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Verfahren zur Herstellung von Adipinsäuredinitril Es ist bekannt,
Adipinsäuredinitril durch Umsetzung von I 4-Dichlorbutan mit Metallcyaniden herzustellen.
Für die technische Ausführung dieser Reaktion hat man bereits eine Reihe von Vorschlägen
gemacht. So hat man z. B. äquimolekulare Mengen von I 4-Dichlorbutan und technischem,
etwa 5 0/o Wasser enthaltendem Natriumcyanid unter Zusatz von Methanol als Lösungsmittel
in Druckgefäßen auf I500 erhitzt. Nach einem anderen Vorschlag läßt man I 4-Dichlorbutan
bei I800 auf eine Suspension von Natriumcyanid in fertigem Adipinsäuredinitril einwirken.
Diese Verfahren benötigen Druckgefäße bzw. relativ hohe Temperaturen, bei denen
leicht Isomefisierung von Adipinsäuredinitril zu 2-Cyancyclopentanonimin eintritt.
Ein weiteres Verfahren arbeitet in der Weise, daß man das I 4-Dichlorbutan in siedenden
Äthylenglykolmonomethyläther einlaufen läßt, der Natriumcyanid als Bodenkörper enthält.
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Hierbei wird die Reaktionswärme durch das siedende Verdünnungsmittel
abgeführt und die Temperatur steigt nicht über dessen Siedepunkt, d. h. nicht über
I250; sie darf aber auch nicht wesentlich darunterlitegen, da sonst die Reaktionsgeschwindigkeit
zu klein ist und eine zu lange Verweilzeit benötigt wird.
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Alle diese Verfahren haben den Mangel, daß das Natriumcyanid relativ
lange auf hohe Temperaturen erhitzt wird, so daß es, insbesondere in Gegenwart von
Wasser, das sich im technischen
Betrieb nicht restlos ausschließen
läßt, in zweierlei Hinsicht Zersetzungsreaktionen ausgesetzt ist.
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Teilweise wird es zu Natriumformiat verseift, teilweise wird es in
nicht unwesentlichem Ausmaße zu Blausäure und Alkalilauge hydrolysiert. Letztere
wirkt auf das I 4-Dichlorbutan bzw. das intermediär entstehende d-Chlorvaleronitril
verseifend ein und beeinträchtigt somit erheblich sowohl die auf Alkalicyanid als
auch die auf I 4-Dichlorbutan bezogenen Ausbeuten.
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Es wurde nun gefunden, daß man in technisch einfacher Weise eine
nahezu vollständige Ausnutzung des Alkalicyanids erreichen kann, wenn man wäßrige
Lösungen von Alkalicyanid allmählich in erwärmtes I 4-Dichlorbutan einfließen läßt.
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Dabei kann man technische, etwa 35 bis 40°/oige wäßrige Natriumcyanidlösung
verwenden, wie sie bei der Neutralisierung von Cyanwasserstoff mit Natronlauge entsteht.
Achtet man darauf, daß mit dieser Cyanidlauge kein überschüssiges Alkali eingeführt
wird, so verläuft die Reaktion in fast quantitativer Ausbeute im gewünschten Sinne,
während bei Verwendung einer technischen Cyanidlauge, die z. B. bezogen auf Alkalicyanid
etwa I O/o Alkalihydroxyd und 2 bis 3 O/o Alkalicarbonat enthält, Ausbeuten zwischen
go und 950/o erzielt werden.
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Das I 4-Dichlorbutan wird zweckmäßig mit inerten Lösungsmitteln verdünnt,
wobei sich besonders die Glykolmonoalkyläther, z. B. der Äthylenglykolmonomethyläther,
bewährt haben.
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Die Umsetzung erfolgt im Temperaturbereich zwischen 80 und IIoO genügend
rasch; die günstigen Umqsetzungstemperaturen liegen bei etwa 85 bis go0. Da das
Alkalicyanid jeweils sofort durch Umsetzung mit dem I 4-Dichlorbutan verbraucht
wird, wird es praktisch vollständig ausgenutzt.
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Man kann ovo verfahren, daß das Wasser, in dem das Alkalicyanid gelöst
war, durch die Reaktionswärme verdampft und aus dem Reaktionsgemisch entfernt wird,
wobei man zweckmäßig unter schwach vermindertem Druck bei Temperaturen unter I00°
arbeitet. Man kann die Reaktionswärme aber auch durch Kühlung abführen und die Lösungs-
und Verdünnungsmittel erst nach Beendigung der Umsetzung entfernen.
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In der französischen Patentschrift 898 118 wird für die Umsetzung
mit 1 4-Dichlorbutan ausdrücklich die Verwendung trockenen Natriumcyanids und der
völlige Ausschluß von Wasser vorgeschrieben. In der amerikanischen Patentschrift
2 222 302 wird handelsübliches Natriumcyanid, also das nur wenig Wasser enthaltende
feste Produkt, verwendet, wobei man ein für Natriumcyanid und I 4-Dichlorbutan geeignetes
Lösungsmittel, wie Methanol, zusetzen kann. Beim Verfahren der italienischen Patentschrift
43I 407 benutzt man als Verdünnungsmittel blzw. Lösungsmittel wäßriges Methanol.
Aus keiner dieser Patentschriften ist zu entnehmen, daß man wäßrige Lösungen von
Alkalicyaniden bei etwa 80 bis IIoO in I 4-Dichlorbutan, das man zweckmäßigerweise
mit Glykolmonoaikyläthern verdünnt, einlaufen lassen soll.
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In der amerikanischen Patentschrift 2 4I5 26I wird zwar die Mitverwendung
von Ätheralkoholen, wie Glykolmonoäthyläther, bei der Umsetzung von 1 4-Dichlorbutan
mit Alkalicyaniden empfohlen, jedoch wird der Vorteil dieser Lösungsmittel darin
gesehen, daß sie einen hohen, über I20° liegenden Siedepunkt besitzen, wodurch die
gewünschte Reaktion beschleunigt und die Bildung von Nebenprodukten unterdrückt
werden soll. Deshalb wird dort gesagt, daß ein Zusatz anderer Lösungsmittel, wie
Wasser oder Alkohol, unerwünscht sei. Im übrigen wird dort ebenfalls das I-4-Dichlorbutan
in das vorgelegte Alkalicyanid einlaufen gelassen.
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Demgegenüber wird beim vorliegenden Verfahren -eine wäßrige Alkalicyanidlösung
bei etwa 80 bis IIoO, also unterhalb des Siedepunktes der Glykolmonoalkyläther,
in das zweckmäßig mit Glykolmonoalkyläther verdünnte I 4-Dichlorbutan eingetragen,
wobei überraschenderweise trotz der niedrigeren Temperaturen und der Anwesenheit
von relativ großen Mengen Wasser sehr hohe Ausbeuten an Dinitril entstehen. überdies
wird dabei das Alkalicyanid restlos ausgenutzt, so daß die wäßrigen Ablaugen ohne
weiteres abgeleitet werden können.
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Die im folgenden Beispiel angegebenen Teile sind Gewichtsteile.
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Beispiel In ein auf etwa 850 erwärmtes Gemisch von 585 Teilen 1 e
4-Dichlorbutan und 2000 Teilen Äthylenglykolmonomethyläther läßt man allmählich
1050 Teile einer 37,40/oigen wäßrigen technischen Natriumcyanidlösung im Laufe von
3 bis 4 Stunden einfließen, wobei man die Temperatur zwischen etwa 85 - und go0
hält. Dann erhitzt man noch 2 Stunden auf 980. Es entweichen während der ganzen
Umsetzung nur Spuren Cyanwasserstoff.
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Ungefähr 2/3 der zu erwartenden Menge an Natriumchlorid fällt sofort
aus; es wird nach dem Abkühlen abgesaugt und mit etwas Äthylenglykolmonomethyläther
gewaschen. Es ist völlig farblos und enthält nach dem Trocknen 2,2 0/o Natriumcyanid.
Die restliche Salzmenge fällt nach Abdestillieren des Wassers und eines Teils des
Äthylenglykolmonomethyläthers aus und enthält -nur rund O,I0/o Natriumcyanid. Das
Filtrat wird fraktioniert destilliert, wobei nach Wiedergewinnung des eingesetzten
Äthylenglykolmonomethyläthers neben 30 Teilen nicht umgesetzten I-4-Dichlorbutans
go Teile y-Chlorvaleronitril vom Kp.l, = 58 bis 640 und I8 Teile einer sauerstoffhaltigen
Zwischenfraktion vom Kp.,, = 880 übergehen. Dann destillieren 354 Teile reines Adtipinsäuredinitril
über.
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Da das y-Chlorvaleronitril bekanntlich mit Natriumcyanid ebenfalls
in Adipinsäuredinitril umgewandelt werden kann, kann man es bei einem neuen Ansatz
dem 1 4-Dichlorbutan hinzufügen.
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Die Ausbeute an Adipinsäuredinitril beträgt dann 9I,5°/o (berechnet
auf eingesetztes Natriumcyanid)
bzw. 9q,oO/o (berechnet auf angewandtes
1 . 4-Dichlorbutan). Das aus dem natriumcyanidhaltigen Natriumchlorid durch Freisetzen
der Blausäure und erneutes Einleiten in Natronlauge leicht regenerierbare Natriumcyanid
wurde in diesen Ausbeutezahlen nicht berücksichtigt.
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Das nach diesem Verfahren hergestellte Adipinsäuredinitril zeichnet
sich durch besondere Reinheit aus. Es enthält höchstens Spuren von 2-Cyancyclopentanonimin.