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Verfahren zur Darstellung von 6-Aminodihydrocinchonin und -dihydrocinchonidin
Die Besetzung der 6-Stellung des Chinolinkernes im Chininmo1ekiil gibt dem Gesamtmolekül
eine entscheidende Wirkung. Der Ersatz der Methoxygruppe durch eine Hydroxylgruppe,
z. B. im Dihydrocupmein, macht das Molekül wirkungslos. Ein in 6-Stellung nicht
substituiertes Molekül, ivie das Cinchonin und Cinchonidin, verringert die antimalarische
Wirkung auf einen Bruchteil gegenüber der Wirkung des Chinins. Es ist deshalb sehr
interessant, eine Aminoverbindung eines Chinaalkaloids kennenzulernen, die in 6-Stellung
des Chinalinkernes durch eine Aminogruppe substituiert ist.
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Obwohl man seit Jahrzehnten damit beschäftigt ist, Aminoderiväte des
Chinins und des Cinchonins bzw. Cinchonidins herzustellen, war es bisher noch nicht
gelungen, die Aminogruppe in 6-Stellung einzuführen. Durch direkte Nitrierung werden
5- und 8-Nitroverbindungen erhalten, die in die entsprechenden Aminoverbindungen
übergeführt werden können. Um zu den 6-Aminokörpern zu gelangen, müssen daher andere
Wege eingeschlagen werden.
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Es zeigte sich nun, dafi der Austausch der 6-Hydroxylgruppe am Hydrocuprein
bzw. Hydrocupreidin gegen die Aminogruppe durch die Verwendung von Ammoniumsulfit
möglich ist, eine Methode, die von der Herstellung des ß-Naphthylamins aus ß-NTaphthol
und von 6-Aminochinolin aus 6-Oxychinolin an sich bekannt ist. Ob. das Chininmolekül
einen derartigen Eingriff ohne Schädigung, z. B. Aufspaltung in die Toxine, überstehen
würde, war ohne weiteres nicht zu erwarten. Besonders überraschend ist aber vor
allem, daß die 6-Aminoverbindungen überhaupt abgetrennt werden können, obwohl die
Umsetzung bei Temperaturen von über ioö° erfolgt;
denn es ist nämlich
bekannt, daß Aminoverbin.idungen des Chinins, z. h. das 5Aminohydrochinin, ein Erhitzen
auf ioo , -wie dies insbesondere beim Sterilisieren von Lösungen üblich ist, nicht
aushalten. Die Aminogruppe wird dabei unter Austausch gegen eine Hydroxy-lgrtippe
abgespalten.
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Die Erfindung betrifft nun die Herstellung i-on 6Aminodihvdrocinchonidin
bzw. -dilivdrocinchonin aus Hydrocuprein bzw. Hydrocupreidin durch Behandeln der
Oxyverbindungen mit Aminoniumsulft in Gegenwart von wäßrigem Ammoniak hei erhöhter
Temperatur.
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Für die Durchführung des Verfahrens kann man Gemische von Hydrocuprein
bzw. Hydrocupreidin mit Ammoniumsulfit in Gegenwart von wäßrigem Ammoniak auf etwa
i 2o bis iW erhitzen. Die Ausbeute ist aber eine wesentlich bessere, wenn inan in
Gegenwart eines wasserlöslichen organischen Lösungsmittels, z. B. eines niedermolekularen
Alkohols, arbeitet und die Temperatur niedriger, vornehmlich zwischen etwa iio und
i 2o' -wählt. Es empfiehlt sich weiter, die Umsetzung nicht bis zu Ende durchzuführen,
weil sonst das Verhältnis zwischen den gewünschten Verbindungen und den bei der
Reaktion entstehenden Nebenprodukten sich zugunsten dieser verschiebt. Bei Einhaltung
dieser Maßregeln gelingt es, bis zu 8uoo'o der Oxyverbindungen in die Aminoverbindungen
überzuführen.
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Die Verfahrensprodukte stellen farblose oder schwach gelb gefärbte
kristalline Verbindungen dar, welche, ebenso wie die Ausgangsstoffe, 2 Äquivalente
Säure binden und trotz der 3 vorhandenen N -Atome nur mit i und a Äquivalenten Säure
beständige Salze bilden. Die Salze mit i Äquivalent Säure sind meist schwach, die
mit a äquivalenten Säure stark gelb gefärbt; beide Salzreiben sind -wasserlöslich.
Die Verbindungen -,eben mit Formaldehyd eine Methylolverbindung. Sie besitzen antiparasitäre
Wirkung und sollen als Heilmittel und als Zwischenprodukte für die Herstellung von
selchen verwendet -werden. Beispiel i 3oo g Hydrocupreinbase werden in einer Lösung
von wo ccni 4o@'piger wäßriger .kmmoniumsttlfitlöstiiig, 6oo ccm 25ooigeni Ammoniak
und 700 ccm 96c@öigem Äthanol in einem eisernen Druckkessel 24 Stunden unter
führen auf 110 bis 115- erhitzt. -Nach dem Erkalten wird das Ammonsulfit
mit Alkohol ausgefällt und von der Lösung abgetrennt. Diese -wird im Vakuum eingedampft.
Der Abdampfrückstand wird n 38o ccm etwa aoo'oiger Salzsäure unter Erwärmen gelöst
und im Vakuum zur Entfernung der schwefligen Säure eingeengt. Es hinterbleibt ein
harzartiges Stoffgemisch, welches mit heiher Natriumchloridlösung mehrmals ausgezogen
wird. Die Auszüge werden eingeengt, vom auskristallisierenden Natriumchlorid abgetrennt
und in 8oo ccm doppeltnormale Natronlauge eingegossen. Dabei scheidet sich das gebildete
6-.Xminodihydriccinchonidin zusammen mit geringen Menge i: eines Nebenprodukts aus,
während die unveränderte Ausgangsbase und die bei der fmsetzting gebildeten phenolischen
Verunreinigungen in der :Mutterlauge verbleiben. Der bei dein Ausziehen des harzartigen
Stoffgemischs mit Natritunchloridlösung verbliebene Rest wird in Wasser gelöst;
diese Lösung wird ebenfalls in doppeltnormale Natronlauge eingetragen. Es fällt
eine weitere Menge der Verbindung aus, welche von der Mutterlauge abgetrennt -wird.
Aus den vereinigten alkalischen Mutterlaugen kann durch Ausziehen mit Äther noch
eine weitere geringe :Menge erhalten werden. Die mit Natronlauge ausgefällten Fraktionen
werden in so viel heißer verdünnter Schwefelsäure gelöst, daß eine gegen Kongopapier
neutrale Lösung entsteht. Beim Erkalten kristallisiert ein Sulfat des 6Amitiodiliydrocinchonidins
von der Formel Ci3H.,5N."0 # SOIH. # 5H-0 aus. Die aus ihm mit Alkali freigesetzte
Base kristallisiert mit einem Mol Kristallwasser und schmilzt bei i37° unter Sintern.
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Statt die neue Verbindung aus dem nach der Entfernung der schwefligen
Säure hinterbleibenden Reaktionsgemisch init Natriumchloridlösung auszuziehen, kann
man auch für ihre Absonderung von der außerordentlichen Wasserlöslichkeit des in
dem Reaktionsgemisch vorhandenen. Dihydrochlorids Gebrauch machen. Man geht in diesem
Fall so vor, daß man die salzsaure Lösung stufenweise eindampft. Dabei kristallisieren
zunächst die salzsauren Salze der Ausgangsbase und der bei der L"msetzting gebildeten
Nebenprodukte aus. Nach Abtrennung dieser Salze wird weiter eingeengt, wobei ein
in der Hauptsache aus Chlorammonium bestehendes Salzgemisch auskristallisiert. Nach
erneutem Abtrennen wird mit Lauge gefällt und der das 6Aminodihvdrocinchonidin enthaltende
Niederschlag, wie oben beschrieben, in Sch,#i-efelsäure gelöst und -weiterbehandelt.
Beispiel 2o2-,- lIydrocupreidindiliydrochloi-id werden in einer Mischung von -[So
ccm 4oo'oiger Ämmonstilftlösung, 48o ccm :@@!'oiger @mmoniaklösung und 68o ccm c)6@.pigem
Alkohol 24 Stunden unter Rühren auf i 12 bis i i3@ erhitzt.
Man
läßt dann erkalten, setzt Alkohol zu und filtriert-vom ausgeschiedenen Ammonsulfit
ab. Das Filtrat wird im Vakuum eingeengt und aus dem Rückstand die schweflige Säure
nach Zusatz von Salzsäure im Vakuum ausgetrieben. Das Umsetzmigsgemisch wird dann
in Wasser gelöst; man trennt, falls notwendig, von geringen Mengen ungelöster Verunreinigungen
ab und gießt die Lösung in doppelnormale Natronlauge. Dabei scheidet sich ein aus
dem 6-Aminadihydrocinchonin und aus wenig Nebenprodukten bestehendes Gemisch ab.
Dieses wird mit Äther ausgezogen. Der ätherische Auszug wird durch Abdestillieren
vom Äther befreit, worauf der Rückstand in Aceton gelöst wird. Man ,erhält auf diese
Weise das gewünschte 6-Aminodihydrocinchonin von der Formel C13H25N30, welches aus
5o%igem Alkohol umkristallisiert wird. Die so gewonnene Verbindung ist kristallwasserhaltig.
Durch Umkristallisieren .aus Aceton wird sie wasserfrei erhalten. Sie schmilzt dann
bei 234_ bis z35° und ist nahezu farblos. Das Salz mit z Äquivalenten Schwefelsäure
ist in Wasser sehr leicht, das Salz mit i Aquivalent Schwefelsäure in der Kälte
etwas schwerer löslich; das zuletzt genannte Salz eignet sich daher zum Abscheiden
und zum Reinigen der Verbindung.
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Die hei der Abscheidung mit Natronlauge verbleibende Mutterlauge wird
mit Anilin ausgeschüttelt; dabei gehen die Reste der gebildeten Verbindung in das
Anilin, während aus der wäßrig-alkalischen Lösung durch Einleiten von Kohlensäure
freies Hydrocupreidin zurückgewonnen werden kann.