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Verfahren zur Herstellung von linearen, Amidgruppen enthaltenden Polykondensationsprodukten
Bei der Herstellung von linearen, Amidgruppen enthaltenden Polykondensationsprodukten,
wie Polycarbonamiden, Polyurethanen, Polyharnstoffen, Polyhydraziden, Polyesteramiden,
Polycarbonamidpolyurethanen, Polyharnstoffpolyurethanen, Polycarbonamidpolysulfonamiden,
Polycarbonamidpolyhydraziden, ist es in vielen Fällen zweckmäßig, in Gegenwart von
Lösungs- oder Flußmitteln zu arbeiten. Für diese Zwecke sind insbesondere Phenole
und Amidverbindungen bereits vorgeschlagen worden. Namentlich bewährt haben sich
dafür nichtpolymerisierbare Lactame, vor allem solche, bei denen am Lactamstickstoff
das Wasserstoffatom durch Alkylreste, wie z. B. im N-Methyl-a-pyrrolidon, ersetzt
ist. Es hat sich nun gezeigt, daß man bei polyamidbildenden Reaktionen mit besonderem
Vorteil die durch Alkylreste disubstituierten Cyanamide als Lösungs- oder Flußmittel
verwenden kann. Diese zeichnen sich durch gute Stabilität, geringe Neigung zur Verfärbung
und leichte Entfernbarkeit aus den Endprodukten (im Vergleich zu den Phenolen) aus.
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Geeignete Cyanamidverbindungen sind beispielsweise Dimethylcyanamid,
Diäthylcyanamid, Methyläthylcyanamid, Dibenzylcyanamid, N-Cyanpyrrolidin, N-Cyanpiperidin,
N-Cyanmorpholin. Verwendbar sind auch Verbindungen mit mehr als einer Cyanamidgruppe
im Molekül, z. B. N, N'-Dimethyl-N, N'-trimethylen-dicyanamid, N, N'-Dicyanpiperazin.
Auch
Cyanamide, die noch Amidreste, insbesondere Lactamreste im
Molekül, z. B. im N-(N'-Cyan-N'-methyly-aminopropyl)-a-pyrrolidon (hergestellt durch
Kondensation von Butyrolacton mit N-Methyl-trimethylendiamin und nachträglicher
Umsetzung mit Cyanhalogenid) enthalten, sind geeignet.
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Wenn empfindliche Reaktionsteilnehmer bei verhältnismäßig niedriger
Temperatur unter Arbeitsbedingungen, bei denen Wasser gebildet wird, umgesetzt werden
sollen, dann empfiehlt es sich, die durch hohe Lösefähigkeit für viele lineare Polyamidverbindungen
in der Wärme ausgezeichneten Dialkylcyanamidverbindungen zu verwenden.
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Reaktionen, bei denen die neuen Flußmittel angewandt werden können,
sind z. B. die Umsetzungen von Diisocyanaten oder Disenfölen mit Glykolen, Aminoalkoholen,
Diaminen, Aminocarbonsäuren oder Dicarbonsäuren, die Kondensation von bifunktionellen
Carbamidsäurealkylestern, -arylestern oder -mercaptanestern mit Diaminoverbindungen
mit zwei wasserstofftragenden basischen Stickstoffatomen, die Selbstkondensation
vom Aminoalkylurethanen, die Kondensation von Dicarbonsäureestern, insbesondere
hochreaktionsfähigen Verbindungen, wie Oxalsäuredialkylestern, oder allgemein Dicarbonsäurediarylestern
und Dicarbonsäuredimercaptanestern mit Diaminoverbindungen, die Selbstkondensation
von Aminocarbonsäureestern, die Polymerisation von Lactamen, die Umsetzung von Bis-lactamen
mit Diaminen, Aminoalkoholen oder Glykolen, die Umsetzung von zweiwertigen Azlactonen
mit Diaminen, Aminoalkoholen oder Glykolen. Besonders bewähren sich die Cyanamide
als Lösungsmittel zur Herstellung von Polyamidverbindungen, bei denen von bifunktionellen
Stoffen ausgegangen wird, die bereits ein- oder mehrfach Amidgruppen (Carbonamid-,
Harnstoff-, Urethan-, Hydrazid-, Sulfonamidgruppen) im Molekül enthalten.
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Für die Kondensation von Diaminen und Dicarbonsäuren mit empfindlichen
Gruppen, z. B. Carbonamid-, Äther- oder Thioäthergruppen, kommen die neuen Flußmittel
ebenfalls in Betracht. Das sich bildende Wasser wird hierbei kontinuierlich durch
Abdestillation entfernt, so daß hydrolytische Spaltungen nicht oder nur wenig in
Erscheinung treten. Durch Zugabe azeotropisch wirksamer Stoffe, wie Toluol oder
Chlorbenzol, kann die Verflüchtigung des Wassers noch weiter erleichtert werden.
Hier werden vorzugsweise hochsiedende Cyanamidverbindungen verwendet. Neben den
Cyanamiden können im Reaktionsgemisch natürlich auch noch andere Stoffe anwesend
sein, die in der Hitze Polyamid lösen, z. B. Chlorbenzol, a-Pyrrolidon, Butyrolacton,
Anisol, Pyridin, Isochinolin, Formylpyrrolidin. Die Auswahl zusätzlicher Lösungsmittel
richtet sich nach der Art der Reaktionsteilnehmer und den den Enderzeugnissen zu
verleihenden Eigenschaften. Wenn im Umsetzungsgemisch Aminoverbindungen enthalten
sind, so wird man keine Lactone verwenden, während bei Umsetzungen mit Diisocyanaten
im allgemeinen Lactame mit Wasserstoff am Stickstoff unzweckmäßig sind. Die polyamidbildenden
Reaktionen können gegebenenfalls auch in Gegenwart von Beschleunigern, z. B. geringen
Mengen starker Säuren oder stark alkalischer Substanzen, wie Natriumamid, p-tert.
Butylphenolnatrium oder Caprolactamnatrium, durchgeführt werden. Die Cyanamidverbindungen
lassen sich aus der Reaktionsmasse in den meisten Fällen durch Abdestillieren unter
vermindertem Druck ganz oder teilweise entfernen. Es kann vorteilhaft sein, für
die Verformung wenigstens einen Teil, z. B. 5 bis 2o °/o der Cyanamidverbindungen,
in der Reaktionsmasse zu belassen und erst nachträglich, zweckmäßig nach einer Orientierung,
aus den geformten Gebilden auszuwaschen. Die Anwesenheit der Cyanamidverbindungen
wirkt sich ebenso wie die monomerer Lactame im Sinne einer wesentlichen Erleichterung
der Orientierung durch Reckung aus.
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Die in Form einer Lösung vorliegenden Umsetzungsprodukte können durch
Fällungsmittel abgeschieden werden, z. B. durch Wasser, verdünnte Säuren, Alkohole,
Aceton oder Äther. Aus den Fäll- und Auswaschflüssigkeiten lassen sich die Cyanamidverbindungen
verhältnismäßig leicht zurückgewinnen. Beispiel i 6,o9 Teile des Thioharnstoffes
aus 2 Mol 5-Aminopentanol-(i) und i Mol Hexan-i, 6-diisothiocyanat und 2,53 Teile
Hexan-i, 6-diisocyanat werden in 17 Teilen N-Cyanpiperidin 4 Stunden auf 115 bis
no° erhitzt. Die Lösung wird in ioo Teile Aceton eingegossen und erstarrt beim Stehen
in der Kälte. Das erhaltene Polythioharnstoffpolyurethan schmilzt bei io6° zu einer
zähen Schmelze, die sich zu endlosen Fäden verspinnen läßt. Das Polymere ist in
heißem Methanol löslich. Beispiel 2 i Mol Terephthalsäure-bis-(6-oxyhexylamid) vom
Schmelzpunkt 185 bis igo° wird in der 5-fachen Menge N-Cyanpiperidin auf 14o° erhitzt,
dann mit der äquivalenten Menge Hexamethylendiisocyanat versetzt und 3I/2 Stunden
auf 15o° gehalten. Während der Umsetzung scheidet sich das Polyurethan größtenteils
ab. Die Masse wird mit Aceton durchgearbeitet, abgesaugt und mit Wasser gewaschen
und getrocknet. Das mit 9o°/, erhaltene Polymethan schmilzt unscharf bei i83° und
läßt sich zu Fäden verspinnen, die durch Recken gerichtet werden können. Beispiel
3 27,i8 Teile Hexan-i, 6-diol (6 Mol) und 18,27 Teile N-Methyldiäthanolamin (4 Mol)
werden in 17o Teilen N-Cyanpiperidin gelöst und mit 64,48 Teilen Hexani, 6-diisocyanat
(io Mol) versetzt. Die Mischung wird 3 Stunden lang auf 13o° erhitzt. Nach dem Abkühlen
scheidet sich das gebildete Polyurethan ab. Der Vorgang wird durch Verreiben mit
Aceton gefördert. Das Reaktionsprodukt in einer Ausbeute von 94 % stellt ein farbloses
Pulver dar, das bei 131 bis i34° in eine zähe, blasenfreie Schmelze übergeht, die
sich zu Fäden von guter Festigkeit verspinnen läßt, die durch Recken gerichtet werden
können. In verdünnter heißer Essigsäure ist das Produkt löslich. Beispiel 4 i Mol
Oxalsäure - bis - (5 - oxypentylamid) vom Schmelzpunkt 156 bis i57° und i Mol Hexan-i,
6-diisocyanat
werden in der 5-fachen Gewichtsmenge Diäthylcyanamid
2 Stunden lang auf 15o° erhitzt. Nach dem Abkühlen wird das Reaktionsgemisch, das
zu einer gallertigen Masse erstarrt ist, mit Aceton durchgearbeitet, abgesaugt und
mit dem gleichen Lösungsmittel nachgewaschen. Das entstandene Polyurethanpolyoxamid
schmilzt bei 196 bis 2o2° und läßt sich aus der Schmelze zu endlosen Fäden von hoher
Festigkeit verspinnen, die sich recken lassen. Die relative Viskosität des Reaktionsproduktes
in o,5°,!oiger Lösung in m-Kresol beträgt 1,62. Beispiel 5 41,6 Teile des aus Hexan-i,
6-disulfochlorid und 5-Aminopentanol-(i) hergestellten N, N'-Di-5-oxypentyl-hexan-i,
6-disulfonamids vom Schmelzpunkt i5o bis 151° werden in 68 Teilen N-Cyanpiperidin
bei 13o° unter Stickstoff bis zur homogenen Lösung verrührt. Dann gibt man 17,3
Teile Hexan-i, 6-diisocyanat (1,o3 M01) unter fortgesetztem Rühren zu und erhitzt
nach beendigtem Eintropfen weitere 6 Stunden auf i30°. Die Flüssigkeit beginnt sich
nach etwa 1 Stunde zu trüben und verwandelt sich im Verlauf von weiteren 5o Minuten
zu einem festen Brei. Nach dem Abkühlen wird das Lösungsmittel mit Aceton herausgewaschen.
Das getrocknete Polyurethan schmilzt ziemlich scharf bei 180,5 bis 18i,5°. Seine
relative Viskosität in 0,5°/oiger Lösung in m-Kresol beträgt 1,51. Aus der Schmelze
lassen sich reckbare, wasserkochbeständige und feste Fäden spinnen.
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Beispiel 6 Zu einer Lösung von i,oo5 Mol Oxalsäuredimethylester in
der 4-fachen Menge Benzol gibt man unter Kühlung i Mol Tetramethylen-bis-y-aminopropyläther
sowie 12 °/o N-Cyanhexamethylenimin, bezogen auf das Diamin, zu. In einem Rührgefäß
wird der Ansatz des freiwerdenden Methanols und des Lösungsmittels auf 175° erhitzt
und 3 Stunden unter Ausschluß von Luftsauerstoff auf dieser Temperatur gehalten.
Dann wird 30 Minuten lang auf i5o mm evakuiert und die Schmelze anschließend
zu Borsten versponnen, die sich nach dem Abschrecken im kalten Wasser sofort auf
das 4,5-fache der Ausgangslänge verstrecken lassen. Die Reckung verläuft glatter,
und die Reckbarkeit bleibt länger bestehen, als wenn ohne Cyanamid gearbeitet wird.