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Verfahren zur Herstellung von Butylalkohol und Aceton durch Gärung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Butylalkohol und Aceton
durch Gärung in industriellem Maßstabe, insbesondere unter Verwendung von Pentosen
als Ausgangsstoffen.
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Die Gewinnung von Butylalkohol und Aceton durch Vergärung sowohl stärkeartiger
wie zuckerartiger Kohlehydrate durch Bakterien ist bekannt und wurde von einer Reihe
von Wissenschaftlern untersucht. Frühere Forscher haben auch Pentosen, wie Xylose,
mit Butylacetonbakterien vergoren. Die von ihnen angewandten Verfahren sind indessen
ungeeignett für eine Arbeit im fabrikmäßigen Maßstabe, und zwar wegen der niedrigen
Konzentrationen, welche unter den angewandten Bedingungen vergärbar sind, ferner
wegen der Kosten der hochgradig reinen Ausgangsmaterialien.
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Xylose ist in der Natur nicht frei zu finden, kann aber leicht durch
Säurehydrolyse zahlreicher cellulosehaltiger Stoffe gewonnen werden, z. B. von Maiskolben,
Stroh, Haferhülsen, Baumwollsamenhülsen u. dgl., sowie vielen anderen Stoffen. So
kann Xylose beispielsweise durch Behandlung von gemahlenen Maiskolben- mit 2 °/oiger
oder stärkerer Schwefelsäure während einer Zeit von i bis 4 Stunden bei einer Temperatur
von beispielsweise 1300 hergestellt werden. Auf diesem Wege werden Ausbeuten von
3o bis 35 % an reduzierendem Zucker, wie Xylose, in der Form einer rohen
Lösung neben 14 bis 16 °/a kristallinischer Xylose erhalten. Frühere Forscher haben
lediglich die reine kristallinische Fraktion der dargestellten Xylose isoliert und
als Ausgangsmaterial für die butylalkoholisch-acetonische Gärung verwandt. Ein großer
Teil der entstandenen Xylose wurde nicht verwertet, so daß die so erhaltenen Produkte
zu teuer waren, um mit den aus anderen Quellen dargestellten entsprechenden Produkten
in Wettbewerb treten zu können. Es gelang erst durch die vorliegende Erfindung,
mittels geeigneter Maßnahmen die Gesamtmenge der Xylose mit befriedigenden Ausbeuten
auf Butylalkohol, Aceton und andere wertvolle Produkte zu verarbeiten.
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Abgesehen von der laboratoriumsmäßigen Vergärung von reinen Pentosenzuckern
hat man auch bereits in fabrikmäßigem Maßstabe Materialien vergoren, die Spuren
von Pentosen enthalten haben mögen. So ist z. B. die Vergärung von wood juice, d.
h. einem durch Hydrolyse von Holz gewonnenen Sirup, und hydroliniertem Torf bereits
beschrieben worden.
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Bei der vorliegenden Erfindung handelt es sich jedoch nicht um die
Vergärung von Stoffen, bei' denen Spuren von Pentosen vorhanden
sind,
sondern um die wirtschaftliche Vergärung von Stoffen, -die wesentliche Mengen von
Pentosen enthalten.
Wertung des Gärprozesses ausschlossen. De artige Hydrolysate enthalten z. B. toxische
Stoffe, welche die Vergärung in solchen Konzentrationen, die für ein wirtschaftliches
Verfahren erforderlich sind, unmöglich machen. So wird in der Literatur angegeben,
daß man bis zu etwa 5 °/o Sulfitlaugenzucker (Hexosen) zu einer Maismaische zugeben
kann und dabei noch eine Normalausbeute an Butylalkohol und Aceton erhält. Bei Zugabe
höherer Konzentrationen ist die toxische Wirkung auf die Organismen jedoch so groß,
daß nur niedrige Ausbeuten erzielt werden. Eine weitere Schwierigkeit, der man bei
der Vergärung von Pentoselösungen begegnet, ist die, daß die Pentosen sehr leicht
karamelisieren, was zur Folge hat, daß die erforderliche Sterilisation ohne merkliche
Verluste an Zucker nur sehr schwer durchführbar ist. Ein anderer Übelstand bei der
Verwertung der angegebenen Materialien beruht auf der Tatsache, daß sie ohne Zusatz
von Nährstoffen nicht vergoren werden können, wodurch allgemein das Verfahren über
Gebühr verteuert wird.
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Ferner ist es bei Anwendung von Xylose in roher Form nötig, ihr Nährstoffe
in solcher Form beizugeben, daß die gleichzeitig mit der Xylose anwesenden .Stoffe
nicht :ungünstig auf sie wirken. Gewisse Schwierigkeiten liegen auch in .der Verweh-Jung
der optimalen Xylosekonzentration.
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Es wurde nun gefunden, daß die der Verwendung von roher Xylose zur
Gewinnung von Butylalkohol und Äcetondurch Gärung anhaftenden Nachteile weitestgehend
ausgeschaltet werden können, wenn man der Xylosemaische geeignete Mengen von natürlich
vorkommenden stärkeartigen Kohlehydraten zufügt, beispielsweise Cerealien, wie Mais,
Kafferkorn, Weizen u. dgl. Die Verwendung einer Maische von solcher Zusammensetzung
in Verbindung mit .einem geeigneten Sterilisationsverfahren, wie es weiter unten
beschrieben ist, ergibt durchaus befriedigende -Resultate in fabrikmäßigem Maßstabe.
Das kann praktisch auf verschiedenen Wegen erreicht werden.
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Bei der Vergärung von Stärkekohlehydraten durch Butylacetonbakterien
werden im allgemeinen Konzentrationen an Stärke von etwa 6 bis ä Gewichtsprozenten
angewandt, um möglichst günstige Ergeb-. pisse hinsichtlich der vollständigen Verarbeitung
des Rohmaterials, .der Gesamtausbeute an Gärungsprodukten bei einer gegebenen Gärraumgröße
usw. zu erlangen. Es ist daher in den meisten Fällen `,v4inschenswert, daß die zu
vergärende rohe Xylose-"£fi:ssigkeit etwa dieselbe Konzentration be-:d'zt wie die
bei der Gärung zu verwendende °äiärkekohlehydrathaltige Maische. Das ist indessen
nicht immer erforderlich, da in manchen Fällen das Verfahren in geeigneter Weise
so abgeändert werden kann, daß höhere oder niedrigere Xylosekonzentrationen Verwendung
finden. Für eine günstige Arbeit werden im allgemeinen Konzentrationen von 6,5 bis
7 g Xylose oder mehr auf ioo ccm Lösung anzuwenden sein. Geringere Konzentrationen
erfordern die Herstellung von Stärkemaischen von verhältnismäßig höherer Konzentration,
welche, wie angegeben, im allgemeinen schwer zu erhalten sind. In Verbindung mit
diesem Nachteil ergeben Maischen mit einem Gehalt von weniger als 6,5 bis 7 g Xylose
auf ioo ccm Lösung allgemein bereits vom Standpunkt der Vergärung aus unbefriedigende
Ergebnisse, da derartige Maischen während der Gärung hohe Aciditätskurven und andere
unerwünschte Eigenschaften zeigen.
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Die anfallende rohe Xyloselösung ist stark sauer und- von aseptischem
Charakter. Um sie zur butylacetonischen Vergärung geeignet zu machen, muß der Säuregrad
zunächst herabgesezt weiden. Dies kann durch Zusatz von neutralisierenden Stoffen
geschehen, beispielsweise von Calciumhydroxyd in der Form von Kalkmilch, Calciumcarbonat,
Soda u. dgl. Es werden genügende Mengen an Neutralisationsmitteln zugegeben, um
den Säuregrad der Xyloseflüssigkeit auf einen pH-Wert von 5,5 bis 5,75 herabzusetzen.
Wenn die Flüssigkeit stärker sauer ist, so greift :sie gewöhnlich die Eisenwände
der Gärbottiche und anderer Apparate an; ist sie andererseits stärker alkalisch,
so neigt die Xylose in höherem Maße zur Zersetzung.
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Nach Einstellung der Wasserstoffionenkonzentration wird .die Xylos.efiüssigkeit
vorzugsweise unter möglichst aseptischen Bedingungen gehalten, um den Zutritt von
verunreinigenden Organismen zu verhindern. Bei der angegebenen Wasserstoffionenkonzentration
findet im allgemeinen nur ein geringes oder gar kein Wachstum von iSärungsverunreinigern
statt; es ist indessen wünschenswert, die Xyloselösung vor ihrer Impfung mit den
Butylalkoholacetonbakterien zu sterilisieren. Wie oben angegeben wurde, muß aber
besonders Sorgfalt darauf ver-,wendet werden, während der Sterilisierung ,eine Überhitzung
der Xylose zu vermeiden. Das Sterilisationsverfahren kann auf verschiedenen Wegen
sinngemäß ausgeführt werden.
Wasser und das stärkeartige Material,
wie beispielsweise. entkeimtes oder nicht entkeimtes Maismehl, in einer Konzentration
von 6 bis 8 Gewichtsprozenten und die Xyloselösung von etwa der gleichen Konzentration
können getrennt sterilisiert, in den Gärbottich eingeführt, mit Butylalkoholacetonbakterien
geimpft und der Gärung überlassen werden. In diesem Falle wird das Maismehl im allgemeinen
unter einem Dampfdruck von z,4 Atm. während etwa 2 Stunden, und die Xyl.oselösung
bei demselben Druck während etwa 15 Minuten sterilisiert. Wenn die letztere länger
erhitzt wird, findet eine zu starke Karamelisierung statt.
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Ein zweiter Weg besteht darin, das Maismehl in gewöhnlicher Weise
zu sterilisieren. mit dem Unterschied, daß die Xyloselösung in das Sterilisationsgefäß,
das das in Sterilisierung befindliche Maismehl enthält, etwa 15 Minuten vor Beendigung
der Sterilisation des letzteren eingeführt wird. Die Sterilisierung des Gemisches
wird dann in gewöhnlicher Weise noch 15 Minuten fortgesetzt und das Gemisch aus
dem Gefäß abgezogen, auf etwa 36 bis 371 abgekühlt, mit Butylacetonbakterien
geimpft und *die Gärung in üblicher Weise durchgeführt.
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Ein drittes Verfahren hat gewisse Vorteile gegenüber den vorstehend
beschriebenen. Hiernach wird die Maismehlmaische sterilisiert, abgekühlt, in den
Gärbottich eingefüllt, mit Butylacetonbakterien geimpft und vergären gelassen. Wenn
sich die Maische in kräftiger Gärung befindet, wird die Xyloseflüssigkeit entweder
auf einmal oder in mehreren Anteilen oder auch gegebenenfalls in kontinuierlichem
Zulauf so lange zugegeben, bis die erforderliche Menge sich im Gärbottich befindet.
Bei diesem Vorgehen ist eine Sterilisierung der Xyloseflüssigkeit nicht immer erforderlich,
sofern die übliche Sorgfalt aufgewendet wird, um' eine zu starke Infektion der Flüssigkeit
mit verunreinigenden Organismen zu verhüten. Bei diesem Verfahren wird jeglicher
Verlust durch Karamelisation vermieden; «:elcher bei der Sterilisation auftreten
könnte. ' Die nachstehende Tabelle zeigt zahlenmäßig die Vergärung eines Gemisches
von Maismehl mit wechselnden Mengen von roher Xyloseflüssigkeit, welche durch Hydrolyse
von grob gemahlenem Maiskolbenmehl gewonnen ist. Etwa 5 bis 6 Gewichtsprozent an
Kohlehydraten wurden in jedem Fälle angewandt. In jedem Falle wurde ein Vergleichsversuch
mit zoo °/o entkeimtem Maismehl angestellt.
Die Versuche 5 und 6 zeigen, daß bei den besonderen, bei diesen Versuchsreihen innegehaltenen
Bedingungen der Vergärung und der Sterilisation eine gewisse Karamelisierung der
Xylose stattfand, wenn diese in Konzentrationen von etwa 25 °%o zugegen war. Wenn
die Xylose während der Sterilisierung kürzere Zeit erhitzt wird und die Verhältnisse
dadurch verändert werden, daß die Xylose der Maismehlmaische zugesetzt wird, so
ist es möglich, mit befriedigenden Ergebnissen höhere Xylosekonzentrationen anzuwenden,
so daß unter günstigen Umständen bis zu 40 oder 50
% der stärkeartigen Kohlehydrate
durch Xylose ersetzt werden können.
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Bei der Ausführung der Erfindung kann in mannigfacher Hinsicht von
den beschriebenen Ausführungsformen abgewichen werden, ohne daß der Rahmen der Erfindung
überschritten wird. Selbstverständlich können auch die
vielfachen
äquivalenten und bekannten Maßnahmen bei diesem Verfahren Verwendung finden. So
ist es beispielsweise möglich, daß als Butylalkoholacetonbakterien beliebige der
verschiedenen Bakterien verwendet werden, welche für diesen Zweck vorgeschlagen
Wurden, so daß Clostridium acetobutylicum, B. W e i z m a n n , B. butylicum-aceticum,
B. butylicum B. F., B. granulobacter pectino= vorum usw. Auch andere als die oben
beschriebenen Methoden zur Gewinnung der Xyloseflüssigkeit können mit befriedigenden
Ergebnissen angewandt werden. Ebenso können das Sterilisierungsverfahren und die
Einleitung der Gärung der Xylose erheblich von den beschriebenen Ausführungsformen
abgewandelt werden, ohne daß sich an den Endergebnissen etwas ändert: