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Verfahren zur Gewinnung von reinen Nitrilen aus ketonhaltigen Gemischen
Die aus den Produkten der thermischen Umsetzung, z. B. der Verschwelung, Verkokung
oder spaltenden Druckhydrierung von Kohle, Torf oder Holz, in bekannter Weise durch
Extrahieren mit Wasser gewonnenen ketonhaltigen Gemische, im folgenden kurz Ketonöle
genannt, enthalten neben Ketonen, Alkoholen, Estern, Säuren und organischen Schwefelverbindungen
oft in erheblichen Mengen Nitrile, insbesondere Acetonitril.. Die Abtrennung dieser
Nitrile in reiner Form war bisher sehr schwierig, da sie mit den übrigen Bestandteilen
des Ketonöls durch Destillation nur unvollkommen trennbare azeotrope Gemische bilden.
Es wurde nun gefunden, daB man die Nitrile aus Ketonölen oder daraus hergestellten,
an Nitrilen angereicherten Destillaten in reiner Form gewinnen kann, indem man sie
nach Verdünnen der Gemische mit leichtsiedenden aliphatischen oder cycloparaffinischen
Kohlenwasserstoffen, Halogenkohlenwasserstoffen oder Gemischen dieser Stoffe in
ihre Zinkchloridanlagerungsprodukte überführt, diese abtrennt und durch Erhitzen
zerlegt.
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Es ist bekannt, daB Nitrile Anlagerungsprodukte mit verschiedenen
Metallhalogeniden bilden. Es ist bisher jedoch noch nicht gelungen, diese Anlagerungsprodukte
zur Abtrennung von Nitrilen aus den sogenannten
Ketonölen zu verwenden,
da die Anlagerungsprodukte in diesen Gemischen unter dem Einfluß der daneben vorhandenen
Stoffe sich überhaupt nicht in abtrennbarer Form bilden oder so verunreinigt entstehen,
daß sie zur Reindarstellung der Nitrite nicht zu gebrauchen sind.
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Diese Schwierigkeiten werden nun nach der Erfindung dadurch vermieden,
daß die Anlagerung von Zinkchlorid an die Nitrite und die Abtrennung der Anlagerungsprodukte
aus dem Gemisch nach Verdünnen mit leichtsiedenden aliphatischen oder cycloparaffinischen
Kohlenwasserstoffen oder Halogenkohlenwasserstoffen vorgenommen wird. Die Anlagerungsverbindung
kann, so durch Filtrieren oder Zentrifugieren leicht abgetrennt werden. Sie ist
nach der Abscheidung aus dem Ketonöl fast frei von Verunreinigungen und kann durch
Erhitzen in das reine Nitrit und das wiederzuverwendende Zinkchlorid zerlegt werden.
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Als niedrigsiedende aliphatische Kohlenwasserstoffe kommen vor allem
Pentan, Hexan und Heptan, als cyeloparaffinische vorzugsweise Cyclohexan, als Halogenkohlenwasserstoffe
Butylchlorid oder Tetrachlorkohlenstoff in Frage. Auch Gemische dieser Stoffe können
verwendet werden. Wasser, das sich bei Zugabe des Verdünnungsmittels aus dem Gemisch
abscheidet, wird zweckmäßig vor Zugabe des Zinkchlorids entfernt.
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Geeignete Ausgangsgemische, die schon den nötigen Gehalt an Kohlenwasserstoffen
oder Halogenkohlenwasserstoffen besitzen, sind z. B. die an Acetonitril angereicherten
Vorlaufdestillate, die bei der Abtrennung von reinem Methyläthylketon aus Ketonölen
durch azeotrope Destillation unter Verwendung von Kohlenwasserstoffen oder Halogenkohlenwasserstoffen
als Hilfsflüssigkeiten erhalten werden.
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Das Zinkchlorid wird z. B. einem Ketonöl, das mit der 2- bis 5fachen,
vorteilhaft der 3- bis 4fachen Volumenmenge eines oder mehrerer der genannten Lösungsmittel
verdünnt ist, in zweckmäßig wasserfreier, gepulverter Form in Mengen von etwa Zoo
bis 250 Gewichtsprozent, bezogen auf abzutrennendes Nitrit, bei gewöhnlicher,
erhöhter oder erniedrigter Temperatur zugesetzt. Nach mehrstündigem lebhaftem Rühren
wird die entstandene Anlagerungsverbindung durch Filtrieren oder Zentrifugieren
abgetrennt.
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Die Zersetzung der Zinkchloridverbindung geschieht durch Erhitzen
in Abwesenheit oder Anwesenheit von Wasser. Im ersten Fall wird die von anhaftender
Flüssigkeit befreite Anlagerungsverbindung getrocknet und, vorteilhaft unter erniedrigtem
Druck und gegebenenfalls- unter Einleiten von Gasen, auf Temperaturen von etwa i2o
bis 25o° erhitzt. Man erhält dabei wasserfreie Nitrite und Zinkchlorid, das erneut
zur Bildung von Anlagerungsprodukten verwendet werden kann.
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Der andere Weg zur Zersetzung der Anlagerungsverbindungen besteht
darin, daß man diese in Gegenwart von Wasser auf Temperaturen von etwa ioo bis i2o°
erhitzt. Dieser Weg hat den Vorteil, daß das Zinkchlorid leicht als wäßrige Lösung
abgetrennt werden kann. Die Wassermenge wird zu diesem Zweck so bemessen, daß das
Zinkchlorid nach Abdestillieren des Nitrits noch in flüssiger Form vorliegt.
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Das Nitrit wird in bekannter Weise durch Trockenmittel, z. B. Ätznatron
oder Calciumchlorid, entwässert. Man kann die Entwässerung auch durch eine azeotrope
Destillation unter Zusatz einer Hilfsflüssigkeit vornehmen. Als solche dient dabei
mit Vorteil das gleiche Lösungsmittel, das bei der Ausfällung der Zinkchloridanlagerungsverbindung
benutzt wurde. Von dem bei der azeotropen Destillation erhaltenen, aus zwei Schichten
bestehenden ersten Vorlaufdestillat wird nur die wäßrige Schicht entnommen, während
die ölige Schicht bis zum Verschwinden der Schichtbildung im Destillat vollständig
in die Trennsäule zurückgeführt wird. Das unter Temperaturanstieg und Rückführung
der Hauptmenge an Destillat übergehende zweite Vorlaufdestillat enthält neben Nitrit
die gesamte Menge Hilfsflüssigkeit und nur noch sehr wenig Wasser. Unter weiterem
Temperaturanstieg destilliert schließlich reines Nitrit über.
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Soll das Nitrit noch von den oft darin enthaltenen kleinen Mengen
von Ketonen befreit werden, so kann man es im gleichen oder einem getrennten Verfahren
nochmals der Behandlung mit Zinkchlorid unterwerfen. Auch durch Überführen der Ketone
mit Hydroxylaminhydrochlorid in die Oxime kann man das Nitrit vom Keton befreien.
Beispiel i 3020 g eines aus 345 g Methyläthylketon, 113 g Acetonitril, io
g Wasser und 2552 g Tetrachlorkohlenstoff bestehenden Gemisches, das als Vorlaufdestillat
bei der azeotropen Destillation einer von 7o bis 74° siedenden Ketonölfraktion mit
Tetrachlorkohlenstoff erhalten wurde, werden mit 230 g wasserfreiem, gepulvertem
Zinkchlorid (etwa i2o % der Theorie) versetzt und bei Raumtemperatur mehrere Stunden
lebhaft gerührt. Das Zinkchlorid geht ohne sich zu lösen unter 'Huflockerung in
die farblose kristalline Acetonitrilanlagerungsverbindung über. Nach Absaugen und
Trocknen erhält man 305 g einer Masse mit einem Gehalt von 99 g Acetonitril,
entsprechend 87,5 Gewichtsprozent des im Ausgangsgemisch enthaltenen Nitrits.
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Die Zersetzung der Anlagerüngsverbindung bei i5o bis 2oo° unter einem
Druck von ioo mm Hg liefert 87 g eines Destillats mit einem Gehalt von 84g Acetonitril,
entsprechend 74,3°/o der in der ursprünglichen Lösung enthaltenen Menge Nitrit.
Der Rest ist Methyläthylketon und etwas Wasser.
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Werden die 305 g Anlagerungsverbindung unter Zusatz von 115
g Wasser bei iio bis i2o° zersetzt, so erhält man i2o g Destillat mit einem Gehalt
von 94 g Acetonitril. Durch Trocknen mit 45 g Chlorcalcium und Redestillieren gewinnt
man ein g7,5o/oiges Acetonitril. Beispiel 2 2972 g eines Gemisches aus 36o g Methyläthylketon,
92 g Acetonitril und 252o g Hexan werden mit 185 g wasserfreiem, feinkörnigem
Chlorzink versetzt und bei Zimmertemperatur 4 Stunden stark gerührt. Nach Absaugen
und Trocknen erhält man 27o g Anlagerungsverbindung,
die 81 g Acetonitril
enthält (88 Gewichtsprozent der Theorie). Nach Zugabe von ioo g Wasser wird auf
12o° erhitzt. Dabei entstehen ioo g Destillat mit einem Gehalt von 77 g Acetonitril.
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Beispiel 3 Aus einem Acetonitril enthaltenden Ketonöl werden in Gegenwart
der 8fachen Gewichtsmenge (auf Keton bezogen) sekundärem Butylchlorid
3330 g Chlorzinkacetonitrilanlagerungsverbindung ausgefällt. Durch thermische
Zersetzung erhält man hieraus 128o g Acetonitril mit einem Gehalt an 15,5 Gewichtsprozent
Wasser und 2,5 Gewichtsprozent Methyläthylketon.
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Das unreine Acetonitril wird zusammen mit 28o g sekundärem Butylchlorid
in einer Trennsäule unter Rückfluß in der Weise destilliert, daß von den beiden
entstehenden Schichten jeweils die obere (butylchloridhaltige) zurückgeführt, während
die untere (wäßrige) Schicht laufend abgenommen wird. Nach Abdestillieren des Wassers,
das zusammen mit 5 g Keton und 52g Nitril übergeht, steigt die Temperatur in der
Trennsäule. Das ölige Destillat enthält jetzt vor allem Butylchlorid neben Acetonitril
und wenig Methyläthylketon. Man erhält insgesamt 278 g Butylchlorid, 139 g Acetonitril
und 18 g Methyläthylketon. In der Destillationsblase verbleiben 865 g Rückstand,
der aus 858 g wasserfreiem Acetonitril und 7 g Methyläthylketon besteht. Die Ausbeute
an Acetonitril beträgt 81,6 Gewichtsprozent, bezogen auf das ursprünglich vorhandene
Nitril.
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Das zweite ölige Destillat kann zur Entwässerung von weiterem wasserhaltigem
Acetonitril verwendet werden. Beispiel 4 i2oo g eines durch Dehydrierung weitgehend
von Alkoholen befreiten Ketonöls vom Siedebereich iio bis 12o° mit 612 g C,- KetOn,
468 g C4 Nitril, 25 g C"-Alkohol und 95 g sonstigen Bestandteilen werden
in eine lebhaft gerührte Aufschlämmung von 16oo g wasserfreiem Chlorzink in 51 Tetrachlorkohlenstoff
im Verlauf von i Stunde eingetragen; dann wird noch 3 Stunden weitergerührt. Beim
Stehen trennt sich das Gemisch in zwei Schichten.
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Die dickflüssige obere Schicht (282o g) besteht aus 426g C4 Nitril
(15,1°/, mit gil)/o des eingesetzten C4 Nitrils), 173 g C6- Keton (6,2 °/a mit 28
°/o des eingesetzten C,- Ketons), 8 g C" Alkohol, 613 g Tetrachlorkohlenstoff und
16oo g Chlorzink.
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In der unteren Tetrachlorkohlenstoffschicht befinden sich noch 33
g C4-Nitril, entsprechend 7 °/o des eingesetzten C4 Nitrils.
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Durch Erhitzen der Chlorzinkschicht bei 4 mm Druck wurden 1193 g Destillat,
bestehend aus 603 g Tetrachlorkohlenstoff, 170 g C,- Keton und 420 g C4 Nitril,
e rhalten.
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Dieses Destillat wurde nach Zugabe von 4 1 Tetrachlorkohlenstoff einer
erneuten Behandlung mit 165o g wasserfreiem Chlorzink unter Rühren unterworfen.
Es wurden erhalten 2523 g dickflüssige Oberschicht, bestehend aus 377 g C4 Nitril,
61 g C,- Keton, 435 g Tetrachlorkohlenstoff und 1650 g Chlorzink.
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In der Unterschicht verbleiben 43 g C4 Nitril. Durch längeres Absaugen
bei Raumtemperatur verliert die Chlorzinkverbindung praktisch nur Tetrachlorkohlenstoff;
bei langsamem Erwärmen auf 65° geht schließlich der gesamte Tetrachlorkohlenstoff
neben 48 % des C,- Ketons und 16 % des C4 Nitrils über. Das Destillat (518 g) geht
wieder zur Chlorzinkfällung zurück.
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Das über 65° bis etwa 16o° (Temperatur der Flüssigkeit) übergehende
Hauptdestillat (341 g) enthält 310 g C4 Nitril und 31 g C,- Keton.
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Die Ausbeute an C4 Nitril beträgt somit 66,2°/o, bezogen auf das gesamte
ursprünglich vorhandene C4 ITitril.
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Das Hauptdestillat kann auch in einer gut wirkenden Trennsäule durch
Destillation getrennt werden. Der bis etwa 114° übergehende Vorlauf (go g) enthält
fast das gesamte C,- Keton neben 62 g C4 Nitril. Der Rückstand (251 g) besteht aus
g8,8°/oigem C4 Nitril, die Ausbeute, bezogen auf das dem Verfahren unterworfene
C4 Nitril, beträgt 58,3 %.