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Verfahren zur Darstellung der phosphorhaltigen Grundsubstanz des Milchkaseins in reiner Form.
Seitdem Lubawin (Ber. X, S. 2237, J. 1877) bewiesen hat, dass der Phosphorgehalt des Kaseins nicht auf beigemengte Mineralphosphate zurückzuführen ist, nimmt man allgemein an, dass der Phosphor im Kasein organisch gebunden ist.
Man glaubte längere Zeit, dass hier eine nucleinartige prosthetische Gruppe vorliege, welche man mit dem Namen Para-oder Pseudonucleinsäure belegte. Es gelang aber trotz vieler Bemühungen nicht, eine derartige Säure vom Kasein zu trennen. Salkowski (Z. f. physiolog. Ch. XXXII, 1901, S. 245) beschrieb zwar als eine Paranuoleinsäure eine Substanz, die er aus den Pepsinverdauungsprodukten isolieren konnte.
Diese Säure zeigte aber Eiweissreaktion und sollte eher als ein wasserlösliches Paranuclein bezeichnet werden. Übrigens handelte es sich nicht um eine definierte Verbindung, da die Analysenwerte für das
Eisensalz und die freie Säure miteinander gar nicht stimmen. Salkowski bemerkte dabei nicht, dass seine
Präparate grössere Mengen Mineralphosphorsäure enthielten, denn die von ihm zum Nachweis der letzteren gewählte Reaktion (Fällung mit Ba Cl und NH3) versagte bei den Verdauungsprodukten des Kaseins.
Auch Reh (Hofmeisters Beiträge z. chem. Physio. und Pathologie, XI, 1908, S. 1) beging denselben Fehler bei der Darstellung'-der Uranverbindung seiner-.,, Polypeptidphosphorsäure" aus den
Pepsinverdauungsprodukten des Kaseins. Er wählte als Ausgangsmaterial technisches Kasein, welches bekanntlich mindestens 30% seines Phosphors in Form von Mineralphosphaten enthält. Diese müssten unbedingt bei der Fällung mit Uranacetat mitfallen. In Gegenwart von Mineralphosphaten fällt dieses
Reagens auch Peptone aus.
Mit anscheinend mehr Recht nimmt Plimmer (The Biochemical Journal VII, 1913, p. 7 ; \) an, dass. diePhosphorsäure im Kasein an Aminosäuren gebunden sei. Er beobachtete, dass 1% ige Natronlauge im Thermostaten bei 40 fast sämtliche Phosphorsäure vom Kasein abspaltet, was mit Phosphorsäure- estern der mehrwertigen Alkohole nicht geschieht. Ebenso lahil sind jedoch die Hexosephosphorsäuren gegenüber verdünnter Natronlauge. Die Existenz einer eiweissfreien prosthetischen Phosphorgruppe im
Kasein erscheint daher doch nicht völlig ausgeschlossen.
Als völlig neu muss folglich die Feststellung betrachtet werden, dass das Kasein einen einzigen phosphorhaltigen Kern aufweist, in welchem 4 Phosphor-und 18 Stickstoffatome enthalten sind und dass es möglich ist, durch ein einfaches Verfahren diese phosphorhaltige Grundsubstanz aus den mit
Pankreasfermenten erhaltenen Verdauungsprodukten des Kaseins in chemisch reiner Form und so gut wie quantitativ abzuscheiden. Dieses Verfahren bildet den Gegenstand dieser Patentbeschreibung.
Das Verfahren besteht darin, dass man Milchkasein nach bekannten Verfahren in schwach alkalischer
Lösung mit Pankreasfermenten verdaut, die abfiltrie-rte Verdauungsflüssigkeit mit Schwermetallsalzen ausfällt, die Schwermetallsalzfâllung zwecks Entfernung des Schwermetalls aus der organischen Phosphor- verbindung und Trennung der letzteren von Mineralphosphorsäure mit Alkalikarbonatlösung behandelt, die dadurch entstehende Lösung der Alkalisalze der organischen Phosphorverbindung mit Alkohol versetzt, das'abgeschiedene Alkalisalz der ehemisch reinen Verbindung in Wasser löst, mit einem Schwer- metallsalz ausfällt, die Fällung mit Schwefelwasserstoff vom Metall befreit, die so erhaltene Lösung der freien Säure mit Alkohol fällt und die Fällung zur Trocknung bringt.
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Zweckmässig unterwirft man die durch Zersetzung der Schwermetallsalze mit Alkalikarbonaten erhaltene Alkalisalzlösung der organischen Phosphorverbindung vor der weitern Reinigung einer kurzdauernden zweiten Verdauung mit Pankreasfermenten, worauf man die so erhaltene Verdauungslösung
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wie oben beschrieben, weiter behandelt.
Das Verfahren selbst wird durch folgendes Beispiel erläutert :
10 kg technisches Milchkasein werden in 80 lauf 400 vorgewärmtem Leitungswasser aufgeschlemmt.
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oder 25 g Trypsin und 200 cm3 Toloul zu und lässt unter fortwährendem Rühren 2 Tage bei 40 und dann noch weitere 24 Stunden in der Kälte stehen. Man filtriert in der Filterpresse und fällt mit Bleizucker und Bleiessig vollständig aus. Der Bleiniederschlag, welcher sämtliche Phosphorverbindungen der Lösung enthält, wird abfiltriert, gründlich mit Wasser gewaschen und ausgepresst.
Um nun die organischen Phosphorverbindungen zu entbleien und vom Bleiphosphat zu trennen, zerreibt man den Bleiniederschlag fein mit etwas Wasser und setzt unter Rühren eine 20% ige Sodalosung so lange zu, bis Phenolphtaleinpapier schwach rosa anschlägt. Man verbraucht gewöhnlich zirka zu Sodalösung. Die entstandene Lösung wird dann vom ungelösten Bleikarbonat und Bleiphosphat scharf getrennt und einer zweiten Verdauung mit Trypsin unterworfen, nach Zusatz von 100 g Natriumbikarbonat und 5 g Trypsin. Nach 24 Stunden ist die Lösung zur weiteren Behandlung bereit.
Man setzt der filtrierten Lösung, welche auf 6 l gebracht wird, 10 1 95% ig6n Sprit zu und lässt das als Öl ausgeschiedene Natriumsalz der reinen Phosphorverbindung absitzen. Man hebert den obenstehenden Sprit ab, das Öl wird in Wasser gelost, mit Bleizucker gefällt, das Bleisalz filtriert, gewa & chen und mit Schwefelwasserstoff entbleit. Die vom Bleisulfid getrennte saure Lösung wird mit einem Luftstrom vom Schwefelwasserstoff befreit, bei niedriger Temperatur im Vakuum konzentriert und mit 4 Volumen starkem Sprit gefällt.
Die schneeweisse Fällung wird filtriert, mit Sprit nachgewaschen und im Vakuum bei niedriger Temperatur getrocknet und gepulvert. Sie stellt den reinen phosphorhaltigen Kern des Kaseins dar. Statt mit Bleizucker kann man die Lösung des Öles auch mit Kupferazetat oder mit einem Queeksilbersalz ausfällen, ferner statt Soda Ammonium-oder Kaliumkarbonat verwenden, ohne dass hiedurch am Ergebnis etwas geändert wird.
Durch Neutralisation der freien Säure mit Alkalien oder Erdalkalien und nachherige Eintrocknen im Vakuum-nach eventueller Ausfällung mit Sprit-erhält man die Alkali-und Erdalkalisalze der Verbindung. Zur Darstellung des Natriumsalzes kann direkt das obige Öl im Vakuum eingetrocknet werden. Durch Umsetzung des Natriumsalzes mit löslichen Eisensalzen stellt man das Eisensalz der organischen Phosphorverbindung dar.
Zu einem Kalziumsalz dieser Verbindung kann man auch direkt gelangen, indem man die Verdauungsflüssigkeit oder die durch Schwermetallsalzfällung und Abscheidung der Schwermetalle hieraus erhaltene Lösung mit löslichen Kalziumsalzen versetzt und mit Alkohol fällt. Die erhaltene Fällung stellt das Kalziummalz der organischen Phosphorverbindung dar, welche zwecks weiterer Reinigung in Wasser gelöst und mit Alkohol umgefällt werden kann.
Die auf oben angegebene Weise erhaltene Phosphorverbindung lässt sich durch Trypsin nicht weiter abbauen und durch Fraktionierung nicht in verschiedene Teile zerlegen. Sie muss als der organische Phosphorkern des Kaseins betrachtet werden. Er stellt ein weisses amorphes Pulver dar, welches in Wasser
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Lösung reagiert neutral auf Kongorot, sauer auf Methylorange und Lackmus.
Die wässerige Lösung der Säure trübt sich nicht beim Zusatz von Magnesiamixtur, auch nicht nach längerem Stehen. Molybdänflüssigkeit ruft in konzentrierter Lösung der Säure eine rein weisse Fällung, in verdünnter Lösung keinen Niederschlag hervor. Kupferazetat ergibt eine hellblaue, Bleiazetat und Quecksilbersalze eine weisse, Silbernitrat und Eisenchlorid keine Fällung. Die mit Natronlauge neutralisierte Lösung der Säure gibt dagegen einen weissen Niederschlag mit Silbernitrat und einen gelben mit Eisensalzen.
Die Alkalisalze der Verbindung haben ein glasartiges Aussehen, die Erdalkalisalze sind weisse, amorphe, leicht in Wasser lösliche Pulver. Das Kaliumsalz besitzt einen indifferenten Geschmack und enthält 4-5-5% Phosphor und 10-11% Kalzium.
Die Verbindung gibt eine schöne rosa Biuretreaktion ; die Millonsehe und Xanthoproteinreaktion sind völlig negativ, ebenso die Reaktion von Molisch. Gleichwohl scheint die Verbindung eine Kohlehydrafgruppe zu besitzen. Kocht man sie einige Stunden unter Rückfluss mit konzentrierter Salzsäure und destilliert nachher die letztere ab, so geht gleichzeitig ein Körper über, der zwar mit Anilinazetat
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Fehlingsche Lösung.
Die Verbindung ist gegenüber Mineralsäuren in der Kälte, gegenüber Ammoniak und Natriumbikarbonat unter 40 ziemlich widerstandsfähig. Ätzkali sowie Bariumhydroxyd spalten bei gewöhnlicher Temperatur allmählich die Hälfte derPhosphorsäure, bei Siedehitze fast augenblicklich sämtlichePhosphor- säure ab.