idealmodell gemäß 5 wird allerdings die Kraft 20 zwischen einem Sitzoberteil 21 und dem Anteil einer Kabine 22 nicht durch reale Feder- und Dämpferelemente 23, 24 hervorgerufen, sondern frei in Abhängigkeit der Zustandsgrößen der Ausfederung zASoll und der Ausfederungsgeschwindigkeit żAsoll eingeprägt. Um direkt die sich ergebende Sitzbeschleunigung ablesen zu können, wird zudem die Masse m0 auf 1 normiert.
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Als Funktion
fopt zur Berechnung der vorgebbaren Idealkraft bzw. Sitzbeschleunigung z̈
Ssoll wird zunächst ein mehrdimensionales Polynom
angesetzt. Eine anschließende numerische Optimierung liefert die Koeffizienten
ki,j dieses Polynoms. Die Zahl der zu bestimmenden Koeffizienten lässt sich deutlich verringern, wenn gefordert wird, dass der Sitz auf Anregungen in positiver und negativer Richtung spiegelbildlich reagieren soll. Dann gilt für die Koeffizienten
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Aus einer derartigen Optimierung soll ein möglichst kleiner SEAT-Wert des Idealmodelles bei einer typischen Anregung entstehen. Um Endanschläge der Luftfeder während der Auslenkbewegung zu vermeiden, wird als Nebenbedingung der Optimierung gefordert, dass ein maximaler Federweg, wie beispielsweise 95 mm selbst bei der extremsten zu erwartenden Anregung nicht überschritten werden darf.
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Zur Anregung wird sowohl ein typischer Fall als auch ein Extremfall einer Kabinenbewegung betrachtet, deren spektrale Leistungsdichte dem (1,8)2-fachen des Normsignales EM3 aus ISO 7096 entspricht und die binnen einer Sekunde eine maximale Positionsänderung von 170 mm aufweist. 6 zeigt das Kennlinienfeld der sich ergebenden optimierten nicht linearen Funktion, wobei über die Ordinate die Beschleunigung und über die x- und y-Abszissen die Geschwindigkeit und der Federweg aufgetragen sind.
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Gemäß dem Kennlinienfeld der optimierten Sitzbeschleunigung nach
6 ist erkennbar, dass bei kleiner Auslenkung und geringer Relativgeschwindigkeit nur sehr kleine Beschleunigungen an den Fahrer übertragen werden. Nur bei großen Relativgeschwindigkeiten insbesondere in der Nähe der Endanschläge der Federungselemente und bei Bewegung in Richtung dieser Anschläge wirken auf den Fahrer große Beschleunigungswerte. Man erhält also ein amplitudenselektives Sitzverhalten. Dies kann auch gemäß der Tab. 1, wie nachfolgend aufgeführt, entnommen werden.
Tabelle 1
Anregungssignal | EM3 |
Amplitudenskalierung | 100% | 130% | 150% | 180% |
SEAT-Wert | 0,31 | 0,36 | 0,40 | 0,47 |
Federweg [mm] | 82 | 89 | 92 | 95 |
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Aus der Tab. 1 sind SEAT-Werte zu entnehmen mit dazugehörigen Federwegen, wie sie sich mit diesem Idealmodell für verschiedene Anregungssignale ergeben. Es werden somit Simulationsergebnisse des idealen Sitzes bei Normanregung EM3 gezeigt.
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Hätte der reale Sitz aus 4 bei gegebener Masse bereits oben dargestelltes Verhalten, so würde sich der reale Sitz bezüglich der Schwingungsisolation ideal verhalten. Dann könnte auf die Störgrößenaufschaltung verzichtet werden, wie sie in 3 gezeigt wird und der Regler müsste über das Stellglied nur den Einfluss der Fahrerkräfte ausgleichen. Mit passiven Elementen ist es jedoch nahezu unmöglich, das gezeigte Verhalten für Fahrer jeden Gewichtes konstruktiv zu realisieren. Selbst wenn eine rein passive Realisierung dieser Sitzcharakteristiken möglich wäre, sollte sie nicht ohne zusätzliche Positionsregelung umgesetzt werden, da im Bereich um die Ruhelage die Feder sehr weich ist und somit der Sitz dem Fahrer kein definiertes Sitzgefühl bietet. Bei Realisierung mit einem aktiven Sitz ohne passive Elemente ergeben sich dagegen große Anforderungen an die Maximalkraft
Fmax= mmax z̈Ssoll max des Stellgliedes. Eine Reduzierung der erforderlichen Aktorkraft kann durch möglichst gute Näherung zwischen massegewichteter Idealbeschleunigung und Feder-, Dämpferkraft des realen Sitzes erreicht werden, wie aus der nachfolgend hergeleiteten Gleichung 8 zu entnehmen ist.
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Für das angestrebte Idealmodell wird als neben einer Masse des Fahrers bzw. der den Sitz benutzenden Person und des Sitzpolsters noch die mechanische Kopplung im Scherengestell des Sitzes durch Feder- und Dämpferelement sowie das aktive Kraftstellglied bei der Aufstellung des Idealmodells berücksichtigt. Dies wird eingehender nachfolgend betrachtet. Es soll hiermit zu einer gemessenen Kabinenbeschleunigung z̈K die Sitzbeschleunigung z̈S so bestimmt werden, dass die Qualitätskriterien, wie beispielsweise das Nichterreichen der Endanschläge der Federungselemente, optimal erfüllt werden. Dies übernimmt das Idealmodell.
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Da, wie erläutert, zur Realisierung eines idealen Sitzes stets ein aktives Stellglied benötigt wird, kann auf die Einschränkung, dass die Idealkraft nur von Relativgrößen abhängen darf, verzichtet werden. Eine Erweiterung um einen Einfluss der Kabinenbeschleunigung
ist naheliegend, da die optimale Sitzbewegung sicher auch mit der Anregung zusammenhängt. Zur Optimierung wird die Funktion
f opt in zwei Teile aufgespaltet, einen Anteil
f optR zur Rückführung der Relativgrößen und einen Anteil
f optA zur Aufschaltung der Anregung abhängig von den Relativgrößen und der Anregungsrichtung:
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Die Funktionen f otpR und f optA werden ebenfalls als mehrdimensionale Polynome angesetzt und ihre Koeffizienten, wie beschrieben numerisch optimiert.
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Neben dem bereits erwähnten Optimierungsziel, nämlich der Verringerung des SEAT-Wertes bei Einhaltung des verfügbaren Federweges, können bei der Optimierung in Form einer Gütevektoroptimierung noch weitere wünschenswerte Eigenschaften berücksichtigt werden.
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Es empfindet der Fahrer beispielsweise als störend, wenn beim typischen Betrieb des belegten Sitzes häufig große Relativauslenkungen auftreten. Da hierfür kein objektives Gütemaß bekannt ist, wird aus dem sich bei Anregung mit dem Normsignal ergebenen Ausfederungsverlauf der mittlere Betrag der Auslenkung berechnet und als Gütekriterium verwendet.
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Zudem ist es wichtig, dass der Sitz nach Ende der Anregung aus einem ausgelenkten Zustand zA0 in angemessener Zeit zur Ruhelage zurückkehrt. Hier kommt als Gütekriterium die zeitgewichtete quadratische Regelfläche zum Einsatz, um die Rückkehr in die Ruhelage zu sichern.
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Das unter Einbeziehung obiger Zusatzbedingungen und bei Verwendung derselben Anregungssignale optimierte Idealmodell ist dem einfachen Modell eines optimalen Sitzes in den wesentlichen Aspekten überlegen. Dies kann aus den in Tabelle 2 aufgeführten SEAT-Werten und Federwegen des erweiterten und des einfachen Idealmodells entnommen werden. Im Folgenden wird daher nur das erweiterte Idealmodell betrachtet und kurz als Idealmodell bezeichnet.
Tabelle 2
Anregungssignal | EM3 |
Idealmodell | erweitert | Einfach |
Amplitudenskalierung | 100% | 130% | 150% | 180% | 100% | 130% | 150% | 180% |
SEAT-Wert | 0,28 | 0,30 | 0,32 | 0,37 | 0,31 | 0,36 | 0,40 | 0,47 |
Federweg [mm] | 83 | 88 | 90 | 95 | 82 | 89 | 92 | 95 |
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Tab. 2 zeigt Simulationsergebnisse des einfachen und des erweiterten Idealmodelles, wie oben beschrieben.
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Aufgrund der Tatsache, dass die Optimierung anhand konkreter Anregungssignale erfolgt, minimiert die so ermittelte Optimalfunktion f opt nur für ein bestimmtes Anregungssignal das Gütefunktional. Weicht das Anregungsspektrum eines Fahrzeuges von dem zu dem Entwurf verwendeten Signal ab, so ist das Idealmodell nicht mehr optimal. Deshalb kann es sinnvoll sein, für jede Fahrzeugklasse und Anregungsart ein angepasstes Idealmodell zu entwerfen.
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Das Verbesserungspotenzial, welches durch diese angepassten Idealmodelle möglich ist, soll genauer betrachtet werden. Hierzu werden aus der Vielzahl bekannter Normanregungssignale zwei weitere ausgewählt, die sich untereinander und zum bereits verwendeten skalierten EM3-Signal hinsichtlich Beschleunigungsspektrum und maximalem Anregungsweg zKmax möglichst deutlich unterscheiden. Die Leistungsdichtespektren der Beschleunigung dieser Normsignale zeigt 7, in welchem in einem Diagramm über die Ordinate die PSD-Werte und über eine Abszisse die Frequenz-Werte aufgezeigt sind.
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Dem Diagramm gemäß 7 ist zu entnehmen, dass das Spektrum bei Verwendung des Normsignales EM3 relativ niederfrequente Anteile oder bei Skalierung 180% große Anregungswege, nämlich beispielsweise zKmax = 182 mm, aufweist, während das Signal EM6 nur sehr kleine Wege, nämlich zKmax = 12 mm bei hohen Frequenzen aufweist. Das Anregungssignal EWG2 für Zugmaschinen der Kategorie A Klasse II besitzt im Vergleich zu dem EM3-Signal ein wesentlich schmalbandigeres Spektrum bei kleinerem Anregungsweg, nämlich zKmax = 90 mm. Jedes der beiden zusätzlichen Normsignale wird als typische Anregung zur Auslegung eines weiteren Idealmodells verwendet. Bei der Optimierung wird die Extrem-Anregung EM3 180% weiter zum Test der Endanschlagsvermeidung verwendet.
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Um das Potenzial der verschiedenen Idealmodelle zu vergleichen, werden jeweils ihre SEAT-Werte sowie der zugehörige Federweg bei Anregung mit den ausgewählten Normsignalen bei unterschiedlichen Skalierungen ermittelt. Die Ergebnisse hierzu sind der 8 zu entnehmen. In 8 sind die SEAT-Werte bzw. die Federwege jeweils über die Ordinate und die verschiedenen Anregungssignale jeweils über die Abszisse aufgetragen. Man erkennt bei Vergleich der in den in 8 wiedergegebenen Verlaufslinien zu verschiedenen Anregungssignalen, dass das auf das Anregungssignal EM6 ausgelegte Idealmodell auch bei Anregung mit den anderen Prüfsignalen kleiner Amplituden, nämlich EM6 400% und EWG2 50%, im Vergleich gute SEAT-Werte liefert, dies allerdings bei erhöhtem Federwegbedarf. Bei hoher Weganregung sinkt seine Isolationswirkung. Das auf EWG2 optimierte Idealmodell weist bei den Testsignalen mittlerer Anregungswege die beste Isolationswirkung bei mittlerem Federwegbedarf auf. Bei starker Anregung lässt aber auch sein Isolationsvermögen nach. Das auf größtmögliche Anregung ausgelegte Idealmodell weist über alle Anregungssignale hinweg den kleinsten Federwegbedarf auf, liefert jedoch nur bei großen Anregungen den besten SEAT-Wert.
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Die feste Wahl eines an das Fahrzeug angepassten Idealmodells kann also die Schwingungsisolation verbessern, wobei auch die mit den nicht angepassten Idealmodellen erzielten Isolationswerte diejenigen verfügbarer Seriensitze übersteigen. Zur weiteren Verbesserung wäre aber auch eine automatische Auswahl des geeigneten Idealmodelles abhängig von der durch den Beladungszustand und dem Fahrbahntyp hervorgerufenen Anregung denkbar.
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Nachdem nun die Beschleunigungswerte an dem Kabinenboden gemessen worden sind und eine Idealbewegung des Fahrersitzes in Form eines Idealmodelles mittels vorgebbarer Parameter, wie der Masse des Fahrers, und des Ausmaßes des Federweges, ermittelt bzw. errechnet worden ist, muss nun zur Minimierung der Fahrersitzbeschleunigung und ohne Erreichen der Endanschläge der Federwege ein aktives Stellglied angesteuert werden, welches eine Kraft in Einfahr- und Ausfahrrichtung ausüben kann.
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Hierfür ist sowohl eine Steuerungseinheit als auch eine Regelungseinheit notwendig, um die Federung des Fahrzeugsitzes mittels des Stellgliedes derart zu steuern, dass, wenn sich der Sitz anders als das Idealmodell bewegt, unter Einhaltung der zur Verfügung stehenden Federwege eine auf den Fahrer wirkende Beschleunigung mittels des Stellgliedes minimiert wird.
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Gemäß dem in
1 wiedergegebenen Sitzaufbau lässt sich ein Rechnungsmodell des zu regelnden aktiven Fahrersitzes ableiten. Neben einer Masse m mit dem Bezugszeichen
30 gemäß
9, welche eine schematische Darstellung der Berechnungszusammenhänge des Sitzmodelles wiedergibt, für Fahrer und Sitzpolster, wird noch die mechanische Kopplung
FSchere mit dem Bezugszeichen
31 im Scherengestell des Sitzes durch nicht als Stellglied verwendete Feder- und Dämpferelemente
32 sowie parasitäre Reibung bei der Modellierung berücksichtigt. Für die Beschleunigung des realen Sitzes erhält man somit als Kraftgleichung
Die Zusammenhänge bei dieser Berechnung sind in einem Strukturbild gemäß
9 dargestellt.
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Wie bereits erwähnt, hat die Steuerung die Aufgabe für eine gute Schwingungsisolation zu sorgen. Der Verlauf der optimalen Sitzbeschleunigung z̈
Ssoll sowie die optimale Auslenkung
zAsoll und deren Ableitung ż
Asoll sind aus dem bereits dargestellten Idealmodell bekannt. Unter Kenntnis des Verhaltens der passiven Elemente des Sitzes kann die bei der optimalen Bewegung durch die Schere erzeugte Kraft F
Scheresoll = f(ż
Asoll, z
Asoll) bestimmt werden. Mit dem Stellsignal
ergibt sich mit Hilfe der Gleichung (5) die tatsächliche Sitzbeschleunigung gemäß
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Übt der Fahrer keine Kraft aus und stimmt der Anfangszustand von Modell und Sitz überein, so wird sich der reale Sitz bei hinreichend genauem Modell so bewegen, wie das zugrundeliegende Idealmodell.
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Mit dem einfachen Idealmodell nach Gleichung (1) ergibt sich die Steuerung zu
Hierbei ist zu erkennen, dass die Steuerung überflüssig wird, wenn die Scherencharakteristik gleich der des optimalen Sitzes ist.
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Neben der Steuerung mittels einer Steuerungseinheit
40, wie in
10 in einer schematischen Darstellung des Gesamtaufbaus des erfindungsgemäßen gefederten Fahrzeugsitzes wiedergegeben, ist aufgrund von Modellunsicherheiten und zur Kompensation der durch den Fahrer, zum Beispiel bei Pedalbetätigung ausgeübten Kräfte
FFahrer mit dem Bezugszeichen
41 eine Folgeregelung mittels einer Regelungseinheit
42 erforderlich, die die reale Sitzauslenkung
zA gemäß Bezugszeichen
43 ihrem Sollwert
zAsoll gemäß Bezugszeichen
44 durch einen weiteren Kraftanteil
Fregler gemäß Bezugszeichen
45 nachführt. Somit ergibt sich als Sollkraft
46 des Stellgliedes
47
Dies beinhaltet demzufolge auch die Kraft der Steuerung
FSteuer gemäß Bezugszeichen
48.
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Ein wesentlicher Vorteil dieses aktiven Regelungskonzeptes gemäß vorliegender Erfindung wird in 10 nochmals dadurch verdeutlicht, dass, da die Sitzauslenkung stets der zur idealen Beschleunigung gehörenden Sollposition nachgeregelt wird, der Folgeregelkreis sehr schnell ausgelegt und somit zum Beispiel die Ausweichbewegung bei Pedalbetätigung sehr klein gehalten werden kann. Der Fahrer hat also das Gefühl, sehr definiert zu sitzen, ohne das dies eine schlechtere Schwingungsisolation und somit SEAT-Werte zur Folge hat.
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Da in der Steuerung die wesentlichen nicht linearen Elemente des Sitzes berücksichtigt und im Idealfall kompensiert sind, kann zum Entwurf des Folgeregelns gemäß der Regelungseinheit
42 ein einfaches linearisiertes Ersatzmodell des Sitzes unter Bezugnahme auf
9 herangezogen werden:
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Als Regelungseinheit 42 wird ein im Frequenzbereich entworfener beobachterbasierter Zustandsregler mit Integralanteil verwendet, dessen Aufbau gemäß 11 in schematischer Weise dargestellt ist.
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Zum Entwurf der Regelungseinheit
42 muss die Entwurfsgleichung
nach den zu bestimmenden Reglerpolynomen
ZR (s)und
Zu (s) gelöst werden, wobei
Δ(s) das charakteristische Polynom des Beobachters und Ñ(s) das charakteristische Polynom der geregelten Strecke darstellen und frei vorgegeben werden können, wenn der Grad von
Ñ(s) und
Δ(s) gleich dem Grad von
N(s) sind. Die gewählte Regler-/Beobachterstruktur vermeidet Regler-Windup bei Stellbegrenzung, wenn der darin enthaltene Begrenzer
51,
52 die Stellbegrenzung des Aktors
47 nachbildet.
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Wie bereits erwähnt, ermöglicht ein derartiges Federungsverfahren gemäß vorliegender Erfindung neben einer guten Schwingungsisolation auch eine gute Unterdrückung an Störkräften. Um dies zu verdeutlichen, zeigt 12 in einem Diagramm, in welchem die Auslenkung über die Ordinate und die Zeit über die Abszisse aufgetragen sind, die Reaktion des Sitzes auf ein plötzliches Aufstehen des Fahrers zu Beginn und ein plötzliches Setzen nach einer Sekunde. Bei gewählter Reglerparametrierung ergibt sich als maximale Auslenkung des Sitzes beim Aufstehen 4 mm und beim Setzen 4,5 mm. Demnach federt der geregelte aktive Sitz selbst bei dieser maximalen Störanregung weniger als 10% seines verfügbaren Federweges, während ein passiver Sitz in den oberen Endanschlag der Federelemente fahren würde.
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Für experimentelle Untersuchungen wird ein Hydraulikzylinder als Stellglied 66 gemäß 13 verwendet. Dieser ist in dem Scherengestell 61, 62 angeordnet, welches wiederum zwischen dem Sitzoberteil 63 und dem Sitzunterteil bzw. dem Kabinenelement 64 angeordnet ist. Die Einbaulage des Hydraulikzylinders und die Bezeichnung der verwendeten Größen zeigt 13 in einer schematischen Darstellung.
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Zunächst wird ein Modell des verwendeten Gleichgangzylinders erstellt. Für die Kammerdrücke p
A und p
B ergibt sich
und
wobei A die wirksame Kolbenfläche, E
oel das Elastizitätsmodul des verwendeten Hydrauliköls, K
L der Leckölbeiwert des Zylinders ist. V
A/B fließen in die jeweiligen Zylinderkammern und können mit einem 4/3-Proportional-Wegeventil eingestellt werden. Unter der Voraussetzung, dass die beiden Kammerdrücke kleiner als der Versorgungsdruck
P0 und größer als der Tankdruck
PT sind, können die Ventildurchflüsse in Abhängigkeit der Ventilöffnung x
V durch die Gleichungen
und
beschrieben werden. Aus den Gleichungen (8) und (9) lässt sich für den Differenzausdruck p
Δ = (P
A - P
B)
ableiten. Durch Einsetzen der Gleichungen (10) und (11) in Gleichung (12) erhält man eine neue Gleichung, die unter der Forderung
nach der Ventilöffnung aufgelöst werden kann. Verwendet man das sich ergebene Stellgesetz
dann verhält sich der Differenzdruck des Zylinders bezüglich der neuen Eingangsgröße
u linear und ist entkoppelt von der Zylinderbewegung.
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Eigentlich interessant für die Anwendung im Sitz ist jedoch die Kraft
die vom Zylinder auf das Scherengestell ausgeübt wird. Für den Einsatz zur aktiven Schwingungsdämpfung kann sowohl die Masse m
Kolben des Zylinderkolbens als auch die Reibkraft F
Reib vernachlässigt bzw. den passiven Elementen des Sitzes zugeschlagen werden. Dadurch erhält man mit dem Stellgesetz aus (14) auch ein linearisierendes Stellgesetz für die Zylinderkraft
Aufgrund dieser Vereinfachungen sind hier anders als in [7] die nur schwer zu messenden Größen Zylinderbeschleunigung und –druck nicht als Eingangsgrößen des linearisierenden Stellgesetzes erforderlich, was dessen Realisierung deutlich erleichtert.
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Des Weiteren muss noch berücksichtigt werden, dass die Kraft F
Zyl des Hydraulikzylinders nicht direkt auf das Sitzoberteil wirkt, sondern erst über die Scherenkinematik in eine vertikal wirkende Stellkraft umgerechnet werden muss.
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Fordert man nun, dass
gilt, dann ergibt sich damit für die Eingangsgröße
u des linearisierenden Stellgesetzes aus (14)
Somit besteht also zwischen der neuen Eingangsgröße u(t) und der Stellkraft
FStell(t) eine integrale Beziehung. Zur Stabilisierung des Systems wird noch eine Kraftregelung mit einem P-Regler überlagert, so dass sich insgesamt ein Aktor mit PT
1-Verhalten ergibt, der zudem von der Sitzbewegung entkoppelt ist.
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Zur kostengünstigeren Realisierung der Kraftregelung soll auf einen Sensor zur Messung der Zylindergeschwindigkeit verzichtet werden. Diese Größe kann hierzu z.B. aus der gemessenen Zylinderlänge rekonstruiert werden. Die so ermittelte Geschwindigkeit verstärkt allerdings das Messrauschen oder weist eine große Phasenverschiebung auf. Deswegen werden hier die Sollausfederungsgeschwindigkeit des Sitzes und Sollgeschwindigkeit des Zylinders ẋ
Zyl_soll als Eingangsgröße der linearisierenden Stellgesetze (
14) und (
18) verwendet. Letztere ergibt sich über die Beziehung
mit K(t)>0. Die Einspeisung der Sollgrößen in die Stellgesetze (
14) und (
18) wirkt also wie eine zusätzliche Aufschaltung der Abweichung zwischen Soll- und Ist-Ausfederungsgeschwindigkeit und hilft so bei der Führung des Sitzes entlang der Solltrajektorie.
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Für die experimentellen Untersuchungen an einem Versuchsstand wird der im vorherigen Abschnitt beschriebene kraftgeregelte Gleichgangzylinder als Stellglied verwendet. Für die in Tabelle 3 aufgeführten Messergebnisse wurde die Zeitkonstante der Kraftregelung wie bei der Simulation im vorigen Abschnitt auf 70Hz eingestellt. Die Parametrierung des Folgereglers wurde übernommen.
Tabelle 3
Anregungssignal | EWG Klasse II | EM3 |
Amplitudenskalierung | 50% | 100% | 150% | 100% | 130% | 150% | 180% |
SEAT-Wert | 0,42 | 0,37 | 0,35 | 0,39 | 0,40 | 0,41 | 0,44 |
Federweg [mm] | 28 | 60 | 84 | 85 | 90 | 93 | 96 |
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14 zeigt die Simulationsergebnisse von Idealmodell und geregeltem Sitz mit linearem Stellglied sowie die Messergebnisse des aktiven Sitzes mit hydraulischem Stellglied und eines passiven Seriensitzes. Während sich der Federwegbedarf der betrachteten aktiven Systeme und des Idealmodells deckt, liegen die experimentell ermittelten SEAT-Werte deutlich über denen des Idealmodells. Ein Grund hierfür ist, dass das verwendete Hydraulikventil relativ langsam, mindestens um den Faktor 5 zu groß dimensioniert und somit nicht an die Aufgabenstellung angepasst ist. Bei besserer Wahl sind daher niedrigere Werte zu erwarten.
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Im Vergleich zum Seriensitz benötigen die aktiven Systeme bei allen betrachteten Anregungen einen kleineren Federweg. Das Idealmodell und das simulierte System weisen zudem stets einen kleineren SEAT-Wert auf. Insbesondere bei großen Anregungen ist der SEAT-Wert um annähernd 40% niedriger als der des Seriensitzes und gleichzeitig der Federwegbedarf um 30% reduziert. Außer bei einer Anregungsvariante (EWG2 100%) unterbietet auch der experimentell untersuchte Sitz den SEAT-Wert des Seriensitzes. Er erzielt bei deutlich reduziertem Federwegbedarf noch eine Verbesserung des SEAT-Wertes um bis zu 25%.
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit dazugehörigem Fahrzeug zum Entwurf einer aktiven Schwingungsisolation für Fahrzeugsitze bietet die Möglichkeit die Reaktion des Sitzes auf Kabinenbewegung und andere Störungen getrennt voneinander einzustellen.
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Aufgrund des modularen Aufbaus der Regelung muss bei einem Einsatz des aktiv gefederten Sitzes auf einem anderen Fahrzeugtyp lediglich das Idealmodell angepasst werden. Bei Änderung des Sitzaufbaus oder der Aktorik sind nur Steuerung und Folgeregler anzupassen.
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Sowohl Simulationsergebnisse als auch Messungen am Versuchsstand belegen die prinzipielle Tragfähigkeit des Konzeptes und die Vorzüge aktiver Sitzfederungen gegenüber passiven Federungsvarianten.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeugsitz
- 2, 3
- Polster
- 4,5
- Scherengestell
- 6
- Untergestell
- 7
- Dämpfer
- 8
- Luftfeder
- 10
- Sitz
- 11
- Störgrößenaufschaltung
- 12, 13
- Positionsregler mit der Mittellage als Sollwert
- 20
- Kraft
- 21
- zweites Fahrzeugteil, Sitzoberteil, Fahrzeugsitzteil
- 22
- erstes Fahrzeugteil, Kabine, Fahrzeugkabinenboden
- 23, 24
- Feder- und Dämpferlemente
- 30
- Masse
- 31
- mechanische Kopplung
- 32
- Feder- und Dämpferelement
- 40
- Steuerungseinheit
- 41
- durch den Fahrer ausgeübte Kräfte
- 42
- Regelungseinheit, Folgeregler
- 43
- reale Sitzauslenkung
- 44
- Sollwert
- 45
- weiterer Kraftanteil, FRegler
- 46
- Sollkraft
- 9, 47, 66
- Stellglied, Kraftregler, Aktor
- 48
- Kraft der Steuerung
- 49
- Idealmodell
- 51, 52
- Begrenzer
- 61, 62
- Scherengestell
- 63
- Sitzoberteil
- 64
- Kabinenelement