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Schuhsteife und Verfahren zur Schuhherstellung Die Erfindung betrifft
eine .verbesserte Schuhsteife sowie ein Verfahren zu ihrer Herstellung. Ein wesentliches
Erfordernis für eine brauchbare Steifkappe besteht darin, daß diese nach dem Einsetzen
in den Schuh steif und federnd ist und diese Form beibehält, auch wenn sie beim
späteren Gebrauch des Schuhes naß werden - sollte. Ein weiteres Erfordernis besteht
darin, daß die Steifkappe während des Aufleistens weich und formbar ist.
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Diese Forderungen erfüllen die bisher bekannten Steifkappen nicht
oder nur unter Bedingungen, welche mit erheblichen Nachteilen verknüpft sind. So
erfordern Steifkappen bei Verwendung von harzartigen oder bituminösen Materialien
die Anwendung von Wärme zur Erweichung vor dem Aufleisten, während andere, beispielsweise
mit Celluloid hergestellte Steifkappen hierzu die Anwendung leicht flüchtiger Lösungsmittel
benötigen. Das erstgenannte Verfahren ist nachteilig; weil die Steifkappe unmittelbar
aus der Erhitzungseinrichtung entfernt und vor dem Abkühlen rasch in den Schuh eingesetzt
werden muß, damit sie nicht zu steif für das Aufleisten wird. In diesem Falle muß
die Erhitzungsvorrichtung in nächster Nähe zur Aufleistungsmaschine angeordnet sein.
was für den Arbeiter nachteilig ist; außerdem ist das Verfahren durch den erforderlichen
Wärmeaufwand in der Einrichtung und im Betrieb kostspielig. Beim zweitgenannten
Verfahren ist die Verwendung leicht flüchtiger Lösungsmittel nachteilig für die
Gesundheit des Arbeiters und gefährlich wegen der leichten Entzündbarkeit. Auch
sind Verluste an Lösungsmittel unvermeidbar.
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Man hat ferner vorgeschlagen, zur Imprägnierung des Grundmaterials
der Steifkappe Leim zu verwenden und bereits bei der Herstellung der Steifkappe
diesen Leim mit Formaldehyd u. dg1. unlöslich zu machen. Ferner hat man vorgeschlagen,
zur Erhöhung der Festigkeit der Steifkappe feinkörnige Füllstoffe, wie Talk oder
Gips, zu benutzen, wodurch jedoch nicht die eingangs erwähnten Erfordernisse erzielt
werden.
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Die Schuhsteife gemäß der Erfindung ist nun dadurch gekennzeichnef,
daß die zur Imprägnierung verwendete Masse ein reversibles, vorzugsweise lyophyles
Kolloid enthält, welches durch erst beim Aufleisten wirksame ge-. eignete Härtemittel
irreversibel wird. Vorteilhaft enthält die zur Imprägnierung verwendete Masse Leim,
welcher durch Gerbstoff härtbar ist. Besondere Vorteile bietet es, wenn die zur
Imprägnierung verwendete
Masse ein Kolloid enthält, welches durch
Formaldehyd härtbar ist. Zur Regelung des Wiederaufweichens kann die Imprägnierungsmasse
vorteilhaft einen inerten, wasserabsorbierenden Füllstoff und hygroskopische Zusätze
enthalten.
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Eine bevorzugte Imprägnierungsmasse gemäß der Erfindung besteht aus
etwa 5 Teilen Glycerin, 2 Teilen Magnesiumoxyd und roo Teilen Leim. Die Imprägniermasse
kann ferner einen Gehalt an Gerbstoffen aufweisen, welcher jedoch erst kurz vor
dem Aufleisten beim Wiederanfeuchten zur Einwirkung gelangt.
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Gemäß dem bevorzugten Verfahren zur Schuhherstellung durch die Verwendung
der neuen Schuhsteife wird ein Gewebe mit der kolloidalen Lösung des reversiblen
Stoffes imprägniert, das Gewebe getrocknet, ein Rohstück von der Größe und Gestalt
zur Bildung einer Schuhsteife geschnitten, darauf das 'Rohstück mit einer wäßrigen
Lösung befeuchtet, die die versteifende Substanz aufweicht, aber sie nach dein Trocknen
irreversibel macht, dann das Rohstück in noch nassem Zustand in das Oberleder eingesetzt,
der Schuh, während die Steife noch feucht ist, aufgeleistet und das Rohstück trocknen
gelassen, bis es seine normale Steife wieder angenommen hat, so daß ein versteiftes
Oberleder entsteht, welches seine Steifheit nicht verliert, wenn es nachher der
Feuchtigkeit ausgesetzt wird.
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Erfindungsgemäß verwendet man einen gelatineartigen Stoff als versteifende
Substanz, welcher die Eigenschaft hat, daß das imprägnierte Gewebe im trockenen
Zustand hart, zähe und federnd ist, durch Behandeln vor dem Aufleisten mit einer
wäßrigen Gerbstofflösung jedoch weich wird, aber nach erfolgtem Trocknen einem erneuten
Erweichen durch Wasser widersteht.
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Um eine schnelle Absorption der Feuchtigkeit durch die Steife beim
Erweichen vor dem Aufleisten zu erzielen, wird erfindungsgemäß die versteifende
Substanz in Mischung mit einem wasserabsorbierenden Füllstoff und einem hygroskopischen
Stoff verwendet. Als besonders für das neue Verfahren geeignet erwies sich als versteifende
Substanz Leim und als wäßrige Gerbstofflösung Formaldehyd.
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Obwohl die ausgewählten versteifenden Stoffe allein auf die Gewebeunterlage,
z. B. Baumwolle, aufgebracht werden können, wird vorgezogen, sie mit einem geeigneten,
im wesentlichen inerten, aber wasserabsorbierenden Füllstoff zu mischen, z. B. einem
anorganischen Pulver, wie Magnes.iumoxyd, oder Kalk; um das schnelle Eindringen
des Erhärters in die fertige Steife zu sichern (und gleichzeitig die endgültige
Steifheit und Härte des Versteifers zu regeln), wird vorzugsweise ein kleiner Gehalt
von Glyceringlucose, Dextrose usw. mit dem Versteifer und Füllstoff zugemischt,
bevor der behandelnde Stoff auf das Gewebe aufgebracht wird. Das Glycerin macht
infolge seines hygroskopischen Charakters oder seiner natürlichen Anziehungskraft
für Feuchtigkeit den Versteifer sozusagen durstig, so daß, wenn der Versteifer in
eine wäßrige Lösung des Erhärters getaucht wird, dieser sehr schnell in die innersten
Teile des Versteifer s absorbiert wird. Dieser behandelnde Stoff enthält gewöhnlich
einen versteifenden Stoff, z. B. Leim, und andere Ingredienzien, die eine geringe,
wenn überhaupt eine versteifende Wirkung haben; diese behandelnde Substanz kann
mehr als einen versteifenden Stoff enthalten oder Stoffe, welche in Kombination
eine versteifende Wirkung ausüben, und die hier benutzte Bezeichnung versteifender
Stoff kann sich auf alle oder einige der Ingredienzien beziehen.
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Während einige der Vorteile gemäß der Erfindung durch Überziehen der
Gewebeunterlage, sei es durch Aufbürsten oder Eintauchen in die zu behandelnde Substanz,
erreicht werden können, wird es vorgezogen, die Substanz in die Zwischenräume des
Gewebes oder der dieses bildenden Garne und Fasern unter Druck eintreten zu lassen,
der entweder auf mechanische oder pneumatische Weise ausgeübt wird, beispielsweise
indem man das Material zwischen schweren Walzen in einem Bad des Behandlungsmittels
hindurchführt.
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Eine wünschenswerte Ausbildungsform der Erfindung soll an Hand des
folgenden Beispiels erläutert werden.
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Zunächst wird ein geeignetes Gewebe, beispielsweise ein verhältnismäßig
grob gewobenes und billiges Tuch, etwa aus Baumwolle, ausgewählt und dieses nach
Fertigstellung des Behandlungsmittels mit letzterem imprägniert oder, was weniger
erwünscht ist, überzogen. Das Behandlungsmittel kann beispielsweise aus einer wäßrigen
Lösung von tierischem Leim bestehen (etwa zoo Gewichtsteile trockenen Flockenleims
finit 225 Gewichtsteilen Wasser geben eine geeignete Lösung). Wenn der Leim gequollen
und völlig gelöst ist, fügt man etwa 5 Teile Glycerin und 2 Gewichtsteile Magnesiumoxydpulver
bei. Die einzelnen Bestandteile werden gründlich durchmischt und das so gebildete
Behandlungsmittel auf das Tuch aufgebracht (vorzugsweise unter Druck). Das behandelte
Tuch läßt man nun trocknen, und es können gewünschtenfalls zwei oder mehrere Lagen
des Tuches entweder vor oder nach der Behandlung kombiniert werden, obgleich
für
manche Zwecke eine einzige Lage des behandelten Materials hinreicht. An Stelle der
Verwendung einer Gewebeunterlage ist es wahlweise auch möglich, das Behandlungsmittel
mit oder ohne Einverleibung von umverwebten Faserstoffen in Form von Blättern, welche
nach dem Trocknen in der nämlichen Weise wie das imprägnierte Tuch benutzt werden
können, zu bilden.
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Das präparierte Blatt mit seinem einverleibten Versteifer in seiner
trocknen, harten oder festen Phase kann dann sofort an den Schuhfabrikanten geliefert
werden, der es in Stücke der richtigen Größe und Gestalt schneidet, oder' es kann
durch den Fabrikanten in Steifen zerschnitten und an den Schuhmacher in dieser Form
verkauft werden. Diese Steifen können geschabt oder einer anderen üblichen Vorbehandlung
unterworfen werden.
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Unmittelbar vor dem Aufleisten sind die Steifen feucht, die in eine
wäßrige Lösung des ausgewählten Erhärters, z. B. einer 2o°/oigen Förmaldehydlösung,
eingetaucht werden. In dieser Lösung verbleiben sie so lange, bis sie weich genug
für das Aufleisten geworden sind, die erweichte Steife wird dann unmittelbar auf
den aufzuleistenden Schuh gebracht, vorzugsweise aber wird die Steife aus dem Lösungsmittel
herausgenommen und so lange stehengelassm, bis das Lösungsmittel gleichförmig durch
die ganze Dicke der Steife hindurch verteilt ist. .Während des Erweichens quillt
die Steife etwas auf, der Imprägnierungsstoff aber zeigt eine geringe, wenn überhaupt
eine Neigung zum Ausschwitzen, selbst unter dem Druck und der schabenden Wirkung
der Aufleistwerkzeuge. Nach dem Zusammensetzen der präparierten Steife mit den anderen
Teilen, die den Spitzenteil des Oberleders bilden, wird der Schuh aufgeleistet.
Durch Anwendung einer Härtelösung von richtig ,bemessener Stärke oder Eigenschaft
kann die Reaktionszeit geregelt werden, und da das Behandlungsmittel nicht ausschwitzt
und keinen 1_Tberschuß an Wasser ,aufnimmt wie die üblichen im Wasser erweichenden
Steifen, trocknet die Steife schnell ohne Neigung, die anliegenden Schuhteile fleckig
zu machen. Der Erhärter macht den versteifenden Stoff irreversibel; nach dem Trocknen
in dem aufgeleisteten Schuh wird die Steife nur wenig durch die spätere Einwirkung
von Feuchtigkeit oder selbst durch tatsächliches Benetzen verändert, so daß sie
ihre Gestalt während der Lebensdauer des Schuhes beibehält. Selbst nach längerem
Naßwerden behält eine solche Steife so viel Federkraft, daß sie das Oberleder in
richtiger Gestalt trägt, während eine gewöhnliche mit Paste imprägnierte Steife,
die nicht dem Erhärten unterworfen war, weich, schlapp und nicht federnd wird, wenn
sie nur einer geringen Feuchtigkeit ausgesetzt wird.
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Da die Geschwindigkeit des Härtens und der Grad der Steife größtenteils
von der Stärke und Art des Erhärters abhängt, ermöglicht die Erfindung, dieselbe
Art von Steife für die Herstellung von Schuhen aller Gattungen anzuwenden, sogar
einen Wendeschuh mit einer dünnen und leichten, im Wasser erweichten Steife zu versehen,
die dauernd hart, steif und federnd nach dem Wenden wird, was bisher noch nicht
erreicht worden ist.
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Obwohl bei der Herstellung der Steife, wie beschrieben, am besten
verfahren wird, kann unter Umständen der Erhärter unmittelbar mit dem versteifenden
Stoff vereinigt werden, wenn man die Steife zur Abgabe an den Schuhmacher vorbereitet;
in diesem Falle aber muß der verwendete Erhärter mit dem versteifenden Agens erst
behandelt werden, nachdem die Steife aufgeleistet ist. Ein Weg, dieses Resultat
zu erreichen, besteht darin, den Erhärter auf die vorher imprägnierte und trockne
Steife in Form eines trocknen Pulvers aufzubrülgen, das mit der Steife unter Druck
vereinigt wird. Wenn dann die Steife mit Wasser befeuchtet wird, reagiert der Erhärter
mit dem versteifenden Stoff in tierselben Weise, wie vorher beschrieben, um diesen
irreversibel zu machen, und der Schuhmacher braucht die Härtelösung nicht herzustellen.
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Die Steife, die; wie oben beschriebe, aus imprägniertem Tuch mit Leim,
Magnesia und Glycerin oder gleichwertigen Ingredienzien hergestellt und trocknen
gelassen ist, hat eine wesentlich größere Festigkeit als die übliche im Wasser erweichte
Steife, so daß das imprägnierte Gewebe in steife Rohstücke geschnitten werden kann,
ohne den Verlauf der Fäden zu berücksichtigen. Infolgedessen wird an Material gespart,
weil bei den früheren im Wasser erweichten Steifen man sorgfältig die Schablone
auf die Steife auflegen mußte, damit die Ketten- und Schußfäden des Gewebes in der
Richtung verliefen, die den Beanspruchungen beim Aufleisten Widerstand leisteten.
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Die neue verbesserte Steife in trockenem und selbst in noch nicht
mit dem Erhärter behandelten Zustande ist fester, steifer und federnder für eine
gegebene Dicke und für ein gegebenes Gewicht als jede frühere im Wasser erweichte
Steife und kann daher mit Vorteil für Wendeschuhe verwendet werden, indem man z.
B. die Steife einfach in Wasser ohne die Verwendung eines Erhärters erweicht. Nach
der Vereinigung mit den anderen Schuhteilen und nach dem Aufleisten
erhält
die Steife größere Festigkeit und Steifheit und teilt sie den Schuhteilen mit, wenn
sie trocken ist wie die gewöhnlichen Steifen von schwererer und kostspieligerer
Art, und wenn kein, Erhärter angewendet wird, kann das Wenden des Schubes so lange,
als erwünscht, verzögert werden.
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Da die neue Steife allgemeiner Anwendbarkeit fähig ist, so erfüllt
sie die Anforderungen der Fabrikanten aller Schuharten; man braucht nur eine Härtelösung
der erforderlichen Stärke anzustellen, um den gewünschten Grad der Härte und die
richtige Stufe des Erhärtens zu erreichen. Da für das Erweichen keine Wärme erforderlich
und die erweichende Lösung nicht entzündlich ist, wird das Verfahren sehr vereinfacht,
und die Schwierigkeit und Kosten des Aufbringens der Steife auf die Schuhe werden
erheblich herabgesetzt.