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Verfahren zur Gewinnung von Schwefel Man hat bereits versucht, Schwefel
aus Schwefelwasserstoff oder schwefelwasserstoffreichen Gasen durch Verbrennung
mit freier Flamme mit Hilfe von so viel Sauerstoff oder sauerstoffhaltigen Gasen,
wie zur Überführung des Schwefelwasserstoffs in Schwefel erforderlich ist, vorzunehmen.
Diese Versuche haben aber bisher nicht zum Ziel geführt, da die Verbrennung des
Schwefelwasserstoffs nicht regelmäßig verläuft, so daß zeitweise Schwefel gewonnen,
zeitweise aber keine Umsetzung des Schwefelwasserstoffs erfolgt. Für die Gewinnung
von Schwefel aus Schwefelwasserstoff hat man daher von der Verbrennung mit freier
Flamme Abstand genommen und statt dessen die Umwandlung nach dem Vorschlage von
Claus auf katalytischem Wege durchgeführt. Diese Arbeitsweise weist aber den großen
Nachteil auf, daß die mögliche Belastung des Katalysators im Vergleich zu anderen
katalytischen Reaktionen äußerst gering ist. Wegen der Notwendigkeit, verhältnismäßig
tiefe Temperaturen einzuhalten, können nämlich pro cbm Katalysator stündlich nur
etwa q. cbm Schwefelwasserstoff umgesetzt werden. Das Verfahren erfordert daher
außerordentlich umfangreiche Vorrichtungen, die nicht allein hohe Anschaffungskosten
bedingen, sondern auch sehr viel Raum beanspruchen.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Umwandlung von Schwefelwasserstoff
oder Schwefelwasserstoff enthaltenden Gasen in Schwefel durch Verbrennung mit freier
Flamme mit Hilfe von geringeren Mengen Sauerstoff oder sauerstoffhaltiger Gase,
als zur Überführung des Schwefelwasserstoffs in Schwefeldioxyd erforderlich sind,
in einfacher Weise vornehmen kann, wenn man an einer Stelle innerhalb der Flamme
oder in ihrer unmittelbaren Nähe eine so hohe Temperatur aufrechterhält, daß ein
Erlöschen der Flamme vermieden wird. Man kann dies in einfacher Weise z. B. dadurch
erreichen, daß man im Bereich der Flamme geeignete Heizkörper anordnet, die z. B.
elektrisch auf die erforderliche Temperatur erhitzt werden. Noch einfacher ist es
aber, die Verbrennung in einer geschlossenen Kammer vorzunehmen, deren Wände vor
Beginn der Reaktion auf die erforderliche Temperatur gebracht werden. Die Wände
können durch geeignete Isolierungen gegen Wärmeverluste nach außen geschützt sein.
Noch einfacher ist es aber, die Wandungen des Verbrennungsraumes mit feuerfesten
Steinen auszukleiden, die, nachdem sie einmal auf die erforderliche Temperatur gebracht
sind, durch die bei der Umsetzung gebildete Wärme stets auf dieser Temperatur gehalten
werden.
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Die erforderliche Mindesttemperatur richtet sich einerseits nach dem
Gehalt der Gase an Schwefelwasserstoff, der in der Regel mindestens 1o 0/0, zweckmäßig
mindestens 150/, betragen soll, andererseits nach der während der Verbrennung anwesenden
Sauerstoffmenge. Sie kann um so niedriger sein, je größer einerseits die Konzentration
des Schwefelwasserstoffs in
dem zu verbrennenden schwefelwasserstoffhaltigen
Gas ist und je größer andererseits die für die Verbrennung zugeführte Menge Sauerstoff
oder eines anderen sauerstoffhaltigen Gases ist. Arbeitet man beispielsweise mit
praktisch.; reinem Schwefelwasserstoff und bewirkt die Verbrennung mit so viel Luft,
daß die Menge des freien Sauerstoffs gerade zur Umwandlung des Schwefelwasserstoffs
in Schwefel ausreicht, so genügt es in der Regel bereits, wenn die beheizte oder
wärmespeichernde Stelle innerhalb oder in der Nähe der Flamme eine Temperatur von
etwa 25o' hat. Will man schwefelwasserstoffarme Gase, z. B. solche mit 2o°/0 Schwefelwasserstoff,
verbrennen, so muß man mindestens etwa 7oo° an der beheizten oder wärmespeichernden
Stelle aufrechterhalten. In der Regel genügt es, Temperaturen von etwa Dunkelrotglut,
z. B. etwa 5oo bis 6oo°, anzuwenden. Arbeitet man mit den genannten Gasen in einer
Verbrennungskammer, die mit feuerfesten Steinen ausgekleidet ist, so stellt sich
in der Regel in dieser eine Temperatur von etwa 8oo bis iooo° ein.
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Weiter kann man den Schwefelwasserstoff in mehreren Stufen in die
Verbrennungskammer einführen, so daß zunächst ein Teil des Schwefelwasserstoffs
mit der ganzen Menge des für die Umsetzung notwendigen Sauerstoffs reagiert, wobei
leicht eine hohe Temperatur aufrechterhalten werden kann. Im Anschluß an diese Verbrennung
wird der restliche Schwefelwasserstoff zugeführt.
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In den Verbrennungsgasen finden sich bei Anwendung der zur Umwandlung
des gesamten Schwefelwasserstoffs in Schwefel gerade erforderlichen Sauerstoffmenge
nach der Kühlung etwa 8o bis go°/o des angewandten Schwefelwasserstoffs in Form
von Schwefel vor. Dieses Ergebnis ist um so überraschender, als die Verbrennungstemperatur
beispielsweise im Falle von 6o°/oigem Schwefelwasserstoff und der zur Überführung
in Schwefel äquivalenten Luftmenge etwa iooo° beträgt und das Gleichgewicht zwischen
Schwefelwasserstoff, Schwefeldioxyd und Schwefel bekanntlich nur bei niederen Temperaturen
für die Schwefelbildung günstig liegt, so daß beispielsweise bei der katalytischen
Umsetzung ohne freie Flamme im Clausofen bei einer Katalysatortemperatur von 5oo°
nur noch etwa 50°/o des Schwefelwasserstoffs und bei höheren Temperaturen noch weniger
zu Schwefel umgesetzt werden.
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Die Verbrennung des Schwefelwasserstoffs nach dem vorliegenden Verfahren
erfolgt zweckmäßig unter einem Dampfkessel, wobei die bei der Verbrennung entwickelte
Wärme für die Dampferzeugung im Kessel und die Überhitzung des Dampfes und gegebenenfalls
auch noch für die Vorwärmung des Kesselspeisewassers ausgenutzt wird. Da Schwefel
bei 114 bzw. iig ° erstarrt, wählt man einen solchen Betriebsdruck für den Dampfkessel,
daß die Siedetemperatur des Wassers über iig° liegt, also einen Druck von mindestens
2 ata. Bei Verwendung von Rauchrohrkesseln kann man die Kühlung der Verbrennungsgase
am leichtesten ohne Zuhilfenahme des Speisewasservorwärmers, also lediglich in den
Rauchrohren bewirken. Vorteilhaft berücksichtigt man auch die Eigenschaft des Schwefels,
bis 150 ' sehr dünnflüssig zu sein. Man wählt also, wenn nicht andere Gründe für
die Wahl höherer oder geringerer Betriebsdrucke sprechen, z. B. einen Rauchrohrkessel
zur Erzeugung von Dampf mit q. ata, wobei dann der Schwefel bei der Kondensation
auf den Rauchrohren sich sehr dünnflüssig abscheidet und daher besonders leicht
abläuft.
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Benutzt man Speisewasservorwärmer für die Kühlung der Verbrennungsgase,
so muß man dafür sorgen, daß das Speisewasser schon mit einer Temperatur von mindestens
iig° in den Vorwärmer eintritt, weil sonst der Schwefel auf den Vorwärmerohren erstarren
würde. Beispielsweise kann man das Speisewasser zuerst in einem außerhalb des Kessels
angeordneten Vorwärmer mit einem kleinen Teil des im Kessel erzeugten Dampfes z.
B. auf i2o° vorwärmen und das so erhitzte Speisewasser zusammen mit dem kondensierten
Dampf in den von den Verbrennungsgasen beheizten Vorwärmer einführen. Vorteilhaft
ordnet man die einzelnen Teile des Kessels so an, daß der bei der Kühlung der Verbrennungsgase
in flüssigem Zustand ausgeschiedene Schwefel in Richtung des Gasstromes von den
Kesselteilen ablaufen kann.
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Überraschenderweise tritt bei dem vorliegenden Verfahren trotz der
hohen Konzentration des dampfförmigen Schwefels in den Verbrennungsgasen und trotz
der Abscheidung des flüssigen Schwefels auf den metallischen Kesselteilen eine Schwefelung
oder Korrosion der Metallteile nicht ein.
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Zur Abscheidung des in den Verbrennungsgasen nach dem Verlassen des
Kessels noch vorhandenen Schwefels muß man die Gase mindestens auf etwa Zoo °, vorteilhaft
aber noch tiefer, kühlen. Man, führt die gekühlten Gase z. B. in bekannter Weise
durch Elektrofilter oder sog. Multiklone oder durch mit Raschigringen gefüllte Abscheider
oder ähnliche Vorrichtungen, in denen sich der Schwefel abscheidet.
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Die Kühlung der Verbrennungsgase kann jedoch statt in einem Dampfkessel
auch z. B. mit Luft- oder Ölkühlern geschehen, oder man kann die Gase durch Einspritzen
von Wasser kühlen, wobei man zweckmäßig Druckwasser benutzt, das auf über ioo° erhitzt
wurde.
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Wenn es genügt, etwa 8o bis go°/o des Schwefelwasserstoffs in Schwefel
umzuwandeln, so kann man die Verbrennungsgase nach der Abscheidung
des
Schwefels gegebenenfalls noch durch Schwefelstaubkammern und dann in einen Schornstein
oder z. B. in eine gewöhnliche Kesselfeuerung o. dgl. ableiten.
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Will man dagegen den Schwefelwasserstoff möglichst vollständig in
Schwefel umwandeln, so führt man die Verbrennungsgase nach der Abkühlung und gegebenenfalls
nach Abscheidung von Schwefel zur Umwandlung des noch vorhandenen Schwefelwasserstoffs
in an sich bekannter Weise über Katalysatoren. Hierbei kann man aber im Gegensatz
zum üblichen Clausverfahren wegen der nur noch geringen Wärmetönung, die in der
Regel nur eine Temperatursteigerung um etwa 5o" bedingt, die Katalysatorschicht
etwa hundertmal stärker belasten. Vor Eintritt in den Katalysator kühlt man die
Verbrennungsgase nicht weiter als bis auf die untere Reaktionsgrenze des Katalysators.
Auch empfiehlt es sich, wenn man die Verbrennungsgase vor Eintritt in den Katalysator
stark abkühlt, für eine möglichst weitgehende Abscheidung des schon gebildeten Schwefels
zu sorgen, weil sich dieser sonst auf den ersten Schichten des Katalysators niederschlagen
und hier Anlaß zu Verstopfungen, geben könnte.
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Verzichtet man auf eine so weitgehende Abscheidung des schon gebildeten
Schwefels, so muß man die Arbeitstemperatur in der Katalysatorschicht entsprechend
höher wählen, z. B. die Gase mit einer Temperatur von a20 ° in den Katalysator einführen.
Man kann den Katalysator an beliebiger Stelle außerhalb oder innerhalb des Kessels
anordnen. Beispielsweise kann man ihn im Kesselausgang unterbringen oder sogar in
den Rauchrohren des Kessels anordnen. Häufig ist es zweckmäßig, den Katalysator
in zwei Schichten zu unterteilen und zwischen diesen eine Gaskühlung und einfache
Schwefelabscheidung vorzusehen. Da sich die Reaktion bei Beeinflussung durch Katalysatoren
um so vollständiger vollzieht, je niedriger die Reaktionstemperatur liegt, so erleichtert
die Unterteilung der Kontaktschicht mit dazwischenliegender Kühlung und Abscheidung
des Schwefels die vollständige Umsetzung des Schwefelwasserstoffs zu Schwefel.
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Das vorliegende Verfahren ist weitgehender Anpassung an die Bedürfnisse
des einzelnen Falles fähig. Will man beispielsweise aus dem Schwefelwasserstoff
nicht-nur Schwefel, sondern auch Schwefelsäure gewinnen, so wird der Schwefelwasserstoff
mit so viel Luft oder Sauerstoff, als für die Bildung der gewünschten Schwefelmenge
erforderlich ist, verbrannt, Die Verbrennungsgase werden gekühlt, und der gebildete
Schwefel wird abgeschieden. Die hierbei verbleibenden Gase werden mit einem Überschuß
an Sauerstoff oder einem sauerstoffhaltigen Gas, erforderlichenfalls unter Zuhilfenahme
von Katalysatoren, zu Schwefeldioxyd verbrannt, das dann in bekannter Weise in Schwefelsäure
umgewandelt werden kann.
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Stehen andererseits neben dem Schwefelwasserstoff auch Schwefeldioxyd
oder schwefeldioxydhaltige Gase zur Verfügung, so kann man auch diese für die Schwefelgewinnung
nutzbar machen, indem man den schwefelwasserstoffhaltigen Gasen vor oder während
derVerbrennung mit freier Flamme Schwefeldioxyd zuführt. Die Menge Sauerstoff oder
sauerstoffhaltiger Gase kann dann entsprechend geringer sein, muß aber stets so
groß sein, daß die Verbrennung mit freier Flamme- störungsfrei verläuft. In der
gleichen Weise kann man an Stelle von Schwefeldioxyd auch Schwefeltrioxyd oder selbst
Schwefelsäure zuführen und diese ebenfalls in Schwefel umwandeln.
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Eine für die Durchführung des vorliegenden Verfahrens geeignete Vorrichtung
ist in der beiliegenden Zeichnung schematisch dargestellt. Beispiel In der Verbrennungskammer
x eines stehenden Feuerbuchskessels 2 für die Erzeugung von Dampf mit 16 atü werden
stündlich 1500 cbm eines Gases mit 60°/o Schwefelwasserstoff und 40 °/° Kohlensäure
mit 216o cbm Luft verbrannt. Das schwefelwasserstoffhaltige Gas wird durch die Leitung
3, die-Luft durch die Leitung q. zugeführt. Die Brennkammer des Kessels ist mit
feuerfesten Steinen 5 ausgekleidet und wird vor Beginn der Umsetzung entweder durch
Verbrennung eines Heizgases oder durch Verbrennung des schwefelwasserstoffhaltigen
Gases mit einem Überschuß von Luft auf die notwendige Temperatur, d. h. mindestens
auf Dunkelrotglut, gebracht. In dem Kessel ist im Gange der Verbrennungsgase über
den Siederohren 6 (in der Zeichnung durch gestrichelte Linien dargestellt) ein Dampfüberhitzer
7 und daneben ein Speisewasservorwärmer 8 angeordnet, durch den die Verbrennungsgase
von oben nach unten ziehen. In den Vorwärmer wird Speisewasser eingeführt, das zuvor
in einem besonderen, außerhalb des Kessels angeordneten Vorwärmer 9 mit Hilfe von
durch die Leitung 1o zugeführtem Dampf auf mindestens 12o ° erwärmt wird.
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Die Verbrennungsgase, die etwa 850[, des in die Verbrennungskammer
eingeführten Schwefelwasserstoffs in Form von dampfförmigem Schwefel und daneben
3 °/° Schwefelwasserstoff und 1,5% Schwefeldioxyd enthalten, werden nach dem Durchgange
durch den Dampfüberhitzer durch den Speisewasservorwärmer geleitet. Die Menge des
in diesen eingeführten Speisewassers und seine Temperatur werden so eingestellt,
daß die Verbrennungsgase hier auf 18o ° abgekühlt werden. Hierbei wird bereits die
Hälfte des in den Gasen enthaltenen Schwefels in flüssiger Form ausgeschieden. Zur
Gewinnung des übrigen Schwefels werden die Gase
bei der gleichen
Temperatur durch einen sog. Multiklon ii geführt. Man gewinnt stündlich insgesamt
io2o kg flüssigen Schwefel und daneben stündlich 2,5 t überhitzten Dampf von 16
atü. Die Verbrennungsgase werden noch durch sog. Staubkammern (in der Zeichnung
nicht dargestellt) geführt, in denen sich der größere Teil des in den Gasen noch
enthaltenen Schwefelwasserstoffs und Schwefeldioxyds zu Schwefel umsetzt, und dann
in einen Schornstein geleitet.