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Verfahren zur Herstellung höchstmolekularer Polymerisationsprodukte
Die bisher bekanntgewordenen Polymerisationsprodukte von Vinylhalogenide, Halogenbutadiene
und andere Vinylgruppen enthaltenden Halogenverbindungen, bei denen ein doppelt
gebundenes Kohlenstoffatom nur ein Halogenatom trägt, befriedigen unter anderem
hinsichtlich ihrer mechanischen und elektrischen Eigenschaften sowie ihrer Beständigkeit
und Widerstandsfähigkeit gego-n physikalische und chemische Einwirkungen noch nicht.
Man hat bei den Vinylhalogenidenschon vorgeschlagen, diese Mängel dadurch zu beseitigen,
daß man auf möglichst von niedrigmolekularen Anteilen freie Polymerisate hinarbeitet.
Die hierzu empfohlenen Maßnahmen ergeben aber immer noch nicht völlig befriedigende
Produkte; außerdem sind Reinigungsmethoden, wie beispielsweise die Umfällung und
Extraktion, kostspielig und langwierig.
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Es wurde gefunden, daß man zu höchstmolekularen Produkten mit überragenden
Eigenschaften gelangt, wenn man nicht in alkalischen Medien hergestellte, Vinylgruppen
enthaltende Halogenverbindungen, beispielsweise Vinylchlorid oder Chlor-2-butadien-(i,
3), bei denen ein doppelt gebundenes Kohlenstoffatom nur ein Halogenatom trägt,
oder ihre Gemische zunächst einer für eine weitgehende Entfernung von verunreinigenden
organischen Halogenverbindungen anderer Art ausreichenden Alkalibehandlung mit etwa
25- bis 6o°/oiger Natron- oder Kalilauge, gegebenenfalls bei erhöhten Temperaturen,
unterwirft und sie dann nach Abtrennung von den zur Reinigung
verwendeten
Alkalien, gegebenenfalls unter Beimischung anderer pölymerisierbarer Verbindungen,
polymerisiert, bevor sich neue Verunreinigungen gebildet haben, und die bei mäßigen
Temperaturen ausgeführte Polymerisation so rechtzeitig abbricht, daß praktisch -
keine Polymerisatanteile niedrigen Molekulargewichts entstehen. Auf diese Weise
werden nicht nur durch Polymerisation der vinylhaltigen Halogenide für sich bzw.
ihrer Mischungen untereinander, sondern auch bei Mischpolymerisation mit andersartigen
polymerisierbaren Verbindungen, wie beispielsweise den Estern und Äthern des Vinylalkohols,
der Acrylsäure, Methacrylsäure, Itakonsäure und ihren Derivaten, höchstmolekulare
Erzeugnisse erhalten, deren chemische und physikalische Eigenschaften gegenüber
den bis heute bekannten Produkten eine sprunghafte und überraschende Verbesserung
aufweisen.
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Brauchbar ist insbesondere 4o= bis 5o°/oige Natron-oder Kalilauge.
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Nachdem die Monomere auf diese Weise gereinigt sind, sind sie vor
dem Entstehen neuer Verunreinigungen zu bewahren. Je nach den gegebenen Bedingungen
soll daher die Lagerzeit vor der Polymerisation nur wenige Stunden oder etwa i Tag
betragen.
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Die auf diese Weise zur Polymerisation gelangenden, Vinylgruppen enthaltenden
Halogenverbindungen der genannten Art zeigen für sich oder im Gemisch untereinander
oder mit anderen polymerisierbaren Verbindungen ihre besondere Polymerisationsfreudigkeit
schon darin, daß sie in Behältern aus den verschiedensten nichtrostenden Materialien,
wie beispielsweise nichtrostendem Stahl, Aluminium, Blei, Nickel, glatt polymerisiert
werden können. Diese Polymerisationsfreudigkeit befähigt sie auch, schon bei mäßigen
Temperaturen in einem Zuge in höchstmolekulare Polymerisate überzugehen, so daß
man nur die Polymerisation rechtzeitig abzubrechen braucht, um die höchstmolekularen
Produkte ohne Beimengung von Molekülen mit kleinerer Kette zu erhalten. Zweckmäßig
führt man die Polymerisation bei Temperaturen unterhalb 4o°, vorzugsweise bei 3o
bis 35°, durch und bricht sie ab, wenn noch etwa 4o bis 6o °/o des Monomers unverändert
vorhanden sind. Wesentlich für die Einheitlichkeit der Produkte ist es, die einmal
gewählte Temperatur der Polymerisation in engsten Grenzen während der ganzen Polymerisationsdauer
einzuhalten. Bei der Polymerisation von gereinigten Vinylhalogeniden treten im Gegensatz
zu den bisher bekannten Verfahren niemals Versager oder Spontanreaktionen auf; die
Polymerisation verläuft vielmehr mit einer erstaunlichen Regelmäßigkeit, und es
fallen in stets gleichbleibenden Zeiten Poly merisate gleicher Art und Menge an.
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In besonders glatter Weise verläuft die erfindungsgemäße Polymerisation
zu höchstmolekularen Produkten, wenn man dabei in Gegenwart von nichtlösenden Verdünnungsmitteln,
insbesondere in. wäßriger Emulsion, arbeitet. Vorteilhaft verwendet man dabei Emulgiermittel
ohne verseifende Wirkung, insbesondere die wasserlöslichen partiellen Ester, Acetale,
Esteracetäle und Äther des Polyvinylalkohols. Die in den nachfolgenden Beispielen
angegebenen Stoffmengen beziehen sich stets auf Gewichtsteile. Beispiel i Eine Mischung,
bestehend aus 5oo Teilen Vinylchlorid, 5oo Teilen Wasser, i Teil Benzoylperoxyd
und 2 Teilen eines bis zur Verseifungszahl 8o bis ioo verseiften Polyvinylacetats,
wird im Rührautoklav aus Reinnickel unter dauerndem Rühren zgo Stunden lang auf
einer Temperatur von 35° konstant gehalten.
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Das zu polymerisierende Vinylchlorid wird unmittelbar vor Einfüllung
in den Autoklav in Dampfform durch einen Waschturm mit 5o°/oiger Natronlauge geleitet.
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Nach der angegebenen Zeit von i2o Stunden wird das nicht polymerisierte
Vinylchlorid aus dem Autoldav abdestilliert. Das in 4o- bis 5o°/oiger Ausbeute entstandene
rein weiße, feinkörnige Polyvinylchlorid wird mit Wasser gewaschen und getrocknet.
Es löst sich bei Temperaturen unter 8o° in keinem der normalen Polyvinylchloridlösungsmittel.
Bei erhöhter Temperatur, eventuell -im geschlossenen Gefäß, löst es sich in Tetrachloräthan,
Methylenchlorid, Chlorbenzol, Chlortoluol, Cyclohexanon, Tetrahydronaphthalin und
in einer Anzahl von Weichmachungsmitteln, wie Trikresylphosphat, Dibutylphthalat,
unter Bildung stark gelatinöser Lösungen. Beispiel 2 Eine Mischung, bestehend aus
7oo Teilen Vinylchlorid, 3oo Teilen Vinylacetat, iooo Teilen Wasser, 2 Teilen Benzoylperoxyd
und 5 Teilen eines wasserlöslichen, teilweise mit Hexylalkohol verätherten Polyvinylalkohols,
wird im Rührautoklav aus V4a-Stahl bei dauerndem Rühren 150 Stunden lang
auf einer Temperatur von 35° konstant gehalten. Das verwendete Vinylchlorid wird
kurz vor Beschickung des Autoklavs wie im Beispiel i gewaschen. Nach der angegebenen
Zeit von i5o Stunden werden die nicht polymerisierten Anteile des Gemisches von
Vinylchlorid. und Vinylacetat aus dem Autoklav abdestilliert. Das in 40- bis 5o°/oiger
Ausbeute entstandene rein weiße, feinkörnige Polymerisat wird mit Wasser gewaschen
und getrocknet. Das trockene Produkt enthält etwa 41 °/a Chlor. Es ist zum Unterschied
von dem nach Beispiel r hergestellten reinen Polyvinylchlorid in den dort genannten
Lösungsmitteln auch unter 8o° und außerdem in Aceton löslich. Die Lösungen besitzen
eine viel geringere Gelatinierneigung als die des reinen Polyvinylchlorids. Beispiel
3 Eine Mischung, bestehend aus goo Teilen Vinylchlorid, ioo Teilen Vinylacetat,
iooo Teiler. Wasser, 2 Teilen Benzoylperoxyd und io Teilen Methylcellulose, wird
in einem Rührautoklav aus nickelplattiertem Schmiedeeisen bei dauerndem Rühren ioo
Stunden lang auf einer Temperatur von 35° gehalten. Das zur Verwendung kommende
Vinylchlorid wird gemäß Beispiel i gereinigt. Nach der angegebenen Zeit werden die
nicht polymerisierten Anteile gemäß Beispiel 2 abdestilliert. Das in etwa 40%iger
Ausbeute entstandene Polymerisat ist feinkörnig und rein weiß.
Das
trockene Produkt enthält 52 °/o Chlor. Es löst sich zum Unterschied von dem nach
Beispiele hergestellten infolge des höheren Chloridgehalts in Aceton nicht mehr
ganz klar.
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Beispiel q.
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Eine Mischung, bestehend aus 5oo Teilen Vinylchlorid, 5oo Teilen Vinylacetat,
sooo Teilen Wasser, 2 Teilen Benzoylperoxyd und 5 Teilen des Ammoniumsalzes von
Glykolsäurecelluloseäther, hergestellt nach bekanntem Verfahren aus Monochloressigsäure
und Natriumcellulose, wird gemäß Beispiel e behandelt. Das verwendete Vinylchlorid
-wird nach Beispiel 1 gereinigt. Man erhält ein rein weißes, feinkörniges Polymerisat
in q.o- bis 5oo/oiger Ausbeute, welches sich leicht in Aceton und den übrigen in
Beispiel e genannten Lösungsmitteln löst. Getrocknet enthält es etwa 319,
Chlor. Beispiel 5 Eine Mischung, bestehend aus 8oo Teilen Vinylchlorid, Zoo Teilen
Chlor-2-butadien-(1, 3) und 5 Teilen Benzoylperoxyd, wird in einem Autoklav mit
Vza-Einsatz 12o Stunden lang auf einer Temperatur von q.0° gehalten. Das verwendete
Gemisch aus Vinylchlorid und Chlor-2-butadien-(1, 3) wird unmittelbar vor Einfüllung
in den Autoklav in Dampfform durch einen mit 5o0/,iger Natronlauge gefüllten Waschturm
geleitet, welcher, um Kondensation des Chlor-2-butadiens-(1, 3) zu vermeiden, auf
einer Temperatur von 30° gehalten wird. Nach der angegebenen Zeit werden die nicht
polymerisierten Anteile abdestilliert. Die Menge des entstandenen Polymerisats entspricht
einer Ausbeute von q.o bis 5o %. Das Polymerisat löst sich in den in Beispiel r
angegebenen Lösungsmitteln.
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Beispiel 6 q.oo Teile eines mit 5oo/oiger Lauge gereinigten und 24
Stunden lang am Licht anpolymerisierten Chlor-2-butadiens-(1, 3) wurden nach Zusatz
von 1 °/o N-Phenyl-ß-naphthylamin unter starkem Rühren in q.oo Teilen einer 2°/oigen
wäßrigen Lösung eines bis zur Verseifungszahl 8o bis soo verseiften Polyvinylacetats
durch langsames Zulaufen emulgiert und 2 Stunden bei 25° polymerisiert. Nach Abdestillieren
des unveränderten Monomers hinterbleibt das benzollösliche Polymer in q.o- bis 5o°/oiger
Ausbeute in Form einer Suspension. Beispiel 7 Ein Gemisch von 6oo Teilen mit konzentrierter
Lauge gewaschenen Chlor-2-butadiens-(1, 3) und 12o Teilen reinsten Vinylacetats
wird mit 2 g Benzoylperoxyd innerhalb 12 Stunden zu etwa 6o bis 7o % polymerisiert.
Die Monomere werden durch Destillation entfernt. Es hinterbleibt ein zähes, fast
geruchloses Polymerisat in 40- bis 5o°/oiger Ausbeute, dessen Benzollöslichkeit
durch Zusatz von so bis 30 °/o Trikresylphosphat dauernd erhalten bleibt. Beispiel
8 Eine Mischung, bestehend aus 5oo Gewichtsteilen Vinylbromid, 5oo Teilen Wasser,
s Teil Benzoylperoxyd und 2 Teilen eines bis zur Verseifungszahl 8o bis ioo verseiften
Polyvinylacetats, wird im Rührautoklav aus Reinnickel unter dauerndem Rühren 40
Stunden lang auf einer Temperatur von 35° konstant gehalten. Das zu polymerisierende
Vinylbromid wirdunmittelbar vor Einfüllung in den Autoklav in Dampfform durch einen
Waschturm mit 5o0/,iger Natronlauge geleitet. Nach der angegebenen Zeit von 40 Stunden
wird das nicht polymerisierte Vinylbromid aus dem Autoklav abdestilliert. Das in
¢o- bis 5o0/,iger Ausbeute entstandene rein weiße, feinkörnige Polyvinylbromid wird
mit Wasser gewaschen und getrocknet. Beispiel g q.oo Teile eines mit 5o0/,iger Lauge
gereinigten und am Licht anpolymerisierten Brom-2-butadiens-(1, 3) wurden nach Zusatz
von 1 o/, N-Phenyl-ß-naphthylamin unter starkem Rühren in qoo Teilen einer 2o/oigen
wäßrigen Lösung eines bis zur Verseifungszahl 8o bis roo verseiften Polyvinylacetats
durch langsames Zulaufenlassen emulgiert und bei 23° 1l/2 Stunden polymerisiert.
Nach Abdestillieren des unveränderten Monomers hinterbleibt das Polymer in 4o-bis
5o°/oiger Ausbeute in Form einer Suspension.
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Nach dem neuen Verfahren erhält man Erzeugnisse von überraschend verbesserten
mechanischen Eigenschäften, insbesondere einer ganz außerordentlichen Nervigkeit
und Elastizität sowie besonderer Wärme-und Kältebeständigkeit. Beispielsweise zeigt
sich die erhöhte Wärmefestigkeit im Verhalten der Produkte beim Pressen oder auf
der Heißwalze; sie erfordern bei gleichem Mischungsverhältnis mit Weichmachern und
Füllstoffen bedeutend höhere Plastifizierungstemperaturen als Produkte, die nach
den bisher bekannten Verfahren hergestellt werden. Sie sind frei von dem Nachteil
der bisherigen Produkte dieser Art, beim Lagern, insbesondere unter einer gewissen
Belastung und bei höheren Temperaturen, sich zu deformieren und zu fließen. Deshalb
bedürfen sie keines großen Gehalts an Füllstoffen, der bisher zur Behebung dieser
störenden Eigenschaft erforderlich war. Sie zeichnen sich ferner durch eine weit
überlegene Stabilität aus und erfordern deshalb keinen Zusatz von Stabilisatoren,
die die elektrischen Eigenschaften beeinträchtigen. Durch die hervorragende Stabilität
der neuen Produkte wird die auch sonst bei Polyhalogenverbindungen gegebene Nichtbrennbarkeit
erst voll zur Geltung gebracht. Die Verarbeitung nach dem beschriebenen Verfahren
wirkt auch dem Entstehen lästiger Geruchsstoffe, beispielsweise bei polymerem Chlor-2-butadien-(1,
3), entgegen. Die Öl-, Brennstoff-, Dichlordiäthylsulfid- und Ozönfestigkeit ist
infolge des höchstmolekularen Zustandes gleichfalls noch gesteigert. Die Beständigkeit
gegen konzentrierte Salpetersäure, 5o°/oige Schwefelsäure, sogar oberhalb soo°,
konzentriertes Alkali, Wasserstoffsuperoxyd, Halogen und andere stark angreifende
Stoffe läßt nichts mehr zu wünschen übrig.
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Infolge der Erhöhung der Stabilität der polymeren Halogenide durch
das beschriebene Verfahren werden außer den Chlorverbindungen auch die anderen Halogenverbindungen,
insbesondere die Bromide, zur Herstellung beständiger Kunststoffe brauchbar und
ihre
besonderen Eigenschaften speziellen Zwecken. nutzbar gemacht.
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Das neue Herstellungsverfahren eröffnet die Möglichkeit, geformte
Kunststoffe verschiedenster Art mit den auf der höchstmolekularen Struktur der neuen
Polymerisate beruhenden überragenden Eigenschaften herzustellen.
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Es ist zwar bekannt, daß man polymerisierbare chlorhaltige Verbindungen,
beispielsweise das Dichlor-2, 3-butadien-(i, 3), durch Einwirkung von Alkalien auf
Trichlor-2, 3, 4-buten-(i) erhalten kann. Aus dieser bekannten Chlorwasserstoffabspaltung
konnte jedoch nicht geschlossen werden, daß chlorhaltige Vinylverbindungen, die
nicht mit Hilfe von Alkalien hergestellt wurden, dann zu höchstwertigen Produkten
polymerisiert werden können, wenn man die Monomere der beschriebenen Alkalibehandlung
unterwirft und diese Behandlung mit den geschilderten weiteren Maßnahmen kombiniert.
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Man hat auch bereits Vinylchlorid unmittelbar nach seiner thermischen
Herstellung aus Acetylen und Chlorwasserstoff mit alkalischem Wasser gewaschen und
dadurch das Vinylchlorid von den letzten Spuren freier Säure befreit. Bei dieser
Neutralisation handelt es sich jedoch um die Bindung geringfügiger Mengen freier
Säure, denn die technisch in Frage kommenden thermischen Herstellungsverfahren für
Vinylchlorid liefern bereits ein sehr chlorwasserstoffarmes Vinylchlorid. Schien
daher die Neutralisation dieser kleinen Säureanteile wirklich erstrebenswert, so
genügte eine Behandlung mit alkalischem Wasser. Daraus war nun keineswegs zu schließen,
daß man praktisch chlorwasserstofffreies Vinylchlorid, welches durch organische
Halogenverbindungen verunreinigt ist, besonders glatt und regelmäßig, d. h. ohne
Versager und Spontanreaktionen, polymerisieren kann, wenn man es von diesen Verunreinigungen
durch eine Nachbehandlung mit starken Alkahlaugen befreit, und daß die Polymerisation
von so gereinigtem Vinyl-