Verfahren zur Behandlung von Rohhäuten und Rohfellen. Die Konservierungsmethoden: für Roh- häute und Rohfelle beruhen. entweder auf dem Wasserentzug, der durch Trocknen oder durch Salzen bewirkt sein kann, oder auf dem sagenannten Pickeleffekt, worunter man die Einwirkung von Säuren auf die tierische Haut in Anwesenheit von Neutralsalzen (zur Vermeidung einer Säureschwellung) versteht.
Die Nachteile dieser Methoden sind bekannt und werden nachstehend in ihren Grundzügen geschildert.
Getrocknete Rohhäute lassen sich nur schwer wieder aufweichen und werden selbst bei Anwendung von Weichhilfsmitteln nie mehr<I>ganz</I> in den ursprünglichen Wasser bindungs- und Erweichungszustand zurück versetzt.
Beim Salzen der Rohhäute gehen. mit der Salzlake wertvolle Eiweissbestandteile der Haut verloren. Ferner führt der Zwang, dem Salz Denaturierungsmittel zusetzen zu müs sen, bei den nachfolgenden. Massnahmen, des Äscherns, Gerbens usw. häufig zu Unzu- träglichkeiten. Schliessich verhindert die Salzkonserviening nicht in allen Fällen das Wachstum halophiler Bakterien, die Veran lassung für mannigfache Hautschäden sein können.
Die Pickelko.nservierung, wie sie vor wiegend bei Schafblössen angewandt wird, verursacht Schäden infolge allmählich fort schreitender Säurehydrolyse. Ausserdem ist die Verfrachtung solcher Rohware umständ lich und kostspielig. Jedem Händler mit Pickelblössen und jedem Gerber ist es be kannt, dass etwa 20-3,0i% der gepickedten Blössen in schwerbeschädigtem Zustand in die Hände der Verarbeiter gelangen (die Ent wertung kann 50,% und mehr betragen).
Geht man den Ursachen für,die Wirkung der genannten Konservierungsmethoden nach, so sieht man, dass der Wasserentzug oder die Verschiebung des pH-Wertes aus dem Gebiet, der isoelektrischen bis neutralen Reaktion der Haut massgebende Faktoren sind. Von der an zweiter Stelle genannten Möglichkeit wurde bisher nur im sauren Bereich und hier auch nur bei der Nasskonservierung Gebrauch ge macht.
Es wurde nun gefunden, dass genau wie im sauren auch im alkalischen Gebiet. eine starke Hemmung des Bakterienwachstums und damit eine Konservierungswirkung auf die Rohhaut erreicht werden kann. Praktisch liess sich dieser Gedanke bisher nicht durch führen, weil man bisher kein Mittel kannte, die mit der alkalischen Reaktion der Haut unvermeidliche Schwellung und Hydrolyse der Hautsubstanz zu verhindern.
Anders wie auf der sauren Seite führt nämlich ein Zu satz von Salz zu alkalischen Behandlungs flüssigkeiten nicht zu einer Aufhebung der Quellung. Man musste deswegen seither bei allen alkalischen Behandlungen der tierischen Hautsubstanz eine mehr oder weniger starke Quellung in Kauf nehmen, ein Umstand, der es unmöglich machte, alkalisch behandelte Häute oder Felle längere Zeit aufzubewah- ren oder zu verschicken.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Behandlung von Rohhäuten und Roh fellen, dadurch gekennzeichnet, dass man die frisch abgezogenem Häute und Felle mit einer zur Einstellung einer schwachen: Alka- lität gerade ausreichenden Menge von alka lisch reagierenden Substanzen unter Vermitt lung eines flächenförmig ausgebildeten Trägers für die alkalisch reagierenden Sub stanzen bei Abwesenheit von zur Quellung ausreichenden Wassermengen behandelt.
Es ist möglich, die in dieser Weise alkalisch be handelten Häute oder Felle in einen daner- ba-ften Konservierungszustand zu versetzen. Wesentlich dabei ist das Fehlen von zur Quellung ausreichenden Wassermengen, wo durch auch die sonst unvermeidliche alka lische Hydrolyse der Hautsubstanz unter bunden wird.
Das Verfahren kann beispielsweise folgendermassen durchgeführt werden: Man bringt auf die Fleischseite der frisch abgezogenen Häute oder Felle Alkalien, bei- spie,Isweise Soda, Kalk oder Borax, oder alkalisch reagierende Äscherchemikalien, wie z. B. Schwefelnatrium oder Schwefelcaleium, oder andere sulfidische, enthaarend wirkende Stoffe, die sich durch Zusatz von Alkalien auf einfache Weise umsetzen lassen wie z. B.
Schwefelarsen oder Schwefelbarium, gleich mässig und in einer zur Einstellung der ge wünschten alkalischen Reaktion gerade aus reichenden, wohl dosierten Mindestmenge mit Hilfe eines flächenförmig ausgebildeten Trägers auf. Zweckmässig wird mau als Träger für die Chemikalien Papierblätter verwenden, auf die die Alkalien aufgebracht sind. Die Alkalien oder die oben erwähnten andern Substanzen können auch zwischen je zwei dünne Papierblätter eingearbeitet oder schliesslich schon vor oder während der Blatt bildung des Papiers zugesetzt werden.
Be sonders günstig für die gleichmässige Vertei lung der Chemikalien und für eine gleich mässig dosierte Feuchthaltung ist die Ver- -endung von saugfähigem Papier als Träger.
Es ist dabei von ausschlaggebender Wich tigkeit, dass jeder Überschuss von Alkali und jedes Übermass von Wasser vermieden wer den und dass die Verteilung der zur Einwir kung gelangenden Chemikalien auf der Fleischseite der Rohfelle eine völlig gleich mässige ist.
Die als Trägersubstanz für ähn liche Zwecke bereits mehrfach vorgeschlage nen Verdickungsmittel, wie Stärkekleister, China-Clay, Traganth, Schlämmkreide und andere gestatten eine ähnliche Dosierung wie die erfindungsgemäss beanspruchten flächenförmigen Trägersubstanzen nicht, da bei ihrer Anwendung wesentlich grössere Wassermengen pro Flächeneinheit notwendig sind, und es infolgedessen nicht möglich ist, mit derartigen pastenförmigen Streichmassen die alkalische Schwellung der Haut zu ver meiden.
Ausserdem ist es unmöglich, bei An wendung von pastenförmigen Streichmassen eine überall gleichmässige Dosierung der zur Einwirkung gelangenden Chemikalien zuver lässig zu erreichen.
Der letzte Einwand gilt auch für das bereits vorgeschlagene Verfah ren, auf die Fleischseite der Häute pulveri siertes Schwefelnatrium in trockener Form aufzustreuen; auch hierbei ist es nicht. mög- lich, die zur Herbeiführung des beanspruch ten Effektes gerade erforderliche Mindest menge an wirksamen Substanzen gleichmässig auf die Fleischseite der Häute zu verteilen.
Die, wie beschrieben, behandelten Roh häute und Rohfelle werden zusammengelegt gestapelt und einige Zeit lang der Einwir kung der in dem flächenförmigen Träger enthaltenen Stoffe ausgesetzt. Waren Alka lien oder wasserlösliche Äs:cherchemikalien in dem flächenförmigen Träger verteilt, so gehen diese durch Diffusion in die Haut über, die .dabei die gewünschte alkalische Reaktion überall gleichmässig annimmt, ohne dass eine Schwellung auftreten kann.
Hat man wasserunlösliche oder in Wasser schwer- löslicheSubstanzen, wie z. B, Kalk, Schwe- felcalcium, Schwefelbarium oder Schwefel arsen in den flächenförmigen. Träger einge lagert, dann muss durch Umsatz mit einem schwachen Alkali, welches man in Form einer Lösung auf den .der Fleischseite der Häute anliegenden flächenförmigen Träger auf sprüht, :der Umsatz zu wasserlöslichen diffu- siblen Produkten vollzogen werden.
Nach kurzer Einwirkungsdauer, die sich im ein- zelnen. nach der Stärke der betreffenden Roh häute richtet, aber in der Regel 6 bis 8 Stun den nicht überschreitet, werden .die erfin dungsgemäss behandelten Felle aufgehängt und an freier Luft oder in mässig beheizten Trockenräumen getrocknet, wobei sie ihren Rest von Feuchtigkeit leicht und in kurzer Zeit abgeben.
Wären sie in Anwesenheit von grösseren Wassermengen alkalisch geschwellt, wie .das bei den; bisher üblichen alkalischen Behandlungsbädern immer der Fall ist, so wäre eine derartige Auftrocknung unmög lich.
Die Felle sind in dieser alkalisch ge trockneten Form ausserordentlich wider standsfähig gegen Temperatur-, Feuchtig- keits- und Bakterieneinwirkung, so dass sie ohne weiteres lange Zeit auch unter un günstigen klimatischen Bedingungen aufbe wahrt bezw. verfrachtet werden können:
. Sie stellen ein in geradezu idealer Weise konser viertes Hautmaterial dar, bei dem infolge Abwesenheit der dazu erforderlichen Wasser- mengen ein hydrolytischer Abbau der Haut substanz ganz .ausgeschlossen ist. Anderseits sind diese Häute bezw. Felle infolge ihrer schwach alkalischen Reaktion auf einfachste Weise wieder zu erweichen bezw. den nor malen Verfahren der Wasserwerkstatt zu unterwerfen.
Man kann auch so vorgehen, dass man nach der Behandlung .der Häute und Felle mit den unter Zusatz enthaarend wirkender Stoffe hergestellten flächenförmigen Trägern die Felle enfth-aart oder entwollt und die so ge wonnenen Blössen dem beschriebenen Trock- nungsprozess unterwirft. Man erhält auf diese Weise alkalisch trockenkonservierte Hautblössen, die den bekannten Pickelblössen in mehrfacher Hinsicht überlegen sind.
Die alkalisch trocken konservierte Blösse ist nicht den Gefahren ausgesetzt, welche die Pickel blösse bei der Aufbewahrung und Ver schiffung in ihrem Wert stark herabmindern können, sie stellt ein gleichmässigeres und infolgedessen leichter zu bearbeitendes Roh material für den Gerber dar als die Pickel blösse, und sie bietet infolge ihrer handlichen Form grosse Vorteile bei der Verpackung und Verfrachtung hinsichtlich des benötigten Frachtraumes und der Frachtkosten.
Es verdient ausserdem darauf hingewiesen zu werden, dass bei Ausführung des Verfah rens in der zuletzt beschriebenen Weise (Enthaaren bezw. Entwol:len vor der Traek- nung der Haut) grosse Vorteile bezüglich der Ausbeute und Qualität der gewonnenen Haare bezw. Wolle zu erzielen sind.
Auch in dieser Beziehung erweist es :sich als vorteil haft, :dass die Einwirkung der Chemikalien genau dosiert ist und :dass mit einem 'Mini mum von Wasser gearbeitet wird. Der sonst unvermeidbare Randverlust an Haaren bezw. Wolle und das sonst nicht zu umgehende "Durchschlagen" der enthaarend wirkenden Substanzen, welcher zu schweren Schädigun- gen der Haare bezw. Wolle führt, entfallen bei Ausführung .des Verfahrens gemäss vor liegender Erfindung.
Von diesem Standpunkt aus betrachtet, hat das neue Verfahren bei Anwendung von enthaarend wirkenden Sub- stanzen in dem flächenförmigen Träger be sonderen Wert als neuartiges Schwödever- fahren für frische oder auch konservierte und dann geweichte Rohhäute. Eine Konservie rung der hierbei erhaltenen Blössen durch Trocknen braucht sich dann möglicherweise nicht anzuschliessen, sondern die Blössen kön nen sofort in den bei der Lederherstellung normalen Arbeitsgang gegeben -,verden.
Beispiele.: 1. Frisch abgezogene Kalbfelle werden mit einer flächenförmig ausgebildeten Trägersubstanz, beispielsweise mit einem ent sprechend hergestellten Papier belegt, auf welches man pulverisierte Soda oder Borax mit Hilfe eines Bindemittels aufgebracht hat. Die Felle werden zusammengelegt, ge stapelt und nach achtstündiger Einwirkung zum Trocknen aufgehängt. Sie erweisen, sich als ausgezeichnet konserviert und unbegrenzt lagerfähig.
2. An Stelle der im Beispiel 1 genannten flächenförmigen Trägersubstanzen können auch solche verwendet werden, die als wirk samen Bestandteil Kalk bezw. Schwefel natrium bezw. Schwefelarsen bezw. Schwe felbarium oder Mischungen aus diesen Stof fen enthalten. Bei Anwendung von Schwefel arsen oder Schwefelbarium muss das Papier nach dem Auflegen mit einer Alkalilösung abgetränkt werden.
3. Frisch abgezogene Schaf- oder Ziegen felle werden mit einem Schwefelcalcium- papier belegt und unter den in Beispiel 1 an gegebenen Bedingungen der Einwirkung der Papierbestandteile ausgesetzt. Das Papier wird zuvor mit einer mässig konzentrierten Alkalilösung getränkt. Nach etwa achtstündi ger Einwirkung können die Felle ent-,vollt bezw, enthaart werden, wobei die Wolle (das Haar) als zusammenhängendes Vlies von ausgezeichneter Beschaffenheit anfällt.
Die entwollten (enthaarten) Blössen werden an der Luft getrocknet oder bei niedrigen Temperaturen durch einen Trockenkanal ge schickt und gebündelt. Sie stellen ein in geradezu idealer Weise konserviertes Haut- material dar, welches unbegrenzt gelagert, auch unter schwierigen Bedingungen ver frachtet und auf die einfachste Weise den normalen Prozessen der Lederfabrikation un terworfen werden kann.
Wahlweise können die entwollten bezw. enthaarten Blössen ohne Trocknung zur Ledergewinnung eingearbei tet werden.