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Verfahren zum Herstellen von Zitronensäure durch Gärung Durch wissenschaftliche
Arbeiten von Bernhauer und Kostytschew ist es bereits bekannt, fertige Pilzdecken,
die durch ausgewählte Vertreter aus der Gruppe der Schimmelpilze auf geeigneten
Nährlösungen gezüchtet waren, nach Entfernung der ersten Nährlösung auf eine zweite
frische Nährlösung zur Wirkung zu bringen, um auf diese Weise den Chemismus der
Bildung von Zitronensäure besser untersuchen zu können. Eine praktische Auswertung
haben indessen diese Versuche bislang nicht gefunden, weil damit gleichbleibende
befriedigende Ausbeuten nicht erzielt werden können, insbesondere nicht bei Durchführung
der Gärung in größerem Maßstabe.
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Es- hat sich nun überraschenderweise herausgestellt, daß die mittels
ausgewählter Stämme von geeigneten Schimmelpilzen, wie z. B. von Aspergillus niger,
auf einer in bekannter Weise zusammengesetzten ersten Nährlösung gezüchteten fertigen
Pilzdecken dann besonders lange und mit besonders guter Ausbeute die Fähigkeit zur
Bildung von Zitronensäure in immer wieder erneuerten Nährlösungen behalten, wenn
einmal ein bestimmter Wechsel in der Zusammensetzung der aufeinanderfolgenden Nährlösungen
innegehalten wird, und ferner, wenn bestimmte Metallionen sorgfältig ferngehalten
werden. Als besonders wirksam hat sich als zweite, dritte und gegebenenfalls vierte
Nährlösung eine 15- bis zo°1oige Zuckerlösung, die keinen weiteren-Zusatz als eine
geringe Menge Phosphorsäure oder einer anorganischen Säure, wie Salz- oder Schwefelsäure,
erhalten hatte, erwiesen. Die Anwesenheit einer geringen Menge einer solchen Säure
erhöht die Haltbarkeit der Pilzdecke und wirkt günstig auf die Ausbeute. Als vierte
bzw. fünfte Nährlösung folgt alsdann zweckmäßig eine gleichfalls 15- bis
zo°1oige Zuckerlösung; der jedoch außer einer geringen Menge einer änorganischen
Säure noch geringe Mengen des üblichen Nährsalzgemisches: Ammoniumnitrat, saures
Kaliumphosphat und Magnesiumsulfat zugesetzt wurden. Hierdurch wird die Zitronensäurebildung
erneut angeregt. Alsdann folgen vorteilhaft wiederum wie vorher mehrere Zuckerlösungen,
denen lediglich freie Phosphorsäure o. dgl. zugesetzt wird, worauf sieh zur erneuten
Belebung der Pilzdecke die außerdem mit geringen Mengen von Nährsalzen versetzte
Nährlösung anschließt. Bei sorgfältiger Gärungsführung läßt sich dieser Wechsel
noch ein drittes Mal wiederholen, ohne daß hierdurch eine Erschöpfung der Zitronensäure
bildenden Fermente eintritt.
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Die vorteilhafte Wirkung eines Wechsels in der Zusammensetzung der
sich folgenden Nährlösungen wird nachstehend durch die Ergebnisse folgender Versuchsreihen
veranschaulicht. Bei einer ununterbrochenen Folge von nährsalzfreien Zuckerlösungen
trat etwa nach der dritten oder vierten Lösung ein starker Abfall in der Menge der
erzeugten Zitronensäure sowie der Ausbeute ein. Bei einer ununterbrochenen Folge
von nährsalzhaltigen
Zuckerlösungen trat wohl eine starke Vermehrung
des Mycelgewichts,. jedoch bei gleichzeitiger rascher Verminderung der Enzymtätigkeit-
ein,- wodurch die Ausbeute gegenüber reinen Zuckerlösungen wesentlich geringer war.
Erst durch den Wechsel, wie oben beschrieben, von nährsalzfreien mit nährsalzhaltigen
Zuckerlösungen konnte eine Folge von zehn und noch mehr Nährlösungen mit über 6o
bis 70'/, liegenden Ausbeuten auf Zitronensäure vergoren werden.
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Des weiteren hat es sich als notwendig erwiesen, bei allen Nährlösungen
sorgfältig darauf zu achten, daß bestimmte Arten von > Metallionen, die durch die
Apparatur oder die Arbeitsweise in die Gärlösung hineingelangen können, ausgeschaltet
werden. Überraschenderweise hat sich nämlich herausgestellt, daß gerade bei den
am besten zur Bildung von Zitronensäure geeigneten Pilzstämmen die Anwesenheit schön
geringer Mengen gewisser Metallionen genügt, um die Bildung von Zitronensäure ganz
erheblich herabzusetzen und gleichzeitig eine starke Veratmung von Zucker und damit
eine Verminderung der Ausbeute an Zitronensäure zu bewirken. . Diese Beobachtung
steht zu den bisherigen Anschauungen der Fachleute in vollem Widerspruch, vgl. Kostytschew
und Tschesnokow, Planta, Bd.4 (1927) S. 18,1 bis Zoo. Von den schädlichen Ionenarten
kommen praktisch nur die Calcium- und Aluminiumionen in Betracht: Diese weitverbreiteten
Elemente können sowohl zufällig durch das Ansatzwasser und die Apparatur als auch
absichtlich durch die Arbeitsweise in die Gärlauge gelangen.
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Die nachteilige Wirkung von Calciumionen in der Gärlösung kann aus
folgenden vergleichenden Versuchen ersehen werden: Es wurden unter sonst völlig
gleichen Verhältnissen reit demselben Stamm von Aspergillus niger zwei völlig gleich
zusammengesetzte Ansätze von Rohrzucker und Nährsalzen zur Vergärung gebracht, von
denen als einziger. Unterschied der erste Ansatz ohne CaO-Zusatz, der zweite nach
Zusatz von 0,03 °l, Ca O in Form von Calciumcitrat angestellt wurde. Beien ersten
Ansatz wurde nach 5tägiger Dauer eine Lösung mit 3,4°(o Zitronensäure, beirre zweiten
eine solche von o,89 °/o Zitronensäure erhalten.
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Die Aufarbeitung der Gärlaugen erfolgte bisher in der Weise, daß die
Laugen abgezogen wurden, sobald das Maximum an ,Zitronensäure gebildet war, und
daß die Laugen alsdann mit Kalkmilch oder Kreide auf Calciumcitrat verarbeitet wurden.
Die filttierte Endlauge wurde dann zur weiteren Verwertung des vorhandenen Restzuckers
zum Ansetzen neuer Nährlösung verwendet, und zwar ohne weitere Behandlung. Zum Teil
werd auch Kreide unmittelbar der Nährlösung während der Gärung zugesetzt. Auf diese
Weise gewonnene zuckerhaltige Endlaugen haben sich jedoch nicht mit Vorteil wiederverwenden
lassen, was darauf zurückzuführen sein dürfte, daß diese Endlaugen gelöstes Calciumcitrat
und daanit Ca-Ionen enthalten.
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Es wurde nun gefunden, daß sich die Endlaugen dann ohne Nachteil verwenden
lassen, wenn dafür Sorge getragen wird, daß aus denselben das Calcium in einer der
bekannten Weisen ausgefällt wird, z. B. mit Oxalsäure oder mit Pottasche in einer
der vorhandenen Zitronensäure äquivalenten Menge. Die vom Niederschlag in üblicher
Weise befreite Lösung kann alsdann unter Ergänzung des Zuckergehalts und etwa fehlender
Nährstoffe zum Ansatz einer neuen Gärlösung verwendet werden. Ein weiterer für diesen
Zweck bislang noch nicht angewendeter Weg, die Gärlaugen aufzuarbeiten, besteht
darin, aus diesen Laugen nach dem Abziehen von der Pilzdecke und anschließender
Filtration die vorhandene Zitronensäure mit einem geeigneten Extraktionsmittel,
wie z. B. einem Gemisch von Alkohol und Äther, in bekannter Weise auszuziehen, urn
sodann die den Restzucker enthaltende Endlauge nach dem Ausdampfen des Extraktionsmittels
in gleicher Weise wie oben zum erneuten Ansatz zu verwenden.
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Notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung des Verfahrens
ist selbstverständlich die richtige Auswahl eines geeigneten Stammes aus der Gruppe
der . Pinsel- oder Kolbenschimmelpilze bzw. ähnlicher Gruppen und die Steigerung
von deren Leistungen mit Hilfe der bekannten Methoden der Weiterzüchtung in Reinkulturen
sowie@die Durchführung der Gärung in einer geeigneten Apparatur.
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Beispiel Eine Nährlösung, die auf Zoo 1 etwa 9o 1 reines Wasser, 15
kg Rohrzucker, 4oo g des bekannten Nährsalzgemisches: Ammoniumnitrat, saures Kaliumphosphat
und Magnesiumsulfat Spuren von Eisen- und Zinksulfat sowie noch 5o g freie Phosphorsäure
enthält, wird mit einer Reinkultur von Aspergillus niger geimpft und die Pilzdecke
bei einer Temperatur von 25 bis 3ö° zur Entwicklung gebracht. Nach 5 Tagen wird
die Gärlösung, die 5 bis 701, Zitronensäure enthält, abgezogen und durch
eine frische, etwa i 5°1oige Zuckerlösung, die jedoch außer Zucker lediglich 6o
bis ioo g reine Phosphorsäure auf ioo 1 enthält, ersetzt. Nach weiteren 4 bis 5
Tagen wird diese Lösung durch eine solche von genau gleicher Zusammensetzung ersetzt
.und. ebenso die letztere nach
weiteren q. bis 5 Tagen. Alsdann,
folgt nach q. bis 5 Tagen eine z5°/oige Zuckerlösung, die 6o g reine Phosphorsäure
und 300 g des Nährsalzgemisches auf ioo 1 enthält. Dieser Wechsel von vier
Lösungen kann noch ein zweites und ein drittes Mal wiederholt werden, ehe bei richtiger
Gärungsführung die Neuzüchtung der Pilzdecke erforderlich wird. Die erhaltenen Gärlösungen
können, besonders soweit sie keine Nährsalze enthalten, unmittelbar oder nach dem
Eindampfen verwendet werden, oder aber sie werden mit Ätzkalk oder Kreide auf Calciumcitrat
verarbeitet. Das von der Endlauge abfiltrierte Calciumcitrat wird in üblicher Weise
auf Zitronensäure verarbeitet. Aus der Endlauge wird das Calcium mit Pottasche ausgefällt
und dieselbe nach erneuter Filtration zum Ansatz einer neuen Nährlösung verwendet.