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Die
Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Addition einer Azidfunktion
zu einer organischen Verbindung. In solch einem Verfahren reagiert
ein Epoxid-Derivat der organischen Verbindung und ein Alkalimetall-Azidsalz
in einem Lösungsmittel,
um ein Azid-Derivat der organische Verbindung zu bilden.
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Während einer
mehrstufigen Synthese von Verbindungen mit Aminogruppen wird häufig eine
Azidfunktion in ein organisches Molekül, insbesondere in ein Kohlehydrat,
eingeführt.
Die Einführung
der Azidfunktion kann entweder durch eine Azid-Substitution einer geeigneten Abgangsgruppe
wie beispielsweise ein Tosylat, ein Mesylat oder ein Chlorid, erreicht
werden oder durch Addition des Azid-Anions zu einem Epoxid. Zum Beispiel
können
Azidhydrine, potentielle Vorläufer
des 1,2-Aminoalkohols aus Epoxiden durch Reaktion mit einem Alkalimetall-Azid
unter basischen oder sauren Bedingungen hergestellt werden.
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In
den meisten im Stand der Technik bekannten Verfahren für die Azid-Addition
an ein Epoxid wird das Verfahren in einem polaren Lösungsmittel
bei einer Temperatur von ungefähr
100–110°C in Kombination
mit einem Puffersystem wie beispielsweise Ammoniumchlorid, Ammoniumsulfat
oder tri-Isopropylbenzensulfonsäure/2,6-Lutidin
(Van Boeckel et al., J. Carbohydr. Chem. 1985, 4, 293–321). US-A-5550243
beschreibt die Öffnung
eines Epopxid-Zwischenprodukts mit Natriumazid, um das Azid-Derivat
in Lösungsmitteln
wie Dimethylformamid, Dimethylazetamid, 2-Methoxyethanol, Dimethoxyethan, Tetrahydrofuran,
Dioxan, Dibutylether und tert.-Butylmethylether zu ergeben.
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Probleme,
mit denen bei einem solchen Verfahren gerechnet werden müssen, können durch
die basischen oder sauren Bedingungen auftreten, die zu Isomerisierung,
Epimerisierung und Umlagerung führen
können.
Ein weiterer schwerwiegender Nachteil bei der Verwendung eines Ammoniumsalzes
besteht darin, dass Ammoniumazid gebildet wird, das als explosive
Verbindung angesehen wird und dass bei der Verwendung von Ammoniumchlorid
auch ein Chlorid anstelle eines Azids zu dem Epoxid addiert werden
kann. Die Verwendung von Puffern, die aus einer Mischung einer organischen
Base und einem Azid für
die pH-Kontrolle bestehen, können
zur Bildung von Hydrogenazid führen.
Dies ist ein hoch giftiges und explosives Gas. Im Allgemeinen können Reaktionen
mit Alkalimetall-Aziden nicht in einem Reaktor aus rostfreiem Stahl
durchgeführt
werden, da die Möglichkeit
besteht, dass Schwermetall-Azide, wie Chrom- oder Nickelazide durch
den Kontakt mit den Reaktorwänden
gebildet werden können.
Solche Schwermetallazide sind in trockener Form explosiv. Darüber hinaus
besitzt das Azid-Ion die gleichen korrosiven Eigenschaften wie zum
Beispiel das Chlor- oder Brom-Ion. Auf der anderen Seite treten
in einem Glasreaktor ebenfalls starke Korrosionen der Glasbeschichtung
bei 100 bis 110°C
auf. Dies tritt insbesondere unter basischen Bedingungen auf, wenn
zum Beispiel unter, Verwendung von Natriumazid in Wasser und Dimethylformamid
der pH auf Werte bis über
12 auf Grund der Bildung von Natriumlauge steigen kann.
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Es
wurde nun festgestellt, dass einer oder mehrere der obengenannten
Nachteile bekannter Verfahren zur Addition einer Azidfunktion an
eine organische Verbindung vermieden werden kann, wenn eine zu den
Epoxid-Derivat annähernd äquimolare
Menge eines (1–6C)Alkyl-(2–4C)Carbonsäureesters
mit einem Siedepunkt oberhalb der Reaktionstemperatur vor und/oder
während
der Reaktion der Reaktionsmischung zugegeben wird.
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Die
Bezeichnung (1–6C)Alkyl
bezieht sieh auf eine unverzweigte oder verzweigte Alkylgruppe mit
1–6 Kohlenstoffatomen
und (2–4C)Carbonsäure bezieht
sich auf eine unverzweigte oder verzweigte Carbonsäure mit
2–4 Kohlenstoffatomen.
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Das
Vorhandensein eines solchen Esters in der Reaktionsmischung garantiert
während
der Bildung des organischen Azids die Aufrechterhaltung des pH innerhalb
eines vernünftigen
Bereichs. Der Ester wird durch die Wasserstoff-Ionen verseift, die
während
der Reaktion entstehen und auf diese Weise den pH unter 10 halten.
Unter Anwendung dieses Verfahrens kann die Azid-Additionsreaktion sicher in einem mit
Glas beschichteten Reaktor ohne Bildung des Hydrogenazids und ohne
Korrosion der Glasschicht der Reaktorwand durchgeführt werden.
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Es
können
Ester verwendet werden, die einen Siedepunkt oberhalb der Reaktionstemperatur
besitzen. Der Siedepunkt sollte oberhalb dieser Temperatur sein,
da der Ester sonst aus der Reaktionsmischung auskocht, Beispiele
geeigneter Ester sind (1–6C)Alkylformate,
(1–5C)Alkylacetate,
(1–4C)Alkylpropionate, (1–3C)Alkylbutyrate,
wobei Butylacetat ein bevorzugter Ester ist.
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Die
Reaktionsmischung wird auf eine Reaktionstemperatur erhitzt, bei
der das Epoxid-Derivat und das Azid reagieren können, um ein Azid-Derivat der
organischen Verbindung zu bilden. Gewöhnlich liegt die Reaktionstemperatur
zwischen 60 und 120°C.
Vorzugsweise wird die Reaktionstemperatur so lange aufrecht erhalten,
bis die Reaktion vollständig
ist.
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Das
molare Verhältnis
zwischen der zugegebenen Ester-Menge und der zugegebenen Menge Epoxid sollte
während
der Reaktion äquimolar
zu dem Epoxid-Detivat sein. Normalerweise bedeutet nahezu äquimolar
ein Verhältnis
innerhalb des Bereichs von 0,9 bis 1,1. Ein Verhältnis von 1,0 wird bevorzugt.
Eine Verhältnis von
weniger als 0,9 kann unter Umständen
bewirken, dass der pH einen Wert von über 12 erreicht, was negative
Auswirkungen für
die Glasbeschichtung des Reaktors hat und ein Verhältnis von
mehr als 1,1 kann zur Bildung von Alkanazid führen, mit dem Alkalimetall-Azid
das flüchtige,
toxische und explosive Hydrogenazid bildet.
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Der
Ester kann der Reaktionsmischung vor dem Reaktionsstart oder während der
Reaktion oder sowohl vor als auch während der Reaktion zugegeben
werden, obwohl es aus praktischen Gründen vorgezogen wird, den Ester
vor dem Reaktionsstart zuzugeben.
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Das
Verfahren der vorliegenden Erfindung kann für die Herstellung von Azid-Derivaten
angewendet werden, die einer Hydroxylfunktion einer jeden organischen
Verbindung benachbart ist, die in der Lage ist eine Epoxidfunktion
zu tragen. Beispiele organischer Verbindungen, die für das Verfahren
eine Epoxidfunktion tragen sind Styrenoxid, 2,3-Epoxybutan, Indenoxid,
jedoch sind bevorzugte organische Verbindungen Kohlehydrat-Derivate
mit einer Epoxidfunktion. Die Verwendung von Epoxy-Derivaten von
1,6:2,3-Dianhydro-4-O-phenylmethyl-β-D-mannopyranose oder 1,6:2,3-Dianhydro-4-O-[2,3-bis-O-phenylmethyl-4,b-O-phenylmethyliden-β-D-glucopyranosyl]-β-D-mannopyranose oder
1,6:2,3-Dianhydro-4-O-[2,3-bis-O-phenylmethyl-4,6-O-(1-methylethyliden)-β-D-glucopyranosyl]-β-D-mannopyranose in
dem Verfahren ist bevorzugter. Die weitere bevorzugte Anwendung
des Verfahrens ist diejenige für
die Bildung von 2-Azid-desoxypyranose, das ein Vorläufer eines
Glukosamin-Anteils in einem Glykosaminoglycan mit antithrombotischen
Eigenschaften ist.
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Alkalimetall-Azide,
die verwendet werden können,
sind Lithiumazide, Kaliumazide und Natriumazide, wobei Natriumazid
bevorzugt wird.
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In
dem Verfahren können
viele verschiedenen Lösungsmittelarten
wie zum Beispiel Ethanol, Acetonitril, Dimethylsulfoxid oder Hexamethylen
verwendet werden. Bevorzugt wird die Verwendung von einem polaren
aprotischen Lösungsmittel,
das ein mit Wasser mischbares Lösungsmittel
ist, das eine hohe dielektrische Konstante (ε>15) aufweist und fähig ist Wasserstoff für die Bildung
von Wasserstoffbrücken
abzugeben. Bevorzugte Lösungsmittel
sind Dimethylformamid, N-Methylpyrrolidinon oder Dimethylacetamid.
N-Methylpyrrolidon wird am meisten bevorzugt, wenn Kohlehydrate
mit einem Azid versehen werden. Vorzugsweise wird Wasser zu dem
Lösungsmittel
gegeben, um eine höhere
Konzentration des wasserlöslichen
Alkalimetall-Azidsalz in der Reaktionsmischung zu ermöglichen.
Eine beträchtliche
Menge Wasser, bis zu einem gleichen Volumen des organischen Lösungsmittels,
kann in der Reaktionsmischung vorhanden sein.
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Die
Additionsreaktion kann gewöhnlich
bei Reaktionstemperaturen von 60 = 120° und bevorzugt bei 110°C stattfinden.
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Die
Vollständigkeit
der Additionsreaktion kann durch Messung der Lösungskomponenten mit dem Fachmann
bekannten Verfahren gemessen werden. Die Reaktion kann von einer
Stunde bis zu mehreren Tagen dauern, abhängig von der Reaktionsfähigkeit
des organischen Epoxids und den verschiedenen Verbindung in der
Mischung. Wenn kein substantieller Anstieg der Menge an organischem
Azid, das sich während der
Reaktion bildet, beobachtet wird, oder die Menge von Produkten unerwünschter
Nebenreaktionen ansteigt, ist die Reaktion vollständig.
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Das
folgende Beispiel wird zur Veranschaulichung der Erfindung beschrieben.
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Legenden zu den Figuren
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1 Reaktionsschema
für die
Synthese von 1,6-Anhydro-2-azido-4-O-phenylmethyl-2-desoxy-β-D-glucopyranose.
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2 Reaktionsschemata
für die
Addition von Azidfunktionen zu den folgenden Epoxiden: 1,6:2,3-Dianhydro-4-O-[2,3-bis-O-phenylmethyl-4,6-O-phenylmethyliden-β-D-glucopyranosyl]-{3-D-mannopyranose, 1,6:2,3-Dianhydro-4-O-[2,3-bis-O-phenylmethyl-4,6-O-(1-methylethyliden)-β-D-glucopyranosyl]-β-D-mannopyranose,
Cyclohexenoxid, Glycidylisopropylether, Styrenoxid und Indenoxid.
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Beispiel
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Protokoll der Azidaddition
an 1,6:2,3-Dianhydro-4-O-phenylmethyl-β-D-mannopyranose
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10,88
kg 1,6:2,3-Dianhydro-4-O-phenylmethyl-β-D-mannopyranose (1 in 1)
wurde in 54,4 1 1-Methyl-2-pyrrolidon in einem mit Glas beschichteten
Reaktor gelöst.
6113 ml n-Butylacetat, 9028 g Natriumazid und 38 1 Wasser wurden
zugegeben.
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Die
Mischung wurde auf 100°C
bis 119°C
erwärmt
und 20 Stunden bei 100°C
bis 110°C
gerührt.
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Die
Mischung wurde auf 25°C
abgekühlt
und Ethylacetat wurde zugegeben.
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Das
Produkt wurde aus der Reaktionsmischung mittels Extraktion mit Ethylacetat
isoliert.
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Der
Ethylacetatextrakt wird bei 60°C
unter Vakuum eingedampft, während
Wasser eingeführt
wurde und das Produkt wird aus Wasser bei 30°C kristallisiert.
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Nach
dem Filtrieren, Tuschen und Trocknen betrug die Ausbeute 11,935
kg 1,6-Anhydro-2-azid-4-O-phenylmethyl-2-desoxy-β-D-glucopyranose (2 in
1).
TLC:
Toluol/Ethylacetat (70/30) R
F: 0,35; Schmelzpunkt:
98,4°C.
Weitere
Identifizierung:
1H NMR in CDCl
3 und
chemische Verschiebungen im Verhältnis
zu TMS eingestellt bei 0 Teilen pro Million:
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Diese
Reaktion wurde mit den folgenden Epoxiden gemäss dem oben beschriebenen Verfahren durchgeführt :
1,6:2,3-Dianhydro-4-O-[2,3-bis-O-phenylmethyl-4,6-O-phenylmethyliden-β-D-glucopyranosyl]-β-D-mannopyranose
(3 in 2), was 1,6-Anhydro-2-azid-4-O-[2,3-bis-O-phenylmethyl-4,6-O-methylethyliden-β-D-glucopyranosyl]-2-desoxy-(3-D-glucopyranose (4
in 2) ergab. TLC: Toluol/Ethylacetat 70/30 auf Silicamaterial, RF: 0,42.
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1,6:2,3-Dianhydro-4-O-[2,3-bis-O-phenylmethyl-4,6-O-1-methylethyliden-β-D-glucopyranosyl]-β-D-mannopyranose
(5 in 2), was 1,6-Anhydro-2-azido-4-O-[2,3-bis-O-phenylmethyl-4,6-O-(1-methylethyliden)-β-D-glycopyranosyl]-2-desoxy-β-D-glucopyranose (6
in 2) ergab. TLC: Dichlormethan/Aceton 90/10 auf
Silicamaterial, RF: 0,50.
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Cyclohexenoxid
(7 in 2), was 2-Azidocyclohexanol, (8 in 2)
ergab. TLC: Dichlormethan/Methanol 60/40, RF:
0,93.
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Glycidylisopropylether
(9 in 2), was gemäss
NMR eine 9:1-Mischung
von 3-Azido-2-hydroxypropylisopropylether (10 in 2)
und 2-Azido-3-hydroxypropylisopropylether (11 in 2)
ergab. TLC: Methanol, RF: 0,75.
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Styrenoxid
(12 in 2), was gemäss
NMR eine 1:1-Mischung von 2-Azido-1-phenylethanol (13 in 2)
und 2-Azido-2-phenalethanol
(34 in 2) ergab. TLC: Dichlormethan/Methanol 60/40, RF: 0,90.
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Indenoxid
(15 in 2), was gemäss
2-Azidoindan-1-ol (16 in 2) und/oder 1-Azidoindan-2-ol
(17 in 2) ergab. TLC: Toluol/Ethylacetat 1/1, RF: 0,74.