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Verfahren zur Darstellung des natürlichen Oestriols aus Oestron Im
Harn wie in den weiblichen Keimdrüsen und in Placenten finden sich nebeneinander
Oestron, Oestradiol und Oestriol, die sämtlich oestrogen wirksam sind. Das Oestriol
besitzt neben einer guten Wirksamkeit bei parenteraler Applikation auch eine gute
perorale Wirkung, was ihm neben dem allgemein therapeutisch benutzten Oestradiol
seinen besonderen Wert verleiht.
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In bezug auf Stellung der Substituenten im Ring D
des Cvclopentanopolvhydrophenanthrenringsvstems
sind vier isomere Oestriole möglich. Eines von ihnen konnte 31.N.Huffman, journal
of the American Chemical Societv, Bd. 64 (1942), S. 2235, gewinnen, indem
er Oestron mit Isoam.vlnitrit in das 16-Isonitroso-oestron umwandelte, dieses zum
:16-Oxvoestron reduzierte und dann die Ketogruppe in 17-Stellung ebenfalls in die
Hydroxylgruppe überführte. Das von ihm dargestellte Oestriol zeigt einen Schmelzpunkt
von 267 bis :269', eine spezifische Drehung von + 88'
in Äthanol und
ist daher mit dem aus Naturstoffen gewinnbaren Oestriol nicht identisch. Denn das
natürliche Oestriol schmilzt bei :z8o' und weist eine spezifische Drehung von
+ 66' in Äthanol auf.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß die Anwendung der von
Huffman benutzten Reaktionsfolge auf ein Derivat der phenolischen Hydroxyl gruppe
des Oestrons, das wieder in das freie Phenol zurückverwandelt werden kann, zu dem
natürlichen Oestriol führt, das auf diese Weise erstmalig synthetisch gewonnen werden
konnte.
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Geht man beispielsweise vom Oestron-methyläther aus, so erhält man
durch Einwirkung von Isoamvl nitrit den 16-Isonitroso-oestron-metl).yläther nach
den Angaben von Litvan und Robinson, journal of the Chemical Society (London)
1938, S. 1997. Durch Reduktion
in saurer Lösung, beispielsweise
mittels Zinkstaub in Essigsäure, erhält man aus ihm den 16-Oxy" oestronmethyläther,
der nun durch Reduktion in alkalischer Lösung, beispielsweise mittels Natrium in
Isopropanol, in den Oestriol-methyläther übergeht. Spaltet man nun die Äthergruppe
auf, so erhält man ein Oestriol, das in seinen chemischen, physikalischen und physiologischen
Eigenschaften mit dem aus Naturprodukten gewonnenen identisch ist. Die Umsetzungen
lassen sich durch folgendes Schema darstellen: - -
R bedeutet einen in eine Hydroxylgruppe überführbaren Substituenten, insbesondere
einen Ätherrest, wie einen Methyl-, Benzylätherrest u. dgl.
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Beispiel 1,5 g Kalium werden in ioo ccm. tertiärem Butanol
gelöst, 4,98 g Oestronmethyläther zugefügt und die Mischung i bis il/, Stunden
rückfließend gekocht. Nach dem Abkühlen auf etwa 30' wird unter kräftigem
Umrühren frisch destüLlertes IsoamyInitrit tropfenweise zugefügt. Die Lösung färbt
sich sofort rot, sie wird i Stunde bei 30', 2 bis 3 Stunden bei
50' und weitere 12 bis 15 Stunden wieder bei 30' gerührt. Alle diese
Maßnahmen werden unter Stickstoff durchgeführt. Nach Hinzufügen von Eis und Wasser
wird die klare Reaktionslösung sorgfältig mit Äther extrahiert, die wäßrigen Lösungen
werden abgetrennt und mit Essigsäure angesäuert. Die Abscheidung des gelben 16-Isonitroso-oe,stronmethyläthers
wird nach etwa 2 Stunden beendet. Aus den ätherischen Lösungen konnte durch mehrfache
Extraktion mit o,i n-Natronlauge und Ansäuern mit Essigsäure noch eine weitere Menge
Isonitroseketon gewonnen werden. Nach dem Abfiltrieren und Auswaschen mit viel Wasser
fällt das Rohprodukt in einer Ausbeute von 4,45 g an; es wird aus verdünntem
Alkohol in schwachgelb gefärbten Blättchen vom F.-ig8' erhalten. Die Kristalle enthalten
i Mol Kristallwasser.
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4,45 9 16-Isonitro-oestronmethyläther werden in 146 ccm Eisessig
und 9 ccm Wasser suspendiert, bei einer Temperatur der Lösung von 4o bis
45' mit 12,5 g
Zinkstaub in kleinen Portionen versetzt und nach Zugabe von
63 ccm Wasser i Stunde unter Rückfluß gekocht. Nach dem Erkalten wird vom
Zinkstaub abfiltriert und dem Filtrat eine Lösung von i5o g
Kaliumcarbonat
zugefügt, um go ccm des verbleibenden Eisessigs zu neutralisieren. Die noch saure
Lösung wird fünfmal mit Chloroform extrahiert, und die vereinigten Chloroformextrakte
werden mit 5o ccm. Schwefelsäure geschüttelt. Nach Extraktion mit verdünnter Kalilauge
wird sorgfältig mit Wasser gewaschen und die Chloroformlösung im Vakuum eingedampft,
es hinterbleiben 2,54 9 i6-Oxyoestron-methvläther, der aus verdünntem Aceton,
verdünntem Aiethanol-Wasser oder aus Essigester in farblosen Nadeln vom F.
= 169 bis 169,5' kristallisiert. Sein Acetat bildet nach Umkristallisieren
aus Alkohol farblose feine Nadeln vom F. = 149', sein Oxim schmilzt bei 211
bis 213' und enthält 1/2 Mol Kristallwasser.
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O#390 9 16-Oxyoestron-methvläther werden in 2o bis
25 ccm wasserfreiem Isopropanol in der Hitze gelöst und unter Rückfluß etwa
4 g Natrium zugefügt. Nach Beendigung der Reaktion wird in Wasser gegossen,
die trübe Lösung mit Schwefelsäure angesäuert und die entstehende FäHung abfiltriert.
Nach einmaligem Umkristallisieren aus Methanol wird ein Rohprodukt vom F.
= 14o bis 144' in etwa 5o"/,iger Ausbeute erhalten. Durch mehrfaches Umkristallisieren
aus Alkohol und wäßrigem Pyridin wird der reine, in weißen Blättchen kristallisierende
Oestriolmethyläther vom F. = 166 bis 168' erhalten. Nach Reinigung über das
Diacetat ließ sich der F. auf 167 bis 169' erhöhen. Der Stoff enthält 1/2 Mol Kristallwasser.
Sein Diacetat
kristallisiert aus Alkohol in farblosen Blättchen
vom F. = 143,51is 144,5'.
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ioo m Oestriolmethyläther werden in 4 ccm Eisessig heiß gelöst und
mit 2 ccm Bromwasserstoffsäure versetzt. Nach einstündigem Kochen am Steigrohrwird
in wenig Wasser gegossen, ausgeäthert, die ätherische Lösung mit Wasser gewaschen
und mit i n-Natronlauge mehrfach ausgezogen. Beim Ansäuern der vereinigten alkalischen
Extrakte mit konzentrierter Salzsäure fällt das Oestriol in feinen Flocken aus.
Umkristallisieren aus Alkohol und Methanol führf zu weißen Blättchen vom F. =r 271
bis 274'. Ausbeute 55 0/". Sein Triacetat schmilzt bei :121 bis 124', nach
Sublimation im Hochvakuum bei 127,5'.