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Verfahren zur Veredelung von künstlichen Gebilden aus Cellulose oder
ihren Derivaten durch veresternd wirkende Behandlung Es hat sich herausgestellt,
daß bei der üblichen reinigenden Vorbehandlung cellulosehaltiger Rohstoffe, z. B.
durch Bäuchen und Bleichen, ein Teil der Nebenbestandteile der natürlichen Faser
entfernt wird, .die für den Aufbau, die mechanische und chemische Widerstandsfähigkeit
der Faser von entscheidender Bedeutung sind. Der Erfinder hat festgestellt, da.ß
man durch Wiedereinführung dieser Bestandteile in die künstliche Faser auf dem Wege
der Veresterung die ursprünglichen nützlichen Eigenschaften der natürlichen Faser
wieder herstellen kann.
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Bei der Herstellung von Kunstfäden, bei der man die Cellulosefaser
nicht nur wie beim Bäuchen einem Extraktionsprozeß unterwirft, sondern sie vollkommen
auflöst, erfolgt in noch viel höherem Maße die Abtrennung von wichtigen Nebenbestandteilen
der natürlichen Faser aus der Cellulose, und darauf beruht es, daß die Fabrikation
der Kunstseide bis zum heutigen Tage noch keine Produkte hat liefern können, die
in ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Wasser, gegen Säuren u. dgl.auch nur im entferntesten
an die natürliche Faser heranreichen.
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Zu den für den Aufbau der natürlichen Faser wichtigen Verbindungen
gehören u. a. die Radikale der höheren Fettsäuren; diese Bestandteile werden durch
die Auflösung der Cellulose bei der Kunstseidenherstellung mit gelöst, gelangen
aber in das ausgefällte Produkt nicht wieder zurück.
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Beispielsweise enthält die Baumwollfaser, die vielfach als Rohstoff
für die Herstellung von Kunstseide dient, die Reste von Palmitin-, Stearin-, Carnauba-,
Montan- und Cerolinsäure (vgL Hall, Cotton-Cellulose, London, Ernst Benn Ltd. [1921q.]
S:. 36 ff.), also von hochmolekularen Fettsäuren, wie denn überhaupt nur die höhermolekularen
Fettsäuren mit wenigstens 1 o C-Atomen im Molekül ausgesprochen wasserabstoßende
Eigenschaften haben.
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Der Erfinder hat nun gefunden, daß man die Eigenschaften der Kunstseide
wesentlich verbessern kann, indem man den erzeugten Kunstfäden nach dem Spinnen,
Zwirnen, Verweben, gegebenenfalls auch nach irgendwelchen mit dem Gut vorgenommenen
Veredelungsverfahren, die genannten Radikale wieder einführt. Dabei ist es wesentlich,
daß die auf diese Weise eingeführten Mengen dieser Radikale in derselben Größenordnung
gehalten werden, in der sie sich in der natürlichen Faser befinden. Insbesondere
darf die veredelte Faser, soweit es sich um Kunstseide aus regenerierter Cellulose
handelt, durch den Veresterungsprozeß nicht in organischen Lösungsmitteln löslich
werden. In der Regel führt man den Veresterungsprozeß so durch, daß der Gehalt des
Produktes an
den eingeführten. Nebenbestandteilen nicht mehr ,als
doppelt so groß ist wie in der natürlichen Faser. An Fett, Harz und Wachs enthalten
natürliche Pflanzenfasern etwa bis zu 3%. Ein Teil dieser Stoffe ist esterartig
gebunden. Die Fettsäureradikale bewirken, wie oben angeführt, die' wasserabstoßende
Kraft der Faser.
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Bei der Durchführung dieses Verfahrens ist darauf Bedacht zu nehmen,
daß die Faser, ihren äußeren Aufbau und Glanz nicht einbüßt; es ist also in außerordentlich
schonender Weise durchzuführen, was gleichzeitig der Forderung entspricht, daß man
die zugesetzten Säureradikale nur in geringen Mengen durch Veresterung der Kunstfaser
einverleibt Allerdings hat man bereits früher vorgeschlagen, gesponnene Acetatseiden
in beliebiger Form der gleichzeitigen Behandlung mit Säurechloriden und organischen
Basen auszusetzen. Darüber hinaus soll nach der Erfindung auch bei der Verwendung
von Säureanliydriden die Behandlung unter Zusatz von schwachen organischen, Basen
nicht nur auf Acetatseide, sondern ,allgemein auf künstliche Fäden o. dgl. aus Cellulose
und deren Derivaten angewendet .werden. Desgleichen soll bei Kunstfäden aus regenerierter
Cellulose, wie Viskose-, Nitro- oder Kupferseide, ebenfalls .unter Zusatz schwacher
organischer Basen gearbeitet werden.
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Bei der Durchführung des Prozesses sind verschiedene Umstände zu beachten,
je- nachdem es sich um Fasern aus regenerierter Cellulose oder ,aber Fasern aus
Cellulo:seestern oder -äthern -handelt, die in organischen Flüssigkeiten löslich
sind. Im ersteren Falle kann man das Veresterungsgemisch in einer beliebigen elektrolytfreien
organischen Flüssigkeit lösen, sofern sie nur die Cellulose nicht chemisch angreift,
also in Benzin, Benzol, Toluol, Aceton, Äthyläther u. dgl. m. Bei Fasern aus Celluloseestern
und -äthern ist streng darauf zu .achten, daß die Faser in dem Veresterungsgemisch
sich nicht auflöst und auch nicht aufquillt. Das erste ist selbstverständlich, aber
auch .ein Aufquellen ist zu- vermeiden, denn dadurch wird erstens der äußere Aufbau
der Faser beeinträchtigt, da ,aufgequollene Fäden die Neigung hab: en, miteinander
zu verkleben und ihren Glanz zu verlieren und ,anderseits die Quellung auch zu stark
fördernd auf die chemische Reaktion mit Veresterungsmitteln wirkt, so daß die Bedingungen
für die erfolgreiche Durchführung des Verfahrens gemäß der vorliegenden Erfindung
schwererfüllt werden können.
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Bei der Auswahl der Lösungsmittel ist zu berücksichtigen, daß, wie
K n o e v @e xi a g e l zeigte (Kolloidchemische Beihefte, Band 13, iq2o-2i, Seite
i93), Gemische von Komponenten, die eine jede für sich nicht quellend wirken, durch
die Mischung zu guten Quellungsmitteln werden. Beispielsweise quillt nach K n o
-e v e n a g e 1 Acetylcellulose in Alkohol allein und in Wasser allein nicht, wohl
aber in Gemischen beider Flüssigkeiten. Ob ein Lösungsmittelgemisch als Quellungsmittel
wirkt, prüft man, -indem man acetonlösliche Acetylcellulose fein pulvert und in
die betreffende Flüssigkeit schüttet. Wirkt die Flüssigkeit nicht als Quellungsmittel,
so setzt sich die Acetylcellulose in Form eines feinen Sandes ,ab, der ohne weiteres
aufgeschüttelt werden kann. Quillt dagegen das Pulver in der Flüssigkeit, so bildet
sich ein Bodensatz, dessen Teilchen miteinander verklebt sind und sich nicht ohne
weiteres verschütteln lassen. Als nicht quellend wirkende geeignete Flüssigkeiten
können verwendet werden z. B. verschiedene Äthyläther und Testbenzin. Geeignet sind
ferner auch Mischungen von Benzin und Benzol, etwa zu gleichen Teilen, ebenso von
Benzol und Äthyläther.
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Abgesehen von diesem Punkte ist @es ohne Belang, ob es sich um die
Behandlung von Kunstseide aus regenerierter Cellulose oder aus Äthern und Estern
handelt.
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Zur Durchführung des Verfahrens unterwirft man beispielsweise Kunstseide
einer Veresterung mit in der natürlichen Faser enthaltenen Fettsäureradikalen. Diese
Veresterung muß man ,anders ausführen als bisher bei der Herstellung definierter
Gelluloseestex der höheren Fettsäuren, die wenigstens i Mol. des Fettsäureradikals
auf i Mol. Cellulose enthalten sollten. In solchen Fällen behandelt man Baumwolle.mit
einem großen Überschoß von Lösungen des Fettsäurechlorids unter gleichzeitiger Anwendung
stark veresternd wirkender Basen, wie Pyridin und Chinolin. Wandte man Säureanhydride
an, insbesondere zur Einführung von Fettsäuren in Acetylcellulose, so wurde diese
beispielsweise in dieser Schmelze verestert.
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So erhielt man Ester, die im Gegensatz zu Kunstseide aus regenerierter
Cellulose in organischen Lösungsmitteln löslich sind, wie z. B. in Fettsäuren, Fettsäureglyceriden,
in Aceton, Benzol u. dgl. Während dieses Veresterungsprozesses nahm die Faser, soweit
sie überhaupt erhalten blieb, in Anbetracht des hohen Molekulargewichtes der Fettsäure
eine außerordentliche Menge des Radikals auf, sie vergrößerte ihr Volumen sehr stark
und verlor dabei alle vorteilhaften mechanischen Eigenschaften. Es hat daher bis
heute noch niemand daran gedacht, die- Veresterung mit Hilfe höherer Fettsäuren
zur Textilveredelung zu benutzen, vielmehr hat man diese Körper, soweit man die
technische Anwendung
im Auge hatte, hergestellt, um sie in organischen
Lösungsmitteln. zu lösen und die Lösung auf Filme, Kunstfäden u. dgl. zu verarbeiten.
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Im Gegensatz zu dieser Verfahrensweise soll nun der neue Prozeß gemäß
der Erfindung derart durchgeführt werden, daß die Veresterung unteraußerordentlich
milden Bedingungen erfolgt.
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Beispielsweise stellt man eine Lösung von etwa 5 bis io% eines Säurechlorids
einer höheren Fettsäure her, setzt ungefähr die äquivalente Menge einer schwachen
organischen Base, wie Diäthylanilin, hinzu und behandelt mit dieser Lösung kunstseidene
Fäden oder Gewebe bei einer Temperatur von etwa 6o bis 8o° C etwa 24 Stunden lang.
Nach Ablauf dieser Zeit und sorgfältigstem Auswaschen und Trocknen kann man an der
so behandelten Ware keine Gewichtszunahme .nachweisen. Die Menge des bei dieser
milden Einwirkung aufgenommenen Fettsäureradikals liegt also innerhalb der Fehlergrenzen;
trotzdem hat das Textilgut seine Eigenschaften von Grund auf verändert; das Gewebe
ist unbenetzbar geworden.
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Man kann die Veresterung auch statt mit Säurechloriden mit Säuxeanhydriden
durchführen. In diesem Fall genügtes, das Anhydrid in einem neutralen, @elektrolytfreien
organischen Lösungsmittel, wie Benzin, Benzol, Aceton, Alkohol o. dgl., auf das
Fasergut einwirken zu lassen. Auch bei dieser Behandlung ;erhält man den oben beschriebenen
Effekt ohne nachweisbare Gewichtszunahme. Sofern man bisher versucht hat, Cellulose
mit Hilfe von Fettsäureanhydrid zu verestern, hat man zu diesem Zweck unter starker
Einwirkung kondensierender Mittel, wie Chlorzink, Pyridin o. dgl., gearbeitet und
hat dabei Produkte mit höheren Fettsäuregehalten erstrebt, die in organischen Lösungsmitteln
löslich sind. Will man beim Verfahren gemäß der Erfindung statt neutraler Lösungsmittel
Lösungen von Kondensationsmitteln verwenden, so ist die Einhaltung der oben gestellten;
Bedingungen bezüglich der Zusammensetzung des Produktes wesentlich. Andernfalls
verliert dieses seine für ein Textilprodukt notwendige Eigenschaft. In analoger
Weise kann man statt Säureanhydriden Säureamide verwenden.
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Die Hauptsache ist bei dem "verfahren gemäß der Erfindung, daß man
die betreffenden Radikale der Cellulose chemisch einverleibt. Aus diesem Grunde
bleibt die erzielte Veränderung .auch erhalten, wenn man das Einwirkungsmittel durch
geeignetes Auswaschen wieder - entfernt. Der Griff des so behandelten Textilproduktes
wird dabei nicht nur nicht verschlechtert, sondern sogar verbessert. Im Gegensatz
hierzu verschwindet bekanntlich, wenn man beispielsweise Textilien -mit Lösungen
von Stearinsäure, Harz o. dgl. imprägniert, die erzielte Veränderung mit dem Auswaschen
des Imprägniermittels..
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Die Einführung des Radikals durch Veresterung kann man nicht nur mittels
einer Auflösung der veresternden Chemikalien durchführen, sondern auch mittels Emulsionen.
Dazu eignen sich insbesondere die Säureanhydride, die man z. B. in Wasser, verdünntem
Alkohol o. dgl. in der in ähnlichen Fällen üblichen Weise emulgieren kann. Ausführungsbeispiele
i. Acetatseide in Garnform wird mit einer Lösung von 8 Teilen Palmitylchlorid und
2,3 Teilen Diäthylanihn in einem Gemisch von i o Teilen flüssigem Paraffin und 8.o
Teilen Schwerbenzin als neutrales Lösungsmittel getränkt und 12 Stunden einer Temperatur
von 6o° ausgesetzt. Das Behandlungsgut wird dann in einem neutralen Lösungsmittel,
beispielsweise Tetrachlorkohlenstoff, ausgewaschen und getrocknet. Es zeigt sich,
daß die Trbckenfestigkeit um io, die Naßfestigkeit um 250/6 erhöht ist. Ein daraus
hergestelltes Gewebe ist wasserabstoßend.
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2. Kupferseide in Gestalt eines indanthren gefärbten Mischgewebes
wird mit Stearylanhydrid getränkt und 8 Stunden einer Temperatur von ioo° ausgesetzt.
Das Behand-Lungsgut wird mit einem neutralen Lösungsmittel .ausgewaschen und getrocknet.
Es hat stark wasserabstoßende Eigenschaften angenommen.
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3. Strümpfe aus Kupferseide werden in einer 2%igen Lösung von Palmitylanhydrid
in Benzin 6 Stunden lang gekocht. Sie werden in ihren Eigenschaften derart verändert,
daß auffallende Wassertropfen nicht eindringen, sondern an der Oberfläche abrollen.
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¢. Ein Gewebe aus gefärbter Nitroseide wird mit einer 5 %igen Lösung
von Palmitylanhydrid in Paraffin 4 Stunden bei 13o° behandelt und dann mit einem
neutralem; Lösungsmittel ausgewaschen. Der Stoff ist hochgradig waschfest und wasserabstoßend.
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5. Kunstseide in Form eines Mischgewebes mit Baumwolle wird nach dem
Bäuchen und vor dem Färben in einer Lösung von 3 % P.almitylanhydrid in Chlorbenzol
4 Stunden gekocht und dann mit einem neutralen Lö# sungsmittel ausgewaschen. Das
Material kann in der üblichen Weise mit substantiven: Earbstoffen gefärbt werden
und erweist sich als waschfest und wasserabstoßend.
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6. Kunstseidene Strümpfe werden 12 Stunden bei 62° mit einer Emulsion
behandelt,
die i, 5 % P.almitylanhydrid, i, 5 % Paraffinöl und o,
i 5 % -Pyridin -enthält, sodann geseift, gespült ünd getrocknet. Die Wäre ist oberflächlich
wasserabstoßende . PATENTANSPRÜCHE: i. Verfahren zur Veredelung von künstlichen
Fäden, Bändern, Filmen aus Cellulose oder ihren Derivaten durch veresternd wirkende
Behandlung mit Säurechloriden oder Säureanhydriden, dadurch gekennzeichnet, daß
man durch die Behandlung den erzeugten Kunstfäden usw. die in natürlichen Textilfasern
enthaltenen, bei der Auflösung der Cellulose ,aber ausgeschiedenen Rädjkale wassierabstoßender,
mindestens io C-Atome -enthaltender Fettsäuren in solchen Mengen wieder. -einverleibt,
daß hierbei die in der natürlichen Faser enthaltenen Mengen keinesfalls wesentlich
überschritten werden. a. Verfahren nach Anspruch i in Anwendung ,auf künstliche
Gebilde aus Gelluloseestern und -äthern, dadurch gekennzeichnet, daß man das veresternde
Mittel in einer organischen, elektrolytfreien Flüssigkeit löst, die auf die Kunstseide
nicht quellend wirkt.
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3. Verfahren nach Anspruch i bei Verwendung von Säureanhydriden, dadurch
gekennzeichnet, daß Kunstfäden o. dgl. aus Cellulose oder ihren Derivaten unter
Zusatz schwacher organischer Basen behandelt werden.
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q.. Verfahren nach Anspruch i, dadurch gekennzeichnet, daß Kunstfäden
aus regenerierter Cellulose (Viskose-, Nitro-' oder Kupferseide) unter Zusatz schwacher
organischer Basen behandelt werden.
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5. Verfahren nach Anspruch i, dadurch gekennzeichnet, daß man die
Veresterungsmittel in Form von Emulsionen verwendet.