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Verfahren zur Gewinnung von Chlor und Wasserstoff durch Elektrolyse
von Salzsäure Der Gewinnung von Chlor und Wasserstoff durch elektrolytische Zersetzung
von Salzsäure, vorzugsweise unter Verwendung von Graphitelektroden, kommt in neuerer
Zeit erhöhte Bedeutung zu. Nach bekannten Verfahren erfolgt die elektrolytische
Zersetzung von konzentrierter, zweckmäßig etwa 18- bis 2o%iger Salzsäure in .durch
ein Diaphragma getrennten Anoden- und Kathodenräumen unter Einhaltung von etwa 70°
überschreitenden, sich im Laufe der Elektrolyse im allgemeinen von selbst einstellenden
Elektrolyttemperaturen.
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Es wurde beobachtet"daß bei den als zweckmäßig erachteten Temperaturen
eine Über- oder Unterschreitung des vorstehend angegebenen günstigsten Konzentrationsbereiches
der anzuwendenden Salzsäure sich auf die anzuwendende Stromspannung und demzufolge
auf den Energieaufwand erheblich in ungünstigem Sinne, und zwar viel stärker als
bei niedriger, beispielsweise Raumtemperatur auswirkt. Dies ist dadurch bedingt,
daß der Leitfähigkeitswert der Salzsäure bei .den zweckmäßig anzuwendenden, etwa
7o°` übersteigenden Elektrolysetemperaturen schon bei Salzsäurekonzentrationen,
die nur wenige Prozent nach unten oder oben von dem als zweckmäßig erachteten Konzentrationsbereich
von etwa 18 bis 2o% abweichen, erheblich verringert wird. Man kann also die Leitfähigkeitserhähung
der Salzsäure durch Temperatursteigerung aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur
in einem beschränkten Konzentrationsbereich ausnutzen und
läßt die
Salzsäure in einer verhältnismäßig hohen Konzentration, beispielsweise als iq.0/aige
Lösung, wieder ablaufen.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Weg zu
finden, den bei der Salzsäureelektrolyse als zweckmäßig erachteten Säurekonzentrations'bereich
zu erweitern, d. h. insbesondere verdünntere Säuren mit dem gleichen Energieaufwand
zu elektrolysieren.
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Überraschenderweise wurde nun gefunden, daß durch einen Zusatz von
Schwefelsäure zu :der als Elektrolyt zu verwendenden Salzsäure dieses Ziel weitgehend
erreicht wird. Für die Herstellung des einen Schwefelsäurezusatz enthaltenden Salzsäureelektrolyts
ist es urbeachtlich, ob der Salzsäure die Schwefelsäure in der erforderlichen Menge
zugesetzt wird oder umgekehrt eiiner vorgelegten Schwefelsäure :die Salzsäure. Das
Salzsäure-Schwefelsäure-Verhältnis im Elektrolyt kann vorteilhaft auch durch Einleiten
von Chlorwasserstoffgas in die Schwefelsäure eingestellt werden.
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In der Abbildung ist in graphischer Darstellung derjenige Konzentrationsbereich
von Salzsäure-Schwefelsäure-Gemischen angegeben, der sich im Sinne der vorstehenden
Ausführungen als vorteilhaft erweist. Als Abszissenwerte sind die Gehalte an Schwefelsäure,
als Ordinatenwerte diejenigen an Salzsäure angegeben. Der Kurvenzug A-B-C verbindet
diejenigen Werte miteinander, die :den mit Chlorwasserstoff gesättigten Säuregemischen
entsprechen. Er begrenzt den in der Elektrolysezelle ausnutzbaren Bereich im Hinblick
auf die mögliche Höchstkonzentration. Die Kurve gilt für eine beispielsweise angewandte
Elektrolyttemperatur von 88°. Ihre Lage verschiebt sich selbstverständlich mit steigender
oder fallender Temperatur jeweils nach unten oder oben. Die sich an den Kurvenzug
A-B-C anschließenden Strecken C-D', D-E und A-E umschließen die Konzentrationen,
innerhalb deren sich der Schwefelsäurezusatz als vorteilhaft für die technische
Durchführung der elektrolytischen Zersetzung von Salzsäure erweist.
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Gemäß Erfindung werden demzufolge die Schwefelsäuregehalte im Elektrolyt
zweckmäßig in den Grenzen zwischen etwa i und etwa 300/0 gewählt. In diesem Konzentrationsbereich
kann man bei gleichem Spannungs- und Energieaufwand die elektrolytische Zersetzung
der im Elektrolyt befindlichen Salzsäure bis zu wesentlich niedrigeren Endkonzentrationen
:durchführen, als es in Salzsäure, die keinen Gehalt an zusätzlicher Schwefelsäure
enthält, möglich ist. Es ergibt sich also innerhalb der vorstehend angegebenen Grenzen
eine Ausweitung,des unter vorteilhaften Bedingungen nutzbaren Konzentrationsbereiches
für die Salzsäure nach unten.
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Es wurde ferner gefunden, daß der Einfluß von Schwefelsäure auf den
Verlauf der Salzsäureelektro lyse sich am günstigsten auswirkt, wenn in dem aus
:der Abbildung ersichtlichen Konzentrationsbereich der Schwefelsäureanteil niedrig
liegt. Es hat sich gemäß Erfindung als zweckmäßig erwiesen, den Elektrolyt vorzugsweise
in einer Zusammensetzung anzuwenden, die innerhalb -des in der Abbildung schraffiert
gekennzeichneten Bereiches A-B-G-F liegt, weil dann der Schwefelsäurezusatz den
größten Gewinn sowohl an ausnutzbarem Konzentrationsbereich als auch an Leitfähigkeit
gegenüber einem nur Salzsäure enthaltenden Elektrolyt ergibt. Wählt man die Schwefelsäurekonzentration
vorzugsweise zwischen etwa i und etwa, 15 %, so wird die Löslichkeit des Chlorwasserstoffs
nur in unbedeutendem Maße verringert. Außerdem kann in diesem Falle der Salzsäuregehalt
in der aus der Zelle ablaufenden verbrauchten Elektrolytmischung noch etwas niedriger
sein als bei höheren Schwefelsäureko:nzentrationen, ohne daß das anodisch gebildete
Chlor nachteilige Mengen an Verunreinigungen, wie Kohlendioxyd und Sauerstoff, enthält.
Durch den ansteigenden Verlauf der Linie F-G ist dem Umstand Rechnung getragen worden,
daß man bei höheren Schwefelsäuregehalten den Salzsäuregehalt in .dem aus der Zelle
ablaufenden Elektrolyt um etwa 2% höher einhält. Ein um einige Prozent höherer Salzsäuregehalt
im Ablauf ist dann zweckmäßig, wenn man die Stromdichte bei den vorzugsweise in
Frage kommenden, zwischen etwa 8o und etwa ioo° liegenden Elektrolysetemperaturen
von üblicherweise 8oo Amp/m2 auf iooo Amp/m2 oder weiterhin bis auf etwa i2oo Ampfm2
steigert.
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Während des Stromdurchganges durch die Zelle entsteht, bedingt durch
die bekannten überfdihrungsers.cheinungen, bei Verwendung von Salzsäure als Elektrolyt
ein Konzentrationsunterschied zwischen der Salzsäure im Anoden- und Kathodenraum.
Die Konzentration im Anolyt nimmt stärker ab als im Katholyt, was einen erhöhten
Spannungsaufwand bedeutet. Weil diese Verarmung in dem schwefelsäurehaltigen Gemisch
ungünstige Folgen für die Haltbarkeit der Anoden hat; ist es zweckmäßig, die Konzentration
der Salzsäure im Anodenraum möglichst hoch zu halten. Andererseits wirkt sich eine
höhere Schwefelsäurekonzentration im Kathodenrahm günstig auf :die anzulegende Spannung
aus. In Anbetracht .dieser Umstände führt man das beispielsweise mit Chlorwasserstoffgas
frisch aufgesättigte, einen hohen Salzsäuregehalt aufweisende Säuregemisch vorzugsweise
dem Anodenraum und den Anolyt, dessen Schwefelsäuregehalt während der Elektrolyse
ansteigt, anschließend dem Kathodenraum zu.
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Während der Elektrolyse nimmt die Schwefelsäurekonzentration des Elektrolyts
zu, weil sich der Gehalt an Salzsäure verringert und gleichzeitig bei den hohen
Elektrolysetemperaturen erhebliche Wassermengen verdampfen. Zweckmäßig wird der
Elektrolyt nach dem Durchlaufen :der Zelle wieder mit Chlorwasserstoff gesättigt
und der Elektrolysenzelle, also im Kreislauf, wieder zugeführt. Deim aufgesättigten
Elektrolyt setzt man frisches Wasser zu oder zweckmäßiger das wasserhaltige Kondensat,
das beim Abkühlen der aus dem Elektrolyt verdampften und versprühten Anteile an
Salz- und Schwefelsäure- erhalten wurde.
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Wenn man :den Schwefelsäureanteil im Elektrolyt innerhalb der erfindungsgemäß
ermittelten Grenzen
hält und die Salzsäurekonzentration im Ablauf
in der angegebenen Weise nach der Schwefelsäurekonzentration und der Stromdichte
wählt, wird die Reinheit des Anodengases praktisch nicht beeinflußt. Infolgedessen
wird auch die Verwendungsdauer der Graphitanoden durch den Schwefelsäurezusatz nicht
verkürzt.
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Beim Verfahren gemäß Erfindung kann man entweder die in der Elektrolytmischung
vorhandene Salzsäure bei einem Durchgang durch die Zelle im Vergleich zur Verwendung
eines nur aus Salzsäure bestehenden Elektrolyts bis zu niedrigsten Konzentrationen
zersetzen, ohne däß der Spannungs- und Energieverbrauch ansteigt, oder man kann
einen Spanungsgewinn erzielen, wenn man die Zelle statt mit reiner, erfindungsgemäß
mit schwefelsäurehaltiger Salzsäure speist und den Salzsäuregehalt in beiden Fällen
bis zum gleichen Wert sinken läßt. Die erörterten Vorteile des erfindungsgemäßen
Verfahrens sind im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß die Leitfähigkeitskurven
der Schwefelsäure-Salzsäure-Gemische auch bei niedrigeren Salzsäurekonzentrationen
einen günstigeren Verlauf als diejenigen von Salzsäure allein zeigen. Durch den
Zusatz von. nicht zu großen Schwefelsäuremengen zur Salzsäure wird deren Löslichkeit
und gegebenenfalls die Lösungsgeschwindigkeit des Chlorwasserstoffs in dem aufzusättigenden,
aus der Zelle kommenden Ablaufsäuregemisch nicht erheblich beeinträchtigt.
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Durch die gekennzeichneten Maßnahmen wird bei der Salzsäureelektrolyse
ein technischer Fortschritt erzielt, der nicht ohne weiteres vorauszusehen war.
Einmal war nicht zu erwarten, daß der Zusatz von Schwefelsäure bei den in Frage
kommenden Elektrolvsebedingungen möglich war, weil die bisherigentrfahrungen überdieWirkung
von Schwefelsäure bzw. von Sulfat bei der Zerstörung der Graphitanoden diesen Zusatz
als ungeeignet erscheinen ließen. Ferner war nicht vorauszusehen, daß verhältnismäßig
geringe Schwefelsäureanteile im Elektro-Iyt, die an sich gesehen keine ausreichende
Leitfähigkeit besitzen, zu einer Erweiterung des bisher als zweckmäßig erachteten
ausnutzbaren Konzentrationsbereiches für die Salzsäure oder zu einer Verminderung
des Energieaufwandes im gleichen Konzentrationsbereich führen würde. Beispiele i.
Eine io1/oige Schwefelsäure wird mit Chlorwasserstoff gesättigt und enthält dann
bei einer Temperatur von 88° 8,61/o Schwefelsäure und27,61/o Salzsäure. Dieses Säuregemisch
wird mit einer Stromspannung von 2,35 Volt so lange der Elektro-Ivse mit einer anodischen
und kathodischen Stromdichte von je 81o Amp/m2 unterworfen, bis im Elektrolvt noch
81/o Salzsäure vorhanden sind. In Salzsäure ohne Zusatz von Schwefelsäure muß die
Ablaufkonzentration auf etwa 16% gehalten werden, damit die Spannung bei der gleichen
Stromdichte nicht über 2,35 Volt steigt. Das Anodengas enthält in beiden Fällen
o;3 bis o,q@/o Kohlendioxyd und höchstens o,i1/o Sauerstoff. 2. Eine auf etwa go°
erwärmte io1/oige Schwefelsäure wird mit Chlorwasserstoff gesättigt, so daß das
Gemisch dann 27,6% Salzsäure und 8,61/a Schwefelsäure enthält. Das Säuregemisch
wird mit einer anodischen und kathodischen Stromdichte von je iooo Amp/m2 elektrolytisch
zersetzt, bis der aus der Zelle ablaufende Elektrolyt noch 151/o Salzsäure enthält.
Sind für die Erzeugung einer bestimmten Chlormenge 330 kWh aufzuwenden, so
benötigt man 3,6o kWh, um die gleiche Chlormenge aus Salzsäure unter gleichen Bedingungen,
jedoch ohne Schwefelsäurezusatz, zuerzeugen. DerKohlensäure-und Sauerstoffgehalt
im Anodengas ist in beiden Fällen gleich.
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3. Eine 6°/oige Schwefelsäure wird mit Chlorwasserstoff gesättigt
und dann elektrolysiert. Wenn man die Ablaufkonzentration an Salzsäure auf 16 %
hält, kann man mit 36o kWh bei einer Stromdichte von i i 5o Amp/m2 die gleiche Chlormenge
aus der schwefelsäurehaltigen Mischung erzeugen, die man bei gleicher Ablaufkonzentration
und gleichem Energieaufwand aus schwefelsäurefreier Salzsäure nur mit einer Stromdichte
von ioooAmp/m2 erzielen kann. Der Schwefelsäurezusatz zur Salzsäure ermöglicht also
eine höhere Strombelastung der Elektrolysezelle.
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.. Eine io%ige Schwefelsäure, die mit Chlorwasserstoff gesättigt worden
ist, wird dem Anodenraum einer Elektrolysezelle zugeführt, um hier eine hohe Chlorionenkonzentration
zu erzielen. Nachdem im Anolyt der Chlorwasserstoffgehalt durch die elektrolytische
Salzsäurezersetzung von 27 auf 161/o heruntergegangen ist, leitet man das Säuregemisch
aus dem Anodenraum in den Kathodenraum der Zelle, wo aus dem an Salzsäure verarmten
Gemisch an der Kathode Wasserstoff entwickelt wird. Während in ruhender, schwefelsäurefreierSalzsäure
sich durch Elektrolyse die Konzentrationen im Anolyt um 1,2, bis 2% niedriger einstellen
als im Katholyt, wird durch die angegebene Arbeitsweise mit der schwefelsäurehaltigen
Salzsäure gleichzeitig neben der Verbesserung der ChlorionenkonzentratiGn im Anodenraum
die höhere Schwefelsäurekonzentration im Kathodenraum zurErzielung eines geringen
Spannungsaufwandes nutzbar gemacht.