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Verfahren zur Erzeugung von Marmor- und Craquelewirkungen auf keramischen
Gegenständen Es ist bekannt, keramische Gegenstände zu verzieren, indem man Farbschichten
auf sie aufbringt und diese dann mit wässerigen Lösungen von Kolloiden überzieht.
Beim Eintrocknen ziehen sich die Kolloide zusammen und nehmen ,dabei die Farbschichten
teilweise mit, so daß beim Brennen der Gegenstände marmorierte Flächen entstehen.
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Weiter ist @es auch nicht mehr neu, Lüsterfarb.enüberzüge mit seinem
Anstrich aus brennbaren Flüssigkeiten, z. B. Kohl@enwasserstoffen, Petroleum usw.,
zu versehen, worauf die Gegenstände dann in üblicher Weise gebrannt werden. Durch
das Auftragen der brennbaren Flüssigkeiten werden die Lüsterfarben teilweise zusammengezogen,
teilweise zerteilt und auch zerstört, wodurch sich marmorartige Wirkungen ergeben.
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Man hat auch schon vorgeschlagen, an Stelle des Überzuges von Kolloiden
Deckschichten zu verwenden, die mit der Farbschicht nicht mischbar sind und eine
höhere Oberflächenspannung als diese haben, wodurch sie sich beim Brennen unter
Zerreißen der Grundschicht zu netzartigen Gebilden zusammenziehen; ges sind dies
vor allem Glycerin, Äthylenglykol und deren in Wasserlösliche Homologe.
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Alle Verfahren haben das gemeinsam, daß zwei Schichten gleichmäßig
übereinander gestrichen werden und daß die beabsichtigte Wirkung erst durch das
Zusammenziehen der oberen Schicht beim Brennen eintritt. Ist sie nicht ganz nach
Wunsch ausgefallen, so ist eine Verbesserung nur durch neues Überziehen des Gegenstandes
und einen nochmaligen Brand möglich, wobei der Erfolg immer noch ungewiß bleibt.
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Es wurde nun gefunden, daß man die gewünschten Marmorwirkungen in
viel einfacherer und zuverlässigerer Art dadurch erzielen kann, .daß man die zweite
Schicht von vornherein nicht gleichmäßig auf die erste aufträgt, sondern sie auf
@diese aufspritzt oder sonstwie unregelmäßig aufträgt, während die erste Schicht
noch flüssig ist. Man hat dabei den weiteren Vorteil, bei der Auswahl der für die
beiden Schichten zu verwendenden Flüssigkeiten nicht der Einschränkung unterworfen
zu sein, daß sie nicht ineinander mischbar sein dürfen. Nur darauf muß man achten,
däß die zur Suspension der ersten Farbschicht benutzte Flüssigkeit nicht zu rasch
verdunstet, damit diese Schicht während des Auftragens der zweiten noch flüssig
ist.
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Hat man den Gegenstand mit der ersten Schicht überzogen und bringt
nun die zweite Flüssigkeit durch Aufspritzen, Auftupfen mit dem Pinsel oder ähnliche
Arbeitsweisen gewünscht ungleichmäßig ,auf, so erzielt man je nach dem Verhallen
der beiden gewählten Flüssigkeiten zueinander wählbar ganz verschiedene Wirkungen.
Wenn die beiden Flüssigkeiten miteinander mischbar sind und k eine von beiden besonders
leicht verdunstet, wie
Glycerin und Wasser, so entstehen beim Ruftropfen
.des Wassers auf die mit Glycerin angeriebene Farbschicht rundliche Flecken,.: die
mehr oder weniger deutlich die ursprüngliehe Form der aufgespritzten Wassertröpfchen
zeigen. Der Ausgleich zwischen Wasser und Glycerin durch Diffusion erfolgt verhältnismäßig
langsam und allmählich, so daß Farbteilchen finit der Flüssigkeit nur in geringetn
Maße verschoben werden. Ist dagegen di° zweite Flüssigkeit zwar mit der ersten mischbar,
verdunstet aber viel leichter als diese, z. B. Spiritus gegenüber Glycerin, so bewirkt
zunächst beim Auftref=fen die Störung in der Oberfläche der Glycerin-Schicht eine
sehr rasche Ausbreitung und gleichmittige Vergrößerung der Spirituströpfchen, indem
sich gleichzeitig die Glycerinsc:hicht in zahlreiche kleinere und größere Tropfen
und an denjenigen Stellen, an denen zwei oder mehrere sich gleichzeitig ausbreitende
Spiritustropfen zusammentreffen, in schmälere und breitere Kanäle sammelt und auf
diese Weise ein aus Tröpfchen und Kanälen bestehendes Netzwerk bildet. Die suspendierten
Farbteilchen werden hierbei vom Glycerin mitgerissen, so daß es aussieht, als ob
die Spiritustropfen .die Glyceiinfarbschicht an den betreffenden Stellen verdrängen.
Nach kurzer Zeit ist die größte Menge des aufgebrachten Spiritus verdampft, und
die restliche kleine Menge diffundiert an den Berührungsstellen mit den Glycerintröpfchen
und Kanälen in diese hinein; hierdurch verwischen sich die zunächst scharfen Grenzen
der Tröpfchen und Kanäle eine Kleinigkeit und geben so der Verzierung ein marmorähnliches
Aussehen. Ähnliche Wirkungen kann man im ersten Beispiel (Glycerin und Wasser) auch
erreichen, wenn man so viel Wasser aufbringt, daß man es durch Drehen und Wenden
des Gegenstandes auf der ganzen Oberfläche verteilen kann; auch hier bildet sich
als Folge der plötzlichen Vermischung und allmählichen Diffusion ein mehr oder weniger
deutliches Waben- oder Marmorgefüge.
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Mischen sich jedoch die Flüssigkeiten gar nicht oder nur beschränkt
miteinander, z. B. Glycerin Lind Terpentinöl, dann tritt zwar beim Auftragen der
zweiten zunächst dieselbe Wirkung ein, wie sie in den vorhergehenden Fällen beschrieben
wurde: die Störung in der Oberflächenspannung der Glycerinschicht bewirkt, daß sie
sich samt der Farbe in Tröpfchen und Kanälen zusammenzieht, welche durch die sich
ausbreitenden öltröpfchen begrenzt werden. Die schwere Verdampfbarkeit des öles,
verbunden mit seiner Unlöslichkeit in Glycerin, verhindert aber nunmehr, daß das
einmal gebildete Netzwerk von Tröpfchen und Kanälen durch Verfließen der Grenzen
sich verwischt; vielmehr bleibt es im Gegensatz zu den früheren Beispielen in ganzer
Schärfe erhalten. Nach -dieser Art her-' gestellte Verzierungen wirken mehr craqueleähnlich.
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Als Flüssigkeitszusammenstellungen, die in der angegebenen Weise verwendbar
sind, kommen z. B. in Betracht: i. Glycerin und Wasser, 2. Glycerin und Spiritus
oder Spiritus-Wasser-Gemische, 3. Glycerin und Terpentinöl, Terpentinöl und Spiritus,
Glycerin-Spiritus-Gemische und Spiritus-Nelken.öl-Gemiscli:e. Man kann entweder
die gleiche Farbe in verschiedenen Flüssigkeiten suspendieren, wobei der gleiche
Farbton je nach der Farblage in verschiedener Stärke erscheint, oder man suspendiert
zur Erzielung bunter Wirkungen verschiedene Farben in den gleichen oder verschiedenen
Flüssigkeiten. Die Zahl und Mannigfaltigkeit der auf diese Weise herzustellenden
Verzierungen ist so gut wie unbeschränkt, trotzdem aber weitgehend becinflußbar,
zumal bei Verwendung mehrerer Farben zur Wirkung der reinen Farben gegebenenfalls
noch diejenige der entstehenden Mischfarben tritt. Schließlich besteht die neuartige
Möglichkeit, an verschiedenen Stellen des gleichen Gegenstandes Marmor- und Craquelewirkungen
zu erzeugen.
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Der Maler hat insbesondere die bisher nicht bekannte Möglichkeit,
die Verzierung vor dem Brennen des Gegenstandes auf ihren Ausfall zu prüfen, und,
falls sie nicht ganz. seinen Wünschen entspricht, sie teilweise abzuändern oder
vollständig zu erneuern. Die Wirkung kann also nunmehr im einzelnen so gestaltet
werden, wie man sie wünscht. Man kann z. B. den überzug an Stellen, die nicht so
.aussehen, wie man es haben will, wieder abwischen und erneuern.
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Als Farbstoffe lassen sich zur Ausführung des neuen Verfahrens in
erster Linie Schmelzfarben, aber auch Lüsterfarben, Druckgolde und ähnliche Edelmetalle,
die sonst in Pulverform für Verzierungsnvecke benutzt werden, verwenden. Beispiele
i. Man reibt i Gewichtsteil roter Schmelzfarbe mit 2 Gewichtsteilen Glycerin und
bringt die angeriebene Farbe mit dem Pinsel in gleichmäßiger dünner Lage auf den
Gegenstand auf. Eine andere Farbe, z. B. hellgrau, wird mit Spiritus angerieben,
und zwar wird das Farbgemisch so dünn eingestellt, daß die Farbe leicht aus dem
Pinsel tropft. Mit dem vollen Pinsel spritzt oder tropft man die hellgraue Farbe
auf die erste Farblage
auf, wobei sich die ;erste Farbe zunächst
zu einem Netzwerk von Tropfen und Kanälen zusammenzieht, um,dann später wieder etwas
zu verlaufen. Durch die @dabei vorkommenden Farbvermischungen ergeben sich an vielen
Stellen Übergangsfarben zwischen rot und grau. Ist zufällig an einigen Stellen zuviel
Farbe angesammelt, kann man durch Abtupfen den überschuß beseitigen; auch durch
Drehen und Wenden lassen sich Form und Richtung des entstehenden Netzwerkes beeinflussen.
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z. Drei Schmelzfarben, blau, gelb und rot, werden je mit z Teilen
eines Gemisches aus 5 Teilen Glycerin, 3 Teilen Spiritus und z Teilen Nelkenöl angerieben,
der zu verzierende Gegenstand fleckartig zunächst nur mit einer der Farben bedeckt
und die verbleibenden Lücken mit den beiden anderen Farben ausgefüllt. Nun werden
zwei andere Farben, z. B. lachsrot und grau, je zu gleichen Teilen mit einem Gemisch
aus z Gewichtsteilen Nelkenöl und 3 Gewichtsteilen Spiritus angerieben und diese
Farbsuspensionen abwechselnd auf die erste Farbschicht aufgetropft. Auch hierbei
kann das gegenseitige Durchdringen .der Farbsuspensionen durch geschicktes Bewegen
des Gegenstandes unterstützt werden. Nach dem Einbrennen der Farben zeigt sich die
Oberfläche von zahlreichen Kanälen in .den genannten Farben und vielen Zwischenfarben
durchzogen. 3. Ein 40 %iges Malergold wird mit der gleichen Menge Glycerin angerieben
und der Gegenstand in Abständen damit betupft. In die frei gebliebenen @ Flächen
wird eine in gleicher Weise angeriebene Purpurfarbe gebracht. Über ,das Ganze wird
schließlich mit Spiritus leicht getupft, aber nicht spritzt,damit keine völlige
Vermischung, sondern nur ein teilweises Verlaufen des Goldes und der Farbe ineinander
stattfindet. Es entsteht ein unregelmäßiges Netz aus verwischten, golddurchsetzten
Purpurfeldern.