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Verfahren zur Herstellung von in Wasser löslichen oder dispergierbaren
Phosphatidderivaten Seit Jahren wird . versucht, Phosphatide pflanzlicher oder tierischer
Herkunft mit den verschiedensten Mitteln in wasserlösliche oder wasserdispergierbare
Form überzuführen. Insbesondere hat man versucht, Phosphatide mit Hilfe von Lösungsmitteln;
welche wassermischbar sind, in Wasser zu emulgieren: Alle diese physikalischen Gemische
leiden, wie zu erwarten, an hoher Elektrolytempfindlichkeit. Sie sind ferner infolge
der Verwendung der Lösungsmittel kostspielig, nur beschränkt benutzbar und in ihrer
Einwirkung auf das Textilgut unbefriedigend.
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Schließlich wurde auch vorgeschlagen, die unveränderten. Phosphatide
zu neutralen oder alkalischen Farbflotten zuzusetzen sowie Druckpasten als Verdickungsmittel
Phosphatide beizumischen. Die Phosphatide enthalten in ihrer technischen Beschaffenheit
3ö bis 4o% freies fettes Q7., das u. U. zur Flecken-Bildung Anlaß gibt. Außerdem
werden die Stoffe durch die Verwendung unveränderter Phosphatide schmierig im Griff.
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Ferner ist versdhiedentlich versucht worden, aus Phosphatiden entweder
durch direkte Sulfonierung oder aber durch Sulfonierung nach -vorangegangener bzw.
mit gleichzeitiger Kondensation mit anderen organischen Körpern brauchbare hydrophile
Erzeugnisse zu erzielen: Die Sulfonierung hat aber `den Nachteil, daß wesentliche
Eigenschaften der Phosphatide zum größten Teil verlorengehen. Es werden damit zwar
gut netzende Körper erzielt, deren sonstige Eigenschaften erinnern aber wenig oder
gar nicht an die Ausgangsprodukte. Besonders fehlt ihnen in hohem Maße die typische
weichmachende Wirkung der Phosphatide. Diese Veränderung im Wesen der Ausgangsstoffe
ist ohne weiteres verständlich, da ja die Phosphatide kompliziert
zusammengesetzte
und empfindliche Körper sind, welche durch eine Behandlung mit so stark wirkenden
Reagenzien, wie sie die Sulfonierungsmittel darstellen, weitgehend beeinflußt werden
müssen.
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Es wurde nun gefunden, daß pflanzliche .und tierische Phosphatide,
z. B. Leinölsamenlecithin, Sojabohnenlecithin oder Eigelblecithin, sich zu wasserlöslichen
bzw. in Wasser, dispergierbaren Verbindungen umsetzen lassen, wenn sie in organischen
Lösungsmitteln gelöst oder in ungelöster Form, mit neutralen oder sauren Sulfiten
in saurem oder alkalischem Medium, allein oder in Gegenwart von Alkoholen und/oder
Anhydriden mehrwertiger organischer Säuren oder Säureamiden, erhitzt werden. Die
dabei erzielten Produkte behalten infolge der außerordentlich schonenden Behandlung
ihren Phosphatidcharakter nahezu. vollkommen bei. Überdies sind die so erhaltenen
Produkte gut alkali- und härtebeständig und eignen sich zur Verwendung als Textilhilfsmittel
in allen Phasen der Faserveredlung, sei es beim Spulen von Naturseide, Kunstseide
und Zellwolle, als Weichüaacher im Färbebad, als Zusatz zu Appreturen und Schlichtemitteln,
als Zusatz zu Kunstharzappreturen jeder Art und zu Imprägnierungsmitteln.
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Die mit diesen Produkten behandelten Fasern erhalten eine ausgezeichnete
Weichheit und gute Glätte. Ferner eignen sich die Produkte zur Verwendung in Fettlickern.
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In welcher Weise die Komponenten zur Reaktion gebracht werden, ist
unerheblich. Man kann beispielsweise die Phosphatide in Dioxan, Petroläther, Chlorkohlenwasserstoffen
lösen und mit pulverförmigem Bisulfit anteigen oder aber auch das ungelöste Phosphatid
mit neutralem Natriumsulfit in Pulverform vermischen und dann das Gemisch langsam
auf über =ioo°, vorzugsweise jedoch nicht über etwa 14.0° erwärmen, wobei im Laufe
der Reaktion, das vorhandene Wasser sowie gegebenenfalls auch das Lösungsmittel
entweicht, Letzteres kann durch geeignete Kondensationsvorrichtung zurückgewonnen
werden.
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Als besonders vorteilhaft erweist es sich, Alkohole, wie Methanol,
Methylcyclohexanol, Diäthylenglykol, Glycerin oder Benzylalkohol,. der reagierenden
Masse, die in ständiger Bewegung gehalten wird, zuzusetzen und unter Umständen während
der Reaktion Säureanhydride, wie Bernsteinsäureanhydrid oder Maleinsäureanhydrid,
öder auch ein Säureamid, wie Harnstoff, hinzuzufügen. Die beschriebenen Zusätze
können in allen Stufen; d. h. sowohl zu Beginn als auch während des Ablaufs der
Reaktion erfolgen. Jeder dieser Zusätze bewirkt die Entwicklung besonders wertvoller
Eigenschaften, beispielsweise hinsichtlich Löslichkeit des Endproduktes oder seines
egalisierenden Effektes auf Indanthrenfärbungen oder seines Dispergierungsvermögens
für die wasserunlöslichen Farbstoffe wie aromatische Phenol- und Aminoderivate der
Antrachinonreihe, wie sie unter den Handelsbezeichnungen »Celliton«-, »Cellitecht«-,
»Cellitonecht«-, »Cellitazol«-Farbstoffe bekannt - sind (U 11 m a n n , Enzyklopädie
der technischen Chemie, 193o, Bd. V,.- S. 62). Aber auch ohne diese Zusätze
ergeben sich Eigenschaften, die für die Avivage von Cellulosefasern, wie Baumwolle,
Viscoseseide, Kupferseide, Acetatseide, ferner für Naturseide, Ramie usw. besonders
wertvoll sind.
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Bei Verwendung der neutralen Sulfate lassen sich besondere Effekte
erzielen durch geringe Zusätze von alkalisch wirkenden Substanzen, wie Triäthanolamin,
Natriumbicarbonat oder Natronlauge, oder sauren Körpern, wie Propionsäure, die dem
Reaktionsgemisch einen bestimmten pH-Wert verleihen. Diese Produkte sind besonders
wertvoll beim Arbeiten in neutralen oder alkalischen Farb- und Avivagefiotten. Sie
lassen sich auch gemeinsam mit anderen Hilfsstoffen zur Textilveredelung, wie Fettalkoholsulfonaten,
Türkischrotöl und Kondensationsprodukten von Eiwe#ßabbauprodukten mit Fettsäurechloriden
u. dgl., Fettsäuren, Neutralölen, Lösungsmitteln,- Kohlenwasserstoffen oder sonstigen
dispergierend oder weichmachend wirkenden Körpern zur Behandlung von Faserstoffen,
insbesondere solchen aus Cellulose, verwenden.
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Die Reaktionsdauer schwankt zwischen 4 bis 15 Stunden, wobei auch
kürzere bzw. längere Reaktionszeiten entsprechend den angewendeten Temperaturen
möglich sind. Beispiel i ioog Sojabohnenlecithin werden mit Zog Natriumsulfit auf
i2o bis- 1q.0° unter Rühren 2 Stunden lang erhitzt. Nach Ablauf i Stunde setzt man
während des Rührens iog gepulverten Harnstoff zu. Erweist sich eine dann entnommene
Probe als gut wasserlöslich, so ist die Reaktion beendet; anderenfalls müß die Behandlung
fortgesetzt werden,-wobei aber in längstens q. Stunden die Reaktion vollkommen abgeschlossen
ist. Eine Verkürzung der Reaktionszeiten ist möglich, wenn das Phö'sphatid in Dioxan
dispergiert wird. Das in einer Ausbeute von i 18 g erhaltene, vom Lösungsmittel
befreite Produkt ergibt eine gelbliche Dispersion, die hervorragend geeignet ist
für die Avivage von Kupferkunstseide.
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Beispiel 2 i oo g Eigelblecithin werden mit 4o g Natriumbisulfit zusammengerührt
und auf ioo°
erwärmt. Nach 2stündigem Erhitzen setzt man 15 bis
2o g Diäthylenglykol zu und rührt so lange weiter, bis eine Probe nach ;Neutralisation
in Wasser dispergierbar wird. Die Ausbeute an neutralisiertem Produkt beträgt etwa
200g. Das erhaltene Produkt ist gut alkalibeständig und eignet sich besonders zum
Dispergieren von Indanthrenfarbstoffen, vor allen Dingen, wenn die .Flotten lange
benutzt werden und die Küpe allmählich anfängt auszufallen. Die Färbungen bleiben
bei Verwendung des nach vorstehender Vorschrift erhaltenen Produktes klar und fallen
vollkommen gleich aus.
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Beispiel 3 137 g Söjabohnenleci.thin werden mit -27,5 g Natriumsul:fit
vermischt und durch Solozusatz auf pH = q eingestellt. Die Masse wird unter Erwärmen
auf iio° etwa io Stunden gerührt; nach 3 Stunden setzt man 27,49 Maleinsäureanhydrid
zu und rührt bei der genannten Temperatur weiter, bis das Produkt löslich ist. Nach
Neutralisation erhält man 21 o g .eines pastenförmigen Materials, das vor dem Gebrauch
noch verdünnt werden kann und sich hervorragend als dispergierender Zusatz zu Farbflotten,
welche Schwefelfarben enthalten, eignet.
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Beispiel 4 220g Eigelblecithin werden mit 88g kristallisiertem
Natriumbisulfit- und --o g Citronensäure oder ähnlichen schwachen Säuren zusammengerührt..
Dem so hergestellten Gemisch fügt man. 349 Butylpolyglykol zu und rührt unter langsamem
Erwärmen bis auf 95' so lange, bis sich das Produkt als in Wasser dispergierbar
erweist. Die Reaktion ist im allgemeinen nach 15 Stunden beendet. Das mit etwa 345g
Ausbeute erhaltene pastenartige Endprodukt läßt sich im Gemisch mit Kohlenwasserstoffen
und Türkischrotöl.= oder ähnlichen Stoffen als ausgezeichneter Fettlicker für Leder
aller Art verwenden. Beispiel s ioo Teile pflanzliches Lecithin werden je nach seiner
Konzentration mit io.-bis 3oTeilen Natriumsulfit unter Rühren auf 115 bis -i3o°
erhitzt. Im Verlauf von i bis 4 Stunden .erweist sich das Produkt als wasserlöslich
-(Ausbeute i 2o. Gewichtsteile) und wird für den Verbrauch mit Wasser zu geeigneter
Konzentration verdünnt. Bei Verwendung sehr fester Lecithine empfiehlt sich der
Zusatz eines geeigneten Lösungsmittels, beispielsweise eines Chlorkohlenwasserstoffs,
welches nachher im Vakuum abdestilliert werden kann.