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Fettungsmittel für Materialien faseriger Struktur Zum Fetten verwendet
man in der Textil- und Lederindustrie fast ausschließlich Fette, Öle oder Mineralöle.
In der Textilindustrie z. B. fettet man Fasermaterialien, um sie geschmeidig und
spinnfähig zu machen; in der Lederindustrie werden Leder gefettet, um die Geschmeidigkeit
und Wasserundurchlässigkeit zu erhöhen. Für diese Zwecke werden in der Textilindustrie
hauptsächlich Olein, Olivenöl, Erdnußöl oder mittelviskose Mineralöle, in der Lederindustrie
Klauenöle, Trane und ebenfalls mittelviskose Mineralöle verwendet. Die Verwendung
dieser Öle bringt gewisse Nachteile mit sich. Bei Verwendung ungesättigter Öle muß
damit gerechnet werden, daß sich die behandelten Textilfasern selbst entzünden.
Verwendet man Mineralöle zum Gleitendmachen von Textilfasern, so bereitet das Auswaschen
aus den Textilien nach dem Spinn- bzw. Webprozeß Schwierigkeiten. Bei der Verwendung
von Mineralölen für Fettungszwecke in der Textil- und Lederindustrie macht sich
ferner deren schwere Emulgierbarkeit unangenehm bemerkbar.
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Ferner hat man bereits zum Fetten faseriger Materialien Chlorierungsprodukte
von Erdöldestillaten, Paraffin und Erdwachsen oder Mischungen aus chlorierten Paraffinen
und Ricinusöl zur Lederfettung verwendet.
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Es wurde nun gefunden, daß sich Chlorierungsprodukte von synthetischen,
durch Hydrierung von Kohle oder der Oxyde des Kohlenstoffs gewonnenen
aliphatischen
geradkettigen bzw. wenig verzweigten Kohlenwasserstoffen mit wenigstens S Kohlenstoffatomen
vorteilhaft zum Fetten von Materialien faseriger Struktur, insbesondere von Textilien
und Leder, eignen. Die genannten Chlorierungsprodukte neigen unter den Bedingungen
ihrer Anwendung auf Textilmaterial und Leder nicht zur Abspaltung von Chlorwasserstoff,
und es treten keine Schädigungen der behandelten Werkstoffe auf. Selbst bei Anwendung
der Produkte auf Kunstseide ist keine Faserschädigung zu beobachten.
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Weiterhin ist es von Vorteil, daß die Chlorierungsprodukte im Vergleich
zu Mineralölen eine bessere Emulgierbarkeit zeigen und sich daher leichter wieder
aus der Faser auswaschen lassen. Die leichte Emulgierbarkeit ist wahrscheinlich
darauf zurückzuführen, daß das spezifische Gewicht der Chlorierungsprodukte dem
des Wassers nahekommt.
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Die gemäß der Erfindung zur Verwendung kommenden Chlorierungspr odukte
werden erhalten durch Chlorierung von geradkettigen bzw. wenig verzweigten aliphatischen
Kohlenwasserstoffen mit mindestens 8 Kohlenstoffatomen, die gesättigt oder ungesättigt
sein können. Als Ausgangsmaterialien kommen technisch in der Hauptsache Gemische
in Frage wie z.'B. die bei der Hydrierung der Kohle entstehenden Kohlenwasserstoffe.
Besonders geeignet sind die Kohlenwasserstoffgemische, die bei. der Hydrierung der
Oxyde des Kohlenstoffs bei gewöhnlichem oder erhöhtem Druck entstehen, vor allem
die zwischen zoo bis 35o° übergehenden Fraktionen.
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Die Chlorierung kann bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur, gegebenenfalls
auch in chlorbeständigen Lösungsmitteln vorgenommen werden. In manchen Fällen kann
die Verwendung von Chlorierungskatalysatoren vorteilhaft sein. In anderen Fällen
kann es zweckmäßig sein, nach dem Verfahren der Photochlorierung zu arbeiten. Die
Aufarbeitung' der Chlorierungsansätze erfolgt in der üblichen Weise so, daß man
z. B. den überschüssigen Chlorwasserstoff, zweckmäßig im Vakuum, entfernt und dann
eine Behandlung mit wäßrigen Alkalien, wie Natriumcarbonat- oder Natriumhydroxydlösung,
anschließt.
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Der Chlorierungsgrad ist abhängig vom Ausgangsmaterial und von dem
beabsichtigten- Verwendungszweck. Die Viskosität der Ausgangsmaterialien wird -durch
die Chlorierung zweckmäßig den bisher üblichen Fettungsmitteln angeglichen. So kann
z. B. die obengenannte zwischen aoobis 350° übergehende Kohlenwasserstofffraktion
aus der Kohlenoxydreduktion, die ein spezifisches Gewicht von 0,79 besitzt,
bis zu einem Chlorgehalt von 3o ;bis 40'/0, chloriert werden, wobei das spezifische
Gewicht auf i bis i, i ansteigt. Die Chlorierungsprodukte mit 1o bis 40% Cl sind
farblose bis gelbliche gefärbte öl- oder fetthaltige Substanzen. Führt man noch
mehr Chlor ein, z. B. So bis 6o %, so erhält man hochviskose bis balsamähnliche'
Produkte. Die Chlorierungsprodukte werden in der Textilindustrie z. B. als Spulöle,
Schmalzmittel und Reißöle verwendet. Die Produkte können als solche in wäßriger
Emulsion Verwendung finden. Neben der guten Emulgierbarkeit besitzen die Produkte
die Eigenschaft der leichten Auswaschbarkeit. Sie können auch- in Mischung mit Fetten,
Ölen oder Mineralölen angewandt werden. Sie eignen sich auch zur Herstellung von
Appreturmassen für Avivagezwecke und als Imprägniermittel.
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Mit besonderem Vorteil kann man die Produkte in der Lederindustrie
verwenden. Sie eignen sich zum Abölen von Leder oder lassen sich in Form von Emulsionen
gut einwalken. Bei der Mineralgerbung, z. B. Chromgerbung, lassen sie sich vorteilhaft
verwenden und geben ein volles gleichmäßiges Leder mit mildem angenehmem Griff.
Von dem mit vegetabilischen oder künstlichen Gerbstoffen gegerbten Ledern werden
die Produkte ebenfalls rasch aufgenommen, und man erhält hierdurch Leder mit hervorragenden
Eigenschaften.
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Nach der Patentschrift 39 946 sollen schwere Petroleum- oder Harzöle
zu einem zum Einfetten von Wolle geeigneten Produkt in der Weise umgewandelt werden,
daß man in eine Mischung des Öls mit Ölsäure und gelöschtem Kalk Chlor einleitet.
Nach den Angaben in dieser Patentschrift bildet sich wahrscheinlich aus Dichlorkohlenstoff
und dichlorierter Oxyölsäure ein in Alkalien löslicher Körper. Die Wolle wird also
gefettet mit einer wäßrigen Lösung einer Verbindung, die eine Carboxylgruppe enthält.
Nach dem vorliegenden Verfahren werden als Fettungsmittel für Textilien und Leder
in Wasser unlösliche chlorierte geradkettige bzw. wenig verzweigte aliphatische
Kohlenwasserstoffe, die auch inAlkalien nicht löslich sind, verwendet. Diese Verbindungen
haben den Vorteil, daß sie bei der Verwendung als Fettungsmittel beständig sind
und nicht zur Abspaltung von Chlorwasserstoff und damit zur Schädigung des behandelten
Fasergutes neigen.@Die in der Patentschrift 39 946 beschriebenen Erzeugnisse haben
keine Bedeutung in der Praxis erlangt, da sie wegen ihrer Neigung zur Abspaltung
von Chlorwasserstoff als Fettungsmittel für Wolle ungeeignet sind. Beispiel i Ein
zum Schmälzen geeignetes Präparat wird wie folgt gewonnen: Ein bei der katalytischen
Hydrierung der Oxyde des Kohlenstoffs bei schwach erhöhtem Druck erhältliches Kohlenwasserstoffgemisch,
das zwischen 240 bis 36o° siedet, wird chloriert, wobei die Temperatur auf go bis
ioo° ansteigt. Man chloriert bei dieser Temperatur weiter bis zu einem spezifischen
Gewicht von i,oi (6o°). Das Reaktionsprodukt wird. mit Sodalösung 3 Stunden lang
bei 70 bis 8o° gerührt und dann mit Wasser neutral gewaschen. Nach dem Trocknen
des Reaktionsproduktes erhält man ein schwachgelb gefärbtes Öl mit einem spezifischen
Gewicht von 1,04 (ao°), einer Viskosität von 3o cP und einem Chlorgehalt von 35'/0.
Zur
Stabilitätserhöhung des Chlors kann man das Produkt mit 0,4%
Phenoxypropenoxyd versetzen.
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2o Gewichtsteile des so erhaltenen chlorierten Produktes mischt man
mit 4o Gewichtsteilen eines mit 5 bis 7 Mol Äthylenoxyd behandelten Alkylphenols,
das einen Alkylrest von 12 Kohlenstoffatomen enthält. Diese Mischung wird nun mit
4o Gewichtsteilen Wasser verrührt. Man erhält eine weiße, weiche Paste von neutraler
Reaktion.
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Diese Schmälzmischung wird nun mit Wasser emulgiert. Die Emulsionen
mit einem Gehalt von 3 bis 25 % an Schmälzmittel sind homogen und sehr haltbar.
Man schmälzt z. B. ioo Gewichtsteile Wolle mit derartigen Emulsionen und erhält
ein Material mit weichem glattem Griff, das sich nach dem Krempeln einwandfrei verspinnen
läßt. Beispiel 2 ioo kg Fahlleder (Feuchtgewicht) werden im Warmluftfaß auf 4o bis
5o° angewärmt. Durch die hohle Achse gibt man Fettschmiere in einer Menge von 20
% des Lederfeuchtgew ichts zu, die aus einem Gemisch von gleichen Teilen Talg, Degras
und einem Produkt zusammengesetzt ist, das nach der im Beispiel i gegebenen Vorschrift,
jedoch unter Weiterchlorierung, bis das Reaktionsprodukt bei 6o° ein spezifisches
Gewicht von 1,07 besitzt, erhalten wird. Nach der Aufarbeitung erhält man ein schwachgelb
gefärbtes Öl, das 40% Chlor enthält, dessen spezifisches Gewicht bei 20° i,i ist
und das eine Viskosität von 85 cP besitzt. Das Fettgemisch wird gut und gleichmäßig
vom Leder aufgenommen und verleiht ihm einen weichen trockenen Griff.
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An Stelle des genannten Kohlenwasserstoffgemisches kann man auch eine
Kohlenwasserstoffmischung als Ausgangsmaterial verwenden, die als Nebenprodukt bei
der Herstellung eines Seifenrohstoffes durch Umsetzung mit Schwefeldioxyd und Chlor
anfällt. Bei der Sulfochlorierung des im Beispiel i beschriebenen Kohlenwasserstoffgemisches
erhält inan neben Sulfochloriden noch etwa 15 bis 20% unveränderte Kohlenwasserstoffe
und chlorierte Kohlenwasserstoffe. Bei der Verseifung dieses Seifenrohstoffes werden
die unverseifbaren Bestandteile abgetrennt. Das anfallende Öl wird nun bis zu einem
Chlorgehalt von 4o % chloriert und in der oben beschriebenen Weise zum Fetten von
Leder verwendet. Beispiel 3 ioo kg Fahlleder (Feuchtgewicht) werden nach der im
Beispiel 2 angegebenen Vorschrift gefettet, wobei eine Mischung aus gleichen Teilen
Tran, Degras und eines wie folgt hergestellten Produktes Verwendung findet. Das
fertige Leder zeigt bei gleichmäßiger Farbe einen weichen trockenen Griff.
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Ein bei der katalytischen Hydrierung der Oxyde des Kohlenstoffs bei
schwach erhöhtem Druck erhältliches Kohlenwasserstoffgemisch, das bei
320
bis 36o° siedet, wird durch Abpressen von seinen festen Anteilen befreit.
Der Preßrückstand wird sodann nach der im Beispiel i gegebenen Vorschrift bis zu
einer Chloraufnahme von 8,9 % chloriert. Die Aufarbeitung erfolgt wie im Beispiel
i beschrieben. Als Stabilisator kann man dem Produkt 0,4% Phenoxypropenoxyd zusetzen.
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Beispiel 4 Völlig getrocknete und bei 6o° vorgewärmte Riemenleder
werden beim Eintauchen in ein auf 6o° erwärmtes Fettgemisch, bestehend aus 8o Teilen
Paraffin und 2o Teilen eines Produktes, wie es nach der im Beispiel 3 gegebenen
Vorschrift erhalten wird, gefettet. Die so behandelten Leder lassen sich leicht
bleichen und zurichten und weisen einen guten Stand auf. Beispiel 5 ioo kg Blankleder
(Feuchtgewicht) werden mit 6% folgender Fettschmiere im Warmluftfaß geschmiert:
6o Gewichtsteile Talg, 3 Gewichtsteile Montansäureglykolester, 15 Gewichtsteile
Stearin und i5 Gewichtsteile eines chlorierten Produktes, wie es nach den nach Beispiel
i gegebenen Vorschriften erhalten wird. Das so gefettete Blankleder trocknet hell
auf und zeigt eine gute Färbbarkeit. Beispiel 6 i oo kg Fahlleder (Feuchtgewicht)
werden nach der im Beispiel 2 angegebenen Vorschrift gefettet, wobei 2o kg folgender
Mischung verwendet «-erden: 33 Teile Talg, 17 Teile Degras, 35 Teile des im Beispiel
2 beschriebenen Chlorierungsproduktes, 15 Teile Polyvinylisobutyläther. Diese Fettmischungen
werden gut gebunden und ergeben ein Leder finit vollem Griff, guter Wasserdichtigkeit
und guter Luftdurchlässigkeit. Beispiel 7 ioo leg Blankleder (Feuchtgewicht) werden
mit 6% folgender Fettschmiere im Warmluftfaß geschmiert: 65 Teile des im Beispiel
3 beschriebenen Chlorierungsproduktes und 35 Teile des im Beispiel e beschriebenen
Chlorierungsproduktes. Das Gemisch wird gut vom Leder aufgenommen und erteilt demselben
gute Fülle und Geschmeidigkeit. Das Leder trocknet hell auf und läßt sich gut färben.
Beispiel 8 Man mischt 75 Teile des im Beispiel :2 beschriebenen Chlorierungsproduktes,
25 Teile des Natriumsalzes des Kondensationsproduktes aus Tranfettsäure und Oxäthansulfonsäure
und erhält beim Verdünnen mit Wasser Emulsionen, die gut vom Leder aufgenommen werden.
Chromgare Kalbleder, die in üblicher Weise gefärbt wurden, werden mit 3 % der Mischung
(auf Falzgewicht berechnet) in Form einer 30/0igen Emulsion bei 6o° 30 Minuten
im Faß gefettet. Nach der üblichen Trocknung und Zurichtung erhält man ein volles
und gut geschmeidiges Leder.
Beispiel 9 Eine Mischung von 3o Teilen
sulfoniertem Tran, 4o Teilen Degras und 30 Teilen des im Beispiel 2 -beschriebenen
Chlorierungsproduktes werden mit der doppelten Menge Wasser verrührt, das Fettgemisch
wird auf die Fleischseite .in üblicher Weise gegerbter und gefärbter Pelzfelle vor
dem Trocknen mit einer Bürste aufgetragen. Die Mischung wird von dem Leder gut aufgenommen,
und man erhält nach dem Trocknen ein volles und weiches Pelzleder. Beispiel io Ein
bei der katalytischen Hydrierung der Oxyde des Kohlenstoffs bei schwach erhöhtem
Druck erhältliches Paraffin vom Tropfpunkt 65° wird bis zu einem Gehalt von
790 Chlor chloriert. Dieses Produkt besitzt einen Tropfpunkt von- etwa 55°
und eignet sich in hervorragendem Maße als Austauschstoff für den' in der Lederindustrie
verwendeten Talg. Es ist mit den üblichen Fettungsmitteln in jedem Verhältnis mischbar,
läßt sich also sowohl mit Talg, Tran, Degras und anderen, auch synthetischen Lederfettungsmitteln
kombinieren und l.äßt sich zum Fetten von Fahl-, Blank- und Geschirrledern verwenden.
Eine geeignete Mischung besteht z. B. aus 33 Teilen des obigen Chlorparaffins, 33
Teilen Degras und 33 Teilen Tran. Diese Mischung kann man zum Fetten von ioo kg
Fahlleder (Feuchtgewicht) nach der im Beispiel :2 angegebenen Vorschrift verwenden,
wobei 2o kg der Mischung benötigt werden. Die Fettmischung ergibt ein Leder, in
dem das Fett gut gebunden ist und das sich durch vollen Griff und gute Luftfeuchtigkeit
auszeichnet. Beispiel ii Ein Paraffin, das durch katalytische Hydrierung der Oxyde
des Kohlenstoffs erhalten wurde und unter der Bezeichnung »Kontaktparaffin« im Handel
ist, mit einem Tropfpunkt von io5° wird durch Einleiten von Chlor auf einen Gehalt
von 6 % Chlor gebracht. Die Chlorierungstemperatur liegt anfangs bei iio° und wird
auf etwa 95° gesenkt. Eine zur Fettung- von Fahlleder geeignete Fettschmiere erhält
man durch Zusammenschmelzen von 3o Teilen dieses Chlorhartparaffins mit 7o Teilen
eines Chlorierungsproduktes, wie- es im Beispiel 2 zur Anwendung kommt.
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An Stelle der 7o Teile des Chlorierungsproduktes von Beispiel 2 kann
man #aber auch andere der bekannten Fettungsm.ittel, wie z. B. ein Produkt verwenden,
das man nach dem Verfahren der deutschen Patentschrift 326 729 durch Kondensation
von Xylol mit Äthylenchlorid in Gegenwart von Aluminiumchlorid erhält, oder ein
Produkt, das bei der Einwirkung von Chlorschwefel auf Xylol entsteht, oder durch
Einwirkung von Xylylchlorid aus Xylol (vgl. Patentschrift 336 476), ferner Öle,
die durch Anoxydieren von Mineralölen entstehen.