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Fettungsmittel Zum Fetten von Materialien faseriger Struktur verwendet
man in der Industrie fast ausschließlich fette Öle oder Mineralöle. In der Textilindustrie
z. B. fettet man Fasermaterialien, um die Spinnfähigkeit zu erhöhen, mit technischer
Ölsäure, dem .sogenannten Olein, mit Olivenöl, Erdnußöl oder Mineralölen. Die Verwendung
von Olein bringt Nachteile mit sich. So werden beispielsweise bei Verwendung von
Olein gewisse Metallteile der Spinnmaschinen nicht unerheblich angegriffen. Außerdem
besteht bei Verwendung von Olein oder von fetten Ölen, wie Olivenöl, Erdnußöl usw.,
infolge des ungesättigten Charakters dieser Produkte eine gewisse Gefahr insofern,
als die mit diesen Ölen behandelten Textilfasern zur Selbstentzündung neigen. Verwendet
man Mineralöle zum Gleitendmachen von Textilien, so bereitet die Auswaschbarkeit
und restlose Entfernung von der Faser Schwierigkeiten.
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Es wurde nun gefunden, daß Produkte, die durch Umsetzung der bei der
Einwirkung von Chlor und Schwefeldioxyd auf gesättigte aliphatische Kohlenwasserstoffe
oder Halogenkohlenwassersto.ffe entstehenden Verbindungen mit Ammoniak oder organischen
primären oder sekundären Aminen, beispielsweise nach dem französischen Patent
878 971, erhältlich sind, ausgezeichnete synthetische Fettungsmittel für
Materialien faseriger Struktur darstellen, die die geschilderten Nachteile nicht
besitzen. Die gleichzeitige Einwirkung von Chlor und Schwefeldioxyd auf aliphatische
Kohlenwasserstoffe kann bei gewöhnlicher oder mäßig erhöhter Temperatur, gegebenenfalls
auch unter Bestrahlung mit kurzwelligem Licht erfolgen. Die erhaltenen
Reaktionsprodukte
sind Sulfochloride und liefern bei der Umsetzung mit Ammoniak oder Amiden Sulfamide.
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Die so erhaltenen Sulfamide sind je nach der Wahl der zu ihrer Herstellung
verwendeten Ausgangsmaterialien geruchlose, ungefärbte bis gelbliche, dünnflüssige
bis zähe öle oder Wachse, die gegen Luft und Licht vollkommen beständig sind. Sie
können in der Textil-, Leder- oder Papierindustrie als Fettungsmittel verwendet
werden. In der Textilindustrie sind die Produkte verwendbar als Spulöle und als
Schmalzmittel zur Erhöhung der Gleitfähigkeit, z. B. für auf Streichgarn oder Kammgarn
zu verarbeitende Textilmaterialien, und zwar sowohl für olle, Baumwolle und für
Gemische dieser ,Stoffe mit künstlichen Fasermaterialien. Als besonders geeignet
erweisen sich die Produkte zum Schmälzen von Zellwollmaterialien. Dabei kommt den
Verbindungen ihre leichte Emulgierbarkeit zustatten. Neben der günstigen Gleitwirkung
besitzen die Produkte die Eigenschaft, leicht auswaschbar zu sein, so daß sie von
dem Textilgut wieder vollständig entfernt werden können.
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Mit besonderem Vorteil kann man die Produkte in derLederindustrie
als Fettungsmittel verwenden. Sie eignen sich zum Abölen von Ledern oder lassen
sich in Form von Emulsionen gut einwalken. Bei der Mineralgerbung wie der Chrorngerbung
lassen sie sich vorteilhaft anwenden und ergeben ein volles, gleichmäßig gefettetes
Leder mit mildem Griff. Von den mit vegetabilischen oder künstlichen Gerbstoffen
gegerbten Ledern werden die Produkte ebenfalls rasch aufgenommen; man erhält auch
hier Leder mit verbesserten Eigenschaften.
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Je nach Verwendungszweck der so erhaltenen Amide als Fettungsmittel
kann man zu ihrer Herstellung von reinen gesättigten Köhlenwasserstoffen ausgehen
oder aber gesättigte Kohlenwasserstoffe verwenden, die man durch Raffination oder
Hydrierung aus natürlichen oder synthetischen Benzinen, Leuchtölen und Paraffinen
erhält. Besonders eignen sich die bei der Hydrierung von Kohlenoxyd bei gewöhnlichem
oder mäßig erhöhtem Druck erhältlichen Kohlenwasserstoffe. Ferner eignen sich Hydrierungsprodukte
solcher Verbindungen, die man durch Dehydratisierung und gegebenenfalls Polymerisierung
der bei der katalytischen Hydrierung von Oxyden des Kohlenstoffs erhältlichen Sauerstoffverbindungen
erhält.
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Man kann die Einwirkung von Schwefeldioxyd und Chlor auch so vornehmen,
daß nur ein Teil der Kohlenwasserstoffe umgesetzt wird. Die erhaltenen Reaktionsprodukte
werden dann mit Ammoniak oder Aminen umgesetzt, wobei Gemische aus Sulfamiden und
unveränderten Ausgangskohlenwasserstoffen entstehen. Man kann aber auch die Einwirkung
von Schwefeldioxyd und Chlor so weit treiben, daß praktisch Monosulfochloride und
weiterhin deren Monosulfamide erhalten werden. .Schließlich kann man Schwefeldioxyd
und Chlor noch länger einwirken lassen, so daß Reaktionsprodukte entstehen, die
Polysulfochloride enthalten und aus denen Polysulfamide dargestellt werden können.
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Als Amine, die zur Umsetzung mit den Sulfochloriden geeignet sind,
seien genannt: primäre und sekundäre aliphatische, cycloaliphatische, aliphatisch-aromatische
und aromatische Amine, wie Methyl-, Äthyl-, Isopropyl-, Butyl-, Dodecylamin, Dimethyl-,
Diisobutylamin, Monoäthanolamin, Diäthanolamin, Anilin, Methylanilin, Oxäthylanilin"
a- oder ß-Naphthylamin. Man kann auch Polyamine verwenden, wie Äthylendiamin, i
- 6-Hexylendiämin, Diäthylentriamin, Triäthylentetramin, Phenylendiamine, Benzidine,
Naphthylendiamine u. a. Statt der reinen Amine kann man auch technische Gemische
verwenden. Geeignete primäre und/oder sekundäre Amine enthaltende Amingemischesind
ferner diejenigen, die man aus den bei der Oxydation von Paraffin neben den sogenännten
Seifenfettsäuren als Nebenprodukt auftretenden Fettsäuren mit q: bis i z C-Atomen
oder Fraktionen daraus durch Überführung in Nitrile und katalytische Hydrierung
der Nitrile erhält. Man kann ferner die genannten Fettsäuren mit q. bis i i C-Atomen
nach bekannten Methoden in Ketone überführen und diese in Gegenwart von Ammoniak
oder primären Aminen katalytisch zu Gemischen von primären und/oder sekundären Aminen
hydrieren.
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Die Produkte können für sich oder im Gemisch mit anderen Substanzen
von Öl-, Fett- oder Wachscharakter zur Anwendung kommen. Verbindungen, die selbst
nicht wasserlöslich sind,-können in emulgierter Form verwendet werden. Als Emulgator
verwendet man z. B. Seife, Türkischrotöl; Fettsäurekondensationsprödukte, die durch
Umsetzung von Fettsäurechloriden mit Oxy- oder Aminoaikylsulfosäuren öder -carbonsäuren
erhalten werden, Fettalkoholsulfonate und besonders öllösliche Emulgatoren, die
man durch Behandlung von Fettsäuren, Fettalkoholen oder Alkylphenolen mit Äthylenoxyd
erhält.
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Beispiel i ioo Gewichtsteile eines Gemisches von Sulfonsäuredimethylamiden,
die noch unveränderte Kohlenwasserstoffe enthalten und wie nachstehend beschrieben
hergestellt worden sind, versetzt man unter Rühren mit 5 Gewichtsteilen einer 3o°/oigen
wäßrigen Lösung des Einwirkungsproduktes von 5 Mol Äthylenoxyd auf i Mol Isooctylphenöl.
Die dicke Paste wird mit Wasser auf 33'/o eingestellt und dient zur Behandlung loser
Wolle zwecks Erhöhung des Gleitvermögens. Das so geschmälzte Material zeigt einen
weichen glatten Griff und läßt sich auf der Krempel und auf den Spinnereimaschinen
einwandfrei verarbeiten.
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Das angegebene Gemisch von Sulfonsäuredimethylamiden, das noch Kohlenwasserstoffe
enthält, wurde wie folgt hergestellt: Ein Gemisch von Kohlenwasserstoffen mit dem
Siedebereich 25o bis 350°, das durch Fraktionierung eines pennsylvanischen Erdöls
erhalten wurde, wird durch Nachhydrierung in ein Gemisch vollkommen
gesättigter
Kohlenwasserstoffe übergeführt. Dieses Kohlenwasserstoffgemisch wird nun der gleichzeitigen
Einwirkung von Schwefeldioxyd und Chlor bis zu einem Sulfochlorierungsgrad von etwa
5o % unterworfen und das erhaltene Produkt daraufhin mit Dimethylamin in ein Gemisch
von Sulfosäuredimethylamiden übergeführt, das noch etwa 5o% unveränderte Kohlenwasserstoffe
enthält. Beispiel 2 Ein Schmälzmittel wird in folgender Weise hergestellt: A. Ein
Kohlenwasserstoffgemisch, das durch katalytische Hydrierung der Oxyde des Kohlenstoffs
bei gewöhnlichem oder mäßig erhöhtem Druck erhalten wurde und das Kohlenwasserstoffe
mit io bis 1q: Kohlenstoffatomen enthält, die einen Siedebereich von Zoo bis 35o°
besitzen, wird mittels Chlor und Schwefeldioxyd unter Einwirkung ultravioletten
Lichtes in ein Gemisch von Sulfochloriden und dieses Gemisch mit Ammoniak in ein
Gemisch von Sulfamiden übergeführt.
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B. Ein Kohlenwasserstoffgemisch, wie es oben beschrieben ist, wird
mit einer solchen Menge von Chlor und Schwefeldioxyd umgesetzt, daß nur etwa 5o%
in Sulfochloride übergeführt werden. Nach der Umsetzung mit Ammoniak wird das erhaltene
Sulfonamidgemisch durch Extraktion mit Methanol von unveränderten Kohlenwasserstoffen
befreit.
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15 Gewichtsteile eines nach Vorschrift A erhaltenen Sulfonamidgemisches
werden mit io Gewichtsteilen eines nach Vorschrift B dargestellten Sulfonamidgemisches
und 2o Gewichtsteilen Triäthanolaminoleat vermischt und dann mit Wasser auf ioo
Gewichtsteile eingestellt. In i Gewichtsteil dieser Schmälzmischung werden 9 Gewichtsteile
Wasser eingetragen. Mit dieser Mischung werden ioo Gewichtsteile Zellwolle geschmälzt.
Das geschmälzte Material, das einen weichen, glatten Griff aufweist, läßt sich nach
dem Krempeln einwandfrei verspinnen.
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An Stelle des nach Vorschrift B dargestellten Sulfamidgemisches kann
auch ein in ähnlicher Weise mittels Anilin hergestelltes Sulfanilidgemisch verwendet
werden. Beispiel 3 Mit einer Lösung von 2o Gewichtsteilen .Sulfonsäureäthanolamiden
und 5 Gewichtsteilen Glycerin in ioo Gewichtsteilen Wasser werden iooo Gewichtsteile
Wollaltmaterial gerissen. Durch das gute Gleitvermögen, das das Wollmaterial durch
diese Behandlung erhält, wird das Lösen der Fäden aus dem Faserverbande sehr erleichtert,
und es wird eine Erhöhung der Qualität und Erhaltung der Faserfestigkeit erreicht.
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Das zur Verwendung kommende Gemisch von Sulfonsäureäthanolamiden wird
wie folgt hergestellt: Ein Kohlenwasserstoffgemisch, das durch katalytische Hydrierung
der Oxyde des Kohlenstoffes erhalten wurde, und das Kohlenwasserstoffe mit io bis
1q. Kohlenstoffatomen enthält, die einen Siedebereich von Zoo bis 35o° besitzen,
wird, wie in Beispiel 2 beschrieben, in ein Gemisch von Sulfochloriden und dieses
durch Umsetzung mit Monoäthanolamin in ein Gemisch von Sulfosäureäthanolamiden übergeführt.
Beispiel q. Mit 309/1 einer Mischung aus gleichen Teilen eines Sulfonsäureamidgemisches,
hergestellt durch Überführung von Paraffinöl mittels Chlor und Schwefeldioxyd in
ein Gemisch von Sulfochloriden mit einem Sulfochlorierungsgrad von etwa 5o%, weitere
Umsetzung mit Ammoniak und anschließende Behandlung des Arnidgemisches»mit Methylalkohol
zwecks Abtrennung von unveränderten Kohlenwasserstoffen, und Isooctylpolyglykoläther
wird Kammzug auf der Lisseuse behandelt, abgequetscht und dann in üblicher Weise
auf der .Spinnmaschine zu Garnen ausgesponnen. Beispiel 5 ioo Gewichtsteile chromgare
Kalbleder werden mit i Gewichtsteil eines substantiven Farbstoffes gefärbt und im
gleichen oder frischen Bad mit 3 Gewichtsteilen eines in Wasser emulgierten Sulfonamidgemisches,
hergestellt nach Vorschrift A, Beispiele, i Stunde gewalkt. Die Leder nehmen das
Produkt gut auf und erhalten nach dem Trocknen einen vollen, milden Griff. Beispiel
6 Auf die Narbenseite lohgarer Rindleder wird nach der Gerbung eine Mischung aus
gleichen Teilen Tran und einem Sulfonamidgemisch, das nach der im Beispiel i angegebenen
Vorschrift unter Verwendung von Ammoniak statt Dimethylamin hergestellt worden ist,
aufgetragen. Die Leder trocknen hell und mit gleichmäßiger Farbe auf.
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Beispiel ? Lohgares Vachettenleder wird nach der Gerbung mit 2% eines
Paraffinsulfonamids, wie in Beispiel q. beschrieben, gelickert. Nach etwa 1/2 Stunde
werden 3 % eines künstlichen Gerbstoffes nachgesetzt. Die Leder nehmen das Fettungsprodukt
fast restlos auf und trocknen sehr hell. Beispiel 8 Glacegares Ziegenleder wird
in üblicher Weise mit Chromacetat nachbehandelt und dann mit 6% (bezogen auf trockenes
Leder) des im Beispiel 6 verwendeten Sulfonamidgemisches gefettet. Die Leder trocknen
weich auf und lassen sich für die nachfolgende Bürst- und Tauchfärbung sehr leicht
wieder aufbroschieren. Beispiel 9 Semichromgare Leder werden mit 3 % Paraffindioxäthylsulfonamid,
hergestellt durch Behandlung von Paraffinöl mit schwefliger Säure und Chlor bis
zu einem Sulfochlorierungsgrad von etwa 5o %
und Umsetzung des erhaltenen
Sulfochloridgemisches mit Doxäthylamin, und z °/ö eines sulfonierten Trans und xooo/o
Flotte r Stunde bei q.5° gelickert. Das Fett wird fast restlos und sehr gleichmäßig
vom Leder aufgenommen.