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Verfahren zur Veredelung von Gebilden aus Polyacrylsäure, ihren Derivaten
und Mischpolymerisaten Die Erfindung bezieht sich auf die Veredelung von Gebilden
aus synthetischen Polymeren auf der Basis von Polyacrylsä ure, ihren Derivaten und
Mischpolymerisaten, insbesondere aus solchen, die Nitrilgruppen enthalten. Unter
Gebilden versteht man dabei aus, dem Polymeren bestehende Garne, Fäden, Gewebe,
Filme o. dgl.
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Es ist bekannt, daß die physikalischen und chemischen Eigenschaften
ungesättigter polymerisierbarer Verbindungen wesentlich und vorteilhaft durch Querverbindung
und Vulkanisation verändert werden können. Ein Beispiel ist die Herstellung von
gummiähnlichen Verbindungen aus Polyvinylalkohol oder seinen Estern durch. Erhitzen
der polymeren Stoffe in Gegenwart von Schwefel oder Schwefelverbindungen. Solche
Verfahren ergeben jedoch keine befriedigende Veredelung der aus Nitril enthaltenden
Polymeren hergestellten Gebilde durch Veränderung der Nitrilgruppen oder Reaktionen
an den Nitrilgruppen. Fasern und Filme, die aus Vinylpolymeren mit hohem Molekulargewicht
hergestellt sind und die eine in dem Monomeren der Vinylbindung benachbarte Nitrilgruppe
enthalten, sind nicht außergewöhnlich hitzebeständig. Solche Stoffe verlieren gewöhnlich
die Festigkeit schnell, wenn sie längere Zeit der Hitze ausgesetzt sind, z. B. bei
Temperaturen zwischen 150 und 25o°. Ferner findet, wenn die Stoffe während der Wärmebeanspruchung
unter Spannung sind, eine
ungewöhnliche Verlängerung oder Dehnung
statt. Gewebe, die aus Vinylpölymeren hergestellt sind, die solche Nitrilgruppen
enthalten, z. B. Polyacrylnitril oder ähnliche Polymere, haben gute dielektrische
Eigenschaften und auch eine allgemeine Passivität gegen Feuchtigkeit, Pilze, öle
und übliche organische Lösungsmittel. Ferner haben sie ausgezeichneten elektrischen
Widerstand und Passivität gegen Chemikalien. Die verhältnismäßig niedrige Temperatur
jedoch, bei der solche Stoffe sich verzerren, schließt ihren allgemeinen Gebrauch
für bestimmte Anwendungsgebiete, wie z. B. als Schichtstoffe für elektrische Zwecke,
wie z. B. elektrisches Isoliermaterial, für Filtrationen bei hohen Temperaturen,
mit hoher Geschwindigkeit arbeitende Treibriemen und Förderbänder und andere Verwendungszwecke,
bei denen die Stoffe beachtlicher Hitze ausgesetzt sind, aus.
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Da die Stoffe, die aus Nitril enthaltenden Vinylpolymeren hergestellt
sind, wie z. B. Polyacrylnitril, ausgezeichnete dielektrische Eigenschaften sowie
Stabilität zeigen, ist eine Beseitigung der thermalen Unbeständigkeit wünschenswert.
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Die Erfindung bezweckt ein Verfahren zur Verbesserung bestimmter physikalischer
Eigenschaften von aus nitrilhaltigen Polymeren bestehenden Gebilden mit verbesserter
Hitzebeständigkeit. Die Erfindung hat ferner ein Verfahren zum Gegenstand, gemäß
.dem bei der Herstellung von Stollen, die bei höheren Temperaturen ihre Abmessungen
besser beibehalten und dabei ebenfalls die ausgezeichneten dielektrischen Eigenschaften
der ursprünglichen Gebilde wie Garne, Gewebe o. dgl. aufweisen, der Schmelzpunkt
von niedrig schmelzenden, leicht spinnbaren Nitrilgruppen enthaltenden Polymeren
erhöht wird. Andere Gegenstände werden aus der nachfolgenden Beschreibung ersichtlich.
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Die vorstehend genannten Verbesserungen werden dadurch erzielt, daß
die aus Nitrilgruppen enthaltenden Polymeren hergestellten Gebilde wie Gewebe, Garne
o. dgl. in einer ammoniakalischen, 1-lydrosulfidionen oder ein Hydrosulfid enthaltenden
Flüssigkeit erhitzt werden. Die Behandlung kann bei einer Temperatur von etwa ioo°
ungefähr 2 Stunden durchgeführt werden. Diese Werte werden entsprechend den genauen
Eigenschaften, die bei den Endprodukten gewünscht werden, verändert. Die folgenden
Beispiele -in den Tabellen 1 und 1I sind zur Erläuterung gegeben und nicht als Beschränkung
anzusehen.
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Die Nullfestigkeitstemperatur (Z.S.T.), auf die Bezug genommen wird,
ist die Temperatur, bei der ein Garn oder ähnliches Gebilde unter einer Belastung
von o,5 g pro Denier bricht, wenn es mit einer erhitzten Metalloberfläche in Berührung
steht. Der Dehnungswert ist die in Prozent ausgedrückte Streckung, die in 15 Minuten
stattfindet, wenn das Garn oder das ähnliche Gebilde auf eine Temperatur von ioo°
erhitzt und unter eine Belastung von i g pro Denier gesetzt wird. Bei Aufhebung
dieser Belastung strebt Idas Gebilde danach, in seine ursprüngliche Gestalt zurückzukehren
und der Rückbildungswert stellt den Prozentsatz der Streckung dar, die in 15 Minuten
bei ioo° nach Aufhebung der Belastung wieder zurückgeht. Löslichkeitsversuche wurden
unter Anwendung von Aceton, Dimethylformami,d (D M F) und anderen Lösungsmitteln
ausgeführt.
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In den folgenden chemischen Nachbehandlungen lag der geprüfte Stoff
in Strähnenform (4o,5 m) vor und wurde mit 5o ccni des betreffenden verwandten Mittel:
in ein Glasrohr gebracht. Das Glasrohr wurde dann versiegelt, und der Inhalt wurde
während der angegebenen Zeiten auf die angegebenen Temperaturen erhitzt. Ein Kontrollversuch
wurde, wie nachstehend angegeben, ausgeführt. Alle Garne oder Filme erhielten eine
hellgelbe bis orange Farbe, deren Tönung mit dem betreffenden Stoff variierte (s.
Tabelle I).
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Aus den obigen Ergebnissen kann man sehen, daß die Behandlung gemäß
der Erfindung eine beträchtliche Erhöhung der Verzerrungstemperaturen und eine verbesserte
Wärmebeständigkeit ergibt. Zum Beispiel haben die Garne des Polyacrylnitrils, die
nicht behandelt wurden, eine Nullfestigkeitstemperatur von nur 1I7°, während die,
die wie oben beschrieben behandelt wurden, Nullfestigkeitstemperaturen von 316°
und höher haben. Ferner sind die Dehnungswerte wesentlich vermindert, und zwar von
22010 bei dein Vergleichsstoff auf einen so niedrigen `Wert wie etwa 60/a
bei einigen der umgewandelten Stoffe der Erfindung. Ferner wurde bemerkt, daß die
physikalischen Eigenschaften des Materials, ausgedrückt beispielsweise durch die
Festigkeit. nicht unvorteilhaft beeinflußt '%vurdeii und daß die chemischen Eigenschaften.
wie der 1_östingswiderstand, wesentlich verbessert wurden I)ie Gebilde wurden durch
das Verfahren der Erfindung atis aceton- und dimetliylforniamidlösliclicn Produkten
in Stoffe umgewandelt, die in solchen Lösungsriiitteln unlöslich sind.
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Es ist möglich, sogar eine L>essere M'ärm-ebeständigkeit oder niedrigere
l)elinungswerte zu erlangen, indem man die Behandlungen mit Ammoniumhydrosulfid
an deii Gebilden durchführt, wenn sich diese unter Spannung befinden. Dies wird
in den folgenden Versuchen, die nachstehend in Tabelle 1I zusammengefaßt sind, erläutert.
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Eine Menge von .L0.5 in einer Faser, die aus l'olyacrylnitrit hergestellt
wurde, wurde in ein Glasrohr, das 5o ccm von o,5 niolaren Ammoniumhydrosulfid enthielt,
gebracht. Die Faser war nicht unter Spannung. Das Rohr wurde dann versiegelt und
1 Stunde lang auf Temperaturen von 1000 erhitzt. Nach dieser Behandlung wurde
das Garn herausgenommen, geNvaschen und dann bei i50° i Stunde lang in Strähnenform
der Hitze ausgesetzt. Dieses Garn wird als Garn A bezeichnet.
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Eine andere 40, 5-ni-Striiline von Polyacrylnitrilfaser wurde aus
der gleichen Menge erhalten. Diese war unter Spannring auf eine Aluminiumspindel
gewickelt, so daß kein Zusammenschrumpfen während der Behandlung stattfinden konnte.
Tabelle I |
Beispiel |
(Ver- Verbindung Behandlung Zeit. Temp. Deh- Nullfestig- Trocken-
Löslichkeit |
gleichs- nung keitstemp. festigkeit in |
Stoff) |
Std. °C % °C g/d DMF |
I Polyacrylnitril unbehandelt - - 1 22,0 147 4,4 löslich |
2 - 0,5 M* NH,SH I ioo 7,0 299 4,0 unlöslich |
3 - 0,5 M NH,SH 13 Min. 150 6,9 316 4,1 - |
4 Polyacrylnitril** NH, S2 H 0,5 IM - 312 4,3 - |
(o,5 M N H4 S H |
mit 0,5 Mol gelös- |
tem elementaren |
Schwefel pro |
Liter) |
- - |
5 Polyacrylnitril** Äthanol, mit 2 ioo 6,1
330 |
N H3 und H2 S |
gesättigt |
6 Polyacrylnitril** o,5 M Äthandi- 2 Ioo II,9 253 - - |
thiol in Äthanol, |
NH$ gesättigt - |
7 Mischpolymerisa- 0,5 M NH4SH 0,5 Ioo 11,0 290
3,1 |
ten aus Acrylnitril |
Methylvinylketon |
(9o :Io)** |
8 Acrylnitril Styrol 0,5 M NH4SH 0,5 Ioo 10,2
303 3,4 - |
(9o : 1o) |
g Polymethacryl- 0,5 M NH4SH I ioo - 283 - Aceton un- |
nitril (Vergleichs- löslich (Ver- |
stOff 135) gleichsstoff |
löslich) |
* Molarwerte beziehen sich auf den Prozentgehalt an
SChwffelwasöerstoff in der Lösung |
** Das behandelte Garn wurde 2 Stunden lang in Luft
auf i25° erhitzt. |
Sie wurde ebenfalls i Stunde lang bei ioo° in o,5 molaren Ammoniumhydrosulid im
wesentlichen in der oben beschriebenen Weise behandelt. Nach dieser Behandlung wurde
das Garn aus dem Reagenz herausgenommen, gewaschen und i Stunde lang bei i5o° der
Hitze ausgesetzt, während das Garn sich noch unter Spannung auf der Spindel befand.
Dieses Garn wird als Garn B bezeichnet.
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Die Eigenschaften von Garn A und Garn B sind die folgenden:
Aus den obigen Zahlen kann man sofort sehen, claß die Dehnungswerte wesentlich vermindert
sind, während die Nullfestigkeitstemperaturen keine große Verbesserung erfahren
haben. Das Garn, das unter der Spannung behandelt wurde, hatte einen Dehnungswert
von nur 2,7% im Vergleich zu einem Wert von 70/0 für den Vergleichsstoff (Garn A)
und nahm in weit stärkerem Maße (9i 19/o) seine ursprüngliche Form an als das Vergleichsgarn
(55,7 %). Ferner hatte das unter Spannung behandelte Garn eine vergrößerte Trockenfestigkeit
(5,5 g pro Denier). Diese ist wesentlich höher als die des unbehandelten Garnes
(4 g pro Denier).
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Aus der obigen Beschreibung und den Beispielen kann man sehen, daß
das Verfahren dieser Erfindung im allgemeinen auf hohe Polymere, die Nitrilgruppen
enthalten, anwendbar ist. Die Beispiele zeigten die Anwendung der Erfindung auf
Stoffe, die aus Polymeren hergestellt sind, die durch Polymerisation von Vinylverbindungen
erhalten wurden, die eine Nitrilgruppe an einem der Äthylenkohlenstoffe tragen.
Diese Polymere enthalten eine Mehrzahl der Gruppe
in der die R-Gruppe ein Halogenatom; ein Wasserstoffatom oder eine Alkylgruppe sein
kann. Als
Beispiel von Polymeren, die verwandt werden können, mögen
erwähnt werden: Polyacrylnitril und Polymethacrylnitril. Ferner ist das Verfahren
auf Gebilde anwendbar, die aus den Mischpolymerisaten von Acrylnitril oder von Methacrylnitril
hergestellt isind. Solche Mischpolymerisate können durch Polymerisation von Acrylnitril
oder Methacrylnitril mit anderen Monomeren, wie z. B. Styrol und Methylvinylketon
hergestellt werden. Im allgemeinen können Polymere, die durch Polymerisation von
Acrylnitril oder Methacrylnitril mit irgendeiner mischpolymerisierbaren Substanz,
die eine oder mehrere Äthylenbindungen hat, in dem Verfahren der Erfindung verwandt
werden. Weitere Beispiele von solchen mischpolymerisierbaren Monomeren sind Vinylacetat,
Vinylchlorid, Acryl- und Methacrylsäure und ihre Ester und Homologen, Isobutylen,
Butadien, ebenso gut wie andere Vinyl- und Acrylverbindungen und andere Olefin-
und Diolefinkohlenwasserstoffe. Die Erfindung ist auf irgendein Polymeres anwendbar,
das eine Mehrzahl von Nitrilgruppen enthält, die an die polymere Kette gebunden
sind.
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Die Geschwindigkeit und Ausdehnung der Reaktion zwischen dem einzelnen
Gebilde und dem behandelnden Mittel hängt von einer Anzahl von Faktoren ab, wie
z. B. von der Zahl der Nitrilgruppen, die in den einzelnen Polymeren enthalten sind,
aus dem die Gebilde bestehen. Während die Zahl der Nitrilgruppen in weiten Grenzen
variieren wird, wird im allgemeinen für elektrische Schlichtstoffe und Filme und
Gewebe die Verwendung von Acrylnitrilpolymeren bevorzugt, bei denen wenigstens 85
Gewichtsprozent des polymeren Moleküls aus Acrylnitrileinheiten zusammengesetzt
sind. Die Menge des Acrylnitrils in den Polymeren kann höher sein, wie z. B. roo°/o,
und sie kann sehr niedrig sein, wie z. B. etwa 5 0/0. Ferner hängt die Reaktionsgeschwindigkeit
von der Empfindlichkeit des einzelnen Polymeren gegenüber dem verwandten Träger
ab, und zwar wächst die Geschwindigkeit mit größerer Empfindlichkeit. Zum Beispiel
schreitet die Reaktion, wenn Wasser der Träger ist, schneller mit Polymeren fort,
die wasserempfindlich sind als mit Polymeren, die nicht so empfindlich sind. Das
ist zu erwarten, da die wa's.serlöslichen behandelnden Reagenzien der Erfindung,
in -,väßrigem Mittel verwandt; weiter eindringen und in engere Verbindung mit einem
wasserempfindlichen Gebilde kommen würden als mit einem unempfindlichen Polymeren.
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Die Erfindung sieht auch die Anwendung irgendeines Thiols oder Hydrosulfids
vor, d. h. irgendeiner Verbindung, die das einwertige S H-Radikal enthält. Das bevorzugte
Behandlungsreagenz der Erfindung ist Ammoniumhydrosulfid. Das im Handel befindliche
Ammoniumhydrosulfid kann als eine Lösung von Ammoniumhydroxyd, die einen bestimmten
Prozentsatz von Schwefelwasserstoff enthält, angesehen werden. Entsprechend kann
irgendeine wäßrige oderandere Lösung, die Ammoniak und Schwefelwasserstoff enthält,
in dem Verfahren der Erfindung verwandt werden, da sie Ammoniumhydrosulfid äquivalent
ist.
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Wäßrige oder andere Lösungen von Ammoniumsalzen können mit Schwefelwasserstoff
gesättigt werden und gemäß der Erfindung verwandt werden. Zum Beispiel kann Aminoniumchlorid
in Wasser oder Äthanol gelöst und die erzielten Lösungen können mit Schwefelwasserstoff
gesättigt werden. Die so gebildeten Mischungen können wirksam in dem Verfahren der
Erfindung verwandt werden. Ferner können unter bestimmten Bedingungen andere Hydrosulfide
wie Natrium-, Kalium-, Calcium- oder Bariumhydrosulfid gebraucht werden, um das
SH-Radikal zu liefern. Andere Äquivalente, die in dem beschriebenen Verfahren verwandt
werden können, umfassen, wie in einigen der obigen Beispiele gezeigt ist, bestimmte
Lösungen, die mit Ammoniakgas gesättigt sind, wie Lösungen von Thiolen und Dithiolen,
die genügende 1@-lengen von Ammoniak enthalten. Als Beispiele von entsprechenden
Stoffen, die in dem Verfahren der Erfindung verwandt werden können, wenn sie mit
Ammoniak gesättigt sind oder mit Ammoniak zusammenwirken, können genannt werden:
Methanthiol, Ät,hant'hiol, r, 2-Ät'handithiol, . Propanthiol, Butandithiol, Hexamethylendithiol
usw: Es ist auch möglich, die Reaktion durch Zugabe einer Menge von elementarem
Schwefel zu den Lösungen der reagierenden Stoffe zu beschleunigen, wie os z. B.
in Beispiel .4 in Tabelle I oben beschrieben ist. Im allgemeinen muß das verwandte
Mittel gegenüber dem einzelnen Polymeren passiv sein und es muß im allgemeinen irgendein
nicht reagierendes Lösungsmittel als Träger des Ainmoniumsulfids und Schwefelwasserstoffs
oder der Äquivalente verwandt werden. Solche Mittel umfassen Wasser, Äthanol, Methanol,
Propanol, Dioxan usw. Es ist zweckmäßig, einen Träger zu verwenden, der ein gutes
Lösungsmittel für das verwandte Thiol ist und der das polymere Gebilde bis zu einem
Grad durchdringt, der ausreicht, mehr als eine Oberflächenumwandlung zu erlauben.
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Ähnliche Ergebnisse werden erhalten, wenn bestimmte Thiol-Amin-Verbindungen
an Stelle des Ammoniumhydrostilfids verwandt werden. Zum Beispiel können Nlethyl-.
Dimethyl- oder Trimethylamin verwandt werden in Verbindung mit Schwefelwasserstoff
oder einem der obenerwähnten Thiole. Es werden umgewandelte Polymere ähnlich denen,
die bei Ver-%vendung von Ammoniumhydrosulfid gewonnen werden, erhalten.
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Die Menge der einzelnen angewandten Reagenzien hängt von dem Grad
der gewünschten Umwan.dlung und von dein einzelnen behandelten Polymeren ab. Wenn
die Menge des gebrauchten Mittels' klein ist, ist eine beträchtliche Zeit für die
Umwandlung erforderlich. Andererseits kann Hydrolyse von Nitrilgruppen stattfinden,
wenn große Mengen zur Anweildung gelangen. Dementsprechend muß man sehr darauf achten,
solche Hydrolyse zti vermeiden, lin allgemeinen wird die
Reaktion
Stoffe m't verbesserten Eigenschaften liefern, wenn Konzentrationen zwischen o,i
molar und 2,0 molar verwandt werden. Der bevorzugte Bereich der Erfindung liegt
zwischen o,4 molaren und i,o molaren Lösungen der Reagenzien. Die Verwendung von
niedrigeren Konzentrationen als den oben aufgeführten ist zulässig und Behandlungsflüssigkeiten
niedriger Konzentration sind brauchbar, wenn nur eine geringe Umwandlung gewünscht
wird.
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Es scheint eine kritische Temperatur zu gellen, unter der die Reaktion
langsam verläuft, oberhalb derer sie jedoch in einer annehmbaren Zeit stattfindet.
Abhängig von der Konzentration der behandelnden Lösung kann die Reaktionstemperatur
von 75 bis 2oo° variieren (unter Druck), wobei der Bereich von ioo bis i5o° bevorzugt
wird. Bei höheren Temperaturen schreitet die Re@ ,ktion natürlich schneller fort.
Bei einer gegebenen R-eagenzkonzentration können z. B. die Ergebnisse, die durch
einstündige Behandlung bei ioo° erzielt werden, durch eine 10 bis 15 Minuten
lange Behandlung bei 150" verdoppelt werden.
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Natürlich kann diese Behandlung entweder an Garnen, Geweben, Filmen,
Einzelfäden und geformten Stoffen oder dergleichen ausgeführt werden. Ebenso kann
der Stoff während der Behandlung in entspanntem Zustand oder unter Spannung sein,
so daß kein Zusammenschrumpfen stattfinden kann. Im allgemeinen werden Stoffe, die
unter Spannung behandelt sind, eine verminderte Längung und bessere Dehnungseigenschaften
aufweisen als Stoffe, die in entspanntem Zustand behandelt sind. Um die Dehnungseigenschaften
weiter zu verbessern, können der chemischen Behandlungsstufe verschiedene Hitzebehandlungen
unter Spannung oder in entspanntem Zustand folgen, wie in verschiedenen der Beispiele
beschrieben ist. Solche Hitzebehandlungen von Gebilden, die nach dem Verfahren .der
Erfindung behandelt sind, können in Luft, in inerten Atmosphären oder im Vakuum
während einer beliebigen Zeit oder bei einer beliebigen Temperatur erfolgen, die
für das gewünschte Ergebnis notwendig sind.
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Die hierin beschriebene Reaktion ist begleitet von einem beachtlichen
Farbwechsel des behandelten Stoffes. Acrylnitrilpolymere z. B. wechseln von einer
hellen Strohfarbe zu einem tiefen Orange über. Wenn der Behandlung eine lange Hitzebehandlung
in Luft folgt, wechselt die Farbe über ein dunkles Rotbraun bis schließlich ins
Schwarze. Andere hier beschriebene Stoffe wechseln die Farbe in ähnlicher Weise,
obwohl der Farbbereich verschieden sein kann. Der Grund für den Farbwechsel in den
gebildeten Polymeren auf Grund chemischer Behandlung ist nicht bekannt. Die verbesserten
Eigenschaften beruhen auf der gemeinsamen Wirkung von Ammoniak und der thiolhaltigen
Verbindung. Weder Ammoniak noch die thiolhaltige Verbindung, wie z. B. eine Schwefelwasserstoffverbindung,
können irgendeine wesentliche Verbesserung in den thermalen Eigenschaften der Polymeren
erzielen. Die Tatsache, daß die behandelten Gebilde unlöslich sind, weist darauf
hin, daß in dem Verfahren der Erfindung eine Querverbindung stattgefunden hat. Es
findet keine Depolymerisation noch irgendein merkliches Ausscheiden von kleinen
Molekülen aus dem Polymeren statt, wie z. B. Ammoniak, Wasser o. dgl., wenn die
Behandlung so ausgeführt wird, daß keine Hydrolyse stattfindet. Während das Wesen
der Reaktionen unbekannt ist, nimmt man an, daß die Behandlung der Erfindung Polymere
hervorbringt, die sich wesentlich von denen, die ursprünglich in den Garnen und
Geweben enthalten sind, unterscheiden.
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Schwefelanalysen liefern ferner den Beweis, daß neue Stoffzusammensetzungen
gebildet 'sind, und daß in einem beachtlichen Maße eine Querverbindung stattfindet.
Der Schwefelgehalt kann von einem so niedrigen Wert wie o,2 % bis zu einem so hohen
wie ungefähr 5 % variieren, abhängig von der Länge der Behandlung und der Konzentration
der Reagenzien neben anderen Faktoren. Diese Werte stellen die Menge von chemisch
gebundenem Schwefel dar. Der Stickstoffgehalt jedoch bleibt im wesentlichen konstant,
wie in Tabelle
111 unten gezeigt ist. Die Tabelle zeigt ebenfalls den Gehalt
an Kohlenstoff und Wasserstoff eines typischen Polymeren, das .nach dem Verfahren
der Erfindung umgewandelt ist.
Tabelle 111 |
Analyse in Prozent |
Behandlungszeit C H N ( S |
Vergleichsstoff . . . . . . . . 68,i9 5'94 26,26 0,3 |
o,5 Stunden . . . . . . . . . . 66,66 5,96 25,50 1;8o |
1,o Stunden . . . . . . . . . . 65,oo 6,21 24,75 2,71 |
Demnach rührt die Verbesserung in den Eigenschaften der Gebilde von den Querverbindungsreaktionen
her, die neue Stoffzusammensetzungen bilden. Wenn man die kleine Menge von gebundenem
Schwefel, die in dem Polymeren anwesend ist, betrachtet, so ist es überraschend,
daß derartig bemerkenswerte Verbesserungen in der Wärmebeständigkeit erhalten werden.
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Überraschenderweise wird die anfängliche Form der Gewebe, Garne oder
Gebilde, die nach dem Verfahren der Erfindung behandelt sind, beibehalten, abgesehen
von einer gewissen Schrumpfung und bei Fäden einer entsprechenden Vergrößerung im
Garn-Denier. Zum Beispiel kann ein Garn, das aus 18 Fäden zusammengesetzt ist, nach
den kräftigsten Behandlungen der Erfindung in :reine Bestandteile getrennt werden.
Das trifft sogar zu, obgleich das Gebilde aus einem Polymeren hergestellt werden
kann, .das bei niedriger Temperatur (147° oder niedriger) weich wird und das Erhitzen
bei Temperaturen von i5o° oder höher durchgeführt wird. Es findet kein Verschmelzen
oder Zusammenkleben von Fäden statt, obwohl sogar
Temperaturen
oberhalb des Erweichungspunkte:s des einzelnen Polymeren angewandt werden. Die Gebilde
werden nicht erweicht, noch werden sie spröde, aber sie besitzen die Biegsamkeit
und die angenehme Griffigkeit der entsprechenden unbehandelten Stoffe.
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Die Länge der Zeit, die für die chemische Behandlung notwendig ist,
ändert sich entgegengesetzt der Temperatur und Konzentration. Bei Durchschnittskonzentrationen,
d. 'h. ungefähr 0,5 molar, und bei hohen Temperaturen, d. h. von etwa i5o°, kann
die Behandlungszeit 5 oder io Minuten dauern. Andererseits werden, wenn niedrige
Reagenzkonzentrationen (o,25 molar) und niedrige Temperatufen (75 bis 9o°) angewandt
werden, vergleichbare Ergebnisse nur nach Behandlungen von ungefähr 2 bis 5 Stunden
oder mehr erhalten. Normalerweise werden kürzere Behandlungszeiten aus Gründen der
Wirtschaftlichkeit bevorzugt. Bei Anwendung kurzer Zeitspannen und Durchschnittskonzentrationen
der Reagenzien nach der Erfindung und hohen Temperaturen, können brauchbare Stoffe
ohne Depolymerisation der die Gebilde ausmachenden polymeren Stoffe und ohne Hydrolyse
von labilen Gruppen, wie Nitril- oder Estergruppen, erhalten werden.
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Das Verfahren der Erfindung kann nach irgendeiner, dem Fachmann bekannten
Methode ausgeführt werden. Es können stufenweise Verfahren durchgeführt werden,
bei denen die Gewebe, Garne oder irgendein vorgeformtes Gebilde zweckdienlich in
ein heißes Bad getaucht werden, das die Reagenzien enthält: Wenn Garne verwandt
werden, können sie Strähnenform haben, oder sie können auf einen Kegel oder ähnliche
Träger gekracht werden, die man dann in das Behandlungsbad taucht. Das Verfahren
kann auch kontinuierlich durchgeführt werden. Eine geeignete Behandlungsweise für
Gewebe oder Garn ist die, daß man sie in entspanntem Zustand auf einem endlosen
Band langsam durch ein erhitztes Bad hindurchführt, das die Reagenzien gemäß der
Erfindung enthält, oder daß man das Gebilde während des Durchgangs durch das Behandlungsbad
unter Spannung setzt.
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Die behandelten* Gewebe, Garne o. dgl. gemäß der Erfindung sind besonders
brauchbar als Schichtstoffe für elektrische Zwecke und für Isolation oder andere
ähnliche Verwendungszwecke, in denen ein sehr festes Gewebe, Garn oder ein ebensolcher
Film benötigt werden, die ihre Form und Festigkeit unter hohen Belastungen oder
hohen Temperaturen behalten. Solche Verwendungszwecke sind Filtrationen bei hohen
Temperaturen, mit hoher Geschwindigkeit arbeitende Treibriemen und Förderbänder
oder dergleichen.
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Die Erfindung liefert einen befriedigenden Stoff für diese Verwendungszwecke,
da die Festigkeit der einzelnen Gebilde bei hohen Temperaturen durch die Behandlung
gemäß der Erfindung sehr verbessert ist. Zum Beispiel hat ein Garn, das aus Polyacrylnitril
zusammengesetzt ist, nach Behandlung gemäß dem Verfahren der Erfindung eine Festigkeit
von 1,8 g pro Denier hei 275°, wogegen ein unbehandeltes Polvacrylnitrilgarn eine
Festigkeit von nur 0,7 g pro Denier hei der beträchtlich niedrigeren Temperatur
von t5o° hat. Ferner liegt die prozentuale Dehnung bei roo° nach Anwendung der Behandlung
gemäß der Erfindung in der Nähe von etwa 2 bis 4%, wogegen die prozentuale Dehnung
bei einem Vergleichsstoff etwa bei 2o % liegt. Diese Verbesserung der Dehnungseigenschaften
wird Begleitet von einer wesentlichen Verbesserung des Streckungsrückganges, wie
in den obigen Tabellen gezeigt ist.
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Als ein zusätzlicher \Vorteil ist anzusehen, daß die Gebilde, die
gemäß dein Verfahren der Erfindung behandelt sind, durch Hitzebehandlung in Luft,
d. h, dadurch, <laß inan sie für längere Zeitspannen Temperaturen von i .5o'
aussetzt, in ihren therrilalen Eigenschaften weiter verbessert werden können. Solche
Behandlungen erzielen eine Erhöhung der Nullfestigkeitstemperatur auf etwa 350°
und auch eine Verminderung in dem Dehnungsprozentsatz sowie eine Verbesserung der
Rückbildung nach einer Streckung.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung liefert neue Stoffzusammensetzungen,
die polymere Stoffe sind und die verbesserte Größenstabilität bei hohen Temperaturen
Haben. und die die ausgezeichneten elektrischen Eigenschaften der urspriinglichen
polymeren Stoffe behalten. Der Leistungsfaktor und die dielektrischen Eigenschaften
bleiben im wesentlichen unverändert. Zum Beispiel hat ein unbehandeltes F'olyacrvlnitrilgew
ebe einen Leistungsfaktor von o,c» i bei einer Million Hertz, während ein ähnliches
Gc°w-el>e desselben Stoffes, das, wie in Beispiel 3 beschrieben, behandelt wurde,
einen Leistungsfaktor von 0,007 hat. Die beiden obigen Werte sind im Hinblick
auf die elektrischen Isolationseigenschaften als ausgezeichnet anzusehen.
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Die Beispiele können :lhänderungen erfahren, ohne daß damit der Rahmen
der Erfindung verlassen wird.