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Verfahren zur Herstellung von in Wasser löslichen oder leicht dispergierharen
Phosphatid-Präparaten Bekanntlich bilden die Phosphatide in Wasser kolloidale Lösungen,
welche gegen Lösungsmittel, wie Äther, Benzin usw, beständig sind. Sehr empfindlich
sind sie gegen Elektrolyte. Der geringste Säurezusatz führt zur fast augenblicklichen
Ausflockung dieser Lipoide. Auch Salze trennen die Emulsion sehr schnell.. Alkali
wirkt sehr rasch chemisch ein, und zwar verseifend. Durch Schwermetallsalze werden
die Phosphatide ebenfalls ausgefällt.
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Echte Verbindungen von Phosphatiden mit anderen Körpern sind: bisher
in reinem Zustand kaum dargestellt worden. Die bisher beschriebenen. Verbindungen
scheinen lediglich auf Absorptionsvorgängen zu beruhen. Ferner scheiterten: alle
Versuche, die Phosphatide durch Sulfonieren wasserlöslich zu machen, an der großen
Säure- und AlkaIiempfindlichkeit. Dabei wurden :entweder wasserunlösliche oder doch
sehr veränderte und aufgespaltene Produkte ohne Phosphatidcharakter erhalten.
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Vorgeschlagen wurde ferner bereits, mit Hilfe physikalischer Mittel
Phosphatide in wäßrige Lösungen oder Emulsionen überzuführen. 'Zu diesem Zweck finden
die verschiedenartigsten Lösungsmittel, teilweise auch in Verbindung mit Emulgatoren,
Anwendung, jedoch leiden alle diese Verfahren unter dem Nachteil der hohen Ellektrolytempfindlichkeit
der erzielten Dispersionen sowie der mangelnden Beständigkeit gegen die Härtehildner
des Wassers. Es zeigen sich infolgedessen bei Herstellung solcher Lösungen oder
Emulsionen sehr rasch Ausscheidungen oder Ausfiockungen, welche der weiteren Verwertbarkeit
dieser Emulsionen im Wege stehen. Schließlich ist vorgeschlagen worden, die Phosphatide
mit anderen organischen Körpern, wie z. B. Alkoholen, Aldehyden und ihren Derivaten,
zu kondensieren und sie anschließend
einer Sulfonierung zu unterwerfen.
Die bei einem solchen Vorgehen in der ersten Reaktionsstufe erhaltenen Kondensationsprodukte
stellen aber Stoffe dar, welche praktisch wasserunlöslich sind und erst durch anschließende
Sulfonierung in -,vasserl.ösliche od" r wasserdispergierbare Form überführt werden.
Nachdem das' Phosphatidmolekiil außerordentlich empfindlich gegen stark reaktionsfähige
Stoffe ist, wird erklärlicherweise auch bei einem solchen Vorgehen der Charakter
der Phosphatide erheblich geändert, so daß sie viel von ihren ursprünglich wertvollen
Eigenschaften verlieren.
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Im Gegensatz hierzu wurde nun !ein neuer Weg gefunden, Phosphatide
unter überwindung der vorstehenden Übelstände in leicht in Wässer lösliche oder
leicht dispergierbare Formen zu bringen. Das neue Verfahren besteht darin, daß an
die Phosphatide organische Verbindungen, welche an einem Kohlenstoffatom ein doppelt
gebundenes Sauerstoffatom und/oder eine Hydroxylgruppe besitzen, unter gleichzeitigem
Einleiten von gasförmigem Schwefeldioxyd, vorzugsweise in Abwesenheit von - Wasser,
und/oder Erwärmen angelagert werden.
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Als solche organischen Verbindungen kommen gesättigte und ungesättigte
Aldehyde, Ketone, Alkohole und Säuren in Betracht, und zwar aus der aliphatischen,
aromatischen oder gemischten Reihe. Als besonders geeignet erweisen sich die niedrigmolekularen,
ungesättigten, aliphatischen Aldehyde und Ketflne, wie z. B. Aerolein und Crotonal.dehyd.
Als Phosphatide können sämtliche tierischen, pfhnzlichen und synthetischen Produkte
verwendet werden, in erster Linie naturgemäß die preiswert und in großen Mengen
zur Verfügung stehenden Sojaphosphatide.
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Durch die Gegenwart von SO2 tritt Selbsterhitzung ein. Mit Rücksicht
auf die leichte Zerssetzlichkeit der Phosphatide darf die Temperatur ioo° nicht
übersteigen. Die Anlagerung verläuft anscheinend in der Richtung, daß die ungesättigte
Gruppe der verwendeten Phosphatide vollkommen abgesättigt wird. Es findet keine
Wasserabspaltung statt, welche hemmend auf einen vollständigen Reaktionsablauf einwirken
könnte oder auf einen Kondensationsvorgang schließen ließe.
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Bei der Reaktion tritt keine Aufspaltung des Phosphatidmoleküls ein,
so daß die hervorragenden Eigenschaften der Phosphatide erhalten bleiben. Die gewonnenen
Produkte zeigen alle Reaktionen der Phosphatide und sind dabei leicht in Wasser
löslich oder dispergierbar. Die wäßrigen Lösungen bzw. Dispersionen besitzen eine
ausgezeichnete Beständigkeit gegen Säuren, Alkalien und Salze. Mischungen aus den
Anlagerungsprodukten mit anderen Körpern, wie z. B. Wollfett, Paraffin, Wachsen,
Harzen, Mineralölen, Fettsäuren, Harzsäuren und Neutralölen, sulfoniert oder nicht
sulfoniert, Lösungsmitteln, insbesondere auch Chlorkohlenwasserstoffen, Proteinen
und auch weiteren Mengen Lecithin, sind ebenfalls wasserlöslich bzw. bilden sehr
beständige Emulsionen.
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Die neuen Produkte eignen sich daher vorzüglich als Textilhilfsmittel,
z. B. beim Schmälzen, Glätten, Schlichten, Appretieren, zum Avivieren, als Weichmacher,
insbesondere für Kunstseide und Zellwolle, zum Knitterfestmachen oder zum Mattieren
von Kunstseide in Verbindung mit Pigmenten, wobei sie in substantiver Weise auf
die Faser -ziehen.
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In der Lederindustrie können sie als Ersatz für Eigelb dienen, wobei
sie gleichzeitig fettend wirken. Durch geeignete Kombinationsgerbung mit Eisen und
Chromsalzen ermöglichen sie ferner die Herstellung lagerbeständiger mineralgegerbter
Leder, insl-,esondere von Eisenleder.
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Ferner ergeben sie für sich allein öder ini Gemisch mit Paraffin;
Mineralölen, fetten Ölen usw., in Verbindung mit Mineralsalzen oder durch geeignete
Nachbehandlung mit solchen, Imprägnierungsmittel für die Leder-, Textil- und Papierindustrie.
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In der kosmetischen und pharmazeutischen Industrie gestatten sie die
Ausnutzung der Phosphatide für innerlichen und äußerlichen Gebrauch.
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Gemische von Anlagerungsprodukten mit zu dispergierenden Stoffen lassen
sich auch derart herstellen, daß diese Stoffe den Reaktionskomponenten vor Beginn
des Anlagerungsvorganges selbst oder während der Anlagerung zugesetzt werden. Ausführungsbeispiele
i. i Mol Eigelbleeithin -wird mit 2 Mol Crotonaldehyd vermischt und unter ständigem
Durchleiten von SO2-Gas langsam auf 6o bis 8o° erhitzt. Das Reaktionsgemisch wird
bis zur Beendigung der Umsetzung bei dieser Temperatur gehalten. Nach Neutralisierung
mit organischen oder anorganischen Basen ist das Reaktionsprodukt 'klar wasserlöslich
geworden und hervorragend beständig gegen fällende Agenzien. In gleicher Weise wie
Crotonaldehyd reagieren Aerolein und der zweifach ungesättigte Aldehydcitral.
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z. i Mol Sojabohnenlecithin wird mit 2 Mol Zimtaldehyd vermischt und
unter langsamem Erwärmen auf 6o bis 8o° mit SO2 behandelt. Das Anlagerungsprodukt
ist wasserlöslich und von guter Beständigkeit.
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3. 1 Mol Phosphatid aus Sojabohnen wird
mit 2 Mol
Formaldehyd (in Lösung) vermischt und im S 02-Gasstrom langsam auf ioo° erhitzt.
Nach der Umsetzung und: Neutralisierung ergeben sich leicht emulgierbare Produkte.
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Analoge Produkte entstehen bei der Anwendung von Aoetaldehyd, Butyraldehyd
und Propionaldehyd.
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4. Man vermischt i Mol Phosphatid aus Sojasaat mit 2 Mol Aceton und
leitet durch die auf den Siedepunkt des Adetons erhitzte Masse langsam -einen S
02-Strom. Die neutralisierten Produkte sind in Wasser leicht dispergierbar.
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5. Man setzt i Mol Phosphatid aus Leinölsaat mit 2 Mol Alphacrotonsäure
im SO2-Strom bei einer Temperatur von ioo° um. Nach der Beendigung der Reaktion
,ergeben sich leicht dispergierbare Produkte.
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Ähnliche Produkte entstehen z.- B. bei der Verwendung von Buttersäure,
Milchsäure und Propionsäure.
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6. Man setzt zu i Mol Phosphatid aus Sojasaat 2 Mol Allylalkohol und
behandelt so lange bei der Siedetemperatur des Alkohols mit SO2, bis das Produkt
nach der Neutralisation in Wasser leicht dispergierbar ist.
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Ebenso verhalten sich Buty1-- und Amylalkohol.