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Verfahren zur Herstellung von ungesättigten Nitrilen Gemäß Patent
857 374. werden ungesättigte Nitrile, wie Allylcyanid oder Butendinitril, dadurch
erhalten, daß man auf ß, y-ungesättigte Alkohole, wie Allylalkohol oder i, 4-Butendiol,
Blausäure in Gegenwart von Cuprohalogeniden einwirken läßt. Auf Grund neuerer Erkenntnisse
ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß die Reaktion in der Art verläuft,
daß der ungesättigte Alkohol unter dem Einfluß des Cuprohalogenids zunächst in die
ungesättigte Halogenverbindung übergeführt wird, während gleichzeitig unter dem
Einfluß der Blausäure das Cuprocyanid entsteht. Dieses reagiert dann mit dem ungesättigten
Halogenid unter Bildung des ungesättigten Nitrils und Rückbildung des Cuprohalogenids.
Hierdurch erklärt es sich, daß mit Hilfe einer katalytisch kleinen Menge Cuprohalogenid
praktisch unbeschränkt große Mengen von ungesättigten Alkoholen durch Umsetzen mit
Blausäure in ungesättigte Nitrile übergeführt werden können. Die Arbeitsweise gemäß
Hauptpatent eignet sich insbesondere für eine großtechnische Arbeitsweise, da man
nicht auf das kostspielige Kupfercyanür angewiesen ist.
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In weiterer Bearbeitung des dem Verfahren des Hauptpatents zugrunde
liegenden Erfindungsgedankens wurde nun gefunden, daß man ungesättigte Nitrile derselben
Art ebenfalls unter Vermeidung des kostspieligen Kupfercyanürs nach einem katalytischen
Verfahren und damit in einer für die Großtechnik brauchbaren Weise herstellen kann,
wenn man nicht von den ungesättigten Alkoholen, sondern von den gemäß dem Verfahren
des Hauptpatents vermutlich intermediär entstehenden ungesättigten Halogeniden ausgeht.
Voraussetzung für ein Gelingen dieser Arbeitsweise ist, daß man unter Vermeidung
einer
alkalischen Reaktion arbeitet und dafür Sorge trägt; daß die gebildete Halogenwasserstoffsäure
in i Maße ihrer Entstehung aus der Reaktionsmischung entfernt wird, gegebenenfalls
durch chemische Bindung. Man ist selbstverständlich. in der Auswahl. der Cuprosalze
in diesem Fall nicht auf Kupferhalogeriüre beschränkt. Die Blausäure kann in freier
Form, vorteilhaft unter Überdruck, oder in Form von wohlfeilen und leicht zugänglichen
Cyaniden, wie Alkali- oder Erdalkalicyaniden, eingesetzt werden. In diesem Fall
wird durch das eingebrachte Alkali bzw. Erdalkali gleichzeitig die Forderung erfüllt,
daß die gebildete Halogenwasserstoffsäure im Maße ihrer Entstehung gebunden werden
soll. Arbeitet man mit freier Blausäure, so daß die Salzsäure nicht chemisch gebunden
wird, so kann die Entfernung derselben beispielsweise mit Hilfe eines Diaphragmas
durch Diffusion oder durch Dialyse erfolgen. Unbeschadet der Forderung, daß die
entstehende Halogenwasserstoffsäüre im Maße ihrer Bildung aus der Reaktionsmischung
entfernt werden soll, empfiehlt es sich, zunächst eine gewisse Menge Halogenwasserstoffsäure
zuzusetzen, um der Forderung zu genügen, daß eine alkalische Reaktion vermieden
werden muß. Außerdem zeigte es sich, daß die Wirksamkeit des Kupferkatalysators
am besten ist, wenn ein Gleichgewicht zwischen Kupfercyanür und Halogenwasserstoffsäure,
vorzugsweise Salzsäure, , einerseits und Kupferhalogenür, vorzugsweise Kupferchlorür,
und Blausäure andererseits vorliegt. In der Praxis wird man in der Regel in wäßrigem
Medium arbeiten. Aber auch die Durchführung der Reaktion in flüssigen bzw. gasförmigen
Phasen an festen Kupferkatalysatoren ist möglich. Das gebildete Nitril scheidet
sich in verhältnismäßig reiner Form als ölige Schicht ab, während das Kupfersalz
in der wäßrigen Schicht verbleibt. Arbeitet man mit Alkali- oder Erdalkalicyaniden,
so wird das Kupferhalogenür in der wäßrigen Phase in Form eines Komplexsalzes gelöst.
Die gebildeten Nitrile können beispielsweise durch Wasserdampfdestillation -oder
durch Extraktion mit organischen Lösungsmitteln abgetrennt werden. Die Ausbeuten
sind sehr gut. Das Verfahren kann kontinuierlich durchgeführt werden.
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Die beschriebene Arbeitsweise stellt gegenüber dem Verfahren des Hauptpatents
eine wertvolle Ergänzung dar, da sie die Herstellung dieser als Ausgangsmaterialien
wichtigen, ungesättigten Nitrile von der Grundlage der ungesättigten Alkohole freimacht
und in den ungesättigten Halogeniden auf der Grundlage Butadien neue leicht zugängliche
Ausgangsstoffe für eine technische Darstellung dieser Produkte schafft.
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Es ist hervorzuheben, daß ungesättigte Nitrile, ausgehend von den
entsprechenden Halogenverbindungen, weder durch alleinige Umsetzung mit Alkalicyanid
noch durch alleinige -Umsetzung mit Kupfercyanür in technisch brauchbarer Weise
hergestellt werden können. Das Arbeiten mit Alkalicyaniden führt nämlich leicht
zu Verharzungen, während bei alleiniger Verwendung von Kupfercyanür schwer aufzuarbeitende
Komplexverbindungen zwischen dem ungesättigten Nitrit und dem entstehenden Kupferhalogenür
gebildet werden. Diese Komplexverbindungen erstarren zum Teil schon während der
Reaktion zu harten Massen, die Kupferhalogenür einschließen und der Reaktion entziehen.
Die gebildeten Nitrile können zum Teil nur durch Vakuumdestillation aus der teilweise
geschmolzenen Komplexverbindung abgetrennt werden. Außerdem benötigt diese Arbeitsweise
große Mengen an dem wesentlich kostspieligeren Kupfercyanür. Diese Verfahren sind
beschrieben in B1. Soc. chim. Belg., Bd. 31, S. 175, (1922) und Bd. 39, S. 465,
(=930). Beispiel i Zu einer Aufschlämmung von 6o Gewichtsteilen Kupfercyanür in
ioo Raumteilen Wasser und 1o Raumteilen konzentrierter Salzsäure wird unter Rühren
anfänglich bei 50° langsam Allylchlorid getropft. Sobald die Reaktion einsetzt,
was man am Nachlassen des Rückflusses feststellt, wird eine wäßrige Kaliumcyanidlösung
zugetropft und gleichzeitig die Temperatur allmählich bis auf 70° gesteigert. Insgesamt
werden 25o Gewichtsteile Allylchlorid und die Lösung von 18o Gewichtsteilen Kaliumcyanid
in Zoo Raumteilen Wasser im Verlauf von 4 Stunden derart zugetropft, daß stets ein
Überschuß von Allylchlorid im Reaktionskessel vorherrscht. Nach Beendigung der Reaktion
schwimmt das Nitril als Ölschicht auf der fast vollkommen klaren Salzlösung. Durch
Wasserdampfdestillation und anschließende Destillation gewinnt man das Allylcyanid
in einer Ausbeute von 75 bis 8o °/o.
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Statt Kupfercyanür .kann man auch irgendein Kupfer (I) -Salz verwenden,
wobei dieses zunächst durch Zugabe der Kaliumcyanidlösung in das Cyanür umgewandelt
wird. Beispiel e In derselben Weise wie im Beispiel i werden 3o Gewichtsteile Kupfercyanür
in 5o Gewichtsteilen Wasser und 5 ccm konzentrierter Salzsäure aufgeschlämmt. Unter
Rühren werden bei einer Temperatur von 8o° 116 Gewichtsteile i, 4-Dichlorbuten-2
und eine Lösung von 1o5 Gewichtsteilen Kaliumcyanid in 15o Raumteilen Wasser derart
zugetropft, daß das Dichlörbuten stets im Überschuß vorhanden ist. Nach Beendigung
des Zutropfens wird i bis 2 Stunden, nacherwärmt und das als 01 über der
Kupferkomplexsalzlösung schwimmende Nitril durch Extraktion mit Toluol bei 70° gewonnen.
Die Ausbeute an Buten-2-dinitril, das bei der Destillation fast vollkommen erstarrt,
beträgt etwa 8o °/o der Theorie.