Verfahren zur Herstellung neuer Abkömmlinge des Cysteamins
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung neuer Abkömmlinge des Cysteamins der Formel I
HS-CH2-CH2-NH-R-COA I in welcher R ein niedriges gerades oder verzweigtes Alkylenradikal mit vorzugsweise 1-2 Kohlenstoffatomen und-COA eine Carboxy-, Ester-oder Amidgruppe bedeutet.
Es wurde überraschend gefunden, dass diese Stoffe als aktive SH -Gruppenträger physiologisch bedeutende Aktivitäten besitzen, dass sie sich beispielsweise ähnlich als Entgiftungs-und Röntgenschutzmittel wie Cysteamin verwenden lassen, gegenüber diesem jedoch den Vorteil bedeutend grösserer Verträglichkeit aufweisen. Ausserdem treten bei chronischer Verabreichung nicht die beim Cysteamin beobachteten Ver änderungen des Blutbildes ein.
Die folgende Tabelle zei, die Ergebnisse einer vergleichenden pharmakologischen Prüfung einer nach der vorliegenden Erfindung hergestellten Verbindung mit der meist verwendeten ähnlich wirkenden Verbindung, dem Cysteamin.
(A) (B) (C) (D) (E)
Toxizität Minimale wirksame
Formel 12 Tage-DLso Anti-X-Dose Verhältnis Relative Beeinflussung (mg/kg Maus) (mg/kg Maus) B/A Wirksamkeit des Blutbildes [intraperitoneal] [i. p.] HS-CH2-CH2-NH-CH2-COOH 3070 200-220 ¯ 1/14,5 3 ¯ (Vergl. Beispiel) HS-CH2-CH2-NH2 225 40-50 ¯ 1/5 l + + + (Vergl. beispielsw. Hagen, Arznei mittelforschung 6 (1956) S. 384-388 Erliiuterwng : Die Untersuchungen wurden am Centro Studi Tumori di Novara (Italien) von Professor Pisani und
Dr. Tognacca durchgeführt.
(B) Bedeutet die nach Bestrahlung der Versuchstiere mit 600 Röntgen-Einheiten minimal lebensverlängernde wirkende
Dosis der betreffenden Substanz.
(C) Verhältnis von wirksamer zur toxischen Dose.
(D) Bedeutet die Wirksamkeit in Relation zur Toxizität und bezogen auf Cysteamin mit dem definierten Wert l.
(E) a) + Unbedeutende Beeinflussung : Cysteamin-N-essigsäure bewirkte nach 6 wöchiger Verabreichung (jeweils an 5 Tagen der Woche) von je 1600 mg/kg intraperitoneal (dem 7-8fachen der minimal wirksamen
Dosis) eine Herabsetzung des Hämoglobingehaltes um 10%. Das restliche Blutbild blieb unverändert. b) + + + Deutliche VerÏnderung des Blutbildes: Cysteamin bewirkte bei analoger Verabreichung von blo¯
60 mg/kg (dem 1,2-1,5fachen der minimal wirksamen Dosis) eine Herabsetzung des HÏmoglobin gehaltes und auch der Zahl der wei¯en Blutk¯rperchen um 20%.
Das erfindungsgemässe Verfahren zur Herstellung dieser neuen Verbindungen ist dadurch gekennzeichnet, dass man durch Umsetzung einer Verbindung der Formel
X-R-COA II mit einer Verbindung der Formel III B-S-CH2-CH2-NH2 III oder durch Umsetzung einer Verbindung der For meI IV H2N-R-COA IV mit einer Verbindung der Formel V B-S-CH2-CH2 X V wobei X eine reaktive veresterte Oxygruppe und B eine durch Reduktion leicht abspaltbare Gruppe bedeutet, eine Verbindung der Formel VI
B-S-CH2-CH2-NH-R-COA VI herstellt und diese anschliessend durch reduktive Spaltung in eine Verbindung der Formel I überführt.
Beispiel
167 Teile S-Benzyl-cysteamin (2-Benzylthio äthylamin), 101 Teile Triäthylamin und 122, 5 Teile Chloressigsäureäthylester werden in 1000 Volumteilen Benzol 6 Stunden unter Rühren am Rückfluss gekocht.
Das ausgeschiedene Triäthylaminchlorhydrat wird abgenutscht und mit wenig Benzol gewaschen. Das Filtrat wird eingedampft. Der ölige Eindampfrück- stand wird in 500 Teile konzentrierte Salzsäure eingerührt und die Mischung während 30 Minuten gekocht. Nach dem Abkühlen wird das ausgeschiedene Produkt abfiltriert und mit wenig verdünnter Salzsäure gewaschen. Man erhält auf diese Weise 187 bis 195 Teile (71-75% der Theorie) Benzylthio äthylaminoessigsäure-chlorhydrat vom Schmelzpunkt 189 bis 192 C.
Dieses Produkt lässt sich aus 95"/oigem Äthanol umkristallisieren, wobei der Schmelzpunkt auf 193 bis 195¯C ansteigt. Es ist leicht löslich in Wasser, Methanol und siedendem Äthanol, dagegen kaum löslich in Ather, Benzol, Chloroform Essigester und Aceton.
Für die Weiterverwendung erwies sich bereits das direkt anfallende Produkt vom Schmelzpunkt 189-192 C als rein genug.
78 Teile Benzylthioäthylaminoessigsäure-chlar- hydrat werden in etwa 1200 Volumteilen flüssigen Ammoniak gelöst. In die Lösung gibt man nach und nach 26 g Natriummetall, bis die Lösung dauernd blau bleibt. Man rührt während 1-2 Std., fügt hierauf so viel Amrnoniumchlorid zu, dass die blaue Farbe verschwindet (Zerstörung des überschüssigen Natriums) und dampft hierauf den Ammoniak ab. Der Ein dampfrückstand wird rasch in Wasser gelöst, die Lösung mit Salzsäure angesäuert und in eine 60 bis 70"C warme Lösung von 105 Teilen Quecksilber- (II)-chlorid in 1000 Volumteilen Wasser gegossen. Es entsteht ein Niederschlag, der sich beim Rühren rasch wieder löst.
Die warme Lösung wird sehr langsam abgekühlt und einige Zeit stehen gelassen. Das Quecksilbersalz von (A-Mercapto-äthylamino-)-essig- säure hat sich nun in kristalliner Form ausgeschieden.
Es wird abfiltriert, mit Wasser gewaschen und in frischem Wasser aufgeschlämmt. In diese Suspension wird unter Rühren während einiger Stunden zuerst bei Zimmertemperatur und schliesslich in der Wärme Schwefelwasserstoff eingeleitet. Das dabei gebildete Quecksilbersulfid wird abgenutscht und das Filtrat nach Zusatz von Salzsäure eingedampft. Man erhält auf diese Weise 32 bis 35 Teile (ss-Mercapto-äthyl- amino)-essigsäure-chlorhydrat, das sind 63-680/o der Theorie.
Nach Umkristallisation aus trockenem Athanol schmilzt dieses neue Cysteamin-Derivat bei 162 bis 1640 C. Es ist leicht löslich in Wasser, Methanol und warmem Äthanol. Dagegen kaum l¯slich in Ather, Benzol, Chloroform und Essigester.