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Verfahren zur Veredelung pflanzlicher Textilstoffe mit Alkalilangen.
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sation unter Spannung. Es wurde nun gefunden, dass man bisher noch nicht beobachtete Wirkungen auf pflanzlichen Textilstoffen dann erzielen kann. wenn man den Werkstoff zwei oder mehreren in Abhängigkeit voneinander stehenden Behandlungen unter Verwendung hochkonzentrierter Alkalilaugen unterwirft, wobei man abwechselnd warme und kalte Flotten in beliebiger Reihenfolge, aber nur kurze Zeit einwirken lässt.
Bei einer derartigen Behandlung ist man, von unterschiedlichen Baumwollgeweben als Werkstoff ausgehend, zu je nach den Bedingungen verschiedenen, aber höherwertigen Stoffen gelangt, die oft deutlich einen Leinen-oder Seidencharakter besitzen. Diese Stoffe zeigen ein wesentlich anderes Bild als die nach dem einen oder anderen Verfahren allein behandelten. Sie behalten ihren Charakter und ihre wertvollen Eigenschaften in der Wäsche durchaus bei. Insbesondere gehen sie im Gegensatz zu den erwähnten, wie überhaupt so vielen Textilerzeugnissen nicht mehr ein. Allen gemäss der Erfindung behandelten Stoffen ist eine auffallend geringe Neigung zur Knitterbildung eigen, trotzdem beispielsweise die nach dem neuen Verfahren vereinten Stoffe zum Teil sehr steif sind.
Dieses neue Verfahren beruht also auf einer Einwirkung kalter und heisser bis siedender konzentrierter anorganischer Basen in Wechselwirkung, dren Dauer dem zu veredlnd ? n Werkstoff und dem zu erzielenden Stoffcharakter angepasst aber so kurz bemessen wird, dass die Reaktion unmittelbar nach Eintritt der struk-
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teilen von Minuten oder. höchstens nach wenigen Minuten eingetreten.
Brüche man aber in diesem Zeitpunkt die Reaktion nicht ab, so würde man nicht nur die erzielte Wirkung teilweise bis gänzlich wieder aufheben, sondern schädige auch die Zellulose durch den alsbald einsetzenden Angriff der Behandlung- flotte auf die äussere und innere Fasersubstanz. Dass die Notwendigkeit des alsbaldigen Reaktionsabbruches nicht erkannt wurde, lehrt Literatur und Praxis, wie sie aber im Einzelfalle durchzuführen sei, ergeben die Regeln, die für das Abbrechen von Reaktionen, deren kritischer Wirkungspunkt durch Temperatur und Konzentration gemeinsam bedingt ist, gelten.
Behandelt man nach dem Patente Nr. 112599 ein locker eingestelltes Gewebe, so tritt alsbald neben einer starken Faserquellung eine eharak- teristische Fadenkräuselung ein und das Ergebnis ist ein ausserordentlich weiches, wollähnliches Produkt.
Das rechtzeitige Abbrechen der Reaktion in Verbindung mit der mehrfachen Laugenbehandlung bewirkt nun unter anderem, dass die Kräuselung gegenüber einer Nummerverschiebung der Garne durchaus überwiegt und der Faden bzw. die Faser ihrerseits eine Glättung ohne nennenswerte Glanzsteigerung erfährt. eine Wirkung, die sich aus den Angaben und Erfahrungen im Sinne des Patentes Nr. 112599 nicht voraussehen liess. Die chemischen Untersuchungen zeigen in Übereinstimmung mit dieser Beobachtung keine oder nur eine minimale Bildung von Hydrozellulosen und niemals die Anwesenheit irgendwelcher Oxyzellulosen. Behandelt man anderseits in gleicher Weise ein eng eingestellte Gewebe, so tritt die Kräuselung gegenüber der Garnnummerverschiebung mein'zurück.
Das Gewebe zeigt eine erhöhte Schmiegsamkeit usw., aber keinen ausgesprochenen Wollcharakter.
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Werden in diesem Sinne heiss vorbehandelte Stoffe mit konzentrierten Alkalien in der Kälte weiterbehandelt, so erhält man, je nach dem Ausgangsmaterial und dessen sonstiger Vorbehandlung ; leinen-bis seidenähnliche Stoffe von hervorragender Schönheit. Ähnliche Produkte ergeben sich, wenn man auf normal merzerisierte Stoffe nachträglich hoch konzentrierte heisse Alkalilauge einwirken lässt.
Man kommt dann bei den meisten Stoffen zum Ziel, ohne diese sonderlich spannen zu müssen. Bei vielen Stoffen genügt eine einfache Tränkung mit der kalten Lauge.
Beispiele :
Waschseide : Ein gewöhnlicher Baumwollmousseline wird in der herkömmlichen Weise als Lampenfutterstoff durch Merzerisieren vorgerüstet. Hierauf wird der Stoff drei Minuten mit Natronlauge von 43% NaOH bei 92 C behandelt, die Lauge unmittelbar nach der strukturellen Änderung durch kochendes Wasser verdrängt und falls der Ausfall noch nicht voll befriedigt, kurz mit Natronlauge von 250 Bé bei 180 C imprägniert und diese ohne Spannung wieder entfernt. Das Produkt entspricht edelster natürlicher Waschseide. Verwendet man bei der ersten Behandlung Laugen höherer Konzentration, z. B.
60% NaOH, so wird der Griff noch etwas voller.
Leinen : Ein grobes ordinäres Baumwollzeug wird weder gesengt noch entschlichtet, noch gebleicht, sondern unmittelbar durch heisses Wasser und fünf Minuten durch Natronlauge von 60% NaOH bei 88 C genommen, im Gegenstrom ausgewaschen, kurz kontinuierlich breit chloriert, einige Minuten durch Natronlauge von 230 Bé bei 180 C ohne Spannung geführt und ausgewaschen. Man erhält eine Ware vom typischen Charakter eines dreiviertel weissen Leinenstüekes. Eine Verbesserung des Griffes kann in Einzelfällen durch Nachbehandlung im Seifenbade und Absäuren mittels einer organischen Säure erzielt werden.