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Verfahren zur Herstellung von wäßrigen Dispersionen thermostabiler
Polymerisate und Mischpolymerisate des Vinylchlorids Es ist bekannt, daß man die
Emulsionspolymerisation von Vinylchlorid in Gegenwart eines Emulgators oder Schutzkolloides
und von Initiatoren wie Persulfaten,. H20, usw., in wäßriger Phase durchführen kann.
Hierbei werden dünnflüssige bis sahnige (3o bis maximal 5o °/o Trockengehalt) Latices
erhalten, aus denen man das Polymerisat durch Eindampfen des Latex (z. B. nach dem
Sprühverfahren) oder durch Fällung, anschließende Filtration und Trocknung gewinnen
kann.
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Dieses bekannte Verfahren ist großtechnisch auch schon als sogenanntes
Turmpolymerisatiofsverfahren kontinuierlich durchgeführt worden, wobei im oberen
Teil des Turmes die Reaktionsmischung gerührt und im unteren Teil des Turmes die
Mischung im wesentlichen ungerührt in der Regel zu 95 °/o des eingesetzten Monomeren
auspolymerisiert wird.
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Bei den bekannten Verfahren müssen eine Reihe von Nachteilen in Kauf
genommen werden. So erhalten die auf diese Weise hergestellten hochkonzentrierten
Latices relativ viel Emulgator, der beispielsweise nach dem Versprühen in dem Polymerisat
ver-. bleibt und auf diese Weise die Eigenschaften des Polymerisates, wie elektrische
Eigenschaften, Wasserfestigkeit usw., verschlechtert. Ferner entstehen bei den genannten
hohen Umsätzen infolge Verarmung der Reaktionsmischung an Mqnomeren relativ viele
kurzkettige Moleküle. Der große Anteil der kurzkettigen
Moleküle,
beispielsweise bei einer Auspolymerisation über 65°/a, setzt in dem erhaltenen Produkt
(polymerhömologes Gemisch) die Festigkeit herab.
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Ferner macht sich unangenehm bemerkbar, daß bei steigendem Umsatz,
d. h. Verarmung der Reaktionsmischung am Monomeren, eine Bildung verzweigter Makromoleküle
eintritt. Die auf diese Weise entstehenden Verzweigungen beeinflussen die Thermostabilität
des Polymerisates ungünstig, so daß beispielsweise bei Einwirkung höherer Temperaturen
auf das Produkt eine unerwünschte HCl-Abspaltung eintritt.
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Ferner entstehen in der Phase der Auspolymerisation klebrige Überzüge
an den Gefäßwandungen und Rühraggregaten, so daß verfahrenstechnisch eine Erschwerung
bei der Durchführung des bekannten Verfahrens eintritt.
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Bricht man, um die zuletzt genannten Nachteile zu vermeiden, die Polymerisation
vorzeitig ab, z. B. bei 65 °/o Umsatz, so erhält man Dispersionen mit geringem Festgehalt,
z. B. 3004 oder darunter.
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Es wurde nun gefunden, daß man hochkonzentrierte wäßrige Dispersionen
durch Polymerisation von Vinylchlorid in Gegenwart von Katalysatoren dadurch herstellen
kann, daß der Polymerisationsansatz so gewählt wird. daß die gewichtsmäßige Relation
,väßrige organische Phase unter r liegt und daß diese Reaktionsmischung, vorzugsweise
unter Rückfluß, nur soweit polymerisiert wird, daß das Verhältnis wäßrige Phase/Restmonomeren
unter 7 liegt.
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So soll das Verhältnis wäßrige Phase zur organischen Phase (Monomeres
und Polymeres) beispielsweise o,8 oder darunter betragen. Das Verhältnis wäßrige
Phase zu dem am Ende der Reaktion noch in der Reaktionsmischung befindlichen Monomeren
soll unter 7: i, zweckmäßig aber unter 5 : z betragen. Hierbei sei erwähn, daß bei
dem bekannten Verfahren das zuletzt genannte Verhältnis im allgemeinen über 2o:
z liegt.
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Durch die erfindungsgemäßen Maßnahmen lassen sich hochkonzentrierte
Emulsionen von thermostabilem Polyvinylchlorid herstellen, bei denen der Festgehalt
der Emulsion zum Teil sogar größer als 50°/0 ist. Besonders bemerkenswert ist in
diesem Zusammenhang, daß der Emulgatorbedarf bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
geringer sein kann als bei dem bekannten Verfahren.
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Ferner erhält man nach dem vorliegenden Verfahren ein Polymerisat,
das weniger niedermolekulare Anteile und verzweigte Makromoleküle enthält, als die
nach dem bekannten Verfahren hergestellten Polyvinylchlorid-Latices gleicher Polymerisatkonzentration.
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Verfahrenstechnisch war es noch überraschend, daß durch die obigen
Maßnahmen nur geringe Wandbeläge auftreten, die bei der Durchführung des Verfahrens
prakti-ch nicht stören.
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Ferner ist zu erwähnen, daß durch die erfindungsgemäßen Maßnahmen
wesentlich höhere Raum-Zeit-Ausbeuten sowohl bei der diskontinuierlichen als auch
bei der kontinuierlichenDurchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens als bei dem
bekannten Verfahren erhalten werden. Zum Beispiel läßt sich während der gesamten
Polymerisationsdauer die Polymerisationswärme über den Rückflußkühler infolge Anwesenheit
eines hohen Anteils an Restmonomeren abführen.
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Beispielsweise läßt sich das erfindungsgemäße Verfahren wie folgt
durchführen: Man polymerisiert bei sehr hohem Monomerengehalt der Polymerisationsmischung,
d. h. man kann hohe Polymefisationsgeschwindigkeiten erzielen. Es ist vorteilhaft,
die Polymerisationswärme über Rückflußkühlung abzuführen. Man bricht die Polymerisation
ab, wenn die Phase der Verarmung an Monomeren eintritt und erhält, da man von vornherein
sehr viel Monomeres eingesetzt hat, nach Verdampfen des Restmonomeren trotzdem sehr
hochkonzentrierte Emulsionen.
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Das vorliegende Verfahren ist anwendbar zur Herstellung von Polymerisaten
und Mischpolymerisaten des Vinylchlorids. Als Mischpolymerisationskomponenten seien
beispielsweise genannt: Vinylidenchlorid, Vinylidenfluorid, Trifluorchloräthylen,
Vinylester von Carbonsäuren wie Vinylacetat, Alkenylverbindungen von Carbonsäuren
wie Allylacetat, Isopropenylacetat, Acrylsäure, Methacrylsäure, Maleinsäure, Itaconsäure,
sowie Ester und Halbester dieser Carbonsäuren, ungesättigte Kohlenwasserstoffe wie
Äthylen, Isobutylen, Styrol, Acrylnitril, Vinyläther wie Vinylisobutyläther.
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Bei der Herstellung von Mischpolymerisaten soll der Vinylchloridanteil
mindestens die Hälfte der Monomerenmischung betragen.
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Als Dispergiermittel für die Polymerisation kommen z. B. in Frage:
Alkali- und Ammonsalze von sauren Schwefelsäureestern von Fettalkoholen (z. B. octadecylschwefelsaures
Natrium), von längerkettigen Alkylsulfosäuren, von Alkylarylsulfosäuren, von Alkylsulfamidoessigsäure,
ferner Polyglycoläther und Ester von Phenolen und Alkylphenol, von Fettalkoholen
und Fettsäuren usw., hochmolekulare Stoffe wie Polyvinylalkohol - wobei ein Teil
der OH-Gruppen acetalisiert, verestert oder veräthert sein kann, Polyacrylsäuresalze,
Polyvinylpyrrollidon usw.
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Als Initiatoren werden im allgemeinen die bekannten anorganischen
Initiatoren eingesetzt wie H202, Salze der Perschwefelsäure, Perborate, Percarbonate,
Chlorite, Chlorate, Perchlorate usw., evtl. in Kombination mit Reduktionsmitteln
wie Bisulfit, Formamidinsulfinsäure, Benzolsulfinsäure, Formaldehydsulfoxylat, Glukose,
Oxyaceton usw. Es können zugegen sein Metallsalze, die aktivierend wirken, z. B.
Silbernitrat (AgN03), Kupfersulfat (Cu S04), Eisensulfat (Fe S04), Kobaltnitrat
(Co[N03]2).
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Die diskontinuierliche Polymerisation führt man beispielsweise folgendermaßen
durch: Man legt die wäßrige Phase mit dem Initiator vor, gibt die vorgesehene Vinylchloridmenge
zu und startet die Polymerisation mit der Aktivatorlösung. Die Polymerisationswärme
kann über die Wand oder gekühlte Einbauten oder über einen Rückflußkühler abgeführt
werden. Bei großräumigen Autoklaven ist die Verwendung eines Rückflußkühlers zweckmäßig.
Man kann einen Teil des Monomeren auch während der Polymerisation kontinuierlich
oder in Anteilen nachgeben. In gleicher Weise kann man mit der wäßrigen Phase verfahren.
- Bei Verwendung eines sehr aktiven
Redoxsystems empfiehlt es sich,
eine Komponente des Redoxsystems allmählich zuzugeben. Die Polymerisation wird abgebrochen,
solange noch wesentliche Mengen an Monomerem in der Mischung vorhanden sind, d.
h. noch vor Druckabfall, bei Beginn des Druckabfalles oder kurz nach Druckabfall.
Das Restmonomere wird wiedergewonnen. Der hochkonzentrierte Latex wird auf bekannte
Weise aufgearbeitet.
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Die kontinuierliche Polymerisation führt man beispielsweise in einem
Durchlaufautoklaven, der mit Rückflußkühler versehen sein kann, oder in einer Kaskadenschaltung
von Autoklaven oder in einem Strömungsrohr oder in einer Kreislaufapparatur durch.
Man kann durch geeignete Anordnung der Apparate und geeignete Temperaturführung
erreichen, daß ein wesentlicher Teil des nicht umgesetzten Monomeren der Reaktion
wieder zugeführt werden kann, ohne daß die Wiedergewinnungsanlage passiert wird
(beispielsweise durch Destillation aus einer Kaskade in die Vorhergehende).
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Beispiel i 3 3oo kg Wasser, 6o - paraffinsulfosaures Natrium (wobei
der Paraffinrest 12 bis 14 Kohlenstoffatome enthält), Natriumacetat, i - Eisessig,
2 - Wasserstoffsuperoxyd (35 °/o), 4 6oo - Vinylchlorid.
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In eine Druckmeß-Schleuse wird gegeben die Mischung . von 3o kg .paraffinsulfosaures
Natrium und 0,5 kg Natriumformaldehydsulfoxylat in Zoo kg H2 O gelöst.
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Die Polymerisation wird mit der Natriümformaldehydsulfoxylatlösung
gestartet, in Gang gehalten und bei 45° durchgeführt. Die Polymerisationswärme wird
über einen Rückflußkühler mit Kühlwasser von 2o° abgeleitet. Druck während der Reaktion
7,5 atü. Dauer bis Druckabfall auf 6,5 atü: knapp 2 Stunden.
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Das Restmonomere wird auf bekannte Weise wiedergewonnen. Die vom Monomeren
befreite Emulsion hat einen Festgehalt von 50°/0. Das Polymerisat hat einen K-Wert
von 73 und ist wesentlich thermostabiler als das vergleichsweise nach dem bekannten
Verfahren (Herstellung der konzentrierten Emulsion durch Auspolymerisation) hergestellte
Polymerisat. Noch nach io Ansätzen hat der Autoklav nur geringe Beläge, die jedoch
nicht stören, da praktisch die gesamte Polymerisationswärme über einen Rückflußkühler
abgeleitet wird.
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Beispiel 2 In einem 401-Druckautoklav mit Rückflußkühler werden vorgelegt:
13,5 kg Wasser, 0,15 - paraffinsulfosaures Natrium, gebleicht, o,o2 - prim. Natriumphosphat,
o,oo5 - Phosphorsäure, 0,010 - 35 % Wasserstoffsuperoxydlösung, 21 - Vinylchlorid.
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In eine Meß-Schleuse wird die Lösung von o,1 kg -paraffinsulfosaures
Natrium und 0,0015 kg Natriumformaldehydsulfoxylat. in 0,4 kg Wasser gegeben.
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Die Polymerisation wird bei 45° mit der Natriumformaldehydsulfoxylatlösung
gestartet und in Gang gehalten. Die Polymerisationswärme wird über den Rückflußkühler
abgeführt. Nach 2 Stunden 2o Minuten fällt der Druck von 7,5 atü- auf 6 atü. Das
Restmonomere wird abgegast. Es resultiert eine sahnige Dispersion mit einem Festgehalt
von 5704.
Das entspricht einem Umsatz von etwa 85 %. Eingesetzter Emulgator
auf Polyvinylchlorid 1,5 °/o. Der Kessel ist praktisch belagsfrei. K-Wert des Polymerisates
72,8.