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Gipsbinden und Verfahren zu ihrer Herstellung.
Bekanntlich werden in der Chirurgie, Orthopädie und Dermatologie Gipsbinden in grossem Umfange benutzt, die man bisher fast ausschliesslich durch Einstreuen von Gipspulver in Mullbinden hergestellt hat. Diesen Binden haften jedoch eine Reihe von Nachteilen an, welche vor allem in Materialverlusten beim Gebrauch und Verschmutzen der Operationsräume, hervorgerufen durch Abstäuben des Pulvers, ferner in langer Tauchdauer und relativ hoher Brüchigkeit der Verbände bestehen. Der zuletzt genannte Umstand erfordert die Herstellung relativ dickwandiger und daher für den Patienten wegen ihres hohen Gewichtes beschwerlicher Verbände, Stützkorsetts, Schienen usw.
Man hat diese Übelstände schon auf die verschiedenste Weise zu beseitigen versucht. Beispielsweise hat man den Gips auf der Binde mit Hilfe von Lösungen von Schellack, Asphalt, Elemi oder andern Harzen zu befestigen gesucht oder die Binden mit Leimlösungen getränkt und auf die erstarrende Leimschicht den Gips aufgestreut oder auch das Gipspulver in Lösung von Gelatine in sehr verdünnter Essigsäure eingerührt und diese Mischung auf die Mullbinden aufgetragen. Diese und ähnliche Verfahren haben jedoch nicht zu einem Erfolg geführt, insbesondere haben die getrockneten Gelatine-respektive Leimschiehten eine genügende Wasseraufnahme des Gipses verhindert.
Gegenstand der Erfindung ist nun ein Gipsbinde, welche die erwähnten Übelstände nicht aufweist.
Bei den Gipsbinden gemäss der Erfindung ist nämlich der Gips mit Hilfe von in wasserfreien organischen Lösungsmitteln löslichen oder quellbaren Bindemitteln auf der Unterlage befestigt, welche so beschaffen sind, dass sie den Zutritt des Wassers und damit das Abbinden des Gipses erleichtern oder ermöglichen, ohne dass der Gips von der Binde abfällt. Zu diesem Zweck wird der Gips oder ein anderer in Wasser härtbarer anorganischer Stoff in gebranntem Zustande mit dem im organischen Lösungsmittel gelösten oder gequollenen Bindemittel angeteigt, worauf die feuchte Masse auf Bahnen aus Faserstoff, Gewebe, Papier oder ähnliche Unterlagen in dünner Schicht aufgetragen wird.
Nach Verdunstung des Lösungsmittels erhält man Gipsbinden, an denen das Gipspulver sehr fest haftet, so dass man die Binde ohne weiteres zusammenrollen, transportieren usw. kann, ohne dass ein Abbröckeln des Gipses zu befürchten wäre. Die Binden sind in diesem Zustand unbeschränkt haltbar, weil das auf der Faser fixierte Gipspulver durch das Bindemittel wirksam gegen den Einfluss atmosphärischer Feuchtigkeit geschützt ist.
Vor Gebrauch wird die Binde kurze Zeit mit Wasser benetzt und erhärtet nach Aufbringen des Verbandes in wenigen Minuten. Die hydrophile Natur der Bindemittel gestattet ein sehr rasches Eindringen des Wassers bei der Verarbeitung der Binden. Dies ist ein für die Gipstechnik wesentlicher Vorteil, da der Arzt die Binde erst wenige Sekunden vor der Verwendung einzutauchen braucht und daher seine Tätigkeit mit grösster Ruhe und Sicherheit ausüben kann.
Zur Herstellung der beschriebenen Gipsbinden kann man mit Vorteil die Gipsmassen verwenden, die nach Patent Nr. 133521 erzeugt werden. Wie dort dargelegt, hat man es in der Hand, die mechanisehen Eigenschaften der Gipsmassen durch Wahl und Menge der zur Verwendung gelangenden Bindemittel und eventuell Zusätze beliebig zu variieren. Dies ist besonders wichtig und bedeutet einen erheblichen Fortschritt für die Herstellung von grösseren Körperverbänden, z. B. für Stützkorsetts, Prothesen und die Longettentechnik. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die nach dem vorliegenden Verfahren hergestellten Verbände zur Erzielung gleicher Festigkeit wie die üblichen nur aus Gipspulver hergestellten Binden viel leichter als letztere sein können.
Dies bedingt
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nicht allein eine Ersparnis an Materialkosten, sondern vor allem eine wesentliche Erleichterung für den Patienten.
Beispiel 1 : 100 g des nach D. R. P. Nr. 368413 hergestellten gummiartigen Einwirkungsproduktes von Äthylenoxyd auf Weizenstärke, welches eine starke Quellfähigkeit im Wasser besitzt, werden in einer Mischung von 700 g Alkohol und 200 g Essigäther heiss gelöst und nach dem Erkalten mit 1350 g
Gips vermischt. Die dickflüssige Paste wird noch mit weiteren 500 g Alkohol verdünnt und dann mit Hilfe von Aufstreichmessern oder durch Aufwalzen in dünner Schicht auf eine Mullbinde aufgetragen.
Nach dem Trocknen, das durch Ventilation und Zuführen warmer Luft beschleunigt werden kann, bildet die Binde eine einheitliche glatte Schicht mit geschlossener Oberfläche, auf welcher das Gipspulver so fest haftet, dass es auch beim Rollen und Bewegen der Binde sowie beim Einlegen in Wasser nicht abfällt oder abbröckelt. Beim Benetzen mit Wasser erweicht die Binde in wenigen Sekunden, sie wird dann durch Ausdrücken vom überschüssigen Wasser befreit und zur Herstellung eines Verbandes benutzt, wobei sie in einigen Minuten erhärtet und nach weiteren fünf bis zehn Minuten ihren endgültigen Härtegrad erreicht hat.
Andere für die Durchführung des vorliegenden Verfahrens geeignete Bindemittel sind in der österr. Patentschrift Nr. 133521 beschrieben. Nach letzterer werden harte und elastische Massen aus Gips, beispielsweise Formstücke, erhalten, indem man Gips mit organischen Lösungen von gleichzeitig in Wasser löslichen Bindemitteln behandelt und nach Verdunstung des organischen Lösungsmittels zu beliebiger Zeit mit Wasser befeuchtet und abbinden lässt. Die nach dem Verfahren der österr.
Patentschrift Nr. 133521 im Zwischenstadium erhaltenen Massen lassen sich vorteilhaft für die Herstellung von Gipsbinden nach vorliegendem Verfahren nutzbar machen :
Beispiel 2 : 100 Teile eines unter Verwendung von Harnstoff und mehrwertigen Alkoholen hergestellten Kondensationsproduktes werden mit etwa 1000 Teilen Alkohol gequollen und hierauf mit 1400 Teilen Gips in einer Knetmaschine innig vermengt. Die so erhaltene Paste wird gegebenenfalls nach weiterer Verdünnung mit Alkohol oder Aceton in der nach Beispiel 1 beschriebenen Weise auf Mullbinden aufgetragen und in üblicher Weise weiterbehandelt.
An Stelle der genannten Harnstoffkondensationsprodukte können auch Lösungen der CelluloseGlykoläthersäure (nach Beispiel 2 der österr. Patentschrift Nr. 133521) oder andere Bindemittel benutzt werden, welche gleichzeitig in Wasser und organischen Lösungsmitteln löslich oder quellbar sind.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Gipsbinden, bei welchen der Gips mit Hilfe von in wasserfreien organischen Lösungsmitteln löslichen oder quellbaren Bindemitteln auf der Unterlage befestigt ist, welche so beschaffen sind, dass sie den Zutritt des Wassers und damit das Abbinden des Gipses erleichtern oder ermöglichen, ohne dass der Gips von der Binde abfällt.