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Herstellung von Jodiden Es ist bekannt, Bromide aus Brom derart zu
gewinnen, daß man Brom auf Metallcarbonate, -hydroxyde oder -oxyde in Gegenwart
solcher organischer Reduktionsmittel zur Einwirkung kommen läßt, welche bei der
Oxydation nur in Wasser und Gase zerfallen.
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Versucht man auf analoge Weise aus Jod die entsprechenden Jodide zu
erhalten, so beobachtet man, daß die dabei sich abspielenden Reduktionen in ganz
anderer Weise verlaufen wie beim Brom. Läßt man z. B. bei Gegenwart von Harnstoff
Jod auf Alkalihydroxyde oder -carbonate einwirken, so erhält man ein Gemisch von
Jodid-Jodat neben der gesamten Menge des ursprünglich in die Reaktion eingeführten
Harnstoffes; es hat somit eine Reaktion überhaupt nicht stattgefunden.
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Weiter wurde festgestellt, daß Formiate bei gewöhnlicher Temperatur
so langsam reagieren, daß an eine technische Verwertung dieser Reaktion nicht gedacht
werden konnte, um so mehr, weil' es ja bei der jodometrischen Bestimmung des Formaldehyds
allgemein bekannt ist, daß dieser Körper in alkalischer Lösung vom Jod nur bis zur
Formiatstufe oxydiert wird (Romyn, Zeitschrift f. analyt. Chemie, 36, Seite 18,
r897). Diese jodometrische Reaktion, welche in der analytischen Chemie ganz allgemein
zur quantitativen Bestimmung des Formaldehyds dient, zeigt, daß die beiden Halogene,
Brom und Jod, so nahe sie auch in verschiedener Hin-Sicht stehen, doch bei vielen
Reaktionen ein völlig abweichendes Verhalten zeigen und in ihren Eigenschaften doch
verschiedene sind, als es allgemeinhin angenommen wird. So ist bekannt, daß Ammoniak
in Gegenwart von Alkali Brom leicht und quantitativ in Bromide verwandelt, während
diese Reaktion beim Jod ganz anders verläuft und zur Bildung der leicht explosiven
jodstickstoffverbindungen führt. Gerade diese bekannten Reaktionen zeigen, daß es
durchaus nicht möglich ist, ohne weiteres vom Verhalten des Broms auf das des Jods
zu schließen, und daß andererseits neben den allgemeinen Eigenschaften der Halogene,
die sich entsprechend ihrer Stellung im periodischen System ändern, auch eine Reihe
spezifischer Eigenschaften zu berücksichtigen sind, die sich einzig und allein aus
experimentellen Tatsachen ergeben und aus der allgemeinen Systematik .nicht abgeleitet
werden können.
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Wie sich nun bei Verwendung von Harnstoff gezeigt hat, daß Jod überhaupt
damit nicht zur Reaktion gebracht werden kann, nicht einmal bei höherer Temperatur,
ergibt sich, daß die Oxydation z. B. von Formiat mit Jod quantitativ und in kürzester
Zeit verlaufen kann, wenn man die Reaktion durch Erwärmen unterstützt, wobei eine
vollständige Überführung des gesamten Jods in Jodid ohne Bildung von Jodat stattfindet.
Dieses Ergebnis ist unzweifelhaft überraschend, da man
aus dem abweichenden
Verhalten der beiden Halogene Brom und Jod in bezug auf die Oxydationswirkung auf
Harnstoff nicht erwarten darf, daß die hier nicht mögliche Reaktion wohl aber bei
Verwendung von Forrniat eintreten würde, insbesondere dann, wenn eine analytische,
quantitative, jodometrische Bestimmung gerade auf der Nichtwirkung von Alkalijodgemischen
auf Formiate begründet ist, da die Reaktion bekanntlich gerade hier auf der Formiatstufe
stehenbleibt.
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Zur Herstellung von Kaliumjodid verfährt man erfindungsgemäß beispielsweise
wie folgt: Beispiel s 1 27o g Jod (5 M01.), 230 g Ameisensäure (5 Mol.) und
i ooo g reines Kaliumbicarboxiat (io Mol.) werden in einem 5-1-Kolben zusammengemischt
und 21 Wasser oder Kaliumjodidlösung hinzugefügt. Nachdem die Kohlensäureentwicklung
nachgelassen hat, erhitzt man vorsichtig auf dem Wasserbad, wobei unter erneuter
Kohlensäureabgabe die Reaktion weiterschreitet und die im Anfang dunkle, braunrote
Lösung langsam entfärbt wird, ein Zeichen, daß die Reaktion beendet ist.
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Die auf diese Weise hergestellte Jodidlösung ist jodatfrei und kann
ohne Reinigung zur Kristallisation gebracht werden: Beispiel e 1 27o d Jod (5 Mal.),
340 g wasserfreies atriumformiat (5 Mol.) und 265 g wasserfreies Natriumcarbonat
(21/; Mol.) werden, wie im ersten Beispiel erwähnt, mit 21 Wasser oder Natriumjodidlösung
erwärmt, bis vollständige Entfärbung eingetreten ist. Das Endprodukt stellt eine
jodatfreie jodnatriumlösung dar, welche beim Eindampfen das reine Natriumjodid liefert.
Beispiel 3 In einen 5-1-Kolben trägt man nacheinander 25o g Formalin 30 °/o (2'/z
M01.), 1:270 g Jod (5 Mol.) und 42o g reines K OH (71/, Mol.), aufgelöst in 2 1
Wasser- oder Kaliumjodidlösung, ein.
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Die Hauptreaktion, namentlich der Übergang des Formaldehyds in Kaliumformiat,
findet schon bei gewöhnlicher Temperatur statt, kann aber durch Erwärmen bedeutend
beschleunigt werden.
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Man setzt nun 2/, Mol. - 25o g Kaliumbicarbonat oder il/, Mol. Pottasche
(172,5 g) zu und führt durch Erhitzen die Reaktion in bekannter Weise zu Ende. Beispiel
4 In einen 5-1-Kolben, welcher 21 Calciumjodidlösung oder Wasser und 5oo g reines
Calciumcarbonat (5 Mol.) enthält, läßt man allmählich 5 Mol. Ameisensäure (ioo °/o),
23o g, hineinfließen, und nachdem die Kohlensäureentwicklung vorüber ist, fügt man
5 Mol. Jod (1 270 g) hinzu.
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Hierauf erhitzt man so lange, bis Entfärbung der Flüssigkeit eingetreten
ist und bekommt so eine Lösung von reinem Calciumjodid.
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Diese Beispiele sollen nur als Allgemeinverfahren betrachtet werden,
denn es lassen sich zahlreicheVariationen daraus entnehmen.
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Man kann sehr gut mit Mischungen genannter Metallverbindungen wie
auch mit Mischungen von Ameisensäure (oder Formiaten) und Formaldehyd arbeiten.
Bei Verwendung von Metallsalzen als Reduktionsmittel wählt man selbstverständlich
solche Salze, deren Kation dem des gewünschten Jodids entspricht.
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Selbstredend ist Gegenstand des neuen Verfahrens nicht die Reduktionswirkung
des Formaldehyds, insofern es die Überführung dieses Stoffes in Formiat betrifft,
sondern die Überführung des so gebildeten Formiats in Kohlensäure und Wasser unter
gleichzeitiger Überführung des Metalls in das entsprechende Jodid, obwohl das Ausgangsmaterial
Formaldehyd und nicht fertiggebildetes Formiat ist.
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Es hat sich weiter herausgestellt, daß nicht nur die Ameisensäure
und deren Salze, sondern ganz allgemein alle jene organischen Reduktionsmittel,
die bei der Einwirkung von Jod in Gegenwart von Wasser durch diesen Oxydationsvorgang
einen glatten Zerfall in Kohlendioxyd bzw. in Kohlendioxyd und Wasser erleiden,
für die Zwecke der Darstellung der Jodide geeignet sind. Bei Verwendung von Oxalsäure
und Oxalaten verfährt man zweckmäßigerweise wie folgt; Beispiel s In einen 5-1-Kolben,
welcher 21 Kaliumjodidlösung oder Wasser enthält, werden nacheinander
630 g (5 Mol'.) reine Oxalsäure und 69o g (5 Mol.) reine Pottasche eingetragen.
Darauf setzt man 1 270 g Jod (5 Mol.) hinzu und erhitzt auf dem Wasserbad
am Rückflußkühler in üblicher Weise. Auch kann man die Pottasche und das Jod mit
beispielsweise 2 000 cm-' Wasser oder jodidlösung zur Reaktion bringen und
danach die Oxa1-säure allmählich zusetzen, während die Flüssigkeit im Kolben erhitzt
wird.
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Unter Entwicklung von Gasen wird die Lösung schließlich vollständig
entfärbt, und man erhält so eine jodidlösung, welche ganz frei ist von Jocht.
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Versuche haben weiter gezeigt, daß es ohne Einfluß auf den Reaktionsverlauf
ist, in weleher
Reihenfolge die reagierenden Stoffe zusamtnengefiigt
werden.
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Man kann beispielsweise das Ätzkali oder die Pottasche erst mit dem
Jod reagieren lasen. wobei ein Gemisch von Jodid und Jodat entstellt, 3 12+6KOH
- 5KJ+KJ03 --f- 3H20, und nun allmählich die benötigte Menge Ameisensäure oder Oxalsäure
zufügen, wobei unter Bildung von Formiat oder Oxalat das Jod in Freiheit gesetzt
wird. Das Jod wird nun durch diese Salze reduziert und in Jodide übergeführt unter
Entwicklung von Kohlensäure, welche Reaktion bei der Temperatur des Wasserbades
und speziell mit Ameisensätire als Reduktionsmittel stürmisch verläuft. Beispiel
6 In einen Kolben werden i 27o g Jod (5 Mol.) mit 56o g Ätzkali (io Mol.), gelöst
in a 5oo ccm Wasser, nötigenfalls in der Wärme zur Reaktion gebracht. Die entstandene
Jodidjodatmischung wird nun auf dem Wasserbad erhitzt und der Lösung langsam
230 g (5 Mol.) Ameisensäure (zoo °/(,) zugegeben.
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Unter Gasentwicklung findet Entfärbung statt, und man erhält schließlich
eine Jodid= lösung, vollkommen frei von Jodat.
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Aus den Beispielen 5 und 6 geht hervor, daß es nicht notwendig ist,
zur Herstellung einer reinen Jodidlösung das freie Jod als Ausgangsmaterial zu verwenden,
sondern daß man mit Ameisensäure oder Oxalsäure in Gegenwart von Jodid auch Jodate
quantitativ, über das Jod als Zwischenstufe, in Jodide verwandeln kann.
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Diese Reaktionen zeigen weiterhin die bedeutenden Unterschiede im
Verhalten von Brom und Jod gegenüber den verschiedenen Reduktionsmitteln im alkalischen
Medium. Bildet sich einmal beim Arbeiten mit Brom Bromat, so kann man diesen letzteren
Körper nicht mehr weiter reduzieren, die Reaktion stoppt ab. Es ergibt sich ein
durch Bromat verunreinigtes Bromid. Ganz anders liegen die Verhältnisse beim Arbeiten
mit Jod. Bildet sich durch irgendwelche Umstände in unerwünschter Weise bei der
Reaktion eine gewisse Menge Jodat, so kann man mit Hilfe weiterer -!Mengen Reduktionsmittel
dieses gebildete Jodat ohne weiteres zu Jodid reduzieren. Dies ist um so beachtenswerter,
als gerade hier das bekanntlich reaktionsträgere Jod dieser Reduktionseinwirkung
leichter zu unterwerfen ist als das reaktionsbeweglichere Brom.
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Man kann auch aus reinem Jodidjodatgemisch das für die Reaktion benötigte
Jod erst mit jodwasserstoffsäure in Freiheit setzen und nun mit den obengenannten
Reduktionsmitteln, evtl. unter Zusatz der benötigten Metallbasen, die Jodidbildung
veranlassen.
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Diese Reaktionen sind von Wichtigkeit für Fabriken, welche Jodoform
mit Hilfe des Äthylalkohols herstellen, weil die Abfallauge dieser Fabrikation neben
großen Mengen Jodid gleichzeitig Formiat, Jodat und Alkalicarbonat enthalten.
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Durch Zusätze können diese Laugen leicht von den Beimischungen befreit
werden, indem man beispielsweise bei vorliegenden formiathaltigen Jodidlaugen noch
so viel' Jod und evtl. noch so viel einer entsprechenden Metall-, base zusetzt,
daß eine vollständige Oxydation des Formiats stattfinden kann.
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Die Reaktion zwischen Jodidjodat und Ameisensäure oder Oxalsäure gestaltet
sich nun in der Endreaktion in der Weise, daß i Mol. Jodat 3 Mol. der obengenannten
Säuren zu Kohlendioxyd und Wasser oxydiert.
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KJOz -I- 3 HCOOH - KJ -E- 3 H20 -I- 3 CO,-Der Mechanismus der Reaktionen
ist aber weit komplizierter.
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Bei Verwendung des Formaldehyds und der Formiate kann man nicht ohne
weiteres die erforderlichen Stoffe zusammenfügen, da diese Körper Jod aus Jodidjodatmischungen
nicht abscheiden und Alkalilauge diesen Aldehyd in Methylalkohol und Formiat umsetzen
würde. Bei Verwendung des Formalins ist es ratsam, wie Beispiel 3 zeigt, das Alkali
einwirken zu lassen auf die Mischung von Formalin und Jod.
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Alle Reaktionen führt man zweckmäßigerweise in der Wärme durch, gegebenenfalls
beim Siedepunkt des jeweiligen Reaktiensgemisches. Auch kann man durch Zusatz von
fertiggebildetem Jodid zum Reaktionsgemisch die Löslichkeit des Jods in der Flüssigkeit
erhöhen und seinen Dampfdruck herabsetzen, wodurch die Verflüchtigung des Halogens
bedeutend erschwert wird.
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Das Verfahren erlaubt somit die Herstellung reiner Jodide aus Jodidjodatgemischen
oder aus Jod und Metalloxyden, -hydroxvden oder -carbonaten bei Gegenwart von Wasser
mit Hilfe solcher organischer Reduktionsmittel, daß außer den reinen Jodiden nur
Kohlendioxyd oder Kohlendioxyd und Wasser als Reaktionsprodukt entstehen. Solche
Reduktionsmittel sind beispielsweise Formaldehyd, Oxalsäure, Ameisensäure, Salze
dieser Säuren oder Gemische dieser Stoffe.