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Verfahren zur Herstellung von wasserlöslichen polycyclischen Carbonsäuren
aus fossilen oder rezenten Pflanzenstoffen oder deren Verkohlungsprodukten Es ist
bekannt, daß man aus natürlich vorkommenden festen Brennstoffen durch Behandlung
mit geeigneten Oxydationsmitteln organische Sauerstoffverbindungen in wechselnden
Mengen gewinnen kann. Als Oxydationsmittel hat man u. a. bereits Halogene und Hypohalogenite
vorgeschlagen, doch liefern diese nur bei Substanzen von niederem Inkohlungsgrad,
wie z. B. Braunkohle, nennenswerte Ausbeuten an Oxydationsprodukten; vgl. hierzu
Tropsch u. Schellenberg, Gesammelte Abhandlungen zur Kenntnis der Kohle, Bd. 6 (192Z),
S. 235 ff ., insbesondere S. 243, Zeile 18 bis 32, und S. 244 unten.
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Es wurde nun gefunden, daB die Behandlung von fossilen oder rezenten
Pflanzenstoffen oder von deren Verarbeitungsprodukten mit Chlorgas in Gegenwart
von Wasser bei Stoffen hohen Inkohlungsgrades zu technisch günstigen Ausbeuten führt
und daB bei den an sich reaktionslebhafteren Stoffen niederen Inkohlungsgrades die
Ausbeute wesentlich verbessert wird, wenn man die Ausgangsstoffe vor ihrer weiteren
Behandlung
in an sich bekannter Weise einer Voroxydation mit Sauerstoff
oder sauerstoffhaltigen Gasen unterwirft. Die Temperatur bei dieser Voroxydation
richtet sich dabei nach der Natur des Ausgangsstoffes. Je reaktiver dieser ist,
desto niedriger muß die Temperatur gehalten werden. Für die meisten Fälle genügt
eine Temperatur zwischen 18o uhd 26o° bei einer Dauer von 24 Stunden. Ferner hat
sich überraschenderweise gezeigt, daß bei Anwendung dieser oxydativen Vorbehandlung
die eigentliche Oxydation mittels Chlorgas in Gegenwart von Wasser als wertvolle
Nebenprodukte auch chlorierte Sauerstoffverbindungen liefert, z. B. das in der Färbereichemie
als Oxydationsmittel sehr geschätzte Chloranil (Tetrachlor-p-chinon).
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Die praktische Durchführung des neuen Verfahrens erfolgt zweckmäßig
in der Weise, daß man die feingemahlenen Ausgangsstoffe in dünner Schicht, z. B.
in einer Drehtrommel, je nach der Reaktionsfähigkeit bei i8o bis 26o° und einer
Dauer von 24 Stunden mit Luft oder anderen oxydierenden Gasen behandelt. Das so
vorbehandelte Produkt wird in wäßriger Aufschwemmung unter Durchleiten von Chlorgas
am Rückflußkühler gekocht. Die Dauer richtet sich auch hier nach dem Material und
kann 12 Stunden bis zu mehreren Tagen betragen. Die entstandenen wasserlöslichen
polycyclischen Carbonsäuren werden in üblicher Weise von dem Ungelösten getrennt.
Durch Anwendung von Druck kann die Einwirkung des Chlors beschleunigt werden. Außer
den löslichen Säuren und dem ungelösten Rückstand bildet sich in wechselnder lfenge
Chloranil, das sich meist in dem kühleren Teil absetzt und direkt in reiner Form
gewonnen wird. Eine weitere Menge läßt sich durch Ausschütten des festen Rückstandes
mit Benzol gewinnen.
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Zweckmäßig wird das Oxydationsmittel im Kreislauf umgepumpt und das
in Lösung Gegangene ständig oder in gewissen Abständen aus dem Reaktionsgefäß entfernt.
Zugleich wird das Gelöste durch frisches voroxydiertes Produkt unter Zugabe von
Wasser ersetzt. Durch diese Maßnahme wird einerseits eine restlose Ausnutzung des
Oxydationsmittels gewährleistet, und andererseits werden die in Lösung gegangenen
Anteile der weiteren Einwirkung des Oxydationsmittels entzogen.
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Auch Stoffe niederen Inkohlungsgrades, z. B. Braunkohle, die an sich
durch alleinige Behandlung mit Chlor aufgeschlossen werden können, werden zweckmäßig
erst voroxydiert, wodurch die Ausbeute bei der eigentlichen Behandlung mit Chlor
gesteigert und die Bildung von Kohlendioxyd oder sonstigen niedrigmolekularen Stoffen
weitgehend eingeschränkt oder ganz vermieden wird.
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Die erhaltenen Produkte sind wasserlösliche polycyclische Carbonsäuren
bzw. Gemische solcher und bilden Rohstoffe zur Gewinnung von Benzolcarbonsäuren,
wie z. B. Benzoesäure, Phthalsäure usw., die man erhalten kann, indem man die Oxydationsprodukte
in an sich bekannter Weise der Alkalischmelze in An- oder Abwesenheit von Wasser
(mit oder ohne Druck) unterwirft. In Abwesenheit von Wasser, also unter schärferen
Reaktionsbedingungen, bildet sich überwiegend Benzoesäure, andernfalls erhält man
vornehmlich Benzolpolycarbonsäuren. Gleichzeitig fallen bei diesem Prozeß Phenole
an, die bekanntlich ein geschätztes Ausgangsmaterial zur Herstellung von Kunstharzen
u. dgl. bilden.
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Ausführungsbeispiele i. ioo Gewichtsteile gepulverte Fettkohle werden
in einer Drehtrommel unter Durchleiten von Luft io Stunden auf 25o° erhitzt. Nach
dieser Behandlung hat die Kohle 5 °/a an Gewicht zugenommen. Sie wird nun in wäßriger
Aufschwemmung unter Durchleiten von Chlorgas drei Tage am Rückflußkühler gekocht.
Anschließend werden die in Lösung gegangenen Anteile abgenutscht und eingedampft.
Es hinterbleiben 45 Teile wasserlösliche polycyclische Carbonsäuren.
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Der feste Rückstand wird mit Benzol ausgezogen. Er enthält zusammen
mit der aus der Lösung heraussublimierten und im Rückflußkühler abgesetzten Substanz
4,4 Teile Chloranil.
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Wiederholt man den Versuch unter gleichen Bedingungen mit derselben,
jedoch nicht voroxydierten Kohle, so erhält man nur 2 Teile wasserlösliche polycyclische
Carbonsäuren, und Chloranil bildet sich nur in Spuren.
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2. ioo Gewichtsteile gepulverte Fettkohle, wie nach Beispiel i vorbehandelt,
werden in wäßriger Aufschwemmung mit Chlorgas unter 4 at Druck am Rückflußkühler
gekocht. Innerhalb der halben Aufschlußzeit gegenüber Beispiel i fallen 75 Teile
wasserlösliche polycyclische Carbonsäuren an. Die Ausbeute an Chloranil steigt auf
6,5 Teile.
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3. ioo Gewichtsteile gepulverte Fettkohle, wie nach Beispiel i vorbehandelt,
werden in wäßriger Aufschwemmung mit Chlorgas unter 4 at Druck bei einer Temperatur
von i5o° aufgeschlossen. Das in Lösung Gegangene wird dauernd durch eine besondere
Vorrichtung entfernt, das Ungelöste bleibt zum weiteren Aufschluß in der Druckapparatur.
Nach Maßgabe des Aufschlusses wird frische voroxydierte Kohle mit der nötigen Wassermenge
zugesetzt. Man erhält auf diese Weise 9o Teile wasserlösliche polycyclische Carbonsäuren
und etwa 8 Teile Chloranil.