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Verfahren zur Herstellung von Kohlenwasserstoff-Nitroverbindungen
Umsetzungsprodukte der Salpetersäure mit olefinischen Kohlenwasserstoffen verschiedenartiger
Struktur und Herkunft sind bereits mehrfach beschrieben worden. Der Herstellung
derartiger Nitroverbindungen in größerer Menge stand -ihre Zersetzlichkeit und zuweilen
auch Explosionsfähigkeit entgegen, worauf das Schrifttum ausdrücklich hinweist.
Es wurde bisher praktisch fast ausschließlich bei tiefen Temperaturen (o° und niedriger)
und diskontinuierlich gearbeitet. Unter diesen Bedingungen war die Anwendung einer
schwefelsäurehaltigen Nitriersäure erforderlich. Der Verbrauch an Schwefelsäure
war beträchtlich und die Säureaufarbeitung lästig, zeitraubend und nicht ungefährlich.
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Es wurde nun gefunden, daß bei Einhaltung gewisser Arbeitsbedingungen
die Umsetzung zwischen Salpetersäure und Olefinen in überraschender Weise mit sehr
guter Ausbeute auch bei Anwendung höchstkonzentrierter Salpetersäure und höheren
Temperaturen erfolgt. So läßt sich die Herstellung sehr vorteilhaft und auf kontinuierlichem
Wege durchführen, wenn die Vereinigung des Salpetersäurerestes mit dem Olefin über
Katalysatoren durch Überleiten erfolgt. Unter diesen Umständen befindet sich im
eigentlichen Reaktionsraum nur immer eitre verhältnismäßig geringe Menge von Nitroverbindungen,
so daß gefahrbringende Zersetzungserscheinungen nicht auftreten können und ohne
weiteres kontinuierlich größere Mengen herstellbar sind.
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Bei Zimmertemperatur sind die gemäß vorliegendem Verfahren erhältlichen
Nitroverbindungen praktisch beständig, so daß das aus unverbrauchter
Salpetersäure,
Nitroverbindungen und nicht umgesetzten: Kohlenwasserstoffen bestehende Reaktionsgemisch
ohne Gefahr in größerer Menge angesammelt und gelagert werden- kann. Die Reaktionsprodukte
bilden drei Flüssigkeitsschichten, die man voneinander trennen kann. Die reinen
Nitroverbindungen kann. man gefahrlos in größerer Menge lagern.
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Als Umsetzungskatalysatoren sind vornehmlich Kiesels äuregel, Aluminiumsilikate,
aktivierte Bleicherde, calciniertes Aluminiumoxyd, Bauxit u. dgl. Kontaktträgermassen,
wie Kieselgur, geeignet. Daneben können noch Schwermetalloxyde Verwendung finden,
soweit sie unter den zur Anwendung kommenden Arbeitsbedingungen nicht in Säure löslich
sind. Bei Verwendung von Kohlenwasserstoffgemischen, :die neben Paraffinen etwa
25 bis 70% ungesättigte Kohlenwasserstoffe (Olefine) enthalten-, als Ausgangsmaterial
liegt die günstigste Reaktionstemperatur zwischen Zoo bis 20o° C. Bei tieferer Temperatur
ist der Umsatz gering, während bei wesentlich höheren Temperaturen unerwünschte
Nebenreaktionen auftreten, welche die Ausbeute stark herabsetzen. Bei höherem Olefingehalt
und bei Umsetzung reiner Olefine ist die an sich exotherm verlaufende Umsetzung
durch zweckmäßig bemessene Kontaktbelastung auch unterhalb von 100° C ohne zusätzliche
Heizung ausführbar. Liegt ein sehr geringer Olefingehalt vor, dann. kann man in
manchen Fällen auch oberhalb von 200° C arbeiten. Eine gleiche Temperatursteigerung
ist bei Verwendung von Salpetersäure vorteilhaft, die weniger als 65% H N 03 enthält.
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Die Reaktion ist vom Gasdruck wenig abhängig. Im allgemeinen findet
atmosphärischer Druck An Wendung. Man kann aber auch bei Unterdruck arbeiten, was
von Vorteil ist, wenn durch lokale Überhitzungen Zersetzungen der entstandenen Nitroverbindungen
zu befürchten sind. Ein weiterer Vorteil der Vakuumanwendung besteht :darin, daß
die Siedetemperatur des Ausgangsmaterials erniedrigt wird. Hierdurch wird die Ausbeute
häufig wesentlich erhöht.
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In anderen. Fällen ist die Anwendung von Überdruck möglich und zweckmäßig,
vor allen Dingen dann, wenn nnedri-gmoleku'lare Olefine zum Einsatz kommen:. Auch
im Überdruckgebiet sind die Ausbeuten recht befriedigend, und es ist :die Betriebssicherheit
ebenfalls ausreichend gewährleistet, falls Apparaturen zur Anwendung kommen, die
aus genügend :druckfesten Gefäßen bestehen.
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Die Konzentration der Salpetersäure soll 5o % überschreiten; zweckmäßig
arbeitet man mit oberhalb von 75'/0- H N 03 liegenden Konzentrationen, da die Umsetzung
hierbei sehr glatt und leicht erfolgt und die Reaktionszeiten kurz bzw. die Kontaktbelastungen
ziemlich hoch gehalten werden können.
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Die zur Verarbeitung kommenden Olefine können beliebiger Herkunft
sein. Es ist nicht erforderlich, reine Olefine anzuwenden. Wesentlich vorteilhafter
ist sogar die Verarbeitung von Olefin-Paraffin-Gemischen, :da auf diese Weise die
Heftigkeit der Reaktion etwas herabgesetzt wird. Als Ausgangsmateria1 eignen sich
:daher besonders gut Spaltbenzine aus von Naturstoffen gewonnenen Primärprodukten
oder aus Primärprodukten der Fischer-Tropsch-Synthese, ferner Benzine aus der Kohlenoxydhy
drierung, .die über Eisen- oder Kobaltkontakte gewonnen wurden. Es ist nicht notwendig,
eng geschnittene Fraktionen einzusetzen, da die Nitroverbindungen sich nach :dem
Abtrennen :durch fraktionierte Vakuumdestillation in einzelne, den entsprechenden
C-Zahlen zugehörige Fraktionen unterteilen lassen. Die Olefine können sowohl rein
alipliatischen als auch aromatischen oder naphthenischen Charakter besitzen.
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Die einzusetzende Säuremenge richtet sich nach dem jeweils vorhandenen
Olefingehalt, wobei auf 1 Mol Olefin theoretisch 1 Mol H N 03 entfällt. Meist kommt
man mit 150% der theoretischen Menge aus. Oft ist es jedoch von Vorteil, Zoo % und
mehr zu verwenden. Der Salpetersäure können geringe Mengen wasserentziehender Mittel,
wie z. B. Schwefelsäure, Phosphorpentoxyd, Natriumsulfat, Essigsäureanhydrid, zugesetzt
werden. Es empfiehlt sich, Kohlenwasserstoffgemische und die Salpetersäure getrennt
zu verdampfen und erst in diesem Zustand im das Reaktionsrohr eintreten zu lassen.
Meistens ist jedoch eine gemeinsame Verdampfung ausreichend. Die anfallende Salpetersäure
kann durch geeignete Maßnahmen wieder auf eine für den neuen Einsatz geeignete Konzentration
gebracht werden. Es ist ferner zweckmäßig, von Zeit zu Zeit den Kontakt mit Luft
zu regenerieren, da trotz Anwesenheit von hochkonzentrierter Salpetersäure sich
allmählich kleine Mengen von Kohlenstoff, Harz oder Polymerisaten. auf dem Kontakt
abscheiden.
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Weitere Einzelheiten sind aus den nachstehenden Ausführungsbeispielen
ersichtlich.
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Beispiel 1 Über 30. ccm Kieselsäure, die in einem Quarzrohr von 1o
mm Lichtweite angeordnet waren, wurden bei 20o° C stündlich 120o ccm einer C.-Fraktion
geleitet, die aus einem mit Aktivkohle isolierten Kohlenoxydhydrierungsbenzin gewonnen
war und annähernd 25 Volumprozent Olefin enthielt. Im gleichen Zeitraum leitete
man 30o ccm konzentrierte Salpetersäure nach ihrer Verdampfung durch das Reaktionsrohr.
Der Druck wurde auf 50o mm Hg abs. eingestellt. Hierbei bildeten sich drei übereinanderliegende
Flüssigkeitsschichten. Die unterste Schicht bestand aus Salpetersäure, die mittlere
Schicht aus Nitroverbindungen, während die oberste Schicht die nicht umgesetzten
Paraffinkohlenwasserstoffedes Ausgangsgemisches enthielt. An Nitroverbindungen erhielt
man etwa 70 % des eingesetzten Kohlenwasserstoffgemisches.
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Wurde unter sonst gleichen Bedingungen an Stelle von 20o° C eine Reaktionstemperatur
von 23o° eingehalten, so erhöhte sich die Ausbeute auf etwa 85 0/0.
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Eine Verlängerung der Reaktionsdauer setzte die Ausbeute wesentlich
herab.
Die isolierten Nitroverbindungen bildeten gelbliche, etwas
viskose Flüssigkeiten von stechendem Geruch. Dieser wurde wahrscheinlich durch vorhandene
geringe Verunreinigungen bedingt. Ihr spezifisches Gewicht wurde zu D, =
1,093 und ihr Brechungsquotient zu nD =1,443o ermittelt.
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Beispiele Über 3o ccm Kieselsäure wurden bei 175'C stündlich 80o ccm
der im ersten Beispiel verwendeten C.-Fraktion und Zoo ccm rauchende, vorher verdampfte
Salpetersäure (Dpo = 1,48) geleitet. Der Reaktionsdruck belief sich auf 50o mm Hg
abs. Man erhielt eine goo/aige Ausbeute an Nitroverbindungen.
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Bei Anwendung von atmosphärischem Druck ließ sich die Umsetzung zwar
schon bei 16o° C durchführen, die Durchleitung der Einsatzmengen bereitete jedoch
Schwierigkeiten, so daß man eine Pumpe anwenden mußte, um die Gasmengen mit ausreichender
Geschwindigkeit durch das Reaktionsrohr zu führen.
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Bei Anwendung noch tieferer Temperaturen sanken die Ausbeuten erheblich
ab.
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Beispiel 3 Über So ccm einer in einem Quarzrohr angeordneten aktiven
Bleicherde wurden stündlich 60o ccm eines Spaltbenzins geleitet, das einen Olefingenalt
von 6o °/o und eine Dichte von 0,735 (2o0 C) aufwies. Die Umsetzungstemperatur
wurde. auf 150' C eingestellt. Gleichzeitig mit dem Spaltbenzin leitete man 19o
ccm konzentrierte Salpetersäure ('1,48) durch das Reaktionsrohr. Man erhielt Nitroverbindungen
in einer Ausbeute von über 90% der Theorie.
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Beispiel 4 Über 5o ccm geformtes und aktiviertes Aluminiumoxyd, .die
sich in einem Druckrohr befanden, wurden bei einem Druck von 2,5 atü und bei 14o0
C stündlich 66o ccm eines synthetischen Benzins geleitet, das mit Hilfe von Eisenkontakten
und Gaskreislaufführung auf dem Wege der Kohlenoxydhydrierung gewonnen war. Es siedete
zwischen So und 20o° C und enthielt 40% olefinische Kohlenwasserstoffe. Gleichzeitig
leitete man 18o ccm eines aus gleichen Teilen konzentrierter und rauchender Salpetersäure
(1,q.8) bestehenden Säuregemisches über den Kontakt. Die erhaltenen Nitroverbindungen
umfaßten 9o °/o der theoretisch zu erwartenden Menge.
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Beispiel s Über 30 ccm Bimsstein wurden bei 2b00 C stündlich
iooo ccm einer C.-Fraktion geleitet, die mit Hilfe von Aktivkohle aus den Restgasen
der Kohlenoxydhydrierung abgeschieden war. Gleichzeitig führte man in verdampftem
Zustarvd 240 ccm konzentrierte Salpetersäure durch dass Rohr, wobei man der Salpetersäure
20 ccm Schwefelsäure zusetzte. Nach Odem Abtrennen, der nicht umgesetzten Kahlen(wassers.toffe
erhielt :man Nitroverbindungen in einer Ausbeute, die etwa 85 % der theoretisch
möglichen, Menge entsprach.