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Verfahren zur Herstellung leicht färbbarer Acrylnitrilpolymerer Es
ist bekannt, Acrylnitrilpolymeren und geformte Gebilde aus solchen, insbesondere
Fäden, durch partielle Verseifung mit Mineralsäuren oder Laugen eine höhere Wasseraufnahmefähigkeit
zu verleihen und sie für Farbstoffe aufnahmefähiger zu machen. Praktische Bedeutung
hat dieses Verfahren bisher nicht erlangt.
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Es wurde nun gefunden, daß man leicht färbbare Acrylnitrilpolymeren
dadurch herstellen kann, daß man die Acrylnitrilpolymeren bei höherer Temperatur,
z. B. bei Kochtemperatur, so lange mit niederen gesättigten aliphatischen Monocarbonsäuren
behandelt, bis mindestens 10/, Stickstoff, bezogen auf das eingesetzte Polymere,
abgespalten ist, und anschließend die noch wasserunlöslichen Polymeren mit Alkalien
oder mit einwertigen starken Aminen, vorzugsweise in geformtem Zustand, nachbehandelt.
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Als für das erfindungsgemäße Verfahren geeignete aliphatische Monocarbonsäuren
seien beispielsweise Ameisensäure und Essigsäure und Gemische dieser Säuren mit
z. B. niederen Fettfraktionen aus der Paraffinoxydation genannt.
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Die Säuren enthalten zweckmäßig einen geringen Wassergehalt von z.
B. 2 bis 2o°/0, jedoch soll die Verwendung niedrigerer Konzentrationen, z. B. 5o-
bis 7o °/oige Ameisensäure, nicht ausgeschlossen sein. Die Umsetzung kann auch in
Stufen erfolgen z. B. derart, daß zuerst mit niederer Säurekonzentration gearbeitet
wird, worauf man eine Behandlung mit einer höher konzentrierten Säure folgen läßt.
Auch die Reaktionstemperatur
kann in erheblichen Grenzen schwanken.
Sie liegt zweckmäßig oberhalb 8o°C, z. B. zwischen go und zqo°C. Zur Beschleunigung
der Reaktion kann man den Fettsäuren geringe Mengen einer stärkeren Säure oder einer
mit niederen Fettsäuren unter Bildung eines stark saueren Stoffes reagierenden Substanz
zusetzen, z. B. Chlorwasserstoff, p-Toluolsulfonsäure, Borfluorid, Zinkchlorid,
Zinntetrachlorid, Trichloressigsäure.
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Als geeignete Acrylnitrilpolymeren im Sinne des erfindungsgemäßen
Verfahrens sind Polyacrylnitril und dessen Mischpolymeren mit z. B. Vinylchlorid,
Vinylidenchlorid, Vinylacetat, Acrylsäuremethylester, Methacrylsäuremethylester
zu verstehen. Außerdem sind vor allem solche Mischpolymeren für das Verfahren von
Interesse, die außer Acrylnitril noch eine hydrophilierende Komponente eingebaut
enthalten, vor allem Vinylcarbonsäuren und deren Amide, wie z. B. Acrylsäure, Methacrylsäure,
Acrylsäureamid, Acrylsäuremethylamid, Methacrylsäureamid. Diese Heterokomponenten
sind zweckmäßig in Mengen von etwa 5 bis 25 °/° enthalten. Bei den Amiden werden
vorzugsweise primäre Amidverbindungen gewählt.
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Auch die Acrylnitrilpolymeren, die durch partielle Verseifung entstandene
Carboxylgruppen und bzw. oder Amidgruppen bereits enthalten, sind für das Verfahren
sehr geeignet.
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Die Acrylnitrilpolymeren können als pulverige Polymerisate oder auch
als- geformte Gebilde, wie Fasern oder Folien, vorliegen.
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Je nach Stärke der Einwirkung der Säuren hinsichtlich Temperatur,
Zeit und Konzentration kann die mit der Behandlung verbundene chemische Veränderung
mehr oder weniger weit getrieben werden. Besonders bei Ameisensäure kann man schließlich
bis zu homogenen Quellungen gelangen, namentlich bei Mischpolymeren mit Amidgruppen,
die dann gegebenenfalls als solche verformt, z. B. auf heißen Walzen ausgewalzt
und durch Düsen ausgepreßt werden können. Solche extremen Bedingungen müssen natürlich
vermieden werden, wenn es sich darum handelt, geformte Gebilde, insbesondere Fäden,
nach dem Verfahren der Erfindung zu veredeln. Die Behandlung nach der Erfindung
kann in Gegenwart oder Abwesenheit von Lösungs- oder Quellungsmitteln für die Acrylnitrilpolymeren
vorgenommen werden. Als Lösungsmittel kommen die üblichen in Betracht, z. B. Dimethylformamid,
Butyrolaceton, Tetramethylensulfon oder Pyrrolidon.
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Eine praktische Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens besonders
zur Herstellung mehr oder weniger gleichmäßiger Duellungen besteht darin, daß man
die Acrylnitrilpolymeren oder Umsetzungen von solchen mit verhältnismäßig geringen
Mengen Säure, speziell Ameisensäure, gegebenenfalls in Gegenwart von Lösungsmitteln
anteigt und die Masse dann mit Hilfe von Schnecken durch ein auf Reaktionstemperatur
erhitztes Rohr preßt. An diesen Prozeß kann sich bei genügender Plastifizierung
unmittelbar ein Auspressen in Form von Bändern oder Draht anschließen.
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Die mit Fettsäure nach der Erfindung veränderten Acrylnitrilpolymeren
lassen sich vorzugsweise in geformtem Zustand erfindungsgemäß durch Nachbehandlung
mit alkalischen Mitteln noch weiter aktivieren. Zu solchen Nachbehandlungen eignen
sich z. B. Lösungen von Alkalilaugen, Alkalicarbonaten, Ammoniak oder starken Monoaminen.
Besonders wertvoll sind Umsetzungen mit Ammoniak oder solchen starken Monoaminen,
die reaktionsfähigen Wasserstoff am basischen Stickstoff enthalten, wie z. B. Methylamin,
Dimethylamin, Cyclohexylamin usw. Diese Basen werden fest gebunden, wenn man die
modifizierten Polyacrylnitrilverbindungen bzw. geformte Gebilde aus Polyacrylnitrilverbindungen
mit z. B. 3- bis 5 0%igen wässerigen oder wässerig-methanolischen Lösungen dieser
Basen behandelt, vorzugsweise in der Wärme, z. B. bei Temperaturen zwischen 40 und
8o0 C, während beispielsweise 30 Minuten bis 6 Stunden. Basen mit niederem
Dampfdruck können auch in Form ihrer Dämpfe zur Einwirkung kommen, zweckmäßig in
Gegenwart von Feuchtigkeit.
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Die nach dem Verfahren der Erfindung behandelten Acrylnitrilpolymeren
zeigen ein gesteigertes Aufnahmevermögen für saure Farbstoffe, während die Affinität
für basische Farbstoffe nur bei starker Einwirkung wesentlich gesteigert wird. Demnach
führt die Säureeinwirkung nicht oder nur schwierig zur Bildung freier Carboxylgruppen.
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Besonders günstige Verhältnisse in bezug auf Aktivierung ergeben sich
bei Fasern oder Folien, wenn diese aus Mischungen von Nitrilpolymeren mit Amidgruppen
einerseits und Carboxylgruppen andererseits aufgebaut sind. Eine geeignete Mischung
besteht z.B. aus gleichen Teilen des Mischpolymerisats aus 85 Teilen Acrylnitril
und 15 Teilen Acrylsäureamid und dem Mischpolymerisat aus go Teilen Acrylnitril
und io Teilen Acrylsäure.
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Es ist zwar bereits ein Verfahren bekannt, wonach Acrylnitrilpolymeren
zur Verbesserung der Wasserquellung und der Anfärbbarkeit mit wasserlöslichen Farbstoffen
entweder einer Einwirkung von verdünnten Laugen oder aber von verdünnten Mineralsäuren
bei normaler oder erhöhter Temperatur unterzogen werden. Danach kommen lediglich
anorganische Säuren oder Alkalilaugen zur Anwendung, während gemäß dem Verfahren
der vorliegenden Erfindung die Behandlung mit konzentrierten, gesättigten, aliphatischen
Monocarbonsäuren mit einer Nachfolgebehandlung mit Alkalien oder Monoaminen kombiniert
wird. Es konnte außerdem nachgewiesen werden, daß sich bei einer Behandlung von
Acrylnitrilpolymeren allein mit entweder Säuren oder alkalischen Mitteln die Farbstoffaufnahme
des Polyacrylnitrils nicht wesentlich von der des unbehandelten Materials unterscheidet.
Durch die erfindungsgemäß kombinierte Säure-, Alkali- bzw. Aminbehandlung wird demgegenüber
eine etwa vielfache Steigerung der Farbstoffaufnahme erzielt. Beispiel z Polyacrylnitril,
K-Wert = 107, wurde mit der fünffachen Menge Eisessig 3 Stunden zum Kochen erhitzt.
Das außerlich unveränderte Material wurde dann durch mehrfaches Auskochen mit Wasser
gründlich gewaschen, schließlich bei 8o°C getrocknet. Das
behandelte
Produkt zeigte gegenüber dem Farbstoff der Formel
ein gesteigertes Farbstoffaufnahmevermögen. In Dimethylformamid ist es nach wie
vor löslich und kann aus dieser Lösung auf Folien verarbeitet oder zu Fäden versponnen
werden.
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Beispiel 2 Das nach Beispiel i erhaltene Produkt wurde 2 Stunden bei
70°C mit 5 °;'oigem wäßrigern Ammoniak behandelt. Nach dem Spülen und Trocknen zeigt
das nachbehandelte Produkt beim Färben mit dem im Beispiel i genannten Farbstoff
eine etwas höhere Affinität als nach saurer Behandlung allein. Beispiel 3 Ein Mischpolymerisat
aus 88 Teilen Acrylnitril und 12 Teilen Acrylsäureamid (K-Wert = 96,6) wurde
mit der zehnfachen Menge 85 °/oiger Ameisensäure 6 Stunden in einem auf 125°C gehaltenen
Ölbad behandelt. Nach dieser Zeit war ein fast homogenes Gel entstanden, das einen
Teil der Säure gebunden hielt. Nach Abgießen der überstehenden Flüssigkeit wurde
zerschnitzelt und gründlich bis zur Säurefreiheit ausgewaschen. Das Polymerisat
zeigte nunmehr eine deutlich gesteigerte Affinität zu sauren Farbstoffen, wie z.
B. dem vorstehend genannten Farbstoff. Beispiel q. Polyaerylnitril, K-Wert 107,
wurde mit To Volumteilen 85 °/oiger Ameisensäure q Stunden lang unter Rückfluß gekocht
(Ölbadtemperatur etwa 130°C), dann mit Wasser gründlich ausgekocht und bei go° C
getrocknet. Das so vorbehandelte Polymere wurde dann 2 Stunden bei 8o' C mit einer
2,5 °/oigen wässerigen Lösung von Dimethylamin nachbehandelt, anschließend wieder
gründlich gewässert, zum Schluß mit essigsäurehaltigem Wasser, und neuerdings bei
go°C getrocknet. Das so amidierte Material nahm aus siedender ameisensaurer Flotte
etwa 1,60/, des im Beispiel i genannten Farbstoffs auf.
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In gleicher Weise behandeltes Mischpolymerisat aus 88 Teilen Acrylnitril
und 12 Teilen Acrylsäureamid, K-Wert 97, zeigte eine Farbstoffaufnahme von
q.,0°/,. Als die Temperatur der Ameisensäure auf go°C herabgesetzt wurde, war der
färberische Effekt wesentlich geringer.
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Schließlich wurde noch die wässerige Dim.ethylaminlösung durch 2,5
°/'oige Lösungen von Butylamin bzw. Cyclohexylamin ersetzt. Es ergab sich dann bei
beiden Aminen beim Polyacrylnitril eine Farbstoffaufnahme von 2,3 °/o, bei Mischpolymeren
eine solche von 4,5 °/o.
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Beispiel 5 Einheitliches Polyacrylnitril vom K-Wert 8o, Stickstoffgehalt
260/" wurde mit dem zehnfachen Volumen 85 °/oiger Ameisensäure im Autoklav
erst 2 Stunden auf 120'C, dann noch 3 Stunden auf i5o°C erhitzt. Die durchgelatinierte
Masse wurde mit der Schneidemaschine zerkleinert, anschließend gründlich mit 7o
°/oiger Ameisensäure, dann mit kochendem Wasser ausgewaschen. Das erhaltene Produkt,
das 5 °/o weniger Stickstoff enthielt als der Ausgangsstoff, färbt sich mit basischen
Farbstoffen, wie Methylenblau, verhältnismäßig kräftig an. Auch Acetatseidefarbstoffe
werden gut aufgenommen. Saure Farbstoffe ziehen ebenfalls besser als vor der Behandlung.
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Das veränderte Polymere löst sich leicht in Dimethylformamid und wurde
aus dieser Lösung zu dünnen Filmen vergossen. Der bei 95 bis ioo°C im Vakuum
getrocknete Film wurde durch 21/2stündiges Behandeln mit 2,5 °/oiger wäßriger Lösung
von Cyclohexylamin aminiert, nach der Aminbehandlung mit essigsäurehaltigem Wasser
gründlich gewaschen und dann mit dem in Beispiel i genannten Farbstoff in Gegenwart
von To °/o Ameisensäure (bezogen auf Filmgewicht) gefärbt. Der Film färbte sich
kräftiger blau.
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Bei gleichartiger Behandlung mit verdünnterer, 70 °/oiger Ameisensäure
ergab sich eine viel geringere Farbstoffaufnahme. Beispiel 6 Polyacrylnitril (K-Wert
8o) wurde, wie im Beispie15 angegeben, mit 85 °/oiger Ameisensäure erhitzt, der
Ansatz nach dem Erstarren zerkleinert und aufgearbeitet. Nach dem Trocknen wurde
das Produkt mit der zehnfachen Menge To n-NaOH 2 Stunden auf 7o' C erwärmt, dann
das stark gequollene Material mit verdünnter Essigsäure ausgekocht und getrocknet.
Das veränderte Polyacrylnitril färbte sich nunmehr mit basischen Farbstoffen, wie
Methylenblau, wesentlich tiefer an als das Produkt nach Beispiel 5, Absatz i.