-
Verfahren zur Herstellung von Carbonsäuren Es wurde gefunden, daß
die durch Kondensation bzw. Polymerisation von Aldehyden oder ähnlichen Körpern,
wie Vinylalkohol für sich, gegebenenfalls unter der Einwirkung von Alkalien, gewonnenen
hochmolekularen Produkte durch ausreichendes Erhitzen mit einer genügenden Menge
von Alkalien zu Carbonsäuren umgesetzt werden können.
-
Die Reaktion, bei der erhebliche Mengen von Wasserstoff abgespalten
werden, tritt bei Temperaturen oberhalb zoo° ein. Unter Umständen ist es zweckmäßig,
Temperaturen zwischen 2oo° und 35o° zu wählen. Bei völligem Ausschluß von Luftzutritt
kommen unter Umständen Temperaturen bis 40o° in Betracht.
-
Als basische Stoffe können Ätznatron, Natronkalk, Ätzkali u. dgl.
verwendet werden.
-
Die Menge der auf ein Gewichtsteil Aldehydkondensationsprodukt angewandten
Alkalien kann innerhalb weiter Grenzen schwanken. Die Umwandlungsreaktion wird bei
genügender Temperatur und Einwirkungsdauer grundsätzlich schon mit ganz kleinen
Alkalizusätzen erhalten.
-
Als Ausgangsprodukt für die Herstellung der neuen Carbonsäuren kommen
alle harzartigen Kondensationsprodukte in Betracht, die durch Behandlung von Aldehyden
oder aldehydabspaltenden Stoffen, wie Acetalen, Vinylestern, Alylidenestern u. a.,
mit basischen Stoffen oder Säuren oder durch Erhitzen solcher Stoffe erhältlich
sind. Die weniger gehärteten unter diesen Kondensationsprodukten erleichtern die
Ausführung der Umsetzung insofern, als sie einer guten Durchmischung, beispielsweise
mit gepulv ertein Ätznatron, geringeren Widerstand entgegensetzen. Die härteren
Aldehydharze geben zum Teil bessere Ausbeuten; ihre homogene Durcharbeitung mit
Alkalien ist aber schwieriger. Diese Schwierigkeiten können, jedoch durch Auswahl
geeigneter Arbeitsweisen, z. B. Verwendung zweckentsprechender Knetwerke, Zusatz
von Schmiermitteln, wie Paraffinöl, oder von Lösungsmitteln, wobei man zweckmäßig
die Reaktion im Autoklaven vor sich gehen läßt, oder ähnliche Hilfsmaßnahmen, überwunden
werden. Die Auswahl des jeweils vorteilhaftesten Ausgangsproduktes ergibt sich aus
der Bedeutung, die diese Gesichtspunkte im besonderen Falle haben: Zur Herstellung
der neuen Carbonsäur en kann man auch von den harzartigen Produkten ausgehen, die
man beim Erhitzen von Polyvinylalkoholen mit Alkalien erhält. Diese Produkte, die
auch sonst in jeder Beziehung den aus Aldehyden hergestellten Harzen glei.-chen,
geben
die neue Reaktion in glatter Weise. Besonders vorteilhaft verfährt man dabei so,
daß man die Bildung des Aldehydharzes aus Polyvinylalkohol und seine Umsetzung zur
Carbonsäure in einem Arbeitsgange vornimmt. Die homogene Durchrührung der Masse
mit dem Alkali gestaltet sich bei dieser Arbeitsweise besonders einfach.
-
Beispiel i Ein Gemisch von 32o Teilen eines nach Patentschrift 3817--;,o
aus Acetaldehyd hergestellten Harzes mit 24o Teilen pulverisiertem Ätznatron wurde
in einem eisernen Rührkessel 4 Stunden lang unter guter Durchrührung erhitzt. Die
Temperatur wurde dabei rasch auf 2oo° gebracht und dann allmählich bis 35o° gesteigert.
Es entwichen erhebliche Mengen von Wasserstoff. Das erkaltete und zerkleinerte Reaktionsprodukt
wurde mit Wasser extrahiert. Aus dem wäßrigen Extrakt wurde die entstandene Carbonsäure
durch Ansäuern mit Salzsäure als fester Körper ausgefällt. Essigsäure ist gleichfalls
zur Ausfällung verwendbar. Das ausgefällte Produkt wurde abgesaugt, mit Wasser gewaschen
und getrocknet. So wurden 95 Teile der Carbonsäure erhalten. Ein ähnlicher
Reaktionsverlauf ergab sich bei der Verarbeitung des oben angegebenen Gemisches
mit einem Zusatz von 16o Teilen Paraffinöl. Die Durchrührung der Masse ging hierbei
bedeutend leichter vonstatten.
-
Die neue Carbonsäure ist in Ammoniak und verdünnten Alkalien löslich.
Auch in schwachen alkalischen Lösungen, wie Borax-oder Sodalösung, löst sie sich
auf, in letzterer unter Entwicklung von Kohlensäure. Durch Ansäuern der alkalischen
Lösungen fällt die Carbonsäure unverändert wieder aus. Auflösen in Ammoniaklösung
und Wiederausfällen durch Säurezusatz ist eine Reinigungsmethode. Erhitzt man die
Carbonsäure in wäßriger Suspension oder in alkoholischer Lösung mit Bariumcarbonat,
so erfolgt Entwicklung von Kohlensäure. Durch Eindampfen der ammoniakalischen Lösung
und Behandlung des Rückstandes im Vakuum erhält man das amorphe, im Wasser leicht
lösliche Ammoniumsalz. Mit der berechneten Menge Ätznatron entsteht das diesem ähnliche
Natriumsalz. Durch Kochen mit Barytwasser wird das in Wasser schwer lösliche Bariumsalz
erhalten. Durch geeignete Methoden ließ sich die Carbonsäure auch in Ester, beispielsweise
den Phenylester, sowie in das Säurechlorid überführen. Der Erweichungspunkt der
gemäß Beispiel i erhaltenen Carbonsäure liegt bei ungefähr i50°. Die Säure ist außer
in verdünnten Alkalien in einer großen Zahl der üblichen organischen Lösungsmittel
löslich, beispielsweise in Methanol, Äthanol, Butanol, Aceton, Methylenchlorid,
Methy 1-anon, Eisessig, Pyridin.
-
Zu der gleichen Carbonsäure gelangt man, wenn man von einem nach einer
anderen Kondensationsmethode, beispielsweise gemäß Patentschrift 379 832
oder 386 689 gewonnenen Aldehydharz ausgeht. Es macht auch keinen wesentlichen
Unterschied, ob man an Stelle eines aus Acetaldehyd hergestellten Harzes ein aus
Aldol, Crotonaldehyd, Propionaldehyd oder Butyraldehyd gewonnenes als Ausgangspunkt
verwendet. Auch aus dein Verharzungsprodukt von Phenylacetaldehyd erhält man eine
demselben Typus angehörige Carbonsäure.
-
Die Reaktion führt sowohl in Abwesenheit wie bei Gegenwart von Wasser
zu den typischen Produkten. Beispielsweise kann man dem Aldehydkondensationsprodukt
bei seiner Umsetzung mit dem alkalischen Stoff das dreifache Gewicht Wasser zusetzen.
Bei Gegenwart erheblich größerer Wassermengen tritt jedoch vorwiegend Bildung gummiartiger
bis harzartiger Umwandlungsprodukte ein. Die Entstehung solcher gummiartiger Derivate
ist auch dann begünstigt, wenn die Unisetzung unter Bedingungen vorgenommen wird,
die einen reichlichen Luftzutritt gestatten. In diesem Falle setzt eine stark exotherme
Reaktion ein.
-
Beispiel e Ein Gemisch von 32o Teilen Polyvinylalkohol mit 8o Teilen
gepulvertem Ätznatron wurde in einem mit einer Stickstoffatmosphäre erfüllten Rührkessel
erhitzt. Bei etwa 7o° setzte eine Reaktion ein, die unter Steigerung der Temperatur
bis auf annähernd 18o° rasch zu Ende verlief. Das Reaktionsgemisch wurde mit überschüssiger
verdünnter Salzsäure vermahlen und der unlösliche Rückstand abgesaugt, säurefrei
gewaschen und getrocknet. Es entstanden so rund 22o Teile eines Körpers, der in
jeder Beziehung einem durch Kondensation von Acetaldehyd gewonnenen Aldehydharz
glich. Dieses Harz wurde mit 16o Teilen Ätznatron gemäß Beispiel i behandelt und
aufgearbeitet. Dabei wurden i i4 Teile einer Carbonsäure erhalten, die mit der nach
Beispiel i gewonnenen identisch war.
-
Beispiel 3 Eine Mischung von 32o Teilen Polyvinylalkohol und 24o Teilen
gepulvertem Ätznatron wurde gemäß Beispiel i erhitzt. Die Erscheinungen bei der
Reaktion und die Aufarbeitung glichen im wesentlichen den in Beispiel i beschriebenen.
Es wurden rund
i3o Teile einer Carbonsäure erhalten, die die gleichen
Eigenschaften zeigte wie die nach Beispiel i gewonnene.
-
Die neuen Carbonsäuren sind zunächst auf den Verwendungsgebieten des
Schellacks mit Vorteil verwertbar. Der hohe Erweichungspunkt und die große Festigkeit
sichern ihnen auf vielen Gebieten eine Überlegenheit gegenüber Schellack. Beispielsweise
ergeben Spirituslösungen der Carbonsäuren ausgezeichnete Polituren, die an Schönheit
der Farbe, Widerstandsfähigkeit und Glanz den mit Schellackpolituren hergestellten
zum mindesten gleichen. Für Preßzwecke sind die neuen Carbonsäuren für sich oder
im Gemisch mit anderen Bindemitteln dank ihres hohen Erweichungspunktes besonders
geeignet. Ihre Eigenschaften lassen sich auch durch Vulkanisierung, beispielsweise
mit Lösungen von Chlorschwefel-in Schwefelkohlenstoff, modifizieren. Als Vertreter
einer ganz neuen Körperklasse stellen sie ferner Ausgangsprodukte für die Synthese
weiterer neuartiger Körper dar.